Schreibwettbewerb Juli 2006 - Thema "Hitze"

  • Thema Juli 2006:


    "Hitze"


    Vom 01. bis 20. Juli 2006 könnt Ihr uns Eure Beiträge für den Schreibwettbewerb Juli 2006 zu o.g. Thema per Email an webmistress@buechereule.de zukommen lassen. Euer Beitrag wird von uns dann anonym eingestellt.


    Den Ablauf und die Regeln könnt Ihr hier noch einmal nachlesen.


    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 500 Wörter zu verwenden. Jeder Beitrag mit mehr als 500 Wörtern wird nicht zum Wettbewerb zugelassen!


    Nur für registrierte Mitglieder mit mindestens 50 Beiträgen!


    Eine Bitte: Schickt uns Eure Beiträge als .doc oder .rtf und sendet sie uns als Anhang in einer Mail. Damit kommen dann auch Zeilenumbrüche, etc. richtig bei uns an. In Word könnt ihr dann auch die Rechtschreibhilfe nutzen und unter „Extras“ habt ihr die Möglichkeit „Wörter zählen“.


    Wir wünschen Euch viel Spaß und viel Erfolg!

  • von Tom


    Wo Frau Doktor wohl steckt? Der Bahnsteig ist überfüllt, ich kann sie nirgendwo entdecken, aber sie muß in der Nähe sein. Ich spüre es. Ich spüre alles. Meine Sinne sind auf Maximalleistung. Ich schwitze. Meine Hände zittern. Ein Mann stößt mich versehentlich an, ich senke automatisch den Blick, er murmelt eine Entschuldigung. Seine Aktentasche ist grau, seine Sandalen sind abgenutzt, seine Zehennägel müßten geschnitten werden. Ich spüre einen Luftzug. Die Anzeige blinkt, das Zeichen dafür, daß die U-Bahn kommt. Es rauscht. Farbfetzen zerreißen die Plakate an der gegenüberliegenden Wand, dann kommt der Zug zum Stehen, die Menschen drängen, lassen kaum die anderen aussteigen. Beinahe ohne eigenes Dazutun bin ich im Abteil, erwische sogar einen Sitzplatz. Noch ist mein Blick gesenkt, ich wage es nicht, mich umzuschauen. Wo Frau Doktor wohl steckt? Es ruckt, der Zug fährt an, ich hebe meine Hände von den Oberschenkeln und hinterlasse zwei Abdrücke in Form halber Herzen auf dem hellen Khakistoff.
    Keine zwei Meter hinter mir schreit ein Mensch seine Lebensgeschichte heraus. Schwul, AIDS, obdachlos, Alkoholiker. Endlich hebe ich den Blick ein wenig. Direkt vor mir befinden sich zwei weiße, zarte Oberschenkel, die in feingestaltete Knie übergehen. Ich sehe Kniestrümpfe. Ich sehe rote Lackschuhe. Ich sehe nichts, weil mir Schweiß in die Augen rinnt. Wo Frau Doktor wohl steckt? Ich wage es nicht, mich umzusehen. Meine Gedanken rasen. Da ist ein Röckchen, so rein, so niedlich. Ich erwische mich dabei, den Kopf schiefzulegen, um unter das Röckchen blicken zu können. In letzter Sekunde hebe ich den Blick und sehe. Auf ein T-Shirt. Tokio Hotel steht da. Ich schiebe mich nach hinten auf dem Sitz, drücke mich gegen die Lehne. Erektion. Sie sind kaum zu sehen, fast nur zu ahnen. Brustwarzen. Unter dem O von Tokio und dem E von Hotel. Ich habe Atemnot. Meine Hände flattern. Jemand rechts von mir sagt etwas. Von links kommt die Hand des aidskranken schwulen Obdachlosen. Ich kann nicht nach Geld greifen, ich kann überhaupt nichts. Alle müssen meine Erektion sehen können. Ich will sie anfassen. Anfassen. Anfassen. Nur anfassen. Berühren. Streicheln. Das muß sie doch auch wollen. All dieser Schweiß. Wo Frau Doktor wohl steckt? Scheiß auf Frau Doktor. Die Beine bewegen sich. Sie steht auf. Ich muß auch aufstehen. Ich muß anfassen. Menschen drängen. Ich verliere den Kontakt. Der aidskranke Obdachlose schreit in mein Ohr. Wo ist sie? Mir wird übel. Sie muß es doch auch wollen. Ich dränge, die Türen zischen, ich kann sie nicht sehen. Stolpere draußen, bekomme einen Pfeiler zu greifen, lehne mich an. Meine Erektion schmerzt. Wo sie nur ist? Jemand legt seine Hand auf meine Schulter. Ich zucke zusammen.
    „Das hat doch schon ganz gut geklappt, oder?“ sagt Frau Doktor. Sie lächelt. Sie ist so unglaublich alt. Ich nicke. Sehe mich um. Ich kann sie nicht entdecken. Sie will, ich weiß es.
    „Na, wenn das noch einmal so wunderbar läuft, kann ich Ihnen eine positive Prognose ausstellen. Dann sollte es kein Problem mit der frühzeitigen Entlassung mehr geben.“
    Ich nicke.

