Der Himmel über Darjeeling -- Nicole Vosseler

  • Hallo Grottenolm,


    von "Entdeckungen" kann in diesem Buch keine Rede sein und von "Schnulzfaktor" auch nicht. Man kann diese beiden Bücher überhaupt nicht miteinander vergleichen, weil sie total unterschiedlich sind. Wenn du ein Stück weiter oben meine Rezi liest, kannst du dir vielleicht ein Bild davon machen, worum es in dem Buch geht. Es ist so ziemlich alles vereint, aber keinesfalls kitschig oder schnulzig, es ist einfach fantastisch. :wave

  • Nachdem ich "Südwinde" gerade gelesen (und mir noch die HC-Ausgabe antiquarisch bestellt habe, denn für so ein gutes Buch ist TB einfach zu schade), würde ich dieses gerne bald lesen, werde aber wohl frühestens nach der nächsten Leserunde dazu kommen - und melde mich dann hier. Aber wenn ich vom Stil der "Südwinde" auf dieses Buch schließe, kann es nur - wie Helga schrieb - fantastisch sein. :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Im Nachhinein fällt mir auf, daß mein Post vielleicht etwas mißverständlich daherkommt.
    Meine Frage nach Abenteuern und Entdeckungen rührt daher, daß ich ein Fan von Abenteuerliteratur bin (deshalb habe ich mir gerade die sündhaft teure GEO Hörbuchreihe "Weit draußen" bestellt;-)) bzw. von Literatur über historische Entdecker, also beispielsweise Livingstone, Scott und Amundsen, Shackleton usw Damit passt natürlich "Südwinde" genau ins Beuteschema. Zudem erwähnt die Autorin ja im Rahmen der Leserunde zu "Südwinde" das 2008 ein Roman von ihr erscheint, in dem Sir Richard Francis Burton, ein britischer Afrika- und Orientforscher, eine Rolle spielt. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, ist meine Frage dann wahrscheinlich nicht mehr so abwegig. Vielleicht zieht sich das ja wie ein roter Faden durch ihre Bücher?
    Zum anderen bin ich "reinen" Liebesgeschichten gegenüber etwas skeptisch und diese muß dann schon verdammt gut geschrieben sein, damit sie mich wirklich berührt (vielleicht bin ich da auch etwas frauenuntypisch, wer weiß...)


    Die Rezensionen bei den Eulen für "Die Himmel..." hören sich durchweg positiv und interessant an, aber ich bräuchte einen differenzierteren Eindruck, um ich zu entscheiden.


    Helga : deine Rezension kannte ich bereits... ich mache ja meine Hausaufgaben. ;-) Deine Begeisterung für das Buch habe ich deutlich daraus herausgehört... ein Grund mehr Genaueres über dieses Buch zu erfahren, wenn es Leser so beeindruckt. :-]


    SiCollier : vielleicht sollte ich einfach warten bis du das Buch auch gelesen hast? Ich treffe dich zur Zeit in so vielen Freds an, in denen ich auch bin, da scheint mir, daß wir einen ähnlichen Buchgeschmack haben. :grin

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • @ grottenolm


    So was soll vorkommen (mit dem ähnlichen Geschmack) :-)


    Ich plane das Buch mal nach der jetzt begonnenen Leserunde ein und melde mich dann, wenn ich durch bin!

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • grundsätzlich möchte ich es ja so handhaben, dass die Rezi-Freds zu meinen Büchern Euch allein vorbehalten sind, für Meinungen, Kommentare und den Austausch untereinander. Aber klar antworte ich Euch gerne, wenn es Fragen gibt, und so verstehe ich das jetzt gerade auch und möchte ein paar Sachen dazuschreiben... :-)


    @ grottenolm


    "Südwinde" und "Himmel über Darjeeling" lassen sich tatsächlich kaum miteinander vergleichen, das ist auch für mich jeweils eine ganz andere Ecke im Genre des historischen Romans bzw. der historischen Unterhaltung.


