Julian Barnes - Eine Geschichte der Welt in 10 1/2 Kapiteln

  • Inhalt:


    In 10 Kapiteln greift Julian Barnes einerseits bedeutende Ereignisse der Menschheitsgeschichte auf, andererseits aber auch belanglose Nebensächlichkeiten und konstruiert so eine Weltgeschichte der anderen – oftmals sehr heiteren – Art.
    So beginnt das Buch mit der sehr humorvollen Schilderung der Sintflut aus der Sicht eines Holzwurmes, der als blinder Passagier die Arche Noah begleitet. Weiters finden sich zwei Holzwürmer vor Gericht in der Rolle der Angeklagten, sie sollen aufgrund der von ihnen verursachten Zerstörung des Bischofsstuhls an der Geisteskrankheit des Bischofes von Besancon schuld sein. Ebenfalls Niederschlag finden die atomare Bedrohung, der Untergang der Titanic, die Judenverfolgung oder auch die Eroberung und Besitznahme von indianischen Eingeborenen oder auch der christlichen Vorstellungen vom Leben nach dem Tod.


    Das ½ Kapitel unter dem Titel „In Klammern“ widmet sich rein und alleine der Liebe, ja es ist ein Plädoyer an die Liebe.


    Zitat

    »Ich liebe dich.« Zunächst einmal sollten wir diese Worte lieber ganz oben aufs Regal stellen; in eine viereckige Schachtel hinter Glas, das wir mit dem Ellenbogen einschlagen müssen; in einen Banktresor. […] Wenn die Worte zu leicht greifbar sind, gebrauchen wir sie ohne nachzudenken; dann können wir nicht widerstehen. Klar sagen wir, wir tun das nicht, aber dann tun wir’s doch. Wir sind betrunken, oder einsam, oder – was am allerwahrscheinlichsten ist – wir machen uns einfach Hoffnungen verdammt noch mal, und schon sind die Worte weg, verbraucht, versaut


    Meine Meinung


    Ich weiß eigentlich bis jetzt nicht, was ich von diesem Buch halten soll. Die Geschichten sind teilweise so skurril und abgedreht, dass ich auch oftmals den Sinn nicht wirklich erfassen konnte. Die Gratwanderung zwischen Ironie und Ernsthaftigkeit, die beherrscht Julian Barnes vorzüglich. Er erzählt von fiktiven Personen und Vorkommnissen derartig ernsthaft, dass ich oft genug googeln musste um dann herauszufinden, dass dies alles nicht wahr ist. Dennoch bekommt man das Gefühl, dass es sich durchaus zugetragen haben könnte.
    Die Geschichten sind nach außen hin lose aneinandergereiht, doch immer mehr entdeckt man einen roten Faden und wiederkehrende Motive. So geht es meist um Schiffbruch, die Arche Noah findet in fast jeder Geschichte eine Erwähnung und auch der Holzwurm ist dauernd präsent.


    Ich weiß nicht, ob ich das Buch weiterempfehlen kann, für Freunde des schwarzen Humors sicherlich eine Fundgrube, mir war es – ehrlich gesagt – stellenweise etwas zu „hoch“.


    über Julian Barnes


    Geb. 19.1.1946 in Leicester, studierte Jura und Französisch in Oxford, war Literaturkritiker der „Times“, und auch als Übersetzer tätig. Seit etwa 1980 lebt er hauptberuflich als Schriftsteller. Unter dem Pseudonym Dan Kavanagh schreibt er auch Krimis. Er erhielt viele Literaturpreise und lebt in London.


    Werke (auszugsweise).


    Flauberts Papagei (Roman), deutsch 1987
    Als sie mich noch nicht kannte (Roman), deutsch 1988
    Metroland (Roman), deutsch 1989
    Eine Geschichte der Welt in 10 1/2 Kapiteln, deutsch 1990,
    Darüber reden (Roman), deutsch 1992,
    England, England (Roman), deutsch 1999,
    Tour de France (Essays), deutsch 2003,
    Fein gehackt und grob gewürfelt - Der Pedant in der Küche, deutsch 2004,
    Der Zitronentisch (Erzählungen), deutsch 2005,
    Arthur & George (Roman), 2005 (noch nicht auf deutsch erschienen)

  • @ Jersey: schöne Rezension.


    Das Buch klingt lesenswert, wenn auch etwas anders als die Meisten. Ich setz es auf jedenfall mal auf meine Wunschliste.
    Das Zitat mit der Liebe gefällt mir.
    Inwiefern genau: ,,zu hoch"?

    Bücher sind Schokolade für die Seele. Sie machen nicht dick. Man muss nach dem Lesen nicht die Zähne putzen. Sie sind leise. Man kann sie überall mitnehmen. Nachteil: Selbst das dickste Buch hat eine letzte Seite, und man braucht wieder ein neues.

  • Zitat

    Original von spezi
    Inwiefern genau: ,,zu hoch"?


    naja, ich sage mal: Ich habe wohl vieles nicht verstanden. Einerseits wegen des englischen Humors, andererseits wegen fehlender geschichtlicher und biblischer Kenntnisse. Ich habe das Gefühl, dass es in Wirklichkeit noch viel ironischer und witziger ist, als ich es mitbekommen habe. Verstehst du, wie ich das meine?

  • So wie das Buch gehyped worden ist, wundert es mich, dass es erst eine Rezension gibt und die auch noch uralt ist. :wow


    Nachdem mir nun immer wieder versichert wurde, dass man das Buch gelesen haben muss, habe ich mich nun auch einmal daran gesetzt.


    Und kann nur ein sehr gemischtes Fazit ziehen. Im Endeffekt habe ich viel quergelesen, denn die einzelen Kurzgeschichten unterscheiden sich vom Stil sehr und man kann schnell feststellen, ob es sich um einen Flop oder eine Top Story handelt. Zwei bis Drei der Geschichten sind wirklich lohnenswert zu lesen (vor allem 2 und 10, aber auch 5), aber einige sind mir zu abgefahren.


    Dabei hatte ich eigentlich nicht den Eindruck, dass mir das Buch zu "hoch" ist, so unglaublich hoch ist das Niveau gar nicht, das Buch tut nur so. :lache Also von zum Nachdenken anregend hin zu pseudointellektuell ist alles dabei, d.h. gelesen haben muss man das Buch sicher nicht. Klarer Fall von überhyped. :rolleyes