Niccolos Aufstieg - Dorothy Dunnett

  • Irgendwie würd ich jetzt gerne gleich den zweiten Teil lesen und nicht bis Oktober warten.


    Bei Ebay gibts die alten Ausgaben schon ab 3 Euro. Aber weiß jemand, ob die verändert wurden? Die Seitenzahl (fast das doppelte in der neuen Version) variiert ja schon ganz schön...


    lg primavera

    Ich lese gerade:
    Drachenfrau von Hildegunde Artmeier

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  • Soweit ich weiß, waren die alten Übersetzungen ungekürzt. Ich habe mir auch sagen lassen, daß sie so schlecht gar nicht waren, aber ist halt eine Frage des Copyrights, daß Klett jetzt ganz neu übersetzt hat.
    Was mir aber immer übel aufgestoßen ist, ist daß Nicholas in den alten Übersetzungen Nicolaas hieß, was Schwachsinn ist. Ich meine, wer ändert den Namen des Titelhelden??? Und es gibt einen Grund, warum er keinen flämischen Namen hat.


    Außerdem haben sich Nicholas und Julius und Tobie etc. im ersten alten deutschen Buch noch geduzt, ab dem zweiten aber plötzlich geihrt, was auch etwas irritierend wirkte.

  • Meine Meinung:
    Ich habe weiß Gott schon sehr viele historische Romane gelesen, aber Dorothy Dunnett gehört zu den wenigen Autorinnen des Genres, die sich einzigartig nennen dürfen.
    DD zieht den Leser mitten in ihre Geschichte, lässt ihn dabei aber über die Vergangenheit der Protagonisten zunächst im Dunkeln und liefert die wichtigen Details nur nach und nach. Hinzu kommt, dass sie die Figuren meist nur aus Sicht der anderen Darsteller beschreibt und somit beim Leser leicht ein falsches Bild entstehen kann. Es sind oft nur versteckte Kleinigkeiten, die Aufschluss über den wirklichen Charakter, die Gedanken oder die Intentionen der Figuren geben und deshalb ist es ratsam, sorgfältig und manchen Abschnitt 2 oder 3 Mal zu lesen, denn in DDs Roman ist fast nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint.


    "Niccolòs Aufstieg" ist ein sehr spannender Roman, bei dem man nach kurzer Zeit jeden Satz argwöhnisch beäugt und dabei dann auch die eigenen Gedanken mehrmals über den Haufen wirft. Es ist also kein 08/15-Roman und keine seichte Berieselung, sondern eine echte Herausforderung, der man sich stellen kann, um am Ende (vielleicht) festzustellen, dass man doch das ein oder andere Mal mit den Gedanken richtig gelegen hat und somit der Autorin auf die Schliche gekommen ist. Obwohl der Roman in sich abgeschlossen ist, bleiben doch einige Fragen offen und ich bin sehr gespannt auf die Fortsetzungen und auf ein Wiedersehen mit Nicco & Co (und hoffentlich Jordan de Ribérac :grin).


    Unbedingt erwähnenswert ist aber auch die eindrucksvolle Kulisse sowie die wunderschöne Sprache und der Humor der Autorin: "Katelinas Vater hörte selten zu, wenn seine Frau etwas sagte. Eine Gewohnheit, die nicht unbeträchtlich zu seiner Liebenswürdigkeit beigetragen haben musste, wie Katelina oft dachte." Köstlich!


    Vielen Dank an dieser Stelle auch an Klett-Cotta!
    Hoffentlich hat dieses mutige Projekt den Erfolg, den es verdient.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Zitat

    Original von Pelican
    @ Grisel
    ich habe den Titel in den deutschen Titel geändert, damit er im Verzeichnis leichter gefunden wird.


    Ts, da hofft man auf die versprochene Rezi und stattdessen spielt sie mit ihrer neuen Macht! :fetch


    Nein, im Ernst, ist OK. Ich hatte den englischen Titel genommen, weil ich mich auf das englische bezogen hatte. Aber, da es ja trotz allem ein Buch ist und eines, das nicht übersehen werden sollte, gibt das schon Sinn.

  • Heute habe ich in der Mittagspause ganz intensiv an Grisel gedacht...


