Hm, ja, ich weiß, dass ich eine Ewigkeit weg war, sehr lange, und deshalb hab ich gedacht, als Entschädigung schreib ich eine Kurzgeschichte, die so ganz und gar nicht meinem Genre entspricht, aber naja...irgendwann muss das sein, und heute ist es perfekt.
Allerdings ist es wie fast immer bei mir in der Ich-Perspektive...
Flucht ins Leben
Beinahe lautlos schlug ich mich durch die Dornbüsche, die mir meinen Weg versperrten. Jede Klette, jeder Dorn einzeln, um auch ja keinen Laut von mir zu geben. Leise, nagende Geräusche neben meinen Füßen ließen mich stockstill stehen, über mir schrie eine Eule verräterisch laut. Vorsichtig löste ich auch den letzten Dorn aus meinem Rock, doch die Eule schrie erneut und sogleich schoss das Blut aus meinem Finger.
Noch einen Weg, noch mehr Hügel, immer weiter, immer genau auf die Sonne zu. Sagte man das nicht immer? Kehre niemals der Sonne den Rücken. Doch das einzige, was ich im Düsteren Himmel erkennen konnte, war der blasse Mond, der sein ebenso blasses Licht auf mich herabscheinenließ. Wie ein Scheinwerferlicht. Es verfolgte mich und ließ mir keine Pausen. Dort, ging dort nicht die Sonne auf? Weit, sehr weit entfernt, stand unser Haus in einem kleinen Dorf. Die Lichter alle erloschen. Keiner hatte es bemerkt. Einen Moment stand ich ganz still, versunken in meinen Gedanken, und betrachtete verloren das Haus. Zurückkehren war keine Möglichkeit, die mir blieb. Oder doch? Warum eigentlich nicht? Doch stur drehte ich mich weg und stieg den Hügel hinab, den ich auf der anderen Seite emporgeklettert war. Dichter Nebel zog mir schon um die Beine, nass und kalt, genau wie alles hier in der Umgebung. Immer vorwärts gehend, schlugen mir bei jedem Schritt die feuchten Grashalme gegen die nackten Beine. Zitternd schlang ich meine Jacke enger um mich. Mit jeder Sekunde schien die Sonne höherzusteigen, immer neue Streifen rosa und hellblau erschienen neben ihr. Doch nie wollte sie endgültig aufgehen, und dabei wünschte ich mir so den Tag herbei.
Und doch, als schließlich der gelb-orange glühende Feuerball an den Himmel stieg, musste ich einsehen, wie sinnlos meine Entscheidung gewesen war. Doch kehrte ich dennoch nicht um. Der Nachmittag kam, und von allem, was mir bekannt war, war nur meine Jacke und ich selbst übrig geblieben. Obwohl ich mir nicht einmal sicher war, ob ich selbst mir überhaupt bekannt war. Und als ich mir bewusst machte, dass ich nicht ewig laufen konnte, sackte ich auf den Boden. Müde legte ich mich hin, ganz gleich, ob der Fleck hier nur dreckige Erde war. Erschöpft brachte mir die Angst Müdigkeit, und wenig später schlief ich einen Schlaf, so traumlos, wie ein Schlaf nur sein konnte.
Ich wachte auf, als die Sonne gerade ihre letzten Strahlen über das Land verteilte. Einen Moment war ich unschlüssig, aber dann, nach keinen weiteren Gedanken, bedachte ich sie nur mit einem Blick, mit einem einzigen, der ihr sagen sollte, dass ich keineswegs Angst vor ihr hatte. Und das nächste was ich tat, war, dass ich stolz die Schultern hochzog und ihr den Rücken zudrehte.
Und während ich da so ging, fiel mir auf, dass mein ganzes Leben ohne einen Sinn auf eine Entscheidung hinausgelaufen war, die sich als falsch erwies, und mir gelehrt hatte, dass selbst falsche Entscheidungen ab und an der Weg waren, die richtigen zu erkennen...
So, und wer das jetzt nicht ganz misslungen fand, der hebe bitte die Hand.
LG, Saphi