Frank Schulz: "Das Ouzo-Orakel"

  • Enttäuschte Erwartungen.


    Bodo Morten hat die Eremittage gewählt. Nach seinem Durchknallen am Ende von „Morbus Fonticuli“, dem vorangegangenen zweiten Teil der „Hagener Trilogie“, stand ein mehrmonatiger Aufenthalt in einem Sanatorium, und von dort aus ist er in ein winziges Dorf am Ionischen Meer gezogen, in die „Villa Arkadia“, ein einsames Haus an der Küste. Im Sommer schläft er am Strand, und er lebt nach einem festen Stundenplan, der das Erlernen der griechischen Sprache, dichterische Übungen und Dinge wie kontemplatives Strandharken enthält. Abends wird in die „Taverna Plaka“ eingekehrt, die Spyros der Jüngere und Spyros der Ältere betreiben, aber spätestens dann, wenn die Freunde und anderen Touristen in die „Bar Dionysos“ abwandern, um die Nacht zum Tag zu machen, überquert unser Held das kleine Flüßchen, wandert über die Hügel und zieht sich in sein Haus zurück. Alkohol und Frauen, jenen vermeintlichen Hauptursachen für „Morbus Fonticuli“, hat der rothaarige Bär von einem Mann abgeschworen. Seit vier Jahren schon lebt er dort, am Meer. Einmal im Jahr kommen die Freunde aus dem Kaff: Manu, Karin, Kolki und Satschesatsche. Sie saufen Ouzo, Morten Wasser.


    Da taucht plötzlich Monika auf, die sich eigentlich auf der Suche nach ihrem Mann befindet, der sich nach fast 25 Ehejahren von ihr getrennt hat. Es dauert ein bißchen, bis Manu, Karin und Bodo begreifen: Das ist die Monika, die ebenfalls aus dem Kaff stammt. Sie war Schützenprinzessin, Bodo ihr Schützenprinz – und bis über beide Ohren in sie verliebt. Trotz ihrer 42 Jahre ist sie nach wie vor eine Schönheit, und als sie die Suche unterbricht, um ein paar Tage mit den alten Bekannten zu verbringen, nimmt das Unheil seinen Lauf.


    Verdammt, habe ich mich auf dieses Buch gefreut. „Morbus Fonticuli oder Die Sehnsucht des Laien“ gehört meiner Meinung nach zum besten, was die deutsche Literatur in den letzten zwanzig, dreißig Jahren hervorgebracht hat. Schulz’ Humor und seine Sprachgewandtheit haben die knapp 800 Seiten des Vorgängers von „Das Ouzo-Orakel“ zu einer vortrefflichen, hochamüsanten und an keiner Stelle langweiligen Lektüre gemacht, deren Originalität und Intelligenz unübertroffen bleiben. Leider reicht der abschließende Band an keiner Stelle an die Qualitäten seines Vorgängers, selbst der erste Teil der Trilogie, „Kolks blonde Bräute“, wirkte krautiger, sympathischer, witziger und empathischer.


    Es gibt amüsante Stellen, wenn sich Bodo etwa mit dem „unvermeidlichen Sven“, einem Berliner Esoteriker, im fruchtlosen Disput um Themen wie Lichtnahrung oder Astrologie befindet. Einige Abschnitte sind von herzergreifender Schönheit, und die Stimmung im frühsommerlichen Dorf am Ionischen Meer wird nachgerade spürbar, wie auch alle Figuren akribisch und äußerst liebevoll gezeichnet sind. Aber Handlung und Entwicklung quälen sich ermüdend langsam dahin, bleiben ohne Überraschung, wirken zuweilen klischeehaft. Witz und Ironie muß man suchen – das Buch macht über weite Strecken einfach keinen Spaß. Und die zuweilen recht unmotiviert eingestreuten griechischen Dialoge nerven irgendwann.


    Nach „Morbus Fonticuli“ hatte ich mehr erwartet. Okay, ein mittelmäßiger Schulz ist immer noch um Welten besser als ein erstklassiger Schätzing beispielsweise. Aber trotzdem. Schade.