    Ich finde es selber für mich sehr schwierig, meine Romane irgendwie zu kategorisieren oder einzuordnen, würde aber generell meine Erwachsenen-Romane als "historische Abenteuer-Romane" bezeichnen. Der "rote Faden" bei allen ist das Motiv der Reise (mal von den Protagonisten gewollt, mal nicht so gerne ;-) ) in ferne Länder vor dem Hintergrund des britischen Empire - Pazifik, dann Indien, demnächst Arabien und danach in den Sudan in den 1880ern. Und diese Reise(n) sind von meinem Standpunkt aus auch immer eine Metapher für die Reise der Charaktere zu sich selbst und der Entwicklung ihrer Beziehungen untereinander.
    (Soweit es jedenfalls die Projekte betrifft, die mit Lübbe aktuell unter Dach und Fach sind; Verlag, Agentur und ich planen da ganz konkret immer nur einen gewissen Zeitraum weit voraus :-) ).


    Ein "Entdecker"-Roman wie "Südwinde" ist in dieser Form derzeit nicht geplant.


    Richard Francis Burton spielt insofern in "Unter dem Safranmond" eine wichtige Rolle, als er für meine Protagonistin Maya Greenwood von ihrer Kindheit an einen sehr prägenden Einfluß darstellt, er bei den Begegnungen der beiden im Laufe ihres Lebens immer wieder durch seinen Charakter wie seine Lebensart zum Katalysator für ihre Entwicklung wird. Da spielen natürlich auch seine Forschungsreisen mit hinein, aber diese sind nicht eigentlicher Gegenstand der Romanhandlung.


    @ all


    weil es weiter oben Thema war...


    die Bertelsmann-HC-Ausgabe ist - wie ich finde - sehr schön geworden :-], und das Lübbe-TB wird ab April lieferbar sein. :wave

  • Nicole :


    mit einer Antwort der Autorin hätte ich jetzt nicht gerechnet. :schuechtern Vielen Dank dafür! Dein Beitrag hat jedenfalls für mich einiges nochmal klarer gemacht und mir damit wirklich weitergeholfen.
    Ich denke, ich weiß jetzt, was mein nächster Quartalskauf bei Bertelsmann wird :grin


    etwas OT: Darüber, daß Reisen die Chance für eine Charakterentwicklung bietet, habe ich erst vor wenigen Wochen mit einem amerikanischen Touristen während meines Schwedenurlaubs gesprochen (allerdings im Zusammenhang mit der politischen Situation in den USA....)

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • @ Grottenolm


    Ich habe jetzt mit dem Buch begonnen und bin bis Seite 104 vorgedrungen. (Wollte erst die Clubausgabe kaufen, die ist auch wirklich schön gelungen - aber das Papier gefiel mir überhaupt nicht. So wurde es dann doch die Lübbe-HC-Ausgabe, die aber auch sehr schön gestaltet ist.)


    Ganz kurzer erster Eindruck:


    Ganz anders als und stilistisch vielleicht noch nicht ganz so ausgefeilt wie „Südwinde“, aber einen „Schnulzfaktor“ konnte ich bislang nicht feststellen. Gut geschrieben, zieht einen hinein wie ein Sog und läßt die damalige Welt plastisch vor dem inneren Auge erstehen. (Wenn auch für mich etwas ungewohnt, in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu sein, waren doch alle historischen Bücher, die ich in der letzten Zeit gelesen habe, deutlich früher angesiedelt.) Und von einer "reinen Liebesgeschichte" kann (zumindest bisher) überhaupt keine Rede sein.


    Da ich mich für die nächste Leserunde angemeldet habe, muß ich bis zum Wochenende durch sein, dann melde ich mich nochmal. (Falls ich nicht alles stehen und liegen lasse und vorher fertig bin. :-))

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    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • @ Iris


    Ich hatte mich zwar über die Jahreszahl im Buch (2006) gewundert, die Info über "Erstling" allerdings (auch wegen der Uhrzeit gestern abend) ungeprüft aus dem Rezifred hier übernommen. Sollte ich falsch liegen - Entschuldigung (ich gehe dem ganzen aber noch mal nach). Auf jeden Fall gibt es zwischen beiden Büchern meinem Empfinden nach auch in stilistischer Hinsicht Unterschiede (was ja für die Autorin spricht, und auch - vom Thema her - so gewollt sein kann) und ich bin schon wieder in Indien gelandet, obwohl ich mich in meinem ganzen Leben noch nie dafür interessiert habe.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • In der Südwinde-Ausgabe, die ich besitze, (HC, vergriffen) steht: "Erste Auflage 2001 / Copyright © 2001 Scherz Verlag, Bern, München, Wien"


