'Die Liebenden des Lichts' - Seiten 001 - 072

  • Das Buch hat von allem ein bisschen was: Kriegszeit und Liebesgeschichte. Doch keines geht zu weit ins Detail, dass man sagen müsste: Es wäre ein reines Kriegsbuch,... Man merkt auch richtig, in welchen Jahren es spielt. Ich finde es einfach toll!

  • Ich habe gerade den ersten Teil gelesen - und werde nachher gleich weiterlesen, denn das Buch gefällt mir bis jetzt sehr gut. Ich sehe die Personen richtig vor mir und kann mit ihnen mitfühlen, ohne das die Geschichte irgendwie schnulzig ist. Macht wirklich Spaß zu lesen!
    Gleichzeitig finde ich auch die düstere Stimmung der Kriegszeit gut geschildert, die Bedrohung ist spürbar, aber nicht zu sehr im Vordergrund.


    Mir hat auch der Prolog gut gefallen. Wenn auf das Ende vorgegriffen wird, stört mich das eigentich nur bei Krimis, hier fand ich es einen gelungenen Einstieg.

  • @ CAit
    Ja genau das meine ich.
    Ich hatte das Gefühl, daß der Punkt ein Kritikpunkt war bei Palomar und das empfinde ich eben nicht so, eher im Gegenteil. Das düstere kommt rüber, aber eben sehr subtil und nicht aufdringlich.

  • Ich hab mal eben den ersten Teil gelesen. Das ging ja schnell. :wow


    Was mir nicht gefällt, sind die widersprüchlichen Beschreibungen, die mal so oder mal so genutzt werden. Zum Beispiel ist Bandi an einer Stelle glücklich über seine festen Schuhe, die ihm guten Halt auf den verschneiten Strassen bieten und bedauert die Arbeiter, deren Kleidung viel zu dünn ist. Und ein paar Seiten später hat er Füsse wie Eisklumpen, weil seine Schuhe schon längst durchgelatscht sind und der Wind bläst ihm in die viel zu dünne Jacke.


    Oder auch bei Gerta: Mal regt sie sich über die oberflächlichen Mitschülerinnen auf, die nichts anderes im Kopf haben als Menüabfolgen und die neueste Mode und dann hat sie sich aber auch nie Gedanken über das Leben ihrer Dienstmädchen gemacht.


    Irgendwie hab ich ein paar Mal gedacht, dass da etwas nicht stimmt mit den Beschreibungen.

  • Entweder ich habe im Eifer des Gefechtes das total überlesen, oder aber ich hab es nicht so empfunden wie Du. Genau kann ich das gar nicht sagen. Und jetzt, wo ich bewusst darüber nachdenke, kann man es als Widerspruch sehen, was Du als Beispiel aufgeführt hast, muss man aber nicht. Denn das eine, muss das andere ja nicht unbedingt ausschliessen.
    Denn die Klamotten der Arbeiter können ja noch schlechter sein als die von Bandi, und somit kann er doch froh darüber sein, was er hat. Naja, und dass sich Gerta über Menüfolgen aufregt muss ja nicht heissen, dass sie noch einen Schritt weiter geht. Schließlich ist sie doch sehr behütet aufgewachsen und wird sicher ein gewisses Maß an Naivität haben. Äh, versteht einer, was ich meine? :grin

  • Ich habe diese widersprüchlichen Beschreibungen nicht so empfunden wie Delphin, weil ich sie anders gesehen habe. Um das mal an den genannten Beispielen festzumachen:


    Zum Beispiel ist Bandi an einer Stelle glücklich über seine festen Schuhe, die ihm guten Halt auf den verschneiten Strassen bieten und bedauert die Arbeiter, deren Kleidung viel zu dünn ist. Und ein paar Seiten später hat er Füsse wie Eisklumpen, weil seine Schuhe schon längst durchgelatscht sind und der Wind bläst ihm in die viel zu dünne Jacke.


