Jakob Hein - Herr Jensen steigt aus

  • Nach dem Klappentext hatte ich eine völlig andere Vorstellung von dem Roman, als nach dessen Lektüre. Was Herr Jensen steigt aus zu keinem schlechteren Buch macht. aber man sieht mal wieder, wie Klappentexte falsche Erwartungen schüren können und damit auch in gewisser Weise dazu beitragen, dass Leser sich von einem Buch betrogen fühlen können ... :rolleyes

  • Vor allem hatte ich nach Elke Heidenreichs Empfehlung eine komplett andere Vorstellung von dem Buch! :wow

    "Katzen achten nicht drauf, welche Namen wir ihnen geben. Sie haben ihre eigenen Namen und brauchen unsre nicht. Darum schaut einen eine Katze auch immer so mitleidig an, wenn man sie beim Namen ruft, den man ihr gegeben hat, als ob man es nie lernt.

  • Herr Jensen steigt aus
    Jakob Hein
    , Dezember 2007
    Piper, ISBN: 3492250769
    Seiten: 133



    "Herr Jensen steigt aus" ist mein erstes Buch von Jakob Hein. Aufmerksam geworden auf diesen Autor bin ich durch Vorablesen.de. Dort durfte ich einen kurzen Ausschnitt seines neuen Buches "Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht" lesen und dieser Ausschnitt hat mir sehr gut gefallen. Da sein neues Buch nun auf dem Weg zu mir ist, als Wanderbuch, wäre "Herr Jensen steigt aus" doch eine gute Einstimmung. Bei Tauschticket konnte das Buch für ein Ticket ertauschen und dann wurde es, nachdem es bei mir angekommen ist, sofort gelesen.



    Inhalt:
    Ist es die hohe Kunst des Nichtstuns, die Herrn Jensen treibt, oder verfolgt er nicht doch einen geheimen Plan? Als Briefträger schiebt er tagtäglich liebevoll Post in die Schlitze der Kästen. Eines Tages freigestellt, verlässt er seine Wohnung immer seltener. - Nicht das Alltägliche, nicht der Wahnsinn interessieren Jakob Hein, es ist der schmale Grat dazwischen. Seine kurze Geschichte von Herrn Jensen lotet mit großer Konsequenz die Tragik eines wunderlichen Lebens ebenso aus wie dessen unerhörte Komik.



    Über den Autor:
    Jakob Hein, geboren 1971 in Leipzig, wuchs in Berlin auf und lebt noch heute dort als praktizierender Arzt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen. Nach »Mein erstes T-Shirt« und »Formen des menschlichen Zusammenlebens« erschienen von ihm sein autobiographisches Familienporträt »Vielleicht ist es sogar schön«, »Herr Jensen steigt aus«, »Gebrauchsanweisung für Berlin« und zuletzt »Antrag auf ständige Ausreise«.



    Meine Meinung:
    Das in blau gehaltene Cover zeigt eine Wand mit einer Rosentapete und eine blaue Türe, die durch ein Vorhänge-Schloss verriegelt ist. Vermutlich handelt es sich um die Innenseite der Tür, da ein Spion zu erkennen ist, durch den man nach draußen schauen kann.


    Der Titel "Herr Jensen steigt aus" passt sicherlich zum Buch, da Herr Jensen ja wirklich aussteigt, er steigt aus der alltäglichen Welt aus und zieht sich mehr oder weniger in seine eigene Welt zurück.


    Negativ aufgefallen ist mir leider schon wieder die alte Rechtschreibung, d. h. "ß" statt "ss". Ich werde wohl in Zukunft wieder besser aufpassen müssen, dass ich keine Bücher in alte Rechtschreibung kaufe bzw. lese, da mich das doch sehr stört.