  • von Doc Hollywood


    Es war unglaublich heiß. Seit Tagen hatten sie im Radio Gewitter angekündigt. Am Morgen war bereits so ein Dampf in der Luft, dass mir das frische Kleid nach wenigen Minuten am Körper klebte. Eigentlich wäre der Gottesdienst am Sonntagvormittag kein schlechter Gedanke gewesen. Im Inneren unserer alten Sandsteinkirche war es im Sommer stets angenehm kühl. Doch ich hatte das Gotteshaus schon einige Kilometer hinter mir gelassen und lenkte das Fahrrad über die von vielen eisigen Wintern vernarbte Landstrasse. Die Luft über dem Asphalt flimmerte. Außer dem vielfachen Summen und Zirpen von Insekten, die durch das hohe Gras beidseits der Strasse schwirrten war nur mein Atmen und das Geräusch der Pedale zu hören; da sah ich Maria.


    Maria saß im Schatten einiger knorriger, alter Obstbäume, die sich einen Hang hinauf zum Waldrand stemmten. Ich lenkte in die Wiese und ließ das Fahrrad vor ihr ausrollen. Sie grinste mich an.
    „Viel zu heiß für eine Spritztour, was?“ Sie deutete auf ihr Fahrrad, das ein paar Schritte entfernt im Gras lag.
    Ich nickte und lächelte zurück.
    „Eigentlich wollte ich heute Morgen in die Kirche, mich abkühlen, doch dieser schattige Fleck hier war zu verlockend“, sagte sie und breitete die Arme weit aus. Ihr kurzes, orangefarbenes Kleid spannte sich dabei über den Busen. Mein Blick blieb an Marias angewinkelten Beinen hängen, fiel auf die Stelle, an der der verzierte Saum nach oben, über ihre Schenkel gerutscht war.
    „Was wirst Du jetzt mit dem Abschluss in der Tasche machen?“, fragte sie, schloss die Augen und lehnte ihren Kopf zurück an den Baumstamm.
    Ich schwieg, stieg ab und legte mein Fahrrad im Gras ab. Maria faszinierte mich. Meine Augen saugten jedes Detail auf; die feinen Härchen auf ihren Armen, die auf den Kopf geschobene Sonnenbrille, die ihren dunkelbraunen Schopf im Zaum hielt - ihre hellen Augen, die mich unverwandt ansahen. Ich errötete, sah weg.
    „Also, was ist nun mit Deinem Abschluss?“, hakte sie nach und schenkte mir dabei ein strahlendes Lächeln. Sie wippte mit den Beinen, ihr Kleid schob sich noch ein Stück höher.
    „Ich will Architektur studieren“, antwortete ich und wischte mir mit dem Handrücken einen Schweißtropfen aus dem Auge. „Und was wirst Du machen?“
    „Fortgehen, weit weg von hier. Kennst Du Torremolinos?“
    „Ja, klar“, log ich. Ihr Fuß berührte meinen Knöchel.
    „Hast Du Michener gelesen?“, wollte Maria wissen und strich mit der Hand wie zufällig über mein Bein.
    „Nein.“ Aber ich nahm mir fest vor Michener zu lesen, um mich mit ihr darüber unterhalten zu können. Ich setzte mich zu ihr. Marias Finger hakten sich in den Träger, der mir über die Schulter gerutscht war, zogen ihn weiter nach unten. Ihre Fingerspitzen kreisten um meine Brustwarze, während meine Lippen den salzigen Schweiß in ihrem Gesicht schmeckten.


    Irgendwann gab es keinen Unterschied mehr zwischen dem Pochen meines Herzens und dem Donner, der aus weiter Ferne über die Felder heranrollte. Als der Regen einsetzte, lag ich in Marias Armen und lauschte Geschichten über Torremolinos und ihrem Flüstern, das der Wind davontrug.

  • von Lotta


    Sie saßen im Schatten der Baumkronen, dort, wo es gelbe Blüten regnete und der Wind sich manchmal hinverirrte, durchs Gebüsch raschelte, ein bisschen mit dem ersten Laub spielte und sich schließlich lachend wieder unter die Sonnenstrahlen mischte.
    Er saß im Schneidersitz, den Rücken an die Linde gelehnt, ihren Kopf im Schoß, während sich ihre dunklen Haarsträhnen auf seinen Oberschenkeln verteilten und sanft kitzelten, wagte nicht, sich zu bewegen und ignorierte das Gefühl, er müsse gleich verbrennen. Auf ihrem nackten Bauch lagen Gänseblümchen, die sie vorsichtig zu Kränzen flocht und im trockenen Gras verteilte. Ein einzelner Schweißtropfen rann seinen Rücken hinab, er konzentrierte sich auf ihre Atemzüge und bemühte sich, die eigenen anzupassen.


    Das Leben schoss ein Foto, nannte es „Anfang“ und verstaute es unter Erinnerungen.


    Sie spürte, wie er leicht zitterte, und redete sich ein, dass es Leidenschaft war und nicht ein Zeichen für seine eingeschlafenen Beine. Oder dass er sich langweilte. Ihre Augen fielen auf eine der Blumen, sie war versucht, die Blütenblätter abzureißen, eines nach dem anderen und sich vorzustellen, dass es etwas bedeutete.
    Er roch nach Sonnencreme und Pfefferminze. Sie dachte eine Weile an nichts anderes, spürte, wie sein Blick auf ihr ruhte, fragte sich, ob er wohl lächelte, traute sich jedoch nicht hinzusehen und realisierte die Tatsache, dass es sich fremd anfühlte. Anders. Der Gedanke hielt inne, löste sich wie Zuckerwatte, schmeckte umso süßer. Sie kannte das Gefühl von nackter Haut auf ihrer, wusste, wie ein erregter Atem klang, und dass sich eine Zunge im Mund anfühlen konnte wie eine Nacktschnecke, die versucht, bis zu den Mandeln vorzudringen. Sie kannte Blicke, die sie auszogen, Hände, die das gleiche versuchten und Spuckefäden, die aus schlecht gepflegten Mündern hingen. Nur das – jetzt, hier, dieser Augenblick, der sich wie ein Stück angehaltene Zeit leben ließ – das kannte sie nicht.


