KEIN alkohol am steuer

  • Hallo, Hoffis.


    Zitat

    Laut STVO muss erst ab hier der Führerschein abgegeben werden.


    Deine Grenzwertangaben sind falsch. Ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille (sog. "absolute Fahruntüchtigkeit", früher 1,3) liegt generell - auch ohne Unfall - eine Straftat vor, die mit einer Geldstrafe - in Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall möglicherweise auch mit einer Freiheitsstrafe, je nach angerichtetem "Schaden" -, 7 Punkten beim KBA und dem Entzug der Fahrerlaubnis geahndet wird. Üblicherweise ist zum Wiedererlangen der Fahrerlaubnis dann eine MPU ("Idiotentest") nötig. Im Prinzip kann derlei aber bei jedem Promillewert eintreten, sofern nachgewiesen wird, daß ein Verkehrsunfall durch die Alkoholbeeinflussung verursacht wurde.
    Die sogenannte "relative Fahruntüchtigkeit" beginnt bei 0,3 Promille. Hier wird eine Straftat verfolgt, wenn die Fahrtüchtigkeit erkennbar beeinträchtigt war ("typisches Verhalten"). Ab 0,5 Promille (früher 0,8 ) liegt unabhängig vom Verhalten eine Ordnungswidrigkeit vor, die beim Erstverstoß mit 1 Monat Fahrverbot, bei weiteren mit jeweils 3 Monaten geahndet wird.


    Übrigens gilt die "absolute Fahruntüchtigkeit" (Straftat) für Fahrrad- und Mofafahrer erst ab 1,6 Promille, für Schiffsführer (!) sogar erst ab 1,8. Ab 2,0 Promille beginnt die relative verminderte Schuldfähigkeit, die bis 3,0 Promille gutachterlich nachgewiesen werden muß, ab diesem Punkt liegt sie immer vor, ein Täter (also Unfallverursacher) bleibt also straffrei.

  • Hallo, janda.


    Zitat

    Schockierend finde ich in dieser Diskussion nur eins: Sprüche wie "dann lieber tot".


    Da stimme ich Dir zu, aber das ist - leider - genau die Botschaft, die die verlinkte Website mit ihrer "inneren Dramaturgie" zu vermitteln scheint: "Seht, was verloren wurde."

  • Zitat

    Ab 2,0 Promille beginnt die relative verminderte Schuldfähigkeit, die bis 3,0 Promille gutachterlich nachgewiesen werden muß, ab diesem Punkt liegt sie immer vor, ein Täter (also Unfallverursacher) bleibt also straffrei.


    Hm... so nicht ganz richtig!!


    Ich vermute mal, du meinst den Vollrausch, nach welchem dann geurteilt wird. Der Täter bleibt also nicht straffrei, sondern wird lediglich nach einem anderen Paragraphen (Vollrausch) verurteilt.

    Zitat

    § 323a
    Vollrausch
    (1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.


    (2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.


    (3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.


    Ansonsten wäre vielleicht für usner Motorradeulen auch noch wichtig zu wissen, daß es auch für den Sozius auf dem Motorrad einen Promillewert gibt. Also wer als Sozius auf dem Krad unterwegs ist und mehr als 2 Promille aufs Röhrchen pustet, der darf ebenfalls erstmal zu Fuß gehen, da man hier davon ausgeht, daß er auch auf das Fahrverhalten des Fahrers einwirken kann, obwohl er nicht am Lenker sitzt.


    Bei der Straftat wird der Führerschein sofort vom Polizisten einbehalten und das Fahrverbot tritt sofort in Kraft. Bei der Ordnungswidrigkeit wird zunächst nur die Weiterfahrt bis zur Nüchternheit untersagt.
    Der Führerschein wird nachträglich für einen Monat von der Ordnungsbehörde einkassiert, wie bei einem Fahrverbot aufgrund eines Geschwindigkeitsverstoßes.