    Herr Jensen war und ist mir teilweise suspekt, muss ich zugeben. Dieser Eindruck ist auch geblieben, aber ich würde auch sagen, dass Herr Jensen etwas Besonderes ist: Er hat eine gute Beobachtungsgabe, braucht aber immer jemanden, der ihm einen Impuls gibt, ansonsten ist er nicht fähig eigens zu handeln. Anfangs zumindest. Manchmal ist er wie ein Kind, das die Welt erst noch für sich entdecken muss. Herr Jensen versteht die Welt teilweise einfach nicht und denkt sich dabei, ob es nicht möglich wäre ein Buch zu schreiben über die Welt, sodass Herr Jensen sie verstehen würde. Es sei schließlich auch möglich Bücher über die Schwerkraft zu schreiben, wieso nicht auch über die Welt?


    Über sein Aussehen erfährt man eigentlich gar nichts, was mich darauf brachte zu denken, dass Herr Jensen eigentlich jeder in unserer Gesellschaft sein kann und auch werden kann. Aber wieso gerade dann der Name "Jensen"? Und warum hat Herr Jensen keinen Vornamen? Über das Wesen von Herrn Jensen erfährt man etwas, aber sein Alter bleibt ungewiss.


    Das Buch spricht Dinge aus, die sich eigentlich jeder Mensch denkt, aber man sagt es einfach nicht frei heraus: "Wieso betonte jeder, dass Äußerlichkeiten keine Rolle spielten, obwohl sie doch das einzig verlässliche Auswahlkriterium für die Partnerschaft waren? Der Autor schafft es auch durch alltägliche Dinge, über die eigentlich niemand so richtig nachdenkt, mich in den Bann zu ziehen und ich konnte das Buch einfach nicht aus der Hand legen, ich wollte mehr wissen über Herr Jensen und seine Sicht auf die Welt.


    Ich finde, man merkt, dass der Autor mit Sprache umgehen kann, was sich u. a. auch in seinen Vergleichen oder Erklärungen zeigt: Als Herr Jensen darüber nachdenkt, warum er keine Frau hat stellt er sich vor, dass es, wie im Märchen, einen geheimen Jagdgrund gäbe, wo sich die Frauen aufhielten, nur er weiß nicht wo dieser Jagdgrund zu finden ist. Natürlich weiß Herr Jensen, dass dies nichts mit der Realität zu tun hat, aber es hilft ihm über seine Erfolglosigkeit bei Frauen hinwegzukommen. Auch die Vielfalt in den Medien erklärt sich Herr Jensen über einen Vergleich, indem er sich ein reichhaltiges Büffet vorstellt und er sich bedienen kann wie er will.


    Als Herr Jensen nun arbeitslos wird, hat er einen Grund zum Nachdenken und kommt so darauf, dass auch durch das Nichts-Tun(-Können) was bewegt werden kann. Im Zuge dieses Nichts-Tuns analysiert er das Fernseh-Programm und stellt fest, dass es eigentlich das zeigt, was nicht sein soll. Dieses Nichts-Tun wird er möglich durch den Wohlstand, den wir uns leisten (können). Laut Herrn Jensen wäre der Mensch ohne Medien weniger beeinflusst und in dem ganzen Trubel würde nicht mehr so viel untergehen, d. h. auch Kleinigkeiten würden wieder mehr wahrgenommen und geschätzt werden.


    Als Herr Jensen über den Schilderwald nachdenkt, musste ich schon teilweise sehr schmunzeln, denn er philosophiert da über Dinge, die wir in unserer Welt eigentlich gar nicht mehr hinterfragen. So fragt sich Herr Jensen z. B. warum man Straßen nur in eine Richtung befahren könnte, wenn der Straßenbelag sicher in beide Richtungen funktionierte.


    Am Schluss will Herr Jensen der Scheinwelt, in der er nicht leben will, entfliehen. Doch für welchen Preis? Hat er sich am Ende doch zu sehr in seinen Wahn hineingesteigert?


    Erster Satz: "Der Brief in seiner Hand war wie üblich nicht für ihn."


    Letzter Satz: "Dann stand er auf, suchte einen Schraubenzieher aus der Werkzeugkiste im Flur und entfernte das Namensschild von seiner Tür."