    Das Leben schoss ein Foto, nannte es „Angst“ und zerriss es in tausend Stücke.


    Er merkte, wie er kurz davor war, zusammenzuklappen. Jeder Zentimeter seiner Haut prickelte, als hätte sich die Wärme wie ein Film darüber gelegt. Sie hatte die Augen geschlossen und pflückte keine Gänseblümchen mehr.
    „Jasmin, Jasmin!“
    Er rüttelte an ihrer Schulter, überraschte sich selbst mit Lebhaftigkeit in der Stimme. Sie zeigte Ansätze eines Lächelns, blinzelte. Ihre Sommersprossen kräuselten sich, das Haar schimmerte in der Sonne. Es war schon zu spät. Er brannte.
    „Mmmh?“
    „Willst du mich heiraten, Jasmin?“
    Sie nickte und rückte ein wenig näher, er grinste, bewarf sie mit Grasbüscheln und gelben Blüten, strich vorsichtig über ihren nackten Bauch und begann laut zu lachen, als sie aufsprang und hinter ihm die Wiese entlang rannte, den Kopf in den Nacken warf und feststellte, dass die Luft nach Sommer schmeckte. Er blieb stehen und wollte sie auffangen, ließ sich rücklings nach hinten werfen und spuckte grüne Grashalme aus, um ihr einen Kuss auf die weichen Lippen zu drücken.


    …und das Leben schoss ein Foto, nannte es „Liebe“ und verstaute es unter Ewigkeit.

  • von Oryx


    Da lag er. Nur ein paar Schritte entfernt. Ich bewegte mich langsam mit meinem Träger auf ihn zu, eher aus Neugier als aus Hilfsbereitschaft. Vielleicht war er ja schon angefressen worden und stank nach Tagen in der Sonne.
    Als ich bei ihm ankam, konnte ich sehen, dass er noch lebte. Seine dickgeschwollene Zunge mit weissem Belag steckte zwischen den aufgesprungenen Lippen und man konnte nur knapp erkennen, dass sich der Brustkorb noch hob und senkte. Ich griff nach meinem Wasserschlauch, füllte ein wenig Flüssigkeit in den Becher und flösste sie ihm ein. Er hustete unwillkürlich, richtete den Oberkörper auf und griff nach dem kalten Tee. Ich gab ihm einen weiteren Schluck und beobachtete ihn. Der Mann war nicht von hier. Dick, weisslich, wenige Haare, Reste eines Anzuges und eines ehemals weissen Hemdes. Ein Buchhalter? Ein Finanzhai? Ein Bürokrat? Egal. Es kostete mich einige Kraft ihn auf den Träger zu zerren. Flimmernder Sand gaukelte in der Ferne eine Siedlung vor, die aber mindestens zwei Tagesreisen entfernt war. Im jetzigen Zustand möglicherweise auch drei.
    “Meine Aktentasche!” röchelte der Dicke. Ein hässliches schwarzes Ding. Ich legte sie neben ihn auf den Träger und gab ihm einen weiteren Schluck, dann versteckte ich ihn unter der Decke und wanderte weiter. Nach ein paar Stunden war ich müde und setzte mich zu dem Mann, um ihm etwas Flüssigkeit zu verabreichen. Er trank hastig, seine Augen abwechselnd auf mich und die Tasche gerichtet. “Verstehst Du Englisch?” sagte er irgendwann. Ich machte eine hilflose Geste. Wieso sollte er wissen, was ich konnte und was nicht? “Gut!” sagte er laut. “Newport, okay?” “Newport” wiederholte ich. “Newport, ja. Wenn ich dort bin, bekommst Du deine Belohnung.” Er grinste dreckig, strich sich dabei über die grauen Bartstoppeln und griff nach dem Becher, den er zügig leerte.
    Bis Sonnenuntergang hatten wir ein gutes Stück in Richtung Zivilisation zurückgelegt. Meinem Begleiter ging es sichtlich besser, wohl auch, weil er auf dem Träger liegen konnte und ich mich alleine abmühte auf dem Sand Halt zu finden und nicht einzusinken. Die Nacht war eiskalt, aber die Decken schützten uns und am nächsten Tag konnten wir schneller vorankommen. Der Dicke hatte sehr schnell zu seiner alten Form zurückgefunden und redete den ganzen Tag lang von seinen Dokumenten und seinen Aktienpaketen, wie er sich rächen wollte und was für ein armseliger Geselle ich wohl sei. Die zweite Nacht war schnell vorbei, weil es ihn offensichtlich drängte an seinen Zielort zu gelangen und tatsächlich; kaum waren wir gegen Mittag an den Rand der Siedlung gelangt, breitete sich ein hämisches Grinsen auf seinem Gesicht aus. “Deine Belohnung,” zischte er, öffnete seine Aktentasche und zielte auf mich, während ich versuchte auszuweichen.