    In meiner Ausgabe von Der Himmel über Darjeeling (HC, 1. Auflage) hingegen: "Originalausgabe / Copyright © 2006 by Verlagsgruppe Lübbe / GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach"


    M.W. ist das TB von Südwinde kürzlich erst mit erheblicher "Verspätung" erschienen. :-)


    Genaueres kann uns Nicole sicher sagen.

  • Ich habe mal nachgesehen; habe - mittlerweile - auch von beiden Titeln die HC - Ausgaben. Auch eine Suche in der Datenbank des Großhandels brachte dieses Ergebnis. Damit dürfte die Frage - zumindest der Reihenfolge des Erscheinens - geklärt sein. (Also darf man auch Eulenrezis nicht blind vertrauen. :cry :grin)


    Ich gelobe Besserung - nächstes Mal gucke ich selbst nach (und bitte Nicole für den Lapsus nochmals um Entschuldigung :wave). :-)



    Edit.
    Hätte gleich ins Buch sehen sollen. Im Klappentext der HC - Ausgabe von Südwinde (Scherz, 2001) heißt es ganz klar: "Südwinde ist ihr erster Roman". Damit ist das also geklärt; ich habe was dazugelernt und gelobe künftig (wie gerade schon einem anderen Fred) erst nachzusehen bzw. zu überprüfen (auch wenns eine Eulenrezi ist), wenn ich was schreibe. :-)



    Edit. Warum entdecke ich Schreibfehler erst beim zweiten durchlesen nach dem Posten??? :bonk

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    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von SiCollier ()

  • Zitat

    Original von Iris
    M.W. ist das TB von Südwinde kürzlich erst mit erheblicher "Verspätung" erschienen. :-)


    Es gab schon einmal einmal ein Südwinde-TB, das im März 2003 erschienen ist.

  • @ SiCollier


    (und danke, Iris - und EDIT ;-) : Laila - für das Raussuchen der Infos! :knuddel1 )


    kein Grund, Dich dafür zu entschuldigen! :wave
    Sooo wichtig finde ich das jetzt selber nicht, was zuerst, was danach erschienen ist - manchmal kommt mir das selbst ein wenig "verdreht" vor, und das hat eben auch viel mit der Chronologie der Ereignisse zu tun.


    Südwinde erschien zuerst 2001 als HC, 2003 als TB mit jeweils nur mäßigem Echo, und ich hatte danach aus beruflichen und privaten Gründen eine längere Schreib-Pause. Der Buchmarkt vergißt schnell, und "Himmel über Darjeeling" wirkte daher schon vom Grad der Aufmerksamkeit her (durch den Wechsel zu Lübbe und nicht zuletzt auch durch das Forum hier) wie ein "Erstling". Dadurch ergab sich aber auch die Möglichkeit, "Südwinde" mit einer Neuauflage in 2007 noch einmal eine zweite Chance zu geben - und darüber bin ich ich natürlich sehr glücklich :-]


    Was die Frage des Stils angeht...
    Für mich hat jede Geschichte, die ich erzählen will, eine ganz eigene "Stimme". Wenn ich zu schreiben beginne, brauche ich für die ersten Kapitel unverhältnismäßig lang, weil ich so viel Zeit benötige, da genau hinzuhorchen, mir diese Stimme vertraut zu machen und sie dann in meinem ganz individuellen, persönlichen Stil (der hoffentlich trotz aller Unterschiede in den Büchern erkennbar bleiben wird) niederzuschreiben.
    Gleichzeitig möchte ich auch immer der Epoche und deren Sprache Rechnung tragen. Obwohl ich auf Deutsch schreibe, habe ich doch (allein durch die entsprechend verwendete Literatur) das Englische der jeweiligen Zeit im Hinterkopf. Und das Englische hat sich vom 18. zum 19. Jahrhundert sehr verändert, ist geradliniger geworden, weniger schnörkelig, moderner. Überhaupt erscheint mir das 19. Jahrhundert (was das Denken, die Lebensart angeht) gefühlt viel näher an unserer Zeit als das 18. - und nicht etwa, wie ca. in Jahrzehnten gemessen, auf ungefähr halbem Weg. Auch für mich ein Grund, die Sprache entsprechend etwas moderner zu halten.