    Meine Meinung zu Niccolos Aufstieg
    Dass ich als Leserin immer wieder auf der Suche bin nach einem Buch, das mir erscheint, als sei es für mich geschrieben worden, ist mir normalerweise gar nicht bewusst. Nur dann, wenn ich mal wieder fündig geworden bin, überrascht mich diese Erkenntnis wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Mit Dorothy Dunnetts Roman „Niccolos Aufstieg“ durfte ich dieses Erlebnis nach langer Zeit einmal wieder genießen.


    Dorothy Dunnetts Roman „Niccolos Aufstieg“ ist zwar ein historischer Roman, gleichzeitig aber auch Familien-Saga, Wirtschaftsthriller, spannender Rätselroman, Abenteuerroman, Soap-Opera und Charakterstudie und damit nicht nur für Freunde historischer Romane interessant. Eine Inhaltszusammenfassung dieses Romans ist wegen der komplexen Handlungsstränge schwierig. Reduziert auf einen Satz, ist es die Geschichte des jungen Claes, beginnend um 1459 in Brügge, der sich vom Färberlehrling zum wohlhabenden Kaufmann und noch weiter entwickelt, also eine klassische „Vom – Tellerwäscher – zum - Millionär“ - Geschichte. Eine ausführlichere Inhaltsdarstellung könnte aber ohne weiteres zwei DIN A4-Seiten füllen, da „Niccolos Aufstieg“ so viele unglaubliche Ereignisse, Ränkespiele, Beziehungsebenen und historische Ereignisse einer Welt im Umbruch enthält. Wer sich für eine detaillierte Inhaltsangabe interessiert und an zusätzlichem Material interessiert ist, dem sei dazu die sehr schön gestaltete Internetseite des Klett-Cotta Verlags zu Dorothy Dunnett und ihrem Werk empfohlen.


    Das Besondere an „Niccolos Aufstieg“ ist die Ausgestaltung der Charaktere über Dialoge und Ereignisse. Dorothy Dunnett lässt uns so am Leben der Protagonisten teilhaben, wie diese das Geschehen erleben. Dialoge werden von ihr gestaltet, wie sie tatsächlich stattfinden, d.h. der Wissenshintergrund, den der einzelne Gesprächsteilnehmer hat, wird nicht ins Gespräch eingeflochten. Das macht es dem Leser natürlich nicht immer einfach, sofort den Kontext herzustellen, und so klären sich die Eigenschaften der Charaktere und ihre Intentionen wie auch manche Handlungsaspekte häufig erst zu einem späteren Zeitpunkt. Der Leser ist permanent gefordert mitzudenken, sich mit dem Geschehen auseinanderzusetzen, Zusammenhänge herzustellen und sich an vergangene Details zu erinnern. Daher dauert es auch eine gewisse Zeit, bis der Einstieg ins Buch gefunden ist und der Zeitpunkt erreicht wird, ab dem man das Buch nur noch schwer zur Seite legen kann.


    Charaktere und Handlungen entwickelt die Autorin sukzessive, wie bei einem Mosaik, von dem man zunächst nur Teile sieht, das Gehirn aber automatisch das Bild komplettiert, oft aber in einer optischen Illusion gefangen ist, so dass die Überraschung groß ist, wenn sich mit weiterem Fortschritt des Mosaiks ganz neue Bilder ergeben. Dorothy Dunnett beherrscht diese Kunst meisterhaft. Noch selten habe ich ein Buch gelesen, das so wenig vorhersehbar war, bei dem ich von Handlung und Charakteren immer wieder überrascht wurde und nach einiger Zeit jeder Wendung schon regelrecht entgegengefiebert habe. Dass die Charaktere in „Niccolos Aufstieg“ mehrdimensional gestaltet sind, und damit hochinteressant sind, versteht sich fast von selbst. Mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit lässt die Autorin die fiktiven Charaktere mit historischen Persönlichkeiten interagieren und verwebt die Geschichte der Renaissance mit der Geschichte von Claes zu einem leuchtenden Teppich der Fabulierkunst.


    Emotionen spielen eine ganz große Rolle in Dorothy Dunnetts Roman. Neid, Missgunst, Leidenschaft, Liebe, Hass, Entsetzen, Enttäuschung, Übermut, eigentlich die gesamte Palette menschlichen Fühlens ist zu finden und lässt den Leser mit den Protagonisten mitleiden und -leben.
    Ein weiterer Glanzpunkt von „Niccolos Aufstieg“ ist zweifellos Dorothy Dunnetts elegante, flüssige Sprache, die erzählerische aber auch humorvoll und dezent kommentierende Passagen zu einem wahren Lesegenuss werden lässt. Die Übersetzer haben den im englischen Original unter dem Titel „Niccolo rising“ erschienenen Roman, kompetent und liebevoll übersetzt und die schwierige Aufgabe, dem Originaltext möglichst gerecht zu werden, hervorragend bewältigt.