    “Schatz, cremst Du mir den Rücken ein?” Ich öffnete meine Augen, blinzelte. Die Sonne stand noch hoch am Himmel, Nanette lag auf ihrem fuchsiafarbenen Handtuch, ihr Nacken blitzte verführerisch. Während ich mich aufrichtete, sah ich den dicken Finanzhai auf der anderen Seite des Pools schwitzen. “Du hast ein hervorragendes Timing, Honigpferdchen!” flüsterte ich in ihr Ohr.

  • von Voltaire


    „Tut Sterben weh?“


    Die kleine, achtjährige Kathy schaute mich mit ihren großen braunen Augen fragend an. Aus ihrem Blick sprach ein tiefer Ernst, sie schaute nicht so, wie ein Mädchen von acht Jahren schauen sollte. Ihr Blick hatte alles Kindliche verloren.


    Vor fünf Monaten war sie mit ihren Eltern aus Boston in die Nähe von Köln gezogen. So weit ich wusste, handelte es sich um befristetes Auslandsengagement ihres Vaters in Deutschland. Kathy hatte sich sehr schnell in dem für sie fremden Land eingelebt und sprach und las Deutsch so, als hätte sie nie etwas anderes gemacht.


    Nun stand ich hier vor ihrem Bett und hatte gerade meine Untersuchung beendet. Ihr Hals war gerötet, die Mandeln waren entzündet und 39,4 Grad Fieber waren die Reaktion ihres Körpers auf diese Infektion.


    Ich würde ihr ein Antibiotikum verschreiben und in drei bis vier Tagen würden sie wieder draußen herumtollen können. Umso mehr verblüffte mich ihre Frage. Wieso sprach dieses kleine Mädchen vom Sterben?


    „Wieso fragst du ob das Sterben weh tut?“ Fragend schaute ich sie an.


    Achtjährige Mädchen sollten sich nicht mit dem Sterben beschäftigen, dachte ich bei mir.


    „Wenn man mehr als 42 Grad Fieber hat dann muss man sterben.“


    Kathy deutete auf ein aufgeschlagenes Buch, welches auf einem Hocker neben ihrem Bett lag. Ich nahm das Buch zur Hand und las „.....Fieber ist ab 42 Grad allerdings lebensbedrohlich.....“.


    Ein Blick auf den Titel verriet mir, dass es sich um eines dieser Gesundheitsbücher für den täglichen Gebrauch handelte, eines dieser Bücher die das medizinische Halbwissen in den Köpfen der Menschen einzementieren, und die die Illusion schüren, man bräuchte keine Ärzte.


    „Du hast aber nur 39,4 Grad Fieber. Bis 42 Grad ist es da noch ein ganz weiter Weg. Du brauchst dir wirklich keine Gedanken zu machen. Ich wette, heute Abend wird dein Fieber schon wieder zurückgegangen sein.“


    Ich streichelte ihr übers Haar.


    Kathy schaute mich irritiert an.


    „Das kann nicht sein. Vorhin waren es viel höher als 42.“


    Nun war ich es der irritiert schaute.


    Sie nahm etwas von ihrem Nachtschränkchen und drückte es mir in die Hand. Es war ein Fieberthermometer.


    Ich schaute auf die Anzeige.
    Kathy hatte Recht. Die Anzeige wies einen sehr viel höheren Wert als 42 Grad aus.


    Das war nun schon wirklich etwas merkwürdig!


    Und dann sah ich es. Ich musste lächeln. Bei dem Thermometer handelte sich um ein amerikanisches Fabrikat und die Gradeinteilung war, wie in den USA üblich, in Fahrenheit. Kein Wunder das der Wert weit über 42 Grad lag.


    Und dieses kleine, tapfere Mädchen lag in seinem Bett und dachte es müsste sterben.