    Fazit: "Herr Jensen steigt aus" ist ein Buch, das zum Nachdenken anregt, weil es teilweise ein Spiegelbild unserer Gesellschaft beschreibt. Eigentlich möchte man ja darüber lachen, doch dieses Lachen bleibt, wenn man über genauer nachdenkt, im Halse stecken.


    Ich vergebe 5 von 5 möglichen Punkten.

  • :gruebel


    Ehrlich gesagt kann ich mich bei diesem Buch überhaupt nicht entscheiden, ob es mir gefällt, oder nicht. Ich find es durch und durch konsequent geschrieben.
    Die Handlung, also Herr Jensens Tun, bzw Nichttun nehmen mit zunehmender Seitenzahl einfach immer mehr ab, und genau das spiegelt sich auch in der Sprache des Autors wider. Ich finde es sehr gut geschrieben, allerdings nervt mich dieser authistisch anmutende Protagonist ab einem gewissen Grad gewaltig. Ausserdem hat mich die karge Stimmung des Buches ziemlich nachdenklich gemacht, teilweise sogar frustriert.


    Lachen konnte ich so gut wie gar nicht, dieser Mensch strapaziert meine Nerven und tut mir gleichzeitig in seinem tatenlosen Handeln unglaublich leid.


    Fazit: ein Buch, das mich nachdenklich gemacht hat, und mir in erster Linie auf die Nerven ging, weil mir Herr Jensen furchtbar unsympathisch ist.


    Ich würde 8 von 10 Punkten geben, weil der Autor seinen Schreibstil so perfekt an seinen Protagonisten anpasst, was sehr gelungen rüberkommt. :-)

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Auf der Rückseite steht ein Zitat Elke Heidenreichs: "Komisch, leicht, lustig und irgendwie auch gruselig zu lesen."
    Bis zur Hälfte des Buches konnte ich keines dieser Adjektive zuordnen und war eher genervt von diesem sonderbaren Herrn Jensen. Dann aber wurde es nach und nach interessant und bei einigen Punkten wurde ich doch nachdenklich. Tatsächlich wird man oft nach seinem Beruf gefragt und dann in eine Schublade einsortiert, um nur ein Beispiel zu nennen.
    Natürlich ist Herr Jensen eine Satire und überzogen, das ein oder andere Körnchen Wahrheit ist aber doch enthalten. Trotzdem ist es stellenweise zu langatmig, interessant wird es eigentlich erst im letzten Drittel. Bei nur 134 Seiten ist das aber eindeutig zu wenig.

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Herr Jensen lässt mich etwas ratlos zurück. Das Buch begann gut und hatte ab Mitte einige Schwächen, die mir nicht gefallen haben.


    Teilweise trifft der Autor do perfekt bestimmte Szenen, zeigt Grotesken, lässt schmunzeln. Dann fehlt wieder der Faden und die Passagen ziehen sich.


    Für die gute Idee und die teilweise schlechte Umsetzung vergebe ich sieben Punkte


    :wave

    :lesend Jonathan Tropper - Sieben verdammt lange Tage


    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
    Albert Einstein

  • Hallo


    Herr Jensen steigt aus


    Entschuldigt bitte, daß ich hier nicht alle Meinungen durchgelesen habe
    aber die bei Amazon schon
    Es scheint mir das am meist missverstandene Buch der letzten Zeit zu sein.


    Es ist für mich ein eher ernstes Buch, da Herr Jensen konsequent zu Ende führt
    was sich wenige getrauen.
    Wer sein Selbst leben möchte und erfahren möchte wer er wirklich ist
    muss in den Himalaya gehen oder so leben wie Herr Jensen.
    Wir sind doch alle von der Gesellschaft manipuliert.
    Die Definition durch den Beruf, jeder muss hier arbeiten, und dann
    denkt man ich bin der und der. Verkehrt!
    An seiner Stelle hätte ich den Fernseher etc nicht aus dem Fenster geworfen,
    sondern verkauft, da er ja so wenig Geld zum Leben hatte.


    Ich bin jetzt Rentnerin, ich darf so denken.


    lg
    Eva

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