    Für mich persönlich ist Südwinde ein viel "leiseres", "feineres", "zarteres" Buch, eher in Pastelltönen mit feinen Pinseln hingetuscht, und so habe ich es auch zu schreiben versucht. "Himmel über Darjeeling" ist (ohne dass damit für mich eine Wertigkeit verbunden ist) "rauer", "kantiger", die Pinselstriche sind schwungvoller und die Farben kräftig. Was sicher auch mit meiner subjektiven Empfindung indischer Landschaften und Kultur zu tun hat, aber auch mit den Themen und Emotionen dieses Buches.
    Und wer dann in ein paar Wochen "Das Haus der Spione" lesen wird, wird da auch einen großen Unterschied merken, und das nicht nur, weil es sich um ein Jugendbuch handelt, sicher aber auch, weil es 1582/83 spielt und einfach eine Geschichte für sich ist. :-)

  • @ Nicole


    Jetzt hast Du mir ja vorweggenommen, was ich als Vermutung nach Abschluß des Buches schreiben wollte! :cry (Das mit dem dem Inhalt und dem der Zeit angepaßten Schreibstil, meine ich, das drängt sich nämlich, wenn man beide Bücher relativ kurz hintereinander liest, förmlich auf. :-) )


    Aber jetzt bin ich hier erst mal still und nehme mir fest vor, mich erst wieder zu melden, wenn das Buch durch ist.

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  • @ Nicole


    Nix passiert! :knuddel1


    *Flüstermodus an*
    Hatte das Post recht schnell geschrieben, so kurz noch vor dem Mittagessen. Und während des Essens ist mir aufgefallen, wie man das auch auffassen kann (denn so wars eigentlich nicht gemeint). Doch da wars - wie Deine Reaktion zeigt zu spät. Andererseits: offensichtlich lag ich mit meiner Vermutung richtig.
    Darf man das in einem Bücherforum überhaupt offen sagen? Ich habe den Umgang mit Texten nie richtig gelernt; die Schule war da nicht unbedingt hilfreich, um es mal sehr höflich zu umschreiben. Jetzt, auf meine alten Tage, da ich seit gut fünf Monaten hier bei den Eulen bin, habe ich in der Hinsicht mehr gelernt als in meinem ganzen bisherigen Leben. Und wenn dann noch von der Autorin selbst die Bestätigung kommt, daß ich richtig gedacht habe - was will ich mehr? :-]
    Also eigentlich herzlichen Dank für Deine Äußerung - hat mir sehr geholfen und das Selbstvertrauen gestärkt :-) :wave
    *Flüstermodus aus*

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  • @ SiCollier


    das ist halt etwas, was ich eigentlich nicht möchte: mit meinen Äußerungen den Gedanken der Leser vorgreifen. Aber klar: das läßt sich nun mal nicht immer vermeiden, wenn ich etwas darüber verlauten lasse, wie ich arbeite, was ich mir dabei denke. :knuddel1
    Gerade das gefällt mir aber auch hier in dem Forum, an Leserunden: dass ich mir von den Lesern ein bisschen in die Karten schauen lassen kann, erzählen kann, wie es mir selbst mit dem Schreiben, den Geschichten geht. Dass ich die Möglichkeit habe, zu sehen, wie Ihr auf die Bücher reagiert, was Ihr Euch dabei denkt oder welche Fragen Ihr Euch stellt. Das ist ja so in meinem "normalen " Alltag selten der Fall, und das schätze ich sehr, gerade auch, weil das Eulennest ja eine so schön bunt gemischte Gruppe ist :-].