  • von Afrodita


    Es war Vollmond. Sie liebte den Vollmond. Dieses vollkommene leuchtende Rund, mit den schwarzen Schatten, die Berge. Das Zimmer war in einem silbernen Schimmer eingetaucht, die Konturen der Gegenstände waren verschwommen zu erkennen. Ihr Körper glitzerte in den Farben der Nacht. Sie hörte seinen leisen gleichmäßigen Atem neben sich. Er war schon eingeschlafen. Wie immer nachdem sie Liebe gemacht hatten. Sie blieb danach immer noch wach liegen und verlor sich in ihren Gedanken, in ihren Traumwelten.
    „Spring ins Wasser…“.
    Sie drehte den Kopf. „Was?“
    „Spring ins Wasser.“
    „Warum?“
    „Weil du so schön bist.“
    Er redete wieder im Traum. Manchmal spielte sie damit und verwickelte ihn in ein Gespräch, während er schlief. Heute hatte sie keine Lust dazu. Sie ließ ihn wieder in seinen Traum entgleiten. In seinen Brunnen voll Wasser, in den er sie hineinlocken wollte.
    Sie war schweißgebadet, er auch. Nicht nur, weil sie sich gerade geliebt hatten, sondern weil es heiß war. Es war einer dieser schönen lauen Sommernächte, in denen man mit offenen Fenstern schläft, dem Rascheln der hereinwehenden Vorhänge lauscht. Sie lag bewegungslos auf den weißen, feuchten Laken und spürte einen inneren Frieden. Sie war glücklich. Endlich hatte sie es geschafft. Sie hatte sich selber gefunden, sich selber akzeptiert. Endlich, nach Jahren. Sie wusste, was sie wollte, und sie würde es sich nehmen. Niemand würde sie davon abhalten. Es erfüllte sie ein Gefühl von Unbesiegbarkeit. Und gleichzeitig ein Gefühl von Angst. Die Ungewissheit nagte an ihr.
    Plötzlich hörte sie ein Gurren. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Ihr Liebling war zur Tür hereingeschlichen und machte es sich an ihrem Bauch bequem. Sie liebte dieses Gefühl. Der warme, gurrende Körper eng an ihrem. Aber heute war es zu heiß. Mit einer leichten, aber bestimmten Bewegung, scheuchte sie ihn weg.
    „Gib mir den Schlüssel.“
    Diesmal ignorierte sie ihn. Er würde schon wieder hinabgleiten in die Tiefen des Schlafes. Wovon er wohl träumte? Ob sie darin vorkam? Ob manchmal eine andere ihren Platz einnam? Oder ständig? Sie wüsste manchmal zu gerne, was in den labyrinthischen Gängen seiner Träume geschah. Er gewährte ihr immer nur eine kleine Öffnung zum Durchspähen. Manchmal guckte sie hindurch. Heute nicht.
    Ja, sie würde es machen, endlich. Sie spürte eine innere Kraft.
    Draußen hörte sie plötzlich kläffende Hunde, ein Jaulen, dann Ruhe. In der Ferne war ein Babygeschrei zu hören. Ein Moped fuhr vorbei, übertönte es. Die Grillen zirpten, es lag ein Hauch von Jasminduft in der Luft. Sie liebte diese lauen Sommernächte.
    Endlich fühlte sie sich bereit dazu. Morgen. Morgen würde sie es ihm sagen.
    „Schatz, ich kann dich nicht sehen. Schatz…“
    Sie drehte sich zu ihm.
    „Schatz, ich kann dich nicht sehen.“
    Sie sah in sein träumendes Gesicht und lächelte. Eine Träne verlor ihren Halt und saugte sich ins Kopfkissen. „Schatz, ich muss dich verlassen. Ich muss.“
    „Schatz, ich kann dich nicht sehen. Schatz…ich sehe dich nicht“

  • von Ravannah


    1.Tag
    Das ist ja einfach... Hitze, davon haben wir ja momentan mehr als genug. Da wird mir ja wohl was einfallen!


    3.Tag
    Okay, fangen wir mal an. Ein neues Word-Dokument öffnen und dann... schreiben.
    Was schreiben?
    Hitze. Sommer. Strand... Ein Mann.
    Noch ist es kühl, die Sonne versteckt sich hinter dem Horizont. Er sitzt auf dem Rand der Klippe und blickt auf den Strand und das Meer unter sich hinab...
    Stirnrunzeln.
    Und nun?
    Vielleicht... nein. Oder aber... nein. Ach, Schwachsinn! Dafür bekomme ich höchstens einen Stempel mit „Jungeulen-Schrott“ aufgedrückt.
    Die Maus auf das Nirwana der unvollendeten Kurzgeschichten – das Kreuz oben rechts – zubewegen. Klicken. Möchten sie die Änderungen in Dokument1 speichern? Nein.


    8.Tag
    Okay, fangen wir noch mal an. Neues Word-Dokument.
    Ist das heiß hier.
    Schreiben. So schwer ist das doch nicht.
    Heiß.
    Finger auf die Tastatur. Tippen. Was tippen? Wie war noch gleich das Thema?
    Hitze.
    Denk nach, denk nach, denk nach... ich brauche jetzt erst einmal ein Eis.


    12.Tag
    Versuchen wir es mal mit der Hand. Papier. Füller.
    Hitze...
    Eine Idee... Ja, warum eigentlich nicht? Nur schnell aufschreiben, sonst ist sie wieder weg. Ach, verdammt, der Füller ist ausgetrocknet! Kein Wunder eigentlich, bei dieser Hitze... eine neue Patrone. Was wollte ich jetzt schreiben? Ähm... erst mal was trinken, ich bin auch schon völlig ausgetrocknet.


    19.Tag
    So, jetzt aber. Drittes Dokument.
    Hitze.
    Schweißperlen auf der Stirn.
    Was schreiben?
    Schwitzige Hände.
    Verdammt, mir fällt nichts ein!
    Das Shirt klebt an meiner Haut.
    Wie soll man denn bei der Hitze was schreiben können?!

  • von Wilma Wattwurm Die


    Hitze war schuld.
    Unter normalen Umständen hätte ich mich nie mit dem Frosch eingelassen.


    In den letzten Tagen waren die Temperaturen ins Unerträgliche geklettert und die Luft zitterte und knisterte bei jeder Bewegung, bei jedem Atemzug. Auch nachts wurde es kaum kühler.


    Seit meine Freundin Nadine mit Stefan liiert war und der als Barkeeper im Studentenkeller arbeitete, schleppte sie mich immer mit dorthin. Kein Problem, wäre da nicht Stefans Freund gewesen, der bereits erwähnte Frosch, der mich mit seiner hartnäckigen Anmache nervte.


    Natürlich war Frosch nicht sein richtiger Name. Nadine hatte ihn so getauft, wegen seiner unnatürlich stark hervortretenden Augen und heimlich nannten wir ihn immer den Frosch.


