WM - Sonette

WM – Sonett X

Es machte Spaß, beim Training zuzusehen,
die Salto – Technik Kloses zu betrachten,
auf Ballacks klugen Selbstversuch zu achten,
der gelben Karte aus dem Weg zu gehen...

Nun also warten hünenhafte Schweden,
doch Deutschlands Blätterwald hat längst beschlossen:
Die Schweden werden locker abgeschossen,
und überhaupt, wir schlagen jetzt ja jeden...

Wer „Vorsicht“ flüstert, wird zum Volksverräter.
Die kritischsten Experten jubilieren.
Selbst Günter Netzer lässt Distanz vermissen...

Ja, der Erfolg kennt hunderttausend Väter.
Und sollten sie am Samstag doch verlieren,
wird Grinsi-Klinsi gnadenlos zerrissen...

WM – Sonett XII

Nur Stunden noch, bis sie in München spielen.
Ich gebe zu, im Bauch fühl' ich ein Ziehen.
Und wenn ich könnte, würde ich wohl fliehen
vor Angst, dass diese Schweden besser zielen.

Natürlich wünsch' ich mir, dass Miro Klose
drei Salti schlägt und Lehmanns Glanzparaden
den Sieg uns sichern. Dann im Glück nur baden...
Und doch rutscht mir das Herz gleich in die Hose.

Wenn’s gut geht, werd’ ich heute einen trinken,
werd’ feiern und mich schon auf Freitag freuen
und sicher schwarz-rot-gold’ne Wäsche kaufen.

Wenn nicht, werd’ ich enttäuscht zu Boden sinken
und dennoch stolz sein auf den Geist, den neuen
des deutschen Fußballs. Und mich dann besaufen.

WM – Sonett XIII

Ein Supertor hat Mexiko erschossen.
Mit Glück nur konnten wir es eben sehen.
Man kann die Bildregie ja gut verstehen,
denn die sucht Maradona unverdrossen.

Ob Crespo traf oder dann doch Borgetti
mit einem Eigentor? Wen will das jucken?
Jedoch wenn Diegos Augenbrauen zucken,
dann wirft der Regisseur fast schon Konfetti...

Am Freitag folgt der nächste Tanz des Knaben.
Dann knutscht er wieder jede Menge Frauen
und darf sich im TV so wichtig wähnen.

Ich meinerseits werd’ mich am Siege laben.
Der deutsche Sturm wird ihm den Spaß versauen.
Wie freu ich mich auf Maradonas Tränen...

Ok, wenn man so lieb gefragt wird

WM – Sonett XIV

Die harte Schlacht von Nürnberg ist geschlagen.
Wir sahen wild geword’ne Niederländer
und ihre Tritte live in jedem Sender.
Und hinterher, da hörte man sie klagen:

Den Spielfluss habe man zerstört, zertreten.
Der Schiedsrichter sei schuld. Er ganz alleine.
Verzeiht, ihr Holländer, wenn ich nicht weine.
Bei eurer Leistung half noch nicht mal beten.

Auch Portugal hat nun ein schweres Leben:
Dafür, dass sie euch auch ein paar verpassten,
erhielten gelbe Karten sie und rote.

Ja, denen habt ihr’s ganz brutal gegeben:
Ein letztes Mal noch triumphiert van Basten,
und hofft bei England – Portugal auf Tote.

WM – Sonett XV

Alleine lief er in der Schlussminute
auf Spaniens Torwart zu, schlug einen Bogen
um den Verteidiger. Dann abgezogen...
Bis nun der Ball im Toresnetz wohl ruhte.

Nicht viel war ihm bei der WM gelungen.
Auf kluge Pässe ließ er lange warten,
und nach den beiden dummen gelben Karten
war hämisch mancher Nachruf schon erklungen.

Auch heute sah man ihn sich kaum bewegen.
Wann wird der Trainer ihn vom Feld zitieren,
um Platz für einen jüngeren zu machen?

Er blieb. Für Frankreich wurde er zum Segen.
Erst Vorlage, dann Tor. Dann Jubilieren.
Am Ende stand Zidanes befreites Lachen!

WM – Sonett XVII

Just hatte Lehmann diesen Ball gehalten,
der Deutschland in das Halbfinale führte,
als Cufre unsanft unsern Per berührte,
um damit voll auf Angriff umzuschalten.

Sie schlugen sich und traten sich und bissen,
Rodriguez tobte wirklich wie ein Wilder,
doch scheinbar gibt es ganz besond’re Bilder
nur in Italien. Denn die wollen wissen,

dass Thorsten Frings auch zu den Schlägern zählte.
Die FIFA soll ihn vom Turnier verbannen !
Wer könnte hierbei etwa Angst vermuten?

Ein Narr, der diese falsche Taktik wählte.
Deutschland gewinnt. Italien zieht von dannen.
Wer so erbärmlich nachtritt, der soll bluten...

WM – Sonett XVIII

Das Spiel ist aus und Deutschland hat verloren.
So mancher Utopist kann es nicht fassen.
Zwei Tore hat Jens Lehmann reingelassen
und trotzdem wurde hier ein Team geboren.

Die Tore fielen spät. Was soll’s. Sie fielen.
Auch wenn solch Augenblicke bitter schmerzen,
gewannen Deutschlands Spieler viele Herzen.
Am Samstag dürfen sie noch einmal spielen.

Italiens Stimmung ist gelöst und heiter.
Heut hat man glücklich, doch verdient gewonnen
und darf zurecht nun auf den Titel hoffen.

Und Deutschland? Hoffentlich macht Klinsmann weiter...
Es sind zwar große Hoffnungen zerronnen,
die Tür zur Zukunft aber steht weit offen !

WM – Sonett XIX - Eine Stunde vor dem Endspiel

Deutschland ist Meister. Weltmeister der Herzen.
Für diesen Titel kann man sich nichts kaufen,
und doch gelang es dem verschwor’nen Haufen,
jeglichen Pessimismus auszumerzen.

Vielleicht spielt Frankreich viel intelligenter,
vielleicht wird sich Brasilien revanchieren,
vielleicht auch England nun nicht mehr verlieren,
natürlich spielt Italien effizienter.

Ganz Deutschland, ob am Nordseestrand, in Bayern,
gerät in einen ungeplanten Trubel
voll Fröhlichkeit, voll Toleranz, voll Leben...

Wie schön, wenn Menschen ungezwungen feiern,
wie wohl klingt die Begeisterung, der Jubel.
Ganz locker kann man den Pokal nun and’ren geben...

WM – Sonett XX - Zur Halbzeit des Endspiels

Das Endspiel war doch g’rad erst angepfiffen,
als Mamouda ganz plötzlich Fallsucht hatte.
Den Elfer lupft Zidane unter die Latte.
Die Fußballwelt ist kurze Zeit ergriffen.

Doch dann steigt Materazzi ganz nach oben
und köpft den Ball unhaltbar in die Maschen.
Barthez kann nur noch einen Blick erhaschen.
Der Offensivgeist beider ist zu loben.

Danach wird wieder wie gewohnt gemauert.
Die beiden Abwehrreihen dominieren,
und bis zur Halbzeit bleibt’s beim Unentschieden.

Mal seh’n, wie lang das Endspiel wohl noch dauert...
Verlängerung? Mit Elfern duellieren?
Spielt Fußball! Spielt nach vorne! Spielt in Frieden...