Das Schloß - Franz Kafka

  • Zum Inhalt:


    Jeder Versuch, ins Schloss zu gelangen, misslingt; so bleibt es nah und fern zugleich; seine Hierarchie fordert Gehorsam, aber die Weisungen bleiben dunkel und unverständlich. Je mehr der Landvermesser K. sucht, desto weiter entfernt er sich vom Ziel, ja, er verliert es schließlich im Gestrüpp täglicher Niederlagen und Erniedrigungen fast ganz aus den Augen.


    Zum Autor:


    Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 als Sohn jüdischer Eltern in Prag geboren, der Stadt, in der er nahezu sein ganzes Leben verbrachte. Sein Jurastudium schloss er 1906 mit der Promotion ab. Nach dem Rechtspraktikum arbeitete er als Beamter bis zum Jahre 1922. Im Spätsommer 1917 erlitt Kafka einen Blutsturz; es war der Ausbruch der Tuberkulose, an deren Folgen er am 3. Juni 1924, noch nicht 41 Jahre alt, starb.


    Meine Meinung:


    Also, ich bin etwas enttäuscht. Der Prozess hat mir so super gut gefallen. Das Schloss ist zwar ähnlich, allerdings zieht es sich in manchen Passagen enorm. Natürlich tauchen wieder viele „kafkaeske“ Begebenheiten auf, gerade das fasziniert mich ja immer so, allerdings sind die Beschreibungen der Behörden und die Gedanken der einzelnen Figuren für mich persönlich in diesem Buch zu umfangreich ausgefallen (obwohl es sich auch hier nur nur Fragmente handelt, das Buch wurde also nicht vervollständigt) und nach dem ersten Drittel eher müßig zu lesen.


    Den Prozess empfinde ich als geradliniger, die Stimmung komprimierter, mehr auf den Punkt gebracht. Gerade die Umschreibungen der bizarren Räumlichkeiten haben mich dort sehr fasziniert. Im Schloss sind diese zwar auch vorhanden, es wird jedoch der Schwerpunkt eher auf die bizarren Einstellungen der Menschen im Dorf gelegt. Es werden seitenlange Monologe gehalten mit ewigen Widersprüchen. Klar, genau diese Widersprüchlichkeiten und das damit verbundene Gefühl der Haltlosigkeit soll vermutlich transportiert werden. Allerdings war mir das einfach zu lang.


    Das Schloss ist den zwischenmenschlichen Beziehungen und den Bemühungen K.s gewidmet, sich in die Gemeinschaft zu integrieren. Je mehr er sich bemüht, desto komplizierter werden die zwischenmenschlichen Interaktionen. Die Komplikationen potenzieren sich ins Unermessliche.


    Das Schloss mag für viele vielleicht angenehmer zu lesen zu sein aufgrund der vielen zwischenmenschlichen Beziehungen, auf die hier mehr Wert gelegt wird. Ich persönlich halte den Prozess für konsequenter und spannender zu lesen.

  • hallo, Herr Palomar,


    Zitat

    Da es sich um eine unvollendetes Werk handelt, ist mir unklar, ob man es zu Ende lesen muss bzw. ob man sonst etwas verpasst hat.


    kommt drauf an, wie weit Du gelesen hast :grin


    Das erste Drittel fand ich spannend. Danach bleibt das "Prinzip"dasselbe, weshalb ich es später so langatmig fand. Die zwischenmenschlichen Beziehungen ändern sich allerdings nochmal.


    Am Ende kommt eine neue Person ins Spiel, dort bricht das Ganze jedoch mitten im Text ab.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar


    Da es sich um eine unvollendetes Werk handelt, ist mir unklar, ob man es zu Ende lesen muss bzw. ob man sonst etwas verpasst hat.


    Kein Mensch muss müssen! :-)


    Aber ich möchte keine Zeile von Kafka missen! :anbet

    Man sollte nichts auf morgen verschieben, wenn man es genausogut auch übermorgen erledigen kann. (Mark Twain)

  • Ich finde es trotz nicht vorhandenem Schluss lesenswert... es wird ja vorher schon irgendwie immer krasser, man merkt schon, in welche Richtung es geht. Hätte trotzdem gern den Schluss gelesen - ich kann mir natürlich ganz gut vorstellen dass K. den bei Kafka recht gängigen Protagonisten-Tod gestorben wäre.
    Das Absurde liest man aus dem Schloß noch mehr heraus als aus anderen Kafka-Werken, gerade weil vieles nicht so auf den Punkt gebracht wird. Fasziniert hat es mich auf jeden Fall, auch wenn ich danach erstmal was ganz anderes lesen musste.

    "Ich bin dreimal angeschossen worden – was soll man da machen." (Robert Enke)


    "Accidents" happen in the dark.

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  • Typisch für Kafka hat "Das Schloß" eine sehr bedrückende Wirkung. Ich habe mich beim Lesen eigentlich fast die ganze Zeit unwohl gefühlt. Das ist wohl auch der Grund, weswegen ich, obwohl ich Kafka schätze, wohl nie zu einem richtigen Fan seiner Bücher werden könnte. Ich kann sie nur in Maßen genießen, hin und wieder mal ein Kafka zwischen anderen, weniger niederdrückenden Büchern...

  • Im Gegensatz zu anderen Lesern bin ich nicht der Meinung, dass sich Kafka im Schloß wiederholt - er variiert das Thema nur immer wieder neu und bringt in fast jedem Kapitel neue Aspekte. Spannend fand ich z.B. das ab Mitte bis zum Ende hin immer klarer wird, dass auch das Schloß sich vor Josef K. fürchtet (das 19. Kapitel, in dem die ganzen Beamten sich nicht aus den Zimmern trauen, um die Akten in Empfang zu nehmen und dadurch heilloses Chaos verursachen - und nur, weil Josef K., der nichtsahnend im Flur steht, als Beobachter zugegen ist ...).


    Das wirklich Geniale an dem Roman finde ich seine Interpretationsfreiheit - das Buch ist wie ein Rohrschach-Test, mit dessen Hilfe man mehr über sich selbst, seine Weltsicht und seine Denkgewohnheiten erfahren kann.


    Im letzten Kapitel werden so viele neue Themen angerissen, dass man, hätte Kafka das Werk vollendet, von einem wenigstens doppelt so langen Roman ausgehen kann.


    Ich will unbedingt empfehlen, das Buch freiwillig und entspannt anzugehen - es ist wirklich TOP witzig und unterhaltsam, aber man darf sich hier nicht zum Lesen zwingen.

    Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen, und es klingt hohl, ist das allemal im Buch?
    Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799)