    Eigentlich ein spaßiger Zeitgenosse, aber überhaupt nicht mein Typ. Das hatte ich ihm auch zu verstehen gegeben. Er versuchte es trotzdem immer wieder. Ohne Erfolg - bisher!


    Es war die Hitze.
    Oder der Alkohol, oder die Massenknutscherei, oder vielleicht war ich einfach nur meines Mauerblümchendaseins überdrüssig. Egal was! Jedenfalls fand ich mich zu vorgerückter Stunde in den Armen des Frosches wieder.


    Es war zu warm, Angriffe abzuwehren und die Hände auf meinem nackten Rücken fühlten sich angenehm an.
    „Just wanna feel“ dröhnte aus dem Lautsprecher.
    Ich stellte mir im Geist Robbie Williams vor und ließ es geschehen.


    Bis er anfing, mich abzuschmatzen. meinen Hals, mein Gesicht, seine Zunge in meinem Mund.
    Er hatte nicht nur Froschaugen, er küßte auch dementsprechend feucht.


    Angewidert riß ich mich los.
    „Laß das, du Frosch!“


    Die Zeit blieb mit einem Ruck stehen, rumpelte nach einer Pause wieder weiter. Jedenfalls empfand ich es so.
    Ich war plötzlich allein. Hatte ich alles nur geträumt?
    Der Sitz neben mir war leer. Obwohl...
    Nein, das konnte nicht sein! Die Hitze spielte mir einen Streich, oder der Alkohol.
    Da saß doch tatsächlich ein Frosch! Ein echter!


    Verblüfft griff ich nach ihm. Er fühlte sich glitschig an. Ich halluzinierte demnach nicht. Obwohl es mich ekelte, hob ich ihn auf und warf ihn in das vor mir stehende halbvolle Bierglas. Die Froschaugen glotzten mich fast erstaunt an. Schnell packte ich einen Bierfilz und deckte das Glas damit ab.


    Ich stand auf, suchte Nadine.
    „Du, ich bin müde, ich geh’ nachhause“.



    Am nächsten Tag wurde ich von unnachgiebigem Handygeklingel geweckt.


    Es war Nadine.
    „Hast du es schon gehört.“


    Was sollte ich gehört haben. Ich war noch nicht mal richtig wach und mein Schädel brummte.


    „Der Frosch..... man hat ihn gefunden.... du warst schon eine Weile weg... zur Sperrstunde.“
    Ihre Worte überstürzten sich, sprudelten heraus, und ich verstand erst gar nicht, was sie mir erzählte.


    „Er lag halb über dem Tisch, in der Hand einen Bierdeckel, neben ihm ein umgestürztes Bierglas.“


    Langsam dämmerte es mir.


    „Wir haben gleich den Notarzt gerufen, aber zu spät!“
    Nadines Stimme überschlug sich.


    Ich dachte an die Froschaugen im Bierglas.
    „Und, hat man den Täter schon?“


    „Wieso Täter?“ fragte sie verwundert.


    „Ich dachte .. was ist überhaupt passiert?“


    „Täter... was du wieder denkst! Du liest zuviel Krimis.
    Passiert? Der Arzt meinte, akute Alkoholvergiftung.“

  • von Sinela


    Die Hitze war unerträglich. Die Torte wurde matschig, dafür blieb der Kaffee länger heiss. Die drückende Schwüle bescherte mir Kopfschmerzen, aber das würde mich nicht von meinem Plan abbringen: Heute würde ich meinen Nachbarn verführen!


    Kaffee und Torte standen unbeachtet auf dem Tisch, während sich Jens und ich voller Leidenschaft küssten. Seine Hände wanderten unter mein Minikleid, streichelten sanft meine empfindlichste Stelle. Mein Herz hämmerte, ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Endlich war ich am Ziel meiner Träume, das würde die Nacht der Nächte werden. Während ich im 7. Himmel schwebte, stieß mich Jens plötzlich so heftig von sich, dass ich rückwärts auf die Couch flog.
    „Hast du sie eigentlich noch alle?“
    „Hörst du es nicht?“
    „Was soll ich hören?“, schrie ich ihn an.
    „Das summen, da ist eine Wespe im Zimmer.“
    „Ist doch egal, sie wird schon wieder hinausfliegen.“
    Mein Fast-Liebhaber stand auf.
    „Ich kann mich nicht auf dich konzentrieren, wenn ich Angst haben muss, dass ich von diesem kleinen Mistding gestochen werde. Es ist bestimmt scharf auf die Torte und wo eine Wespe ist, kommen andere nach. Hast du einen Fliegenklatscher?“
    „In der Küche, neben der Spüle hängt einer an der Wand“, antwortete ich resigniert.
    Jens erinnerte mich an einen Ritter, der mit seinem Schwert in die Schlacht zog, als er kurz darauf mit seiner „Waffe“ zielstrebig auf die Wespe zusteuerte. Er schlug nach ihr – daneben. Nun ging das Insekt seinerseits zum Angriff über. Jens fuchtelte mit den Armen, erwischte den Vorhang, bekam ihn samt Stange auf den Kopf und fiel mit einem lauten Poltern um. Aber wie ein Stehaufmännchen war er wieder auf den Beinen, denn die Wespe umkreiste ihn mit bösem Brummen. Panisch ergriff er die Flucht, stolperte über den Teppich, riss die volle Kaffeekanne zu Boden und wischte die Torte vom Tisch. Von der Vorhangstange und der Wespe verfolgt wütete er in meinem Wohnzimmer. Porzellanfiguren fielen von den Schränken, Stühle wurden umgekippt, die Lampe an der Decke schaukelte wild hin und her, weil Jens sie mit seinen wedelnden Armen erwischt hatte, kurzum, es war das reinste Chaos. Schließlich gelang es der Wespe, einen Stich auf dem Arm ihres Gegners zu plazieren und sie verliess daraufhin völlig zufriedengestellt den Kriegsschauplatz. Fassungslos saß ich auf dem Sofa, Reste der Puddingcreme liefen an meinen Beinen hinab, während Jens – inzwischen nicht nur von der Wespe, sondern auch von der Vorhangstange befreit, laut vor sich hin wimmernd auf dem Boden saß. Was für ein Idiot – und was für ein Jammerlappen! Ohne viel Federlesens habe ich ihn rausgeschmissen. Meine Wohnung habe ich dann – nach einer kühlen Dusche – alleine aufgeräumt.