    Ansonsten hast du sehr richtig das gefährliche Halbwissen von Hoffis ergänzt. :anbet


    Ich persönlich denke jedoch, daß das Risiko von Alkohol am Steuer eigentlich jedem Menschen hinreichend bekannt sein sollte. Viel gefährlicher erachte ich hingegen die noch nicht ganz so bekannte Gefahr, die von Drogen/Medikamenten am Steuer ausgehen kann. Bei Alkohol hat man einen regelmässigen Abbau der "Giftstoffe" im Körper. Sprich, wenn ich mir abends einen trinke, bin ich am nächsten Mittag spätestens eigentlich wieder fahrtüchtig, es sei denn ich hab es zu sehr übertrieben.
    Nach einem konsumierten Joint kann aber noch bis zu mehrern Tagen später der Wirkstoff im Blut nachgewiesen werden, sprich, selbst wenn man meint, wieder fit zu sein, muß dies nicht der Fall sein. Das haben leider noch nicht alle Menschen gerafft.

  • Hallo, BJ.


    Zitat

    Der Täter bleibt also nicht straffrei, sondern wird lediglich nach einem anderen Paragraphen (Vollrausch) verurteilt.


    Es kommt zu einer (abermaligen) Anklageerhebung. Ansonsten hast Du recht. Straffrei entgeht man natürlich nicht, wenn man mit >= 3 Promille einen Unfall verursacht. Im übrigen drohen bei diesem Zustand auch noch andere Maßnahmen, zum Beispiel die Einweisung in eine Heilanstalt.


    Edit: Der "Vollrausch"-Paragraph wurde extra zu dem Zweck geschaffen, Leute, die bei der Begehung einer Tat schuldunfähig waren, etwa, weil sie so betrunken waren, daß "nichts mehr ging", dennoch zu bestrafen. Tatsächlich ist es so, daß jemand, der eine Straftat im Vollrausch (3 Promille und mehr oder 2 Promille und mehr und gutachterlich als schuldunfähig eingestuft), für diese Straftat nicht verurteilt werden kann. Ersatzweise kann er dann nach §323a verurteilt werden. Diese Vorgehensweise - "actio libera in causa" - greift dann, zumindest theoretisch, als Ersatz für die ursprüngliche Anklage - und das kann alles mögliche sein, von einer einfachen Ordnungswidrigkeit bis hin zu Mord und Totschlag. Das Strafmaß für 323a, den Vollrausch selbst, ist dann aber auf bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe begrenzt, darf jedoch die Höchststrafe für die ursprünglich angeklagte Tat nicht überschreiten.


    Das ganze ist aber umstritten. Der BGH hat die Anwendung von §323a zum Beispiel bei Verkehrsdelikten abgelehnt. Es geht im Prinzip darum, daß das Sichbetrinken bis hin zum DT an und für sich keine Straftat sein kann, und daß eigenhändige und bewußte Straftaten in diesem Zustand kaum möglich sind. So verstehe ich das jedenfalls, als Laie.


    http://de.wikipedia.org/wiki/Actio_libera_in_causa


    Tatsächlich gibt es Leute, die mit weit mehr als 3 Promille hinter dem Steuer angetroffen wurden. :wow

  • Zum Thema: ....dann lieber tot:


    Sowas kann man nur für die eigene Person annehmen und nicht für jemand anders, schon gar nicht für die gezeigte junge Frau auf den Bildern. Sehr wahrscheinlich ändert sich die eigene Meinung auch ganz drastisch, wenn man selbst betroffen ist. Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, wie es sich anfühlt, wenn 60 % der Haut verbrannt sind, man keine Nase, keine Ohren, schlicht gar kein Gesicht mehr hat. Ich weiß nicht, wer hinter der Seite steckt und ob die junge Frau das so toll findet, dass sie tausendfach im Internet leicht angegruselt angeglotzt wird und sich jeder denkt: "Gut, dass ich nicht an ihrer Stelle bin". Vielleicht ist das menschlich, dass man sich von einem bißchen "Leid angucken" gleich besser fühlt, weil es eigene kleine Zipperlein so schön relativiert. Ich glaube auch nicht so richtig daran, dass solche Seiten helfen, zukünftig alkoholbedingte Unfälle zu mindern.Natürlich ist man geschockt und denkt bei derartigen Bildern daran, dass Alkohol und Autofahren sich nicht vertragen. Da die meisten Alkoholfahrten aber nicht geplant ablaufen (jemand hat hier schon geschrieben, dass das Verantwortungsbewußtsein unter Alkoholeinfluss einen deutlichen Einbruch erleidet) wird es auch zukünftig derartige Unfälle geben, weil sich niemand mehr an diese Bilder erinnert, wenn er den Autoschlüssel besoffen ins Zündschloss steckt..