    Ich arbeite ja mit einem Manuskript erstmal auf einen statischen Punkt hin: dann, wenn ich glaube, dass ich alles geschrieben habe, was es zu schreiben gab, die Geschichte mit Probelesern, Agentur, Lektorin ausdiskutiert ist, wenn ich die allerletzten Korrekturen gemacht habe und es so wie es dann ist, in Druck geht. Aber wenn es der erste Leser dann in der Hand hat, wird es zu etwas Lebendigem, Flexiblem: der Leser als Individuum mit seinem ganz persönlichen Lektüre- und Lebenshorizont macht sich den Text zu eigen,und was er dann darin liest und evtl. daraus mitnimmt - das ist allein seines.
    Und ich finde es spannend zu sehen, was ein Leser ganz ähnlich sieht und empfindet wie ich, was davon anders, und was Leser in einem Buch von mir entdecken, was zweifellos darin steht, mir aber selbst bis dato nicht bewußt war.


    Ich weiß jetzt auch nicht, ob ich das als Autorin offen sagen darf: aber ich empfinde ebenfalls im Rückblick den Deutschunterricht meiner Schulzeit als nicht sonderlich hilfreich, und genausowenig vieles in den literaturwissenschaftlichen Seminaren meiner Studienzeit. Was ich ganz offen zugebe: ich fand auch Geschichte als Schulfach unglaublich langweilig. :rolleyes Der Vertrag von XY im Jahre ABCD ist als Hintergrundinfo vielleicht ganz gut zu wissen - aber spannend ist Geschichte für mich nur dann, wenn ich ein Gefühl dafür bekomme, wie es gewesen sein muss, damals gelebt zu haben. :-)

  • Eigentlich wollte ich ja bis zum Wochenende mit dem Buch durch sein; doch das wird nicht klappen. Zum einen aus familiären Verpflichtungen (so habe u. a. ich meine Tochter überredet, nicht nur vor irgendeinem Bildschirm zu sitzen - mit der Folge, daß wir gemeinsam ein Buch lesen).


    Und noch eigentlicher ist das Buch schlicht und einfach zu schade, um es mal so zwischendurch „wegzulesen“. Wieder mal ein schon fast „klassisch“ zu nennender Fall von hoffnungslos untertreibendem Klappentext. Aber das bin ich von Eulenautoren (bzw. genauer deren Verlagen) inzwischen ja gewohnt! :-] - Ich möchte mir die Stimmung und die „Gegenwart“ der Protagonisten schlicht noch eine Weile erhalten (da die nächste Leserunde eine Autobiographie ist, kann ich beides eine Weile parallel lesen :-) ) und das drohende Unheil noch etwas hinauszögern. (Habe den hinteren Teil des Buches mit einem Gummi „versiegelt“, damit ich nicht versehentlich mal das Ende vorab lesen kann...) Schließlich gab es zu dem Buch mal eine Leserunde, deren Postings ich mir Abschnittsweise zu Gemüte führen werde.


    @ Grottenolm
    Als Zwischenkommentar und Antwort auf Deine Frage dieses: es lohnt sich unbedingt, das Buch zu lesen. Natürlich am besten bei einer Tasse Tee aus Darjeeling (habe ich mir extra besorgt! :-) ).


    Das für heute.

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    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zunächst einmal: es ist grauenhaft - daß ich die Leserunde zu diesem Buch verpaßt habe. Aber damals kannte ich weder die Büchereulen noch das Buch. Schicksal. ;-)


    Vom Titel her hätte ich wohl nie zu dem Buch gegriffen. Indien, nie dafür interessiert (bisher nur ein Indien-Buch im Rahmen einer Leserunde gelesen). Darjeeling - von daher kommt doch Tee, oder? (Es ist auch so unscheinbar, daß die Stadt auf der Landkarte im Buch nicht mal eingezeichnet ist.) Und Himmel - wenn ich da drüber was wissen will, greife ich zu den astronomischen oder theologischen Fachbüchern. Oder geht es hier um etwas ganz anderes?


