Fußballweltmeisterschaft aus Sicht einer nicht fußballbegeisterten Mutter

  • Die Euphorie der Fußballweltmeisterschaft erreichte auch Dedensen. Auch ich gehörte zu denjenigen, die im Vorfeld schon stöhnten und mit Grauen den 4 Fußballwochen entgegensahen. Doch dann kam alles ganz anders. Bereits Ende der 1. WM-Woche hatten wir zwei Deutschlandfahnen in den Blumenkästen und im Vorgarten drehte sich ein Windspiel – natürlich mit Fußball und den Farben schwarz – rot – gold. Eindeutig – uns hatte es erwischt. Wir waren angesteckt von Fußballfieber und dem sich überall ausbreitenden WM-Virus und ich war mitten drin.


    Bis vor kurzem noch war ich Gegner jeglicher Großveranstaltungen und kündigte vor der Fußballweltmeisterschaft auch an, in diesen 4 Wochen Hannover zu meiden. Auch hier änderte ich meine Meinung ganz schnell, nachdem ich zu dem 1. Spiel das in Hannover stattfand, die Fan-Meile entlang bummelte. Nach diesem eindrucksvollen Nachmittag versprach ich meinen Kindern bei der nächsten Gelegenheit wiederzukommen, um diese besondere Stimmung zu genießen. Ich hielt mein Versprechen. Zu allen Spielen die in Hannover stattfanden, genossen wir die Atmosphäre auf der Fanmeile. Bei sommerlichen Temperaturen drängelten wir uns in freundlicher und gutgelaunter Menschenmasse. Viele Eindrücke konnten wir mit nach Hause nehmen. Manche sind im Alltag bereits verblasst, aber manche Bilder und Erlebnisse sind in Erinnerung geblieben:


    Die Ghana-Fans die rund um die Marktkirche eine Vorstellung boten, die uns in absolutes Erstaunen versetzte. Sie tanzten und sangen und versprühten pure Lebensfreude. Schweiz gegen Südkorea – der Höhepunkt unserer „WM-Ausflüge“. Als wir vom Bahnhof heraustraten sahen wir nur Rot. Hannover war in Schweizer Hand. Unglaublich wie viele Menschen aus unserem Nachbarland angereist waren. Wenige Hannoveraner waren zu sehen– oder hatten sie alle schnell aus Sympathie zum Nachbarland das passende Trikot übergezogen? Wer weiß, möglich wäre alles... Global Village gab landestypisches, diesmal mit Almhörnern. Manche Fans trugen so große Kuhglocken mit sich herum, dass wir uns wunderten wie sie den Weg bis zur Waterlooplatz schaffen wollten. Süd-Korea hingegen tanzte durch die Stadt mit „Trachtengruppen“ und Trommeln, da wurde uns vom Zuschauen schon schwindelig. Die spanischen Fans hingegen boten uns einige Kostproben inszenierter Stierkämpfe, von denen meine Kinder heute noch sprechen.


    Wir malten uns Deutschland-Tatoos auf den Arm und ich versprach meinen Jungs, wenn Deutschland ins Finale kommt, dann haben wir auch die lang ersehnte Fahne am Auto. Entgegen aller Kritiken besitzen wir zwei Goleos, einer ist ein ganz besonderes Exemplar. Drückt man ihm auf den Bauch, fängt er an zu singen. Ich konnte ihn allerdings nicht mehr leiden, nachdem ich schon in der ersten Nacht gegen 2.30 Uhr von dem Lied: „Oleoleoleoleole, we are the champinons ...“ geweckt wurde.


    Das Spiel Deutschland gegen Italien sahen wir zu Hause und meine Kinder durften eine „WM-Party“ feiern und ihre Freunde einladen. 11 Kinder saßen mit Fahnen und Tröten ausgestattet auf unserer Terrasse und fieberten mit den Spielern mit. In der 2. Halbzeit saß ich jedoch allein vor dem Fernseher, die Kinder spielten lieber selbst Fußball. Erst beim Elfmeterschießen leisteten sie mir wieder Gesellschaft. Da kamen dann auch alle Tröten, klatschenden Plastikhände und der singende Goleo zum Einsatz. 11 Kinder und eine eigentlich nicht Fußball begeisterte Mutter hatten einen wunderschönen Nachmittag.


    Meine Kinder haben aus dieser Zeit sicherlich viele bunte Bilder im Kopf. Die habe ich auch, aber es ist noch mehr. Oft denke ich an die unterschiedlichen Menschen die aufeinander zugingen, Fans verschiedener Mannschaften die sich ein faires Spiel wünschten oder einfach nur viel Glück. Menschen verschiedener Länder, die zusammenrückten, um auf ein gemeinsames Foto zu passen, lachende Gesichter, nette Worte, andere Sprachen. So einfach kann Völkerverständigung auch sein. Für uns waren es – entgegen aller Erwartungen – sehr schöne Wochen. Und wenn der Alltagstrott uns wieder ganz fest im Griff hat, dann drücken wir einfach mal Goleo auf den Bauch und lassen den Erinnerungen freien Lauf....

  • Ein kleiner Sachhinweis zum vorletzten Abschnitt:


    Deiner Beschreibung nach müsste es sich um das Spiel Deutschland - Argentinien gehandelt haben ;-)

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)