    Lieben Gruß Idgie



    Erst wenn man viel gelesen hat, lernt man wenig Bücher schätzen.

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  • Zum Glück bahnt sich in unserer Gesellschaft langsam ein Umdenken an. Noch vor wenigen Jahren wurde ich schief angeschaut oder mit dummen Worten angemacht, wenn ich ausschließlich Wasser trank, weil ich noch fahren mußte. Das hat in der letzten Zeit doch ein wenig nach gelassen. Aber auch in den Lokalen ist es immer frustrierend, wenn ich ein Tafelwasser zum Essen bestelle anstelle von Wein und der Kellner schaut dann so seltsam über den Bestellblock hinweg. Oft sieht man ihm den Gedanken direkt an ' der Arme kommt wohl grad aus dem Trockendock '. :wow

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Zitat

    Original von Tom
    Hallo, janda.



    Da stimme ich Dir zu, aber das ist - leider - genau die Botschaft, die die verlinkte Website mit ihrer "inneren Dramaturgie" zu vermitteln scheint: "Seht, was verloren wurde."


    Erklärt mir mal bitte jemand netterweise, was daran schlimm sein soll, wenn man bei einem derzeitigen furchtbaren Schicksalsschlag ganz subjektiv...und nicht anders habe ich das von Oemchen aufgefaßt!...für sich ganz alleine entscheidet, man wäre lieber tot, als sein ganzes Leben lang auf fremde Hilfe angewiesen zu sein?


    Mag ja sein, dass ich fürchterlich dumm bin, aber ich würde meinem Leben auch lieber ein Ende setzen, als für andere eine ständige Belastung darzustellen.


    Ist in unserem Land eine völlig freie Entscheidung, soviel ich weiß?

  • @ Tom


    :grin Ich wollte es für den Laien nicht zu kompliziert machen, sondern lediglich richtig stellen, daß man nicht straffrei ausgeht.


    Ich persönlich habe allerdings noch nie erlebt das der Vollrausch § Anwendung gefunden hätte. Bisher waren meine Pappenheimer (der höchste mit 3,1 Promille) alle schuldfähig und sind nach dem § 315c StGB bzw. § 316 StGB verknackt worden.
    Leider weiß ich nicht genau wie das dann begründet wurde.
    (Ich vermute, man geht bei einem solchen Wert von Alkoholismus aus und geht dann davon aus, daß eine gewisse Gewöhnung an den Alkohol eingetreten ist, sprich man vermutlich schuldfähiger ist, als jemand der sich einmalig mit einer wesentlich geringere Menge Alkohol im Blut total weggeschossen hat. Wer einen solchen Wert erreicht, ohne lallend in der Ecke zu liegen, konsumiert regelmässig diese Mengen.
    Aus diesem Grund wird ja auch ein ärtzliches Gutachten direkt mit der Blutprobe erstellt. Denn nicht nur der Promillewert wirkt auf die Fahrtüchtigkeit, sondern auch, wie die Reaktionsfähigkeit noch vorhanden ist.


    Aber ich fange an zu schwafeln. :grin



    @ Missy
    Dem kann ich so nicht zustimmen. Mir fällt keine Discothek ein, in der das Bier teuerer wäre als ein Glas Wasser. :wave

  • Hallo, Ikarus.


