Leseprobe:
“Viele Gildenmänner beherrschen den Trick. Wir Kinder vom Kaninchenhügel haben uns früher oft am Rand einer Baustelle oder vor den Toren einer glutheißen Gießerei versammelt, weil sich ein Stuckateur oder ein Eisenschmied bei der arbeit langweilte und uns hinter dem Rücken seines Vorarbeiters ein paar Minuten lang unterhielt. Zuerst nahm er ein paar Späne aus einem Glas oder einem Kelch, dann hob er eine halbe Handvoll trockener Erde auf, spuckte darauf, formte sie mit flinken großen Händen und machte etwas Kleines, Ordentliches, Hartes daraus. Dann zeigte er es uns - seht her, Jungs: ein kleiner Hund, eine Blume und schließlich - etwas gewagter - ein nackter Frauenoberkörper. Manchmal durften wir die Dinger sogar anfassen, sie fühlten sich leicht und heiß und kratzig an. Oft musste einem erst erklärt werden, was sie darstellten, aber ich fand sie immer faszinierend, und das Interessanteste kam ganz zum Schluss; dann nahm uns der Gildenmann den kleinen Gegenstand wieder ab, hielt ihn in der hohlen Hand und blies darauf, als wäre es ein glühendes Stück Holz. Puff! Er öffnete die Hände, eine formlose Staubwolke stieg auf, wir Kinder plapperten aufgeregt durcheinander, und er lachte.“
Das macht der Aether. Mit Aether lassen sich Brücken und Häuser bauen, die sonst einstürzen würden, und Maschinen, die ohne ihn explodieren würden. Nur ein Zauberspruch ist nötig! Der Aether wird in Bergwerken gefördert, und die größten Förderanlagen stehen im nordenglischen Bracebridge. Hier wächst Robert Borrows heran, doch er wird kein Gildenmann wie sein Vater, er verlässt Bracebridge. Denn er hat gesehen, was der Aether aus seiner Mutter gemacht hat: eine Missgeburt, einen Wechselbalg, einen Troll. Und er weiß, dass daran ein geheimnisvolles Experiment schuld ist, das im Auftrag hoher Gildenmeister durchgeführt wurde. Also bricht er nach London auf, um den Schuldigen zu finden.
Stattdessen findet er eine neue Welt.
Eigene Meinung:
Diese Welt ist eine der faszinierendesten Schöpfungen der jüngsten Fantasy. Das industrialisierte England, ohne Monarchie und Adel, aber mit den allen sozialen Verwerfungen und Spannungen, bildet den Rahmen. Durch Aether ist Magie die Schwesternwissenschaft der Physik: Ich baue den benötigten Gegenstand und bringe ihn mit Aether zusammen. Durch den richtigen Zauberspruch wird dem Objekt seine Funktion eingeprägt, und der Aether sorgt dafür, dass es tatsächlich so funktioniert.
Die Geschichte folgt zwei Strängen:
- zum einen will Robert Borrows herausbekommen, was tatsächlich damals mit seiner Mutter geschah, und wer dafür verantwortlich ist;
- zum anderen sorgt eine anhaltende Rezession für eine explosive Stimmung im Land. Wird es zum Umsturz kommen? Wird den Gilden das Aethermonopol entrissen werden?
Aber trotz bester Voraussetzungen bleibt der Spannungsbogen irgendwie flach, die Höhepunkte zu vorhersehbar.
So bleibt nur der Zauber des Aethers. Der aber ist groß.
GleichSamm