Der blonde Eckbert - Ludwig Tieck

  • DER BLONDE ECKBERT von LUDWIG TIECK



    GESCHICHTE
    Der Ritter Eckbert lebt im Harz auf einer Burg zusammen mit seiner Frau Bertha. Eines Tages besucht ihn sein Freund Walther und Eckbert bittet seine Gattin, zu dessen Unterhaltung die Geschichte ihrer Kindheit zu erzählen. Sie hat bei einer seltsamen Greisin und magischen Tieren in einem Wald gelebt, bis sie davon lief und seit dem voller Schuldgefühle lebte.
    Nach diesem Abend zieht Walther sich mehr und mehr zurück, Bertha wird sehr krank.
    Wie hängt das alles zusammen?



    Diese relativ kurze Geschichte ist heute der Gattung Kunstmärchen zuzuordnen, erschien aber zuerst in einem Sammelband namens "Volksmärchen" (in dem übrigens auch "Der gestiefelte Kater" abgedruckt wurde, an welchem Märchen Tieck maßgeblich mitgeschrieben hat und welches wahrscheinlich sogar nicht mal ein Volksmärchen ist).



    AUTOR
    Ludwig Tieck (1773 - 1853) war ein Autor der Romantik. Eines seiner größten literarischen Vorbilder war Goethe. Als dieser sich zu dem "Blonden Eckbert" positiv geäußert hat, fühlte sich Tieck sehr geehrt.
    Allerdings war Goethe insgesamt aber eher nicht gut auf ihn zu sprechen, da Tieck zeitlebens versucht haben soll, dessen Stil zu kopieren. Da ihm dieses recht gut gelang, wurde desöfteren Tiecks Gabe zur Stilkopie mehr gelobt als seine Schriftstellerische Fähigkeit, die ihm sogar abgesprochen wurde.
    Neben seiner Autorentätigkeit war er Übersetzer von Shakespearestücken und unter anderem auch "Don Quijote".




    MEINE MEINUNG
    "Der blonde Eckbert" ist an sich ein interessanter Vertreter eines Kunstmärchen, dass man ruhig mal lesen kann, ist auch recht kurz.
    Insgesamt mag ich Tiecks Stil nicht besonders, er ist für mich einfallslos, einfach und irgendwie unausgeglichen. Irgendwie fehlt ihm der Geist, den Tieck gerne in ihm gehabt hätte.




    ÜBRIGENS
    Dieser Text und noch mehr von Tieck findet sich auch hier, beim Projekt Gutenberg

  • Sterntaler


    ich weiß nicht, wie Du das machst, aber Du steuerst zielsicher immer die besonders schwierigen Autoren an. Kannst Du nicht mal was Einfaches lesen, Goethe? Opitz? Hölderlin? Thomas Mann????
    :lache


    Tieck. Au. Eckbert. Noch 'Au'er.


    Kunstmärchen, ja. Sprachlich-stilistisch nicht meins, uneben, platt, kitschig, nein, doch, tief, tiefsinnig, konstruiert. Ganz eng zusammengestrickt, fremd, nicht ganz von dieser Welt. Vorgeblich einfallslos, wenn man Tieck nicht Tieck sein läßt (ich schaffe das nur mit Mühe, aber es muß sein!!)
    Man muß beachten, daß Tieck das Genre in Deutschland prägte, geradezu schuf. Er füllte Wörter wie 'Empfinden', 'innig', 'Gemüt' und andere dieser Art mit eigenem Inhalt.
    Er hat, beim genaueren Lesen, eine höchst beunruhigend dunkle Seite.
    In dieser für den heutigen Geschmack geradezu lässig dahingeschriebenen Geschichte wird mal soeben ein Kanarienvogel 'innig' erwürgt, ein Hund dem Verhungern preisgegeben, ein Freund erschossen. Da treten Figuren auf, die ihre Gestalt wechseln können. es ist völlig 'unvernünftig', gegen den Verstand.
    Es ist, ohne daß man es merkt, ein Eifersuchtsdrama, ein Inzestfall, eine Mordgeschichte. Es ist vor allem eine Geschichte über die Unfähigkeit zu vertrauen und über Schuld.
    Es sind ganz zentrale Motive der Romantik enthalten. Die 'neue Zeit' (worauf kann man überhaupt vertrauen? Auf Gott? Auf Menschen?), das Geheimnis des Lebens, die Brüchigkeit der Überzeugungen, Unsicherheit. Was treibt den Menschen?
    Es geht um Geschlechterverhältnisse - ein brennendes Thema damals.