    Solche Äußerungen wie "dann lieber tot" sind in mehrerlei Hinsicht problematisch - in der Hauptsache, weil es um einen anderen Menschen geht. Hier ist in Folge eines Unfalls eine Behinderung entstanden, was leider fast ein bißchen euphemistisch klingt, und wenn man "von außen" den Wert des betroffenen Lebens gleich Null setzt (was die Äußerung "dann lieber tot" impliziert), macht man den Wert des Lebens vom Grad der Behinderung abhängig. Mir ist klar, daß damit gemeint ist, daß man selbst lieber tot wäre, als mit diesen Unfallfolgen leben zu müssen, aber die Botschaft ist die gleiche.


    Zitat

    für sich ganz alleine entscheidet, man wäre lieber tot, als sein ganzes Leben lang auf fremde Hilfe angewiesen zu sein?


    Wir hatten diese Ich-würde-nie-Diskussion in vielen Derivaten schon mehrfach. Es sagt sich leicht dahin, daß man so oder so entscheiden würde, wenn man in der oder der Situation wäre, aber solange man nicht in dieser Situation ist, sind solche spekulativen Äußerungen tendentiell sinnarm. Anders gesagt: Wenn es denn, Gott behüte, so weit ist, denkt und handelt man möglicherweise - sogar sehr wahrscheinlich - völlig anders.

  • Hallo, Missy.


    Zitat

    Leider ist es in Restaurants, Discos und Kneipen immer noch so das Wasser teurer ist als alkoholische Getränke.


    Es ist gesetzlich festgelegt, daß sich auf jeder Getränkekarte mindestens ein alkoholfreies Getränk befinden muß, das bei gleicher Ausschankmenge preiswerter ist als das billigste alkoholhaltige Getränk. Davon abgesehen halte ich es für die gruseligstmögliche Ausrede, Alkohol zu trinken, weil es billiger ist als alkoholfrei zu trinken. :pille

  • Zu langsam. Das mit dem alkoholfreien Getränk wusste ich auch. In den meisten Fällen ist es dann sogar das Wasser, das am preiswertesten ist.



    Zu dem Link: Der ist schon relativ alt, interessant, dass er nach wie vor existiert. Aber wie damals kann ich mir nicht mehr als das erste Bild anschauen.


    Zu dem Straffrei ausgehen: So ganz geht in meinen Kopf nicht rein, warum jemand, der NOCH BETRUNKENER, und NOCH EIN GRÖßERES RISIKO darstellt, eine geringere Strafe bekommt. Unfähigkeit hin und her, derjenige hat sich selbst in diesen Zustand gebracht, im Wissen, dass es gefährlich ist. -Bei einem Schock oder Ähnlichem sieht es da noch anders aus, aber bewusstes Vollsaufen und dann noch gut bei wegkommen... sorry, was ist das? Belohnung für besonders fahrlässiges Verhalten? Derjenige gehört meiner Meinung nach weitaus höher Bestraft.


    Dann könnte ich ja auch entscheiden, dass ich mich, bevor ich jemanden umbringe, zulaufen lasse, damit ich straffrei ausgehe. Ist ein makaberes Beispiel... Aber wirklich, wie weit geht denn in unserem Land der Täterschutz? *kopfschüttel*



    JAss :keks

  • Zitat

    Original von Tom
    Mir ist klar, daß damit gemeint ist, daß man selbst lieber tot wäre, als mit diesen Unfallfolgen leben zu müssen, aber die Botschaft ist die gleiche.


    Da Oemchen hier nicht unbekannt ist, finde ich es unangemessen, sie nicht schlicht und einfach mit dem simplen Satz zu fragen: "Wie hast Du das gemeint?"


    Die eventuell unterstellte Botschaft, man wäre eventuell an einer Gesellschaft interessiert, die keine Behinderten zuläßt, sehe ich bei Oemchen einfach nicht...und würde das auch nie von jemand anderem einfach so annehmen.


