Was vom Tage übrigblieb - Kazuo Ishiguro

  • Titel: Was vom Tage übrigblieb
    Autor: Kazuo Ishiguro
    Seitenzahl: 287
    Verlag: btb
    Erschienen: Taschenbuchausgabe Oktober 2005
    ISBN: 344273309X
    Preis: 8,00 EUR


    Inhalt:
    Seit mehr als dreißig Jahren dient Stevens als Butler auf Darlington Hall. Er sorgt für einen tadellosen Haushalt und ist die Verschwiegenheit in Person, niemals würde er auch nur ein Wort über die merkwürdigen Vorgänge im Herrenhaus verlieren. So vergehen die Jahre, bis ihn plötzlich die Vergangenheit einholt....


    Autor:
    Kazuo Ishiguro wurde 1954 in Nagasaki geboren und kam im Alter von sechs Jahren nach England. Er studierte Anglistik und Philosophie und war eine Zeitlang als Sozialarbeiter tätig. Für seinen Roman „Was vom Tage übrigblieb“ wurde ihm 1989 der „Booker-Prize“ verliehen. Er lebt mit seiner Familie in London.


    Das denke ich darüber:
    Stevens ist Butler und verzichtet genaugenommen auf ein eigenes Leben auf eine eigene Persönlichkeit, wenigstens dürfte ein Außenstehender diesen Eindruck gewinnen. Er ist die Reinkarnation der unbedingten Loyalität. Er lebt seinen Beruf. Er lässt keine Emotionen zu.
    Ishiguro hat es geschafft diesen Prototyp des englischen Butlers auf eine fast geniale Art und Weise zu schildern. Der in der Ich-Form geschriebene Roman gibt einen sehr gelungenen Einblick in das Denken des Hauptprotagonisten. Auch als der vielleicht die Chance gehabt hätte, persönliches Glück zu erfahren, verliert er sich wieder in seiner distanzierten Butlerrolle.
    Ein großartiges Buch – ein phantastisches Stück der neueren englischen Literatur.
    Dieser Roman wurde auch mit Emma Thompson und Anthony Hopkins in den Hauptrollen verfilmt. Ich denke, ich werde mir diesen Film bei nächster Gelegenheit einmal anschauen.
    Für 8,00 EUR bekommt man etwas wirklich wundervoll Lesenswertes.




    Die Suchfunktion zeigte mir dieses Buch übrigens nicht an.

  • Ist zwar Off-Topic, aber muss sein - einen "krassen" Beruf hast Du. :grin


    Edit: für alle zum Nachlesen: Mitglied des Klärgrubenabschmeck-Kollektivs

    Lilli
    "The more you ignore me, the closer I get." [Morrissey]

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  • Dieses Buch liegt ganz weit oben am SuB, nachdem mir "Als wir Waisen waren" so gut gefallen hat. Leider hab ich die Bilder des (wirklich guten!) Films im Kopf, und anscheinend warte ich unbewusst noch ein wenig, dass die verschwinden.

    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist das nicht allemal das Buch.
    Georg Christoph Lichtenberg

  • Nach so viel Lob muss ich nun sagen das mir das Buch überhauot nicht gefallen hat. Ich konnte leider nicht ins Buch hineinfinden und war eigentlich nur froh als es gelesen war. Wenn ich es nicht für die Schule hätte lesen müssen hätte ich dieses Buch wohl abgebrochen. Schade! Bisher haben mir alle Lektüren für die Schule gefallen und nachdem ich den Klappentext und eure Rezis gelesen hatte, freute ich mich eigentlich auf dieses Buch.


    ... Oder es war einfach das falsche Buch zur falschen Zeit...

  • Den Film zu Kazuo Ishiguros "Was vom Tage übrigblieb" habe ich nicht gesehen, daher wusste ich auch nicht, was mich erwarten würde.
    Zunächst einmal beeindruckte mich die Sprache sehr! 100%ig zur Figur passen, ein wohlüberlegtes Wortkunstwerk!
    Die geschichte selbst hat mich ebenfalls fasziniert. Zwar ist das Ende vorhersehbar, was aber nicht an der mangelnden Phantasie des Autors liegt. Sie ist vielmehr untrennbar mit dem Chrakter des Protagonisten verbunden und kann eigentlich nur so verlaufen. Alles andere wäre zu überraschend und für mich als Leserin enttäuschend gewesen.
    Ein wundervolles, etwas melancholisches Buch!

  • Mr Stevens ist Butler in einem der großen englischen Herrenhäuser. Mittlerweile ist sein alter Arbeitgeber Lord Darlington jedoch verstorben und das Anwesen Darlington Hall an einen neureichen Amerikaner verkauft, der zwar freundlich ist, die Feinheiten des britischen Butler-Wesens jedoch wenig zu würdigen weiß. Für Stevens ist es an der Zeit Bilanz zu ziehen. Das tut er auf eine eigentümlich umständliche Art und Weise. Der erste Satz des Romans zeigt den eigentümlichen Stil des Romanes: It seems increasingly likely that I really will undertake the expedition that has been preocupying my imagination now for some days. So meandert die Erzählung vor sich hin. Stevens berichtet von der Reise, die er gerade unternimmt, von der Berufswürde der Butler, und von seiner Vergangenheit als Butler von Lord Darlington. Eine Figur taucht dabei in seinen Erzählungen immer wieder auf, Miss Kenton, die ehemalige Haushälterin, die er überreden will nach Darlington Hall zurückzukehren.
    Was vom Tage übrigblieb ist eine wunderbare, auf eigentümliche Art und Weise zärtliche Parodie auf die britische Standesgesellschaft. Der Butler als wahre Macht in den Häusern des Adels nimmt eine entscheidende Stellung in dieser Gesellschaft ein, auch wenn Mr. Stevens in seinem Standesdünkel dazu neigt, seine Bedeutung in den politischen Geschäften seines Arbeitsgebers ein bißchen überzubewerten. Mr Stevens formalistisch- umständlicher Stil liest sich sehr vergnüglich und man kann sich den steifen, älteren Herrn, der immer darauf bedacht ist, Haltung zu wahren, großartig vorstellen. Aber die Parodie wird im Laufe des Romans zunehmend trauriger, wenn Mr. Stevens beispielsweise ohne erkennbares Bedauern davon berichtet, dass er seinen sterbenden Vater aufgrund seiner beruflichen Plichten nicht mehr hatte an seinem Totenbett besuchen können. Für ihn ist klar: Die Pflichterfüllung gegenüber dem Herrn ist oberstes Gebot. Und so sehen wir einen Mann, dessen Gefühlsleben vollkommen unterdrückt, ja verkrüppelt ist. Ein wunderbar traurig-komisches Buch!