    Der Klett-Cotta Verlag hat „Niccolos Aufstieg“ mit einem ansprechenden Einband, einem zur Handlungszeit passenden Schutzumschlag, Lesezeichen mit wesentlichen Personen und goldenem Lesebändchen zu einem Schmuckstück für das Regal ausgestattet. Ein Personenverzeichnis und Kartenmaterial sind als sinnvolle Ergänzungen dem Roman beigefügt.


    Erfreulicherweise ist„Niccolos Aufstieg“ der Auftakt zu einer achtbändigen Reihe, der sich Klett-Cotta angenommen hat und die in den nächsten drei Jahren mit je zwei Bänden pro Jahr erscheinen soll. Wer nach dem ersten Band genug hat, wird sich freuen, dass dieser erste Band unabhängig von der Serie gelesen werden kann, d.h. einen Abschluss des Spannungsbogens bietet. Bei wem wie bei mir die Sucht ausgebrochen ist, der darf sich schon auf den im Oktober 2006 erscheinenden Folgeband „Frühling des Widders“ freuen.


    Dorothy Dunnetts Roman „Niccolos Aufstieg“ bietet hervorragende, intelligente, sprachversierte Erzählkunst, ohne unlesbar zu sein und ohne belehrend zu sein, mit einem Unterhaltungswert, der seinesgleichen sucht. Dorothy Dunnett fordert ihre Leser und Leserinnen, aber sie belohnt sie auch reichlich mit einem spannenden, temporeichen und wendigen Roman, bei dem der Leser selbst beim wiederholten Lesen immer wieder Neues entdecken kann, und mit dem die Autorin beweist, dass keine Notwendigkeit besteht, zwischen guter und unterhaltender Literatur zu differenzieren. Ich bedanke mich beim Klett-Cotta Verlag, diese wunderbare Autorin für den deutschen Markt entdeckt zu haben und wünsche ihm mit diesem Projekt viel Erfolg, in der Hoffnung noch mehr von dieser Autorin in deutscher Sprache lesen zu dürfen!


    Allen Lesern, die „Niccolos Aufstieg“ noch vor sich haben, wünsche ich ein ebenso einzigartiges Leseerlebnis wie ich es hatte und gebe ihnen auf den Weg, sich auf jeder Seite darüber bewusst zu sein, dass Nichts ist, wie es auf den ersten Blick scheint…

  • Danke Pelican für Deine tolle REZI :anbet

    Ich lese gerade dieses Buch, zur Zeit bin ich bei Kapitel 16.


    Habe schon von einigen gehört, dass nichts ist, wie es auf dem ersten Blick scheint :wow


    Na, dann lass ich mich mal überraschen :grin


    LG
    Petra

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
    _______________________________________________________
    :kuh:lesend

  • Ihr habt mich neugierig gemacht. Nun habe ich bei BT nach Dorothy Dunnett gesucht und dazu Bücher gefunden, die aber "Die Farben des Reichtums. Niccolos Aufstieg" heißen. Ist das der erste Teil in der "alten" Übersetzung?


    Das sind TBs aus 1992 oder 1993. Sind sie empfehlenswert oder sollte ich doch mal nach der neuen Ausgabe gucken?

  • Hallo Geli,
    das hat Grisel dazu geschrieben.
    Ich kann nur sagen, dass die neuen Ausgaben schon sehr, sehr schön sind. Musst halt wissen, ob es Dir das wert ist. Ich habe mir schon die neuen Ausgaben gegönnt.



    Zitat

    Original von Grisel
    Soweit ich weiß, waren die alten Übersetzungen ungekürzt. Ich habe mir auch sagen lassen, daß sie so schlecht gar nicht waren, aber ist halt eine Frage des Copyrights, daß Klett jetzt ganz neu übersetzt hat.
    Was mir aber immer übel aufgestoßen ist, ist daß Nicholas in den alten Übersetzungen Nicolaas hieß, was Schwachsinn ist. Ich meine, wer ändert den Namen des Titelhelden??? Und es gibt einen Grund, warum er keinen flämischen Namen hat.