    In einem Film, dessen Titel und Inhalt hier eigentlich nichts zur Sache tun, sagt ein Geschichtenerzähler sinngemäß zu einer seiner Schülerinnen: „Wenn Du eine Geschichte erzählst, mußt Du den Zuhörer mit dem ersten Satz packen. Wenn Dir das nicht gelingt, hast Du verloren, und in Deinem Fall Dein Leben, Sheherazade.“ Aus der Leserunde zu „Südwinde“ wußte ich, welchen Wert die Autorin auf die Sinnsprüche zu Kapitelbeginn legt. Also habe ich die zuerst gelesen (normalerweise lese ich die nie). Das war ein Schock; es lief mir eiskalt den Rücken hinunter. Und damit hatte die Autorin gewonnen. Ich war gepackt und wie durch einen Zeittunnel hindurch gezogen im Indien des 19. Jahrhunderts gelandet.


    Über die Handlung brauche ich nicht zu viel zu sagen. Was mich manchmal etwas irritiert hat, war, wenn plötzliche Sprünge auftraten bzw. wenn eine Entwicklung in dem sonst (zum Glück!!!) recht „langsamen“ Buch schnell ablief. Die Reise von England nach Indien zum Beispiel ging sehr schnell und glatt vonstatten. Und auch die „Katastrophe“, also den Moment, in dem Helena beschließt von Shikhara fortzugehen, war so eine Stelle. Aus den Leserundenkommentaren weiß ich, was dahinter stand, aber im Buch selbst ging mir das zu schnell. Ich konnte nicht so ganz nachvollziehen, warum das alles so schlimm für Helena war, daß sie gehen wollte. Aber vielleicht sehe ich das zu sehr durch die Brille des (inzwischen) 21. Jahrhunderts.


    Manche Probleme, die andere hier beschrieben haben, hatte ich nicht. Was möglicherweise auch daran liegen kann, daß ich bei einem Buch eine langsame Entwicklung einer schnellen (fast) immer vorziehe; und auch, daß alles vorgekaut wurde, habe ich so nicht empfunden. Bildlich gesprochen, war ich in einem Film, in dem die Kamera mal hierhin, mal dorthin schwenkt und alles zeigt; es war, als ob ich als direkter Beobachter mitten beim bzw. im Geschehen wäre.


    Die Erlebnisse von Winston und Sitara als Einschub oder historischen Rückblick zu bezeichnen, so weit würde ich nicht gehen. Im Gegenteil, sie sind unabdingbarer Bestandteil auch dieser Geschichte, und ohne ihre Kenntnis würde man Ian und Helena nicht verstehen können, weil die Vergangenheit bisweilen eben nicht abgeschlossen, sondern Teil der Gegenwart ist. Denn letztlich kann Helena ihre Entscheidung nur treffen, weil sie eben diese Geschehnisse kennt.


    Sehr hilfreich zum Verständnis des Buches, und das möchte ich hier extra und ausdrücklich nochmals erwähnen, waren für mich die früher hier in diesem Thread gegebenen Erläuterungen und Hintergrundinformationen der Autorin. Besonders dieser Satz ist mir aufgefallen:

    Zitat

    Nicole
    Und diese Reise(n) sind von meinem Standpunkt aus auch immer eine Metapher für die Reise der Charaktere zu sich selbst und der Entwicklung ihrer Beziehungen untereinander.

    Hervorhebung von mir
    Und in der Leserunde:

    Zitat

    Nicole
    Das zentrale Thema des Romans war für mich vor allem das der schicksalhaften Verwicklung, die seltsamen Wege, die das Leben ungerufen geht, und auch, dass Entscheidungen, die wir treffen, manchmal ungeahnte Konsequenzen haben können.
    Handeln hat immer Konsequenzen, mal gute, mal schlechte oder gar tödliche. Nicht-Handeln, wie es Helena lange Zeit tut, ist aber auch keine Lösung, wie wir ja deutlich gesehen haben.


    Das ist der rote Faden, der sich durch das gesamte Buch zieht - angefangen von Celia in Griechenland, über Ian und Helena, Winston, Mohan Tajid und Sitara, bis hin zu Richard.


    Helena ist wie ein Katalysator für den gesamten Konflikt, der mit Winstons Ankunft auf Surya Mahal seinen Anfang nimmt.