    Am Abend dieses Tages schwor ich mir: Keine Verführungen mehr, wenn es zu heiss oder schwül draußen ist – und nie wieder im Sommer bei offenen Fenster. Nein, nicht nur am Tag, auch bei Nacht, denn da könnte sich ja genau im entscheidenden Moment eine Stechfliege in mein Schlafzimmer verirren. Die Folgen wage ich mir gar nicht auszudenken.

  • von Churchill


    „Mir ist kalt. Heizung an! Mach endlich das Fenster zu!“


    Ein nervender Husten unterbricht seine Anweisungen. Kalt ist ihm. Bei geschätzten 25 Grad im Raum ist diese Aussage für alle anderen eine Farce. Der Arzt hat gemeint, das sei normal, wenn sich das Leben dem Ende nähert. Heiße und kalte Empfindungen wechseln dann mitunter ab. Nicht bei ihm. Ihm ist nur kalt. Und die Schuldige daran hat er natürlich längst ausgemacht.


    „Du bist tatsächlich zu blöd, die Heizung zu bedienen! Hol eine Decke. Die braune aus dem Keller.“


    Selbstverständlich bringe ich ihm die Decke. Die grüne vom Speicher. Die braune aus dem Keller dürfte sich schon vor annähernd 20 Jahren in ihre Bestandteile aufgelöst haben. Der temporäre Orientierungsverlust bezüglich zeitlicher Zuordnung einzelner Lebensabschnitte sei ebenfalls typisch in diesem finalen Stadium. Offensichtlich bringt ihn die zerfallene braune Decke dann doch noch zu einem letzten Rendezvous mit der Logik:


    „Hast du dir alles notiert, was die Beerdigung betrifft?“


    Natürlich habe ich alles notiert. Fein säuberlich. Ohne jeden Fehler. Schließlich ist dies bereits meine Aufgabe gewesen, bevor er mich in den abgeschlossenen und jederzeit gut bewachten Hafen der Ehe bugsiert hatte. Zum Diktat erscheine ich in treuer Regelmäßigkeit und jeglicher Stellung seit 35 Jahren. Sein ganzes Ego bestand darin, stets die Hosen an zu haben, in besonderer Weise gerade dann, wenn er mal wieder geruhte, sie auszuziehen. Ist das Abschweifen der Gedanken bei Angehörigen (welch passende Bezeichnung) eines sterbenden Alphatiers ebenfalls normal?


    „Eichensarg. Nur weiße Lilien. Du weißt, wie ich Rosen hasse!“


    Die Erklärung bezüglich der unpassenden Rosen geht im nächsten Hustenanfall unter. Ich kenne sie sowieso schon. Brav bestätige ich ihm auch die schriftlich fixierte Positionierung des Verdienstkreuzes auf dem Sargdeckel, die Bestellung des Streichquartetts, das ausschließlich Haydn und keinesfalls Mozart zu Gehör bringen darf sowie die exakte Reihenfolge der Grabredner.


    „Verdammt noch mal, mir wird immer kälter!“


    Der Klingelton befreit mich von der Erledigung weiterer Deckenbeschaffungen. Aus Rücksicht auf den Dahinscheidenden senke ich meine Stimme.

    „Ja, ich habe weiterhin Interesse an Ihrem Angebot. Wie lange dauert es, bis...? Drei Wochen nach Eintreffen der Asche? Ja, wie gesagt, ich habe mich für den Einkaräter entschieden. Als Brillant geschliffen. Nein, nicht als Ring, lieber als Anhänger. Ohne Beschriftung. Nein, der Preis ist kein Problem. Gut. 12000 Schweizer Franken. Ähm.... nein...die Asche ist noch nicht... aber es kann sich nur noch um wenige Tage... Vielen Dank, Sie hören von mir.“


    „Verfluchte Kälte!“


    Er selbst hat mir so oft eingetrichtert, dass ich jegliche Aufregungen von ihm als Chef und Haushaltsvorstand fernzuhalten habe. So übe ich die Rücksicht, die seiner besonderen Situation angemessen ist. Welchen Sinn hätte es, ihm zu eröffnen, dass das mit der Beerdigung nicht ganz so ablaufen wird, wie er es mir (und nur mir) diktierte. Diese wunderbaren Möglichkeiten der Technik! Aus menschlicher Asche Diamanten zu machen. Faszinierend! Unter extremem Druck und Temperaturen bis zu 1700 Grad in mehreren Wochen etwas Einzigartiges herstellen zu können...