    Außerdem haben sich Nicholas und Julius und Tobie etc. im ersten alten deutschen Buch noch geduzt, ab dem zweiten aber plötzlich geihrt, was auch etwas irritierend wirkte.


    Ich glaube, bin mir aber nicht ganz sicher, dass das der erste Teil ist (Die Farben des Reichtums).


    lg primavera

    Ich lese gerade:
    Drachenfrau von Hildegunde Artmeier

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  • Eigentlich sollte ich jetzt natürlich sagen, kauf die neuen Ausgaben und am besten noch je ein Exemplar für Deine Familie und all Deine Freunde und Bekannten. :grin Wir wollen ja, daß das Projekt erfolgreich ist.


    Aber, als Lesekollegin sage ich, nimm ruhig die alten Übersetzungen zum Probieren. Wenn Du da Gefallen findest, kannst Du ja immer noch beruhigt beim neuen Band 5 - wann immer der auch erscheint - einsteigen. Aber dann bitte mit zwei Exemplaren, ja? :grin


    "Die Farben des Reichtums" ist der erste Band der alten Übersetzung.
    Band 2 hieß auch da "Der Frühling des Widders", Band 3 "Das Spiel der Skorpione" und Band 4 "Das Gold von Timbuktu".


    Primavera : Oh, da hätte ich warten sollen, da Du sie ganz wunderbar diplomatisch in Richtung Neuausgabe drängst. Ich bin einfach zu gut für diese Welt. :lache

  • Ich hab nur nirgendwo den Hinweis auf "Die Farben des Reichtums" gefunden. Du meinst, dass das der 1. Band ist?


    Ich weß nur nicht, ob ein TB mit 700 Seiten so toll ist, fand ich bei Diana Gabaldon schon blöd.

  • Die neuen Bände sind schon wirklich ausserordentlich schön. Aber wie Grisel schon sagt, probiers mit einem alten von Tauschticket. Dann kannst ja später immer noch die tollen Ausgaben kaufen.

  • In einer Rezension hat einmal jemand geschrieben, dass er einen Schatz gehoben habe. Dieses Gefühl hatte ich bei diesem Buch auch. An meine Schatzgräber - den Verlag Klett Cotta und den Rezensentinnen hier bei der Büchereule - kann ich nur ein ganz großes Danke aussprechen, dass ich diesen Schatz im Bücherwald durch ihre Hilfe gefunden habe.


    Viel mir der Einstieg in das Buch noch sehr schwer und dachte ich schon einem Fehlkauf erlegen zu sein, konnte ich nach knapp 100 Seiten nicht mehr von dem Buch ablassen. Vor allem durch die Charaktere hat mich dieses Buch gefesselt. Eine unzählbare Schar an interessanten Figuren menschelt durch diesen Roman und macht ihn zu etwas besonderen. Bald hatte ich mich dann auch an die Sprache von Dorothy Dunnett gewöhnt und so stand dem Lesevergnügen mit einem der besten historischen Romane, den ich in den letzten Jahren gelesen hatte, nichts mehr im Weg.


    Den vorhergehenden Rezensionen kann ich mich nur anschließen und möchte nur um wenige Punkte erweitern.
    Was diesen Roman als historischen Roman noch gesondert auszeichnet, ist das gelungene Bild, welches er von der vergangenen Zeit zu zeichnen vermag. Auch wenn es Dunnett nicht vollends gelungen ist, mir ein Verständnis für die politische Großwetterlage der damaligen Zeit mitzugeben, fand sich eine unglaubliche Dichte an Informationen über das Leben der Renaissancezeit. Nicht belehrend, nicht lexikonartig, sondern gut und passend in die Geschichte eingearbeitet. Nicht zu viel und nicht zu wenig, genau richtig dosiert.
    So erfährt man über das Leben der Zeit, Handel, Söldnertum, Politik etc.


    Außerdem bietet das Buch ausreichende Möglichkeiten um sich selbst in die Geschichte hineinzudenken und sich eigene Theorien auszuspinnen, wie was gewesen sein könnte. Dunnett hat ein wunderbares Maß der Erzählweise gefunden, um den Leser genug zu erzählen aber nicht alles vorzusetzen wie ein Fernseher und auch die eigene Fantasie des Lesenden mitarbeiten zu lassen.


    Fazit: Ein ausgezeichneter Roman, der für alle, die gerne historische Romane lesen, ein Muss ist.



    Zu diesem Buch findet auch eine offene Leserunde statt.