    Und doch geht es Bandi immer noch viel, viel besser als die Arbeiter, deren Schuhe eben noch kaputter und deren Jacken noch dünner sind. Er ist zwar nicht reich, aber eben auch nicht SO arm wie sie. Er sieht die Armut nicht an sich, sondern nur an ihnen.


    Oder auch bei Gerta: Mal regt sie sich über die oberflächlichen Mitschülerinnen auf, die nichts anderes im Kopf haben als Menüabfolgen und die neueste Mode und dann hat sie sich aber auch nie Gedanken über das Leben ihrer Dienstmädchen gemacht.


    Ich habe das auch nicht so widersprüchlich gesehen, denn man sieht ja gerne den Splitter im Auge des anderen, den Zaunpfahl im eigenen Auge jedoch nicht. Anfangs empfinde ich Gerta noch als naiv, eben typisch wohlbehütetes Bürgermädchen jener Zeit: ferngehalten von allem Bösen, vom Geschehen in der Welt und immer ein wenig dumm gehalten.


    Vielen Frauen gelang es damals nicht, sich freizuschwimmen (viele wollten das vielleicht auch gar nicht und waren heilfroh um die Rolle, die ihnen diese Zeit zugedacht hatte) und so kreiselten sie ihr Leben lang zwischen Kinder, Küche und Kirche. In gewisser Hinsicht ein einfacheres Leben als das einer in jeder Hinsicht mündigen Frau.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Hab ich auch nicht ganz so streng gesehen wie Du, Delphin...bzw. geb ich da in mancher Hinsicht Batty eher recht.
    Welcher Mensch schafft das schon, wirklich richtig straight, also nicht auch mal wiedersprüchlich zu sein?!


    Hm....Batty, Dein letzter Absatz macht mich nachdenklich.
    In zweifacher Hinsicht:
    1) Freischwimmen zu dieser Zeit und in dem Umfeld und mit noch den Traditionen halte ich für schwieriger als heute.


    2) Und ... weiter gedacht: was bedeutet auch heute eigentlich wirklich freischwimmen? Können heutige Frauen oder generell Menschen das überhaupt?


    Sorry, wenn ich Euch mit philosophischen Gedanken nerven sollte...zu stark hinterfrage...aber manchmal bezweifle ich tatsächlich, ob es mit der wirklichen Gleichberechtigung und Selbstbestimmung tatsächlich heute sooo weit her ist....oder ob nicht viel Augenwischerei und In-die-Tasche-Lügen dabei ist.


    Fazit für mich bisher: das Buch ist schonmal rein deswegen klasse, weil es zum Nachdenken anregt.


    Mir gefällt`s :-)

  • Zitat

    Original von Batcat
    Aber irgendwie auch verständlich: Er sieht Capas Talent, will aber, daß es wachsen kann und nicht "ungereift verschleudert wird". Wenn er ihm das mit Blümchen garniert gesagt hätte, hätte Capa garantiert nicht auf ihn gehört. ;-) So aber hat er letztendlich die Fotografie von der Pike auf gelernt und zu seinem Talent noch das nötige Handwerkszeug mit auf den Weg bekommen. Hat ihm sicher nicht geschadet. ;-)


    Stimmt, da hast du recht. Aus der Sicht hatte ich das gar nicht betrachtet. Und im weiteren Verlauf der Geschichte sieht man dann ja auch, daß es Bandi wirklich alles andere als geschadet hat. ;-) Aber in dem Moment hatte ich einfach nur Mitleid mit ihm.


    Zitat

    Original von Batcat
    Wäre nett gewesen - hätte aber die eigentliche Geschichte keinen Millimeter vorangebracht.


    Stimmt. "Ich hätte ja zu gerne gesehen,..." meinte ich auch eher im Sinn von "War bestimmt ein lustiger Anblick". ;-)


    Zitat

    Original von Delphin
    Oder auch bei Gerta: Mal regt sie sich über die oberflächlichen Mitschülerinnen auf, die nichts anderes im Kopf haben als Menüabfolgen und die neueste Mode und dann hat sie sich aber auch nie Gedanken über das Leben ihrer Dienstmädchen gemacht.