    „So kalt...“


    „Bald ist es nicht mehr kalt, mein Schatz!“
    Mein Schatz...

  • von Sam


    Die Hitze ist unerträglich.
    Mario schwitzt als wollte jeder flüssige Bestandteil seines Körpers aus ihm flüchten. Er hatte sich schon vor einiger Zeit auf ein Handtuch gelegt und die Augen geschlossen.
    Mario sieht über sich Palmen. Die Blätter der hohen Bäume wiegen sich leicht, obwohl er keinen einzigen Hauch von Luft spüren kann. Im Gegenteil: Mario fühlt sich, als ob er verbrennt. Seine Haut scheint sich in Pergamentpapier verwandelt zu haben.
    Es raschelt. Irgendjemand breitet sein Handtuch in unmittelbarer Nähe aus und legt sich darauf. Mario hat keine Lust nachzusehen, wer das ist.
    Es ist so heiß. Aus jeder Pore seines Körpers tritt Wasser hervor, er glänzt vor Nässe. Am Liebsten hätte Mario jetzt einen kühlen Drink. Doch er bleibt liegen, sieht zu, wie sich die Palmenblätter wiegen.
    Plötzlich knarrt etwas. Erschrocken öffnet Mario die Augen. Das Holz, auf dem er liegt, hatte sich zu Wort gemeldet, als der Mann, der eben noch da hinten lag, aufgestanden war und die Sauna verlassen hatte. Jetzt schnappt sich auch Mario sein Handtuch und verlässt die enge, heiße Kabine.
    Während er sich abkühlt, trifft ihn die Realität wie der Schlag einer Faust: Es ist immer noch Winter.

  • von Ompalompa


    Von Anfang an wollte ich nur dich,
    musste ständig an dich denken.
    Andere gibt’s sicherlich,
    doch die würden mich nur kränken.


    Du bist anders, das weiß ich genau,
    schon lange habe ich dich im Blick.
    Ich mag dich, bist du auch bald grau,
    dich zu ergattern erfordert Geschick.


    Ersehnt wirst du von allen Seiten,
    die Frauen schwitzen vor Begehren.
    Die Sucht nach dir ist nicht abzustreiten,
    nicht zu verleumden, abzuwehren.


    Du liegst da und schmorst in der Hitze,
    immer größer werden meine Augen.
    Pass auf, sonst bist du schwarz wie Lakritze,
    und dann wirst du zu nichts mehr taugen.


    Der herbeiwünschte Moment ist gekommen,
    mein Herz schlägt immer schneller.
    Den höchsten Bräunungsgrad erklommen,
    wirst du zu meinem Hauptdarsteller.


    Ich erbeute dich trotz zahlreicher Duelle,
    direkt und frisch von der Assiette.
    Beiße herzhaft in deine beste Stelle,
    meine heiß geliebte Grillboulette.

  • von JASS


    Wärme durchflutet das Zimmer. Schwere Gardinen verhängen die Fenster, das Licht ist gelöscht. Im Kamin knistert es, der Schein des Feuers taucht die Welt in rötlichen Schimmer. Schwarz und Rot, deine Welt.
    Auf die Seite gelehnt liegst du neben mir, betrachtest mich. In deinen dunklen Augen bricht sie das Feuer, lodern die Flammen. Nicht sanft, dem Glitzern von Raubtieraugen gleich. Stolz und Zufriedenheit zeigen deine Züge, ich bin deine Beute, dein Besitz.
    Dein Kuss kennt keine Zärtlichkeit, hart und fordernd bricht er jede Gegenwehr, bis dein ist, was du begehrst. Dein, ganz und gar dein, du duldest keine schweifenden Blicke. Deine Hände lassen nicht los, ziehen mich an dich. Du ergreifst mich, bis es schmerzt. Mein Körper ist die Wiese, auf der du spielst. Ein unbedachtes Kind, das Blumen rupft und Narben ins Gras schlägt.
    Dein Körper schreit, verlangt. Ausgehungert und gierig. In deiner Seele wohnt keine Zutraulichkeit, doch wenn du mich an dich reißt, liebst du mich. Ich weiß, dass du es tust. Du vereinnahmst mich, bis jede Faser meines Körpers, jeder Funke meiner Seele, jeder Teil meines Seins, von brennender Hitze erfüllt ist. Du bist das Brennen, du bist die Hitze. Du bist alles.
    Wenn du Beute brauchst, werde ich sie sein, Öle und Düfte sind meine Gewürze. Ich Kette mich an dich und bin dein Besitz. Doch wird es reichen? Das wird es nicht. Ich werde nie genug >nur für dich< sein, nie genug dein, dass es dir reicht. Du wirst einen Makel finden und in Flammen aufgehen. Deine Wut, dein Zorn, deine Gier. In der Hitze der Gefühle kennst du keine Gnade. Du stößt alles zu Boden, bringst alles zu Fall. Du zerbrichst alles, schlägst die Welt kurz und klein. Weil deine Welt in dem Makel zerbricht.
    Es ist das Spiel mit dem Feuer. Ein Raubtier gibt seine Beute nicht her. Schlägt die Zähne ins Fleisch, tiefer und tiefer, bis alles Leben erlischt. Eines Tages wird die Hitze explodieren, und für immer erlischen. Und bis dahin liebe ich dich.