  • Meine Meinung:
    Mr. Stevens, ein englischer Butler alter Schule, ist der Ich-Erzähler dieses Buches. Der Roman spielt 1956, Stevens ist bereits seit mehr als 30 Jahren als Butler auf einem englischen Landgut beschäftigt. Aber die Zeiten ändern sich, der Stand des altehrwürdigen Butlers gerät langsam aus der Mode. Wir begleiten den alternden Stevens während einer sechstägigen Reise mit dem Automobil, er will eine ehemalige Haushälterin besuchen.


    Das beeindruckende an diesem Roman ist die Sprache, die der Autor seinem Ich-Erzähler gegeben hat. Der Leser wird in längst vergangene Zeiten englischen Standesdünkels versetzt. Stevens Ausdrucksweise ist umständlich, gedrechselt, gekünstelt, er redet vornehm um die Dinge drumherum, Wichtiges wird nicht gesagt, sondern allenfalls angedeutet, er unterhält sich nicht, er betreibt Konversation, er spricht kühl und emotionslos. Die Sprache ist durchgängig die eines sich selbst stets zurücknehmenden Dieners seiner Lordschaft.


    Der Roman selbst bleibt dabei erstaunlich handlungsarm, aber der Leser erfährt viel über die Ansichten des Butlers, Stevens reflektiert über sein bisheriges Leben und seinen Berufsstand. Er spricht von den Tugenden des Butlerstandes: Loyalität dem Dienstherrn gegenüber, Verschwiegenheit, Würde, Ehre. Sein Leben lang ist er in seinem Beruf aufgegangen und irgendwann fragt man sich traurig, wo der Mensch Stevens denn geblieben ist.


    So vermittelt der Roman allmählich eine traurige, melancholische Stimmung.


    Zu Beginn hatte ich ein wenig Schwierigkeiten, in das Buch hineinzufinden und auch zwischendurch gab es ab und an mal einige Längen und Mr. Stevens hat mich ein wenig genervt.


    Insgesamt ist das Buch aber lesenswert. Die Sprache passt ganz hervorragend zur Person und zur Geschichte. 8 Punkte.


    Leseprobe:
    Auf der Website des btb Verlages gibt es eine Leseprobe vom Beginn des Buches. <klick>

  • Was vom Tage übrig blieb - Kazuo Ishiguro


    Mein Eindruck:
    Eigentlich überflüssig, noch viel zu diesem preisgekrönten und erfolgreich verfilmten Roman zu sagen. Er ist stilistisch beeindruckend und makellos in Konstruktion und Ton.


    Der Plot ist unspektakulär. Obwohl das Buch einige Jahrzehnte ab 1922 umreißt, sind es überwiegend innere Vorgänge, die das Buch ausmachen.
    Der Butler Stevens reflektiert auf einer Reise sein Leben und seine Verstrickungen in Geschehnisse, die er nicht beeinflussen konnte.
    .
    Kazuo Ishiguros Roman zeigt die Gefahr des blinden Vertrauens in höher gestellte Personen sowie fehlgeleitete Loyalität ebenso wie die Problematik langer unterdrückter Emotionen und niemals zugelassener Gefühle. Dabei ist der Protagonist keineswegs ein gefühlloser Mensch, aber doch gefangen in Werten, die ihn isolieren. Da nützt auch sein Verständnis von Würde nichts mehr!


    10 Punkte!

  • Meine Meinung


    "Was vom Tage übrig blieb" ist ein leises, intensives Buch über verlorene Hoffnungen und ungenutzte Chancen.
    So erscheint es zumindest dem Leser.


    Was aber, wenn man, wie die Hauptfigur Butler Stevens, sein Leben lang so sehr im Dienst einer Sache stand, dass man kaum Raum für den Blick nach rechts oder links hatte, keine Gefühle zuließ oder ihnen nicht traute? Ist so ein Leben arm? Ist es so ein Mensch?
    Und ist das so einfach zu beurteilen?


    Der Roman schildert in eindrucksvoller Weise und Sprache ein Leben für Andere, uneigennützig und auf Perfektion in der Profession ausgelegt, einen Menschen, der über diese Aufopferung ein Stück weit verpasst, sich selbst zu entwickeln.
    Und gibt Anlass zum nach- und weiterdenken.


    Und das macht einen guten Roman aus.


    10 Punkte

  • Ich habe das Buch gleich nach der Vergabe des Nobelpreises gelesen und fühlte mich wunderbar an englische Fernsehserien wie Das Haus am Eton-Place oder Downtown Abbey erinnert. Das Steve unglücklich war, glaube ich nicht. Den Film sehe ich mir demnächst auch noch an. Ich finde den Nobelpreis für Literatur berechtigt.

    Novemberkinder haben es schwer. Sie brauchen Liebe und mehr.

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