Auch in diesem Jahr legt der Aufbau-Verlag wieder sein Sommerlesebuch vor, einen Cocktail von 18 Geschichten aus bereits erschienenen hauseigenen Romanen oder Erzählbänden, vermischt mit einigen Originalbeiträgen.
Titel wie Untertitel geben die Stimmung vor, um Liebe geht es, erotische genauer gesagt, bis hin zum drastisch-beinahe-pornographischen. Ist aber nicht schlimm, die Mischung macht es und die ist gut gelungen.
Es liest sich flüssig, prickelnd, verrückt, lyrisch, schräg oder auch rätselhaft. Die Texte aus Romanen machen in den meisten Fällen gleich auch Lust auf das Buch, aus dem sie stammen, Jens-Uwe Sommerschuhs Zugvögel auf seinen Roman ‚Carcassonne’ z.B., Tanja Dückers Ada und Alice auf ‚Spielzone’ oder auch Rainer Braunes Tulpische Wildnis auf ‚Die Krokodilfärberei’, wenn auch bloß deswegen, um festzustellen, ob das nun höchst artifiziell ist, wie der Mann schreibt oder doch ehrlich. Richtig spannend klingt Tomas Lieskes Der Holländer (aus dem Roman ‚Grand Café Boulevard'). Mario Wirz und Tanja Schwarz beeindrucken gleichermaßen mit Beobachtungsgabe wie mit Erzählkunst bei der schwulen bzw. lesbischen Variante. Männerblicke, ein wenig frech und recht traurig zugleich, gibt es von Hansjörg Schertenleib und Didier de Cauvelaert, sehnsüchtig-zarte Kindheitserinnerung von Jane Hamilton, eine ‚Milchmädchenrechnung’ von Henriette Kuhrt.
Stellenweise fast unangenehm geschwätzig und somit ungewohnt dagegen das Kapitel aus Selim Özdogans Roman ‚Es ist so einsam im Sattel, seit das Pferd tot ist’; am Rand des Geschmacklosen das Kapitel Die Witwe aus Claire Tristrams Roman ‚Passion’. Hong Yings Geschichte Die Party wird für mich nicht besser, bloß weil sie schon wieder abgedruckt wird, sie steht auch im Sommerband des Vorjahrs. Ein Versehen, Werbung für die Autorin oder ein Lese-Renner?
Die Lust der anderen von Thomas Lehr ist gut geschrieben, inhaltlich aber am Rand des Unverständlichen. Das kann aber durchaus seinen Grund darin haben, daß es eben auch ein Ausschnitt aus einem Roman ist. (Nabokovs Katze)
Die vier Originalbeiträge bieten einen faszinierenden Querschnitt. Ein wenig zu brav und vorhersehbar Christine Anlauffs Hochzeitstag; pendelnd zwischen lyrisch-wunderschön und unverständlich Nachsommer eines ganz neuen Autors, Snorre Björkson, dessen erster Roman im kommenden August erscheinen soll. Schräg und unendlich traurig Grit Poppes Liebeszauber (die Autorin steht schon auf meiner Liste) und auf gewohnte Weise routiniert geschrieben und geschickt aufgebaut eine echte Liebeserklärung von Tom Liehr, Don Johann, mit überraschenden und zum Teil auch urkomischen Glanzeffekten bei den kleinen Momentaufnahmen, die die Lektüre lohnen.
Es ist ein sexlastiges Buch, dies als Hinweis für all die, die es auch im Liegestuhl nicht immer unbedingt so direkt haben möchten. Es ist eine gute Zusammenstellung, die mir als Fazit gebracht hat, daß es einfacher ist als je zuvor, Sex in allen Variationen zu bekommen, daß es mit dem Glück schon schwieriger ist, mit der Liebe aber schwerer als je zuvor.