    Es ist sehr eigen


    Tieck und Goethe, ja, es heißt, daß er Goethe nachgemacht haben soll.
    Ich selber glaube, daß man Tieck damit doch nicht gerecht wird. Wahrscheinlich müßte für ihn ein eigene Epoche geschaffen werden, der Frühromantiker, der kein Romantiker wurde, obwohl er die Romantik prägte, einer, der in der Klassik Biedermeier schrieb und im Biedermeier zur Klassik fand.
    Ein origineller Autor eben. :grin


    ('tschuldigung, mußte eben einen voll bescheuerten Schreibfehler korrigieren!)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Zitat

    Original von magali
    ('tschuldigung, mußte eben einen voll bescheuerten Schreibfehler korrigieren!)


    Sorry aber HAHAHA :lache :lache :lache
    Magali du bist echt zu klasse :knuddel1


    Tieck ist langweilig finde ich! Auch wenn er wohl die von dir genannten Begriffe prägte, so ist das der Romantik zuzuschreiben. Er hat den Anfang gemacht, ist ja logisch, dass seine Motive dann aufgegriffen wurden und weiterverarbeitet wurden, oder verstehe ich was falsch?

    Bücher sind nur große Briefe an Freunde. [Antoine de Saint-Exupéry]

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  • Nein, das siehst Du schon richtig mit dem Aufgreifen durch andere.


    Mir ging es nur darum, zu betonen, daß er ein sehr eigenständiger Autor ist. Immer anders als die anderen.
    Ich komme mit ihm sprachlich-stilistisch auch nicht ganz zurecht, abgesehen von Vittoria Accorombona, das einfach genial ist.
    Nein, lies es nicht, jedenfalls nicht jetzt, es ist irre zeitaufwendig und Du mußt Dich für den Kunstbegriff interessieren, u.a.
    Aber ich kenne seine Lyrik nicht und zu wenig Theoretisches. Seine Briefe sind recht witzig, war ein munterer Kerl, eben nicht so trocken, wie er in den Geschichten oft rüberkommt.
    Ich probiere es so alle paar Jahre mit ihm. Vor kurzem habe ich die Arbeiten von Marianne Thalmann über Tieck entdeckt. Sie leistet für ihn etwas das, was Wagenbach für Kafka erreicht hat.


    Ich schätze, so ihn zwanzig, dreißig Jahren, werde ich soweit sein, daß ich zumindest kapiere, was er will.
    Bis dahin: uff bis *örks* (um bott zu zitieren :lache)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Nein, lies es nicht, jedenfalls nicht jetzt



    :lache :lache :lache



    Zitat

    Original von magali
    Vor kurzem habe ich die Arbeiten von Marianne Thalmann über Tieck entdeckt. Sie leistet für ihn etwas das, was Wagenbach für Kafka erreicht hat.


    Ich merks mir mal, danke :write
    Aber ich glaube das dauert noch, gerade will ich mich nicht für Tieck interessieren :lache


    P.S. Ich gehe zu einer Lesung von Wagenbach hier in Braunschweig, ich hab keine Ahnung, was ich mir davon erwarte, außer, dass ich diesen Mann mal persönlich vor mir sehen will ;-)

  • Nach den ersten zwei Seiten dacht ich nur: och nö. Es fängt so nett nichtssagend an.
    Bisser mir dann mit den zwischenmenschlichen Sachen des Lebens anfängt: die Sache mit dem Drang, sich dem Freunde zu offenbahren, dem Misstrauen und seiner Self-fulfilling prophecy (überall ein Anzeichen), dem einfach irren Ende (als ob man den Wahnsinn in zwei drei Akkorde gepackt hätte und dann literarisiert) - mich hat der gute Ludwig umgehauen. Und das, obwohl ich nicht einmal unbedingt die Romantik so zu schätzen wusste, wie sie es anscheinend verdient.
    Mir gefiel das abgrundtief Bösartige, das sich so harmlos gestaltet. Eben zum Beispiel, dass dem Gockel ganz leicht und innig :lache der Hals umgedreht wird.
    Was mir aber wirklich gefiel, war wie angewandt auf gewisse geistige Strömungen man seine Geschichten lesen kann (denn beim blonden Eckbert blieb es am Ende nicht). Zum Beispiel: So wäre doch alles gut geblieben, wenn das Mädel nicht weggelaufen wäre (sie ist, was sie sein will - eine Prinzessin, weiß es nur noch nicht) - weil alles an seinem Patz ist (Sehnen ist verständlich, aber ansonsten bleib mal lieber auf der romantischen Schwelle stehen) und sein soll, ein Schicksalsbild, was uns heute fremd und vertraut zugleich ist.


    Wie man Tieck langweilig finden kann - lässt sich anscheinend nur mit der Lesart begreifen.