    Ich empfinde das auch nicht als widersprüchlich. Von Menüabfolgen u. ä. gelangweilt sein und sich Gedanken über Standesunterschiede machen sind zwei Paar Stiefel, finde ich.

  • Ikarus:
    In zweifacher Hinsicht:
    1) Freischwimmen zu dieser Zeit und in dem Umfeld und mit noch den Traditionen halte ich für schwieriger als heute.


    2) Und ... weiter gedacht: was bedeutet auch heute eigentlich wirklich freischwimmen? Können heutige Frauen oder generell Menschen das überhaupt?


    zu 1) Mit Sicherheit. Damals war man ja noch viel mehr als heute mit den Konventionen seines jeweiligen Umfelds verbunden und sich frei zu schwimmen, aus den Konventionen auszubrechen, hatte wohl auch oft gesellschaftliche Ächtung zur Folge.


    zu 2) Freischwimmen bedeutet heute wohl für jeden was anderes. Für den einen mag es bedeuten, seinen eigenen Weg zu gehen; für den anderen, seine Homosexualität zu outen; für den Dritten, auszusteigen und ein ganz anderes Leben zu führen. Meist muß man heute aber für sein "Freischwimmen" einen geringeren Preis bezahlen als früher.


    Für mich persönlich bedeutet es, erwachsen zu werden und ein selbständiges, eigenverantwortliches und mündiges Leben zu führen. So gesehen habe ich meinen Freischwimmer schon lange in der Tasche. ;-) Was aber nicht heißen soll, daß ich nicht eines Tages mal wieder vor der Tatsache stehe, mich erneut freischwimmen zu müssen. ;-) Das Leben ist eine Wundertüte voller Überraschungen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

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  • Über das Buch habe ich einen interessanten Artikel gelesen. Euere Diskussion finde ich sehr beeindruckend. Allerdings befinde ich mich erst am Anfang und kann noch nicht so recht mit reden.

    Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. (Abraham Lincoln, 12.02.1809 - 15.04.1865)

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  • Ich habe heute angefangen und direkt in einem Rutsch zwei Drittel durchgelesen und bin absolut begeistert :wow


    Die Gestaltung der BLT Bücher von Lübbe fasziniert mich immer wieder, ich hatte schon wie oft eines in den Händen alleine wegen des Covers - was mir bei anderen Verlagen sonst nie passiert, aber dieser abgesetzte Rahmen ist einfach toll :-]


    Doch nun zu diesem Teil:


    Ich kann mich der Begeisterung über die Sprache nur anschließen - die richtige Mischung aus Einfachheit und Poesie, authentisch und doch dicht, wunderbar!! :anbet
    Das überträgt sich in meinem Empfinden auch auf die Charaktere, die hauptsächlich durch ihre Handlungen und Gedanken beschrieben werden und nicht durch eine rein äußerliche Charakterisierung. Alle bisher in Erscheinung getretenen Figuren wirken auf mich absolut lebensecht.


    Die von euch angesprochene politische Bedrohung habe ich schon herausgelesen, allerdings - und ich habe einfach angenommen, das sei Absicht ;-) - wie Batcat schrieb, als dunkle Wolken am Horizont, die zwar irgendwie spürbar sind, aber deren Ausmaß weder zu ahnen ist noch von allen ernst genommen wird.

  • Zitat

    Original von milla
    Die Gestaltung der BLT Bücher von Lübbe fasziniert mich immer wieder, ich hatte schon wie oft eines in den Händen alleine wegen des Covers - was mir bei anderen Verlagen sonst nie passiert, aber dieser abgesetzte Rahmen ist einfach toll :-]


    Geht mir auch so. Das Foto auf dem Cover von "Die Liebenden des Lichts" finde ich einfach nur schön. Und dieses hier zieht mich auch allein deshalb schon an, weil es toll aussieht und ich bremse mich nur wegen der schlechten Rezension. :wow
    .