    DAS fände ich viel schlimmer, wenn .... ohne Nachzufragen, eine derartige Unterstellung im Raum bestehen bliebe. Womit ich der Hoffnung Ausdruck verleihen möchte, dass sich das noch aufklärt.


    Ich persönlich halte mich - alters-und intelligenzmäßig - für durchaus in der Lage, zu differenzieren und - trotz zum Glück mangelndem Vorhandenseins Erfahrungen am direkten eigenen Leib - für durchaus fähig, ganz für mich selbst zu entscheiden, dass ich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit weder damit leben könnte, einem anderen Menschen etwas zugefügt zu haben, noch...wie schon gesagt...für andere eine Belastung sein zu wollen.


    Wie es allerdings aussieht, sollte der Fall mal tatsächlich eintreten, weiß ich selbstverständlich nicht. Vielleicht fehlt mir dann der Mut...aber ich hoffe es nicht.
    Womit ich allerdings keinesfalls ausdrücken möchte, dass ich nicht respektieren würde, wenn sich jemand anders entscheidet.

  • Hallo, JASS.


    Zitat

    So ganz geht in meinen Kopf nicht rein, warum jemand, der NOCH BETRUNKENER, und NOCH EIN GRÖßERES RISIKO darstellt, eine geringere Strafe bekommt.


    Alles, was mit den Schuldunfähigkeitsparagraphen zu tun hat, bewegt sich naturgemäß in einem moralisch heiklen Bereich. Aber es geht im Prinzip darum, ob man noch bewußt dazu in der Lage war, eine Straftat zu begehen. Es ist schwer vorstellbar, einen Mord zu planen, sich bis zur Dachkante (3,0) vollaufen zu lassen und ihn dann auch noch zu begehen. Ein anderer Aspekt ist die Frage, ob die Tat begangen worden wäre, wäre man nicht schuldunfähig gemäß § 19 ff. StGB gewesen.


    Dabei geht es um die Frage der Schuld. Wer keine Schuld hat, kann für eine Tat nicht bestraft werden ("nulla poena sine culpa"). Schuld an einer Tat hat man nicht mehr, wenn man zum Tatzeitpunkt keine Kontrolle mehr über sich hatte (früher hieß das "Unzurechnungsfähigkeit"). Nun denkt sich der Normalbürger: Hallo, da besäuft sich jemand gnadenlos und ist dann nicht mehr schuld an seinen Taten? Ja, weil er nicht mehr zur Einsicht seiner Schuld in der Lage war. Anders gesagt: Er konnte die Tat nicht mehr unter expliziter Erkennung der Schuldhaftigkeit begehen. Diese Paragraphen gelten übrigens nicht nur für Säufer, sondern für Kinder unter 14 Jahren, für Menschen mit geistiger Behinderung, für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen. Der Alkoholrausch wird mithin übrigens ebenfalls als "krankhafte seelische Störung kategorisiert".


    Das stößt natürlich übel auf, und genau deshalb wurde ja der §323a geschaffen. Er ist und bleibt umstritten und kommt so gut wie nie zur Anwendung. Wenn es nicht strafbar ist, sich bis zu einer gewissen Grenze zu betrinken, die meinetwegen bei um die 2,0 Promille liegt (es gibt Leute, denen dieser Pegel kaum anzumerken ist), wie kann es dann strafbar sein, sich aus diesem Level in einen zu katapulierten, der jenseits von Gut und Böse liegt? Schließlich fand der Kontrollverlust ja schon vorher statt, anders gesagt: Man war bereits schuldunfähig, als man sich auf dem Weg in den Vollrausch befand.


    Das ist alles sehr problematisch. Die Gesellschaft läßt - auch schweren - Alkoholkonsum zu, er ist sogar Bestandteil des Umganges, selbst auf höchster Ebene, wo bei Empfängen Champagner und bei Banketten Wein getrunken wird. Wenn es nicht verboten ist oder werden kann, Drogen zu konsumieren (und Alkohol ist eine Droge), muß die Gesellschaft mit den Folgen gesteigerten Konsums umzugehen in der Lage sein. Bei der Rechtsprechung wird's dann, wie gesehen, extrem kompliziert.


