Lasra und das Lied der Steine, Susanne Tschirner, Rütten & Loening Berlin GmbH, 2006, 618 Seiten, ISBN 3-352-00728-4
Klappentext:
Die Orkney-Inseln im Norden Schottlands. Vier Tage nach dem Frühlingsfest macht Lasra, angehende Heilerin und Erdfrau ihres Stammes, eine Entdeckung, die das bisher friedliche Leben auf den Inseln grundlegend verändert. Sie findet den Leichnam von Sihrus. Dem schönen, stolzen Sohn ihrer Lehrmeisterin ist offenbar der Schädel eingeschlagen worden. Von ihrer Sippe, den Adlerleuten, erhält Lasra den Auftrag, den Mörder zu finden. Schnell stellt sich heraus, daß Sihrus viele Neider und heimliche Geliebte hatte - und daß er bei seinen Reisen in den Süden von dem Geheimnis der Bronze erfuhr. Damit war Sihrus zu einer Gefahr geworden - für den Häuptling, für andere Sippen und für den alten Glauben an die Götter Mutter Erde und Vater Himmel, der auf den Inseln bewahrt wird. Mit dem sagenumwitterten Metall scheint auch ein neuer Geist eingekehrt zu sein, der auf Macht und Kampf beruht.
Mit der eher widerwilligen Hilfe von Adlersohn, dem Schmanen, versucht Lasra ihre bedrohte Welt zu retten, indem sie den Mörder stellt, bevor ein weiteres Verbrechen geschieht.
Ein Roman wie eine phantastische Zeitreise in eine Welt, wo Erdfrauen ihre Göttin anrufen, wo in magischen Steinkreisen Recht gesprochen wird - und wo das Verbrechen keinen Platz haben darf.
Autorin: lt. Klappentext
1959 in Herne geboren, wohnt in der Nähe von Bonn. Sie war Lektorin, arbeitet als Übersetzerin und hat zahlreiche Reiseführer geschrieben, u. a. über Schottland und die Orkney-Inseln.
Links:
- Homepage von Susanne Tschirner
- Tomb of the Eagles 1
- Tomb of the eagles 2
- Orkney bei Wikipedia
Meine Meinung:
„Wofür es ein Wort gibt, das ist in der Welt“ spricht die alte Erdfrau in Susanne Tschirners historischem Kriminalroman „Lasra und das Lied der Steine“, der die Leser auf die Orkney-Inseln ca. 3000 vor Christus und damit in eine Zeit des Umbruchs führt.
Lasra, die zukünftige Erdfrau der Adlersippe, findet beim Sammeln von Heilkräutern die Leiche von Sihrus und erkennt schnell, dass er nicht eines natürlichen Todes oder eines Unfalltodes gestorben sein kann. Trotz des Widerstands der Sippe, die zunächst nicht wahrhaben will, dass einer der Ihren ermordet wurde, gibt Lasra keine Ruhe und erhält den Auftrag, die Umstände von Sihrus Tod aufzuklären. Schnell muss Lasra erkennen, dass sie, obwohl mit Sihrus aufgewachsen, ihn nicht wirklich kannte, und dass es eine Vielzahl von Menschen in der Sippe gibt, die ein Motiv gehabt hätten, Sihrus zu töten, sei es aus Neid, Eifersucht oder Machthunger. Hinzu kommt, dass Sihrus bei einer Reise in den Süden die Möglichkeiten von Bronze, die einen Wandel in der Gesellschaft einläuten könnten, kennen gelernt hat. Unterstützt wird Lasra von Erill, Sihrus Freund und Weggefährte, zu dem sich Lasra bald hingezogen fühlt.
Lasra ist eine 24-jährige Witwe, die mit ihrem Witz, Geist und Mut Sympathieträgerin der Leser ist. Nicht nur ihr Charakter wurde von Susanne Tschirner liebevoll ausgearbeitet sondern auch die Charaktere der diversen Sippenmitglieder. Susanne Tschirner lässt in ihre Geschichte viele Details aus dem Alltagsleben der Steinzeitmenschen einfließen und so wird die Einbindung von Alltagsgegenständen in den Alltag, wie wir sie aus Museen kennen, wie Werkzeugen, Behausungen, Kleidern etc., lebendig. Zugleich führt die Autorin ihren Lesern unaufdringlich vor Augen, dass Steinzeitmenschen viele Fähig- und Fertigkeiten besaßen, die uns heute fremd sind, und sie als Menschen, in ihrer Kultur und Gesellschaft nicht zu unterschätzen sind. Die Handlung wird von der Autorin, flüssig, leicht lesbar und mit einem abgerundeten Spannungsbogen erzählt. Die Kriminalhandlung ist im Vergleich zu in der Gegenwart spielenden Romanen über Serienmörder und Psychopathen eher beschaulich und kommt gänzlich ohne unnötige Grausamkeiten aus.
Susanne Tschirner überzeugt zwar auf der einen Seite mit archäologisch und völkerkundlich stimmigen Detaildarstellungen, der religiöse Hintergrund (Mutter Erde und Vater Himmel als Götter) und die von ihr geschilderte eher matriarchale Kultur sind für mich persönlich allerdings nicht überzeugend. Viele Elemente der beschriebenen Kultur erscheinen mir an indianischen Völkern angelehnt.
In ihrem Anhang erzählt Frau Tschirner, in ihrer Familie seien seit Jahrhunderten Erzählungen weitergereicht worden, von denen sie im Roman eine verarbeitet. Eine derartige Erzähltradition über Jahrtausende hinweg halte ich für absolut unglaubwürdig.
Der Verlag Rütten & Loening hat den Roman mit Kartenmaterial, einem Personenverzeichnis und einem Glossar ergänzt und mit einem Lesebändchen versehen.
„Lasra und das Lied der Steine“ ist zwar ein in sicher abgeschlossener Roman mit stimmigem Schluß, wem er gefallen hat, darf sich aber schon auf eine weitere Geschichte über und mit Lasra freuen.
Allen Lesern, die an der Ayla-Serie von J. M. Auel viel Freude hatten, dürfte auch Lasra ein großes Lesevergnügen bereiten.