Wüstensohn – Wolf Kunik

  • Roman von 2005, 378 Seiten


    Klappentext:
    Marrakesch im Jahre 1506: Hier verbringt der junge Farid eine glückliche Kindheit im Hause seines Adoptivvaters Xavier de la Valle. Schon früh beeindruckt Farid seine Umgebung durch seine angeborene Weisheit und Würde. Als er, zum Mann herangereift, in der schönen Arub die Frau seines Herzens findet, scheint sein Glück vollkommen. Doch dann erfährt Farid, das Xavier einst im Glauben, sich verteidigen zu müssen, seinen leiblichen Vater getötet hat. Farids Welt bricht zusammen ...


    Meine Meinung:
    Der farbenprächtige Roman „Wüstensohn“ schließt sehr gelungen an „Der Katalane“ an. Wieder geht es um Religionen, Toleranz und Menschlichkeit. Es gibt auch ein Wiedersehen mit den Charakteren aus der Katalane: Xavier, Ibn Alim und dessen Sohn Akil.


    Im Mittelpunkt und als Ich-Erzähler fungiert der junge Farid, der Adoptivsohn Xavier de la Valle, der in der Wüste der Sahara geboren und von Xavier in Marrakesch aufgezogen wurde.
    Geschildert werden seine Heirat mit der schönen Arub, seine Entführung aus der Sahara und Versklavung nach Santo Domingo sowie sein Freiheitsdrang um zu Arub und nach Marrakesch zurückzukehren.
    Farid steht immer etwas außerhalb der Gesellschaft, als Tuareg unter Arabern, als Moslem unter Christen, als Mensch der alten Welt unter den Indios. Aber sein stets ehrvolles Handeln und sein Wesen beeinflusst auch seine Umgebung, sogar Piraten.


    Wolf Kuniks atmosphärischer Stil hat eine sogartige Wirkung, die den Leser an das Buch fesselt, die komplexe Handlung und Themen erinnern an Amin Maalouf´s wunderbaren Roman „Der Mann aus Mesoptamien“.
    Hier wie dort geht es um das tolerieren verschiedener Religionen in einer Gesellschaft, damit nicht Kriege diese zerstören.


    Die schlimmen Zustände der Reise als Sklave auf dem Schiff und auf der Zuckerrohrplantage sowie der Widerstand der Tanios gegen die Spanier werden so realistisch wie grausam geschildert. Für den pazifistischen Farid stellt sich die Frage, ist es Rechtens für eine gute Sache zu töten, ist es die größere Sünde, dem Unrecht das geschieht, tatenlos zuzusehen?
    Wolf Kunik lässt sich die nötige Zeit, die Handlung zu entwickeln
    Er entwickelt geschickt wichtiger Nebenfiguren, wie z.B. den jungen Priester Bruder Manuel oder Guarocuya, der Kazike, Stammeshäuptling der Tanios.
    Dabei ist Wolf Kunik immer zugänglich zu lesen.


    Den einzelnen Kapiteln des Romans sind stets thematische Sprüche vorgestellt, häufig von dem gelehrten Sufimeister Ibn Alim oder z.B. das folgende Sprichwort der Tainos:

    Wie willst du den Flug des Papageis besitzen?
    Wie willst du die Kraft des Wollbaums
    in deinen Armen spüren?
    Wie willst du den Wind in deinen Händen halten?
    Wie willst du das Wasser, das uns umgibt, beherrschen?
    Liebe, ohne zu begehren,
    und die Götter werden dir wohlgesonnen sein.


    Der Wüstensohn wird fortgesetzt in „Tränen der Sahara“



    Der Autor
    Wolf Kunik wurde 1966 in Frankfurt/M. geboren. Er hat Romanistik, Spanisch und Lateinamerikanistik studiert und verschiedene Studienreisen nach Spanien und Lateinamerika unternommen. Tätig ist er als Autor, Drehbuchautor und Filmemacher. Wolf Kunik lebt in Frankfurt und hat zwei Kinder.


    Weitere historische Romane: Der Katalane, Tränen der Sahara

  • Das Buch lag jetzt lange genug im SuB und musste gelesen werden. Wolf Kunik hatte in Lindau aus den Bücher: Der Katalane und Wüstensohn gelesen undim Nachhinein musste ich feststellen, dass es falsch war, nur den Wüstensohn mitzunehmen.


    Was soll ich sagen, ich habe es verschlungen. Herrn Palomars Rezi ist fast nichts hinzuzufügen. Wolf Kunik gelingt es hervorragend, den Leser auf seinen Gedankengängen mitzunehmen und schildert sehr anschaulich die religiösen und gesellschaftlichen Unterschiede der Kulturen. Nur das Ende kam für mich fast zu schnell und einige Fragen sind offen geblieben. Aber vielleicht werden die im Nachfolgeband noch einmal angesprochen. Der steht jetzt natürlich auf meiner Wunschliste.


    Übrigens kann man den Wüstensohn auch lesen, ohne den Vorgängerband zu kennen.

  • Meine Rezension:


    Eigentlich ist Farid am Ziel seiner Träume: obwohl er adoptiert ist, ist er der geachtete Sohn seines Vaters, geschätzt in der Gesellschaft und seit kurzem mit seiner großen Liebe Arub verheiratet. Doch das Glück währt nicht lange, denn bald schon wird er gewaltsam aus seiner gewohnten Umgebung gerissen und als Sklave nach Santo Domingo verschifft. Aus Farids eigener Perspektive erzählt nimmt der Leser Anteil an den furchtbaren Bedingungen auf der Schiffsreise, dem menschenverachtenden Umgang der Sklaven und der Ureinwohner vor Ort und bekommt so einen Eindruck von dem Grauen, das die großen Entdecker mit auf die bis dahin noch unerforschten Inseln mitbrachten. Wolf Kunik hat eine beklemmende Geschichte geschrieben, die nur duch den Hoffnungsschimmer Farids, irgendwann nach Marokko zurückzukehren und seine Frau wiederzusehen, ein Licht am Horizont bereithält. Doch inmitten der Schrecken begegnet Farid auch Freundschaft, Hilfsbereitschaft und Vertrauen, was ihm seine Entscheidung, zu fliehen, nicht leichter macht. Der "Wüstensohn" ist ein spannender und nachdenklicher Roman, der verschiedene moralische Fragen stellt, ohne eine Antwort vorzugeben und es dem Leser selbst überlässt, seine Schlüsse zu ziehen und aus der Vergangenheit zu lernen. Ein fesselnder und atmosphärisch dichter Ausflug in eine heute fast vergessene Welt, deren Probleme jedoch bei näherem Hinsehen auch heute noch aktuell sind.


    8 Punkte von mir!