    Wie auch immer. Wer nicht mehr Herr seiner selbst war, bewegt sich tatsächlich weitgehend aus der Strafverfolgung heraus. Leider betrifft das in der Hauptsache Straftaten im Straßenverkehr und Sexualdelikte (!); Morde, Erpessungen, Einbrüche usw. unter starkem Alkoholeinfluß sind die Ausnahme. Übrigens droht auch bei Nichtanwendung des §323a trotzdem Unbill: Wer sich als Schwerstalkoholiker ausweist, kann in den Maßregelvollzug kommen.


    Kleine Ergänzung:


    Ich selbst schrieb:

    Zitat

    Es ist schwer vorstellbar, einen Mord zu planen, sich bis zur Dachkante (3,0) vollaufen zu lassen und ihn dann auch noch zu begehen.


    Tatsächlich gilt jede Tat vom Moment des Beginnes ihrer Ausführung als begangen, und das wäre in diesem Fall der Abschluß der Planung und der Beginn des Sichbetrinkens in der Absicht, betrunken zu töten. Selbst bei letztlich nicht durchgeführtem Mord würde der Täter also ganz unabhängig von seinem Vollrausch für versuchten Mord verurteilt werden. Wer sich besäuft, um eine Tat zu begehen, entgeht der Strafe nicht.

  • Zitat

    Original von Tom
    Hallo, Ikarus.


    Was fragen? "Dann lieber tot" ist eine klare und eindeutige Aussage.


    Hallo Tom,


    ich hab`s oben bereits geschrieben, was und warum ich nachgefragt hätte...und nein, ich finde nicht, dass "Dann lieber tot" eine klare und eindeutige Aussage ist, im Gegenteil. Sie läßt viel zuviel Spielraum für Ausdeutungen und Spekulationen...und damit Mißverständnisse.


    Aber lassen wir das halt einfach...und jedem die eigene Interpretationsfreiheit, die ja auch eine Freiheit ist. :-)

  • Hallo, Ikarus.


    Zitat

    Die eventuell unterstellte Botschaft, man wäre eventuell an einer Gesellschaft interessiert, die keine Behinderten zuläßt ...


    Das ist nun wieder Deine Interpretation. :grin


    Wie auch immer, ich halte die Aussage nach wie vor für klar, prägnant und eindeutig. Sie lautet: Ich halte ein solches Leben für nicht lebenswert. Das hat wenig bis nichts mit dem "Interesse an einer Gesellschaft ohne Behinderte" zu tun, sondern mit einer Einschätzung des Lebenswertes. Er geht gegen Null (nach dieser Einschätzung), wenn ein dramatischer Schaden eingetreten ist, sich der Körper in einem Zustand befindet, der sämtlichen Idealen widerspricht, die Motorik zerstört ist undsoweiter. Daß der Mensch ein bewußter Mensch bleibt, wird dabei m.E. außer Acht gelassen. Diese Haltung trifft man tatsächlich häufig im Umgang mit Behinderungen jeglicher Art an.


    Wenn Oemchenli sowas schreibt, muß sie sich auch die Reaktionen darauf anhören. Geht mir ja umgekehrt genauso mit dem ganzen Schmu, den ich so verfasse. :wave

  • Zitat

    Original von Tom
    Wenn Oemchenli sowas schreibt, muß sie sich auch die Reaktionen darauf anhören. Geht mir ja umgekehrt genauso mit dem ganzen Schmu, den ich so verfasse. :wave


    Hab Dich schon verstanden, denke ich :grin :wave


    ...war ja auch nur ein Denkanstöß-chen von mir, das Du kaum bis seltenst benötigst ... boah, ey...*sülzmodusausschalte*...ist eh viel zu heiß schon wieder ;-)