  • Auch ich habe jetzt den ersten Teil gelesen.


    Ein dramatischer Einstieg, der dramaturgisch viel vorwegnimmt und andeutet, ohne Langeweile aufkommen zu lassen. Weitgehend sauber werden die Hauptfiguren charakterisiert und ihr jeweiliges Lebensumfeld geschildert. Der Stil ist angenehm zu lesen, das Geschehen ist sehr gut vorstellbar.
    Mirjam Wilhelm nimmt sich Zeit für ihren Figuren, was ich sehr angenehm finde.


    Ich muß zugeben, daß die häufigen Perspektivwechsel überhaupt nicht meines sind, häufen sich aber bei eher journalistisch geschriebenen Romanbiographien und Tatsachenromanen. Das gehört offenbar zum Genre. Ich für meinen Teil will gar nicht soviel wissen. Dennoch erkenne ich gerne an, daß Mirjam Wilhelm diese Technik souverän beherrscht.


    Sprachlich und stilistisch gefällt es mir in der Tat gut. Der Wechsel von Feuchtwangers Erfolg (dem Klassiker, den ich für die Leserunde unterbrochen habe) bringt keine Enttäuschung. :-)


    Allerdings gibt es m.A.n. ein paar kleinere Ungeschicklichkeiten. Z.B. stört mich die "journalistische" Angewohnheit, ständig mit kurzen Absätzen zu arbeiten. Bei der sprachlichen Gestaltung werden die aus einem einzigen Satz bestehenden Absätze überstrapaziert. Zwei, drei Male wirkte das auf mich wie eine angehängte "Moral" aus dem vorher Gesagten, und das permanente Erzeugen von Pausen erscheint mir oft wie ein Lehrvortrag.


    Außerdem sind auch mir die von Delphin erwähnten Widersprüche aufgefallen. Während der bei Gerta genannte sicherlich beabsichtigt war, erscheint mir z.B. die Sache mit den Schuhen wie ein Malheur.


    Da der Text sprachlich auf einem guten Niveau angesiedelt ist, sind mir ein paar "verpaßte Chancen" aufgefallen. Z.B. der Übergang zwischen Prolog und Erstem Teil, da hätte ich eine sprachliche Klammer empfohlen. Das ist mir richtig ins "Lektorinnenauge" gesprungen. :grin


    Manchmal wird es mit dem Aufbau einer Momentanspannung übertrieben bzw. der Abschluß eines solchen Spannunggsbogens bricht einfach weg. Z.B. daß Gerda große Ängste aussteht und das Ganze dann einfach verpufft. An dieser Stelle wurde eine Chance verpaßt, dem Spannungsaufbau einen angemessenen, den gesamten Spannungsbogen stützenden Abschluß zu geben. Es verstärkt bei mir nicht den Eindruck der Hilflosigkeit, die der Vater durchaus empfindet, sondern mir fehlt da schlicht und einfach die Wahrnehmung genau dieses Widerspruchs bei Gerta in seiner ganzen Tiefe. M.A.n. wurde hier versäumt, das Eindringen der dunklen Wolken in die Familie, Gertas Ängste vor den kurzgeschorenen Knobelbechern, ihre Ängste auch um ihre jüdische Mutter (!) anklingen zu lassen. Von mir aus hätten sie gleich wieder beiseitegeschoben werden können -- aber es hätte wenigstens anklingen sollen!

  • Zitat

    Original von IrisM.A.n. wurde hier versäumt, das Eindringen der dunklen Wolken in die Familie, Gertas Ängste vor den kurzgeschorenen Knobelbechern, ihre Ängste auch um ihre jüdische Mutter (!) anklingen zu lassen.


    Hmm, ich hab den Eindruck, Gerta weiß gar nicht, dass ihre Mutter Jüdin ist!