    So, wie die Geschichten aus Tausendundeiner Nacht in einer bestimmten Sprache geschrieben sind, die stimmig deren Welt erstehen läßt, so ist auch dieses Buch in einer der Zeit und (inneren wie äußeren) Handlung angemessenen Sprache verfaßt (zumindest habe ich das so empfunden). Womit ich letztlich vor meinem größten Rätsel stehe. Nicole C. Vosseler hat, ohne daß ich imstande bin, das näher zu definieren oder zu bestimmen, etwas in ihrem Stil, der mich auf einer Ebene anspricht, die man vielleicht besser in Ruhe lassen sollte. Schon „Südwinde“ war so ein Schlüsselerlebnis. „Der Himmel über Darjeeling“ steht dem in nichts nach; im Gegenteil. Ich habe etliches von Joseph Campbell (einer der bedeutendsten Mythenforscher des 20. Jahrhunderts) gelesen und gehört (Audiovorträge), und er nimmt immer wieder sehr stark Bezug auf die indische Götterwelt. Aber irgendwie habe ichs nie gerafft. Doch die „Vorträge“ und Erklärungen von Mohan Tajid haben die Tür zum Verständnis aufgestoßen; vielleicht zu mehr Verständnis als gut ist. Diese „schicksalhaften Verwicklungen“ und deren Konsequenzen, um die herum der Roman aufgebaut ist, die gibt es nicht nur in einem Buch, sondern auch in dem, was wir die reale Welt nennen. Und manchmal bedarf es eines Buches, um sich dessen (wieder) bewußt zu werden.


    Was bleibt, sind eben diese schicksalhaften Begegnungen und Verwicklungen, wie man diese erlebt, verarbeitet und damit umgeht. Und gerade, weil die Figuren in diesem Buch alles andere als scharz/weiß gezeichnet sind,
    eben weil keiner ganz gut und keiner ganz böse ist,
    eben weil das Buch in beängstigend folgerichtiger Entwicklung gezeigt hat, wohin solche „schicksalhaften Begegnungen“ bzw. Ereignisse führen (können),
    eben weil die Geschichte in einer adäquaten Sprache, ruhig und breit, erzählt wurde,
    eben deshalb war es für mich wesentlich mehr als "gute und leichte Unterhaltung" wie Babyjane in ihrer Rezension schrieb,
    eben deshalb hat mich das Buch auf eine Weise angesprochen und Einsichten beschert, die ich so nicht erwartet hätte.


    Würden die Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht in Indien spielen, dieses Buch wäre vermutlich ein Teil davon.


    "Dass Sie hier sind, das ist Karma“, antwortete er leise. „Es war unausweichlich, es musste sein, und es hat einen Sinn.“ (Seite 116, Mohan Tajid zu Helena)


    Und so ist es. Es war unausweichlich, daß ich an dieses Buch „geriet“, es mußte sein, daß ich es (jetzt) las, und es hatte einen Sinn.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • @ all


    bislang habe ich mich ja für all die schönen Rezis zum Buch außerhalb der Leserunde bei den betreffenden Eulen still und heimlich per pn bedankt...
    Das würde ich aber doch noch gerne auch hier lautstark im Fred nachholen. :-)


    Es ist immer so schön für mich zu lesen, wenn Ihr Freude an dem betreffenden Buch hattet - wenn Euch das, was ich in meinem Schreiberstübchen zu Papier gebracht habe, unterhaltsame Stunden bereitet hat. :-]


    Das macht Mut, gerade in Zeiten, wenn sich der lästige Onkel Zweifel mal wieder gemütlich mit an den Schreibtisch hockt...


    Dankeschön an Euch dafür, für's Lesen und Rezis-Schreiben! :knuddel1



    @ SiCollier


    ich bin immer noch etwas sprachlos darüber, was das Buch bei Dir ausgelöst hat... :schuechtern Sprachlos - und sehr glücklich! :-]
    Ich freue mich sehr, dass Dir das Buch so gut gefallen, es bei Dir all diese Gedankengänge ausgelöst hat und Du sie hier reingestellt hast.
    Dankeschön! :knuddel1