Don Quijote - Miguel de Cervantes

  • Zum Inhalt:


    Seit fast vierhundert Jahren zieht der „sinnreiche Junker“ Don Quijote, der Ritter von der traurigen Gestalt, durch die Weltliteratur, um seinen Idealen von Gerechtigkeit und Liebe zum Sieg zu verhelfen. Dem närrischen Abenteurer zur Seite steht der treue Knappe Sancho Pansa, dessen praktischer Lebenssinn den schönsten Kontrast zur Realitätsferne seines Herrn bildet. Außerdem ist wohl auch sein klappriges Pferd weltbekannt: der Rosinante :grin


    Wir begleiten Don Quijote auf seiner Reise immer im Zeichen des idealisierten Rittertums, die von den skurrilsten Begegnungen gekennzeichnet ist. Der Kampf gegen die „Riesen“ die eigentlich Windmühlen sind, dürfte wohl der bekannteste sein.


    Was witzig klingt, ist eigentlich eine literarische Parodie auf die Glorifizierung damaliger Ritterbücher. Zumindest war es ursprünglich mal so von Cervantes gedacht. Allerdings geht der Don Quijote weit darüber hinaus. Die Erzählung und die Charaktere wachsen, entwickeln sich und letztendlich verschmolz Cervantes sämtliche damals bekannten Erzählformen zu dem spanischen Roman, der auf die Schriftsteller, Komponisten, Maler und Illustratoren Europas bis ins 20. Jahrhundert hinein großen Einfluss ausübte.


    Zum Autor:


    Miguel de Cervantes Saavedra wurde am 29. September 1547 in Alcalá geboren und starb am 23. April 1616 in Madrid. Im Laufe seines abenteuerlichen und meist von Finanznot geprägten Lebens war er u. a. Soldat, Proviantkommissar der Armada und Steuereinnehmer, wurde bei Lepanto an der linken Hand verstümmelt, fiel algerischen Piraten in die Hände, aus deren Gefangenschaft er erst fünf Jahr später losgekauft wurde, und war mehrmals wegen Schulden im Gefängnis. Heute gilt er als einer der genialsten Erzähler aller Zeiten. Weitere Werke: Galatea (1585), Exemplarische Novellen (1613), Persiles und Sigismunda (1617).



    Meine Meinung:


    Literarisch meine bisher größte Herausforderung. Die Sprache ist sehr poetisch, einige Passagen sind in Gedichtform gehalten. Das Buch umfasst rund 1100 Seiten und es wiegt fast ne Tonne :lache Da man sich sehr konzentrieren muss beim Lesen, habe ich teilweise nur maximal 2 Kapitel am Stück lesen können. Den 2. Teil fand ich etwas flüssiger zu lesen und die Geschichte leichter verständlich. Ein großer Vorteil ist die Einteilung in viele kurze Kapitel, so dass man den Überblick gut bewahren kann.


    Ich habe, trotz aller Leseschwierigkeiten Don Quijote, Rosinante, Sancho Pansa und seinen „Grauen“ sehr ins Herz geschlossen. Das Buch hat mich über zwei Monate begleitet. Wie oft habe ich mich über die Dialoge zwischen Quijote und Pansa amüsiert. Allein deren Unterhaltungen sind es wert, das Buch zu lesen.


    Sehr gelungen fand ich die Verflechtung von Fiktion und Realität: der 1. Teil des Buches wurde herausgegeben, als der zweite Teil noch gar nicht geschrieben war; im 2. Teil begegnet Quijote daher immer wieder Personen, die den 1. Teil gelesen haben, er spricht mit ihnen darüber und die meisten kennen ihn im 2. Teil, er ist eine berühmte Persönlichkeit und wird in der Geschichte entsprechend behandelt.


    Außerdem waren nach dem 1. Teil Fälschungen im Umlauf, da man die Popularität des Buches für eigene Zwecke nutzen wollte. Da diese Geschichten nicht von Cervantes verfasst wurden, geht dieser spitzzüngig auf besagte Fälscher im 2. Teil ein und lässt auch seinen Helden entsprechend agieren: z. B. existiert eine gefälschte Geschichte, dass Quijote in Zaragoza eingekehrt sein soll, Cervantes lässt seinen Helden darüber sinnieren und Quijote macht dann extra einen großen Bogen um die Stadt, um besagten Fälscher Lügen zu strafen....das fand ich einen genialen Schachzug von Cervantes und diese Verwebung Fiktion/Realität halte ich für einen gelungenen Kunstgriff und hat mich sehr fasziniert.


    Ein Zitat aus dem Nachwort:


    „Der Don Quijote des Miguel de Cervantes scheint nun allerdings ein längst bekanntes, urvertrautes Buch zu sein. Aber ist er es denn wirklich? Kennt man ihn in der Mehrzahl nicht zumeist nur in verstümmelten Fragmenten, die einzelne Reize und Pointen herauslesen?“


    - So ist es...zumindest ging es mir so und ich bin erst mit anderen Erwartungen an das Buch herangegangen, man kennt eben die „Windmühlen“-Story :grin . Nein, es ist ein Buch, auf das man sich über einen längeren Zeitraum einlassen muss. Und es ist soviel mehr, als oberflächlich betrachtet eine skurrile, witzige Geschichte. Aber wenn man sich diese Mühe macht, begegnet man einem literarischen Meisterwerk und ich bin sehr froh, es gelesen zu haben. Ich kanns auf jeden Fall empfehlen, aber man sollte viel Zeit und Muße einplanen.

  • Oh Don Quijote will ich auch auf alle Fälle mal lesen. Wie du schon sagtest: man kennt nur die Windmühlen-Story, aber was hat es eigentlich mit Don Quijote auf sich? Eigentlich sollte dieses Thema Allgemeinbildung sein. Ich hatte es letztens sogar schon in den Händen, habe dann aber doch ein anderes Buch gekauft :-(
    Im Spanischunterricht haben wir mal eine Flamenco-Inszenierung von Don Quijote angeschaut. Das war aber eher anstrengend und unverständlich, was mich noch mehr dazu angespornt hat mal das Buch zu lesen.

  • Vielen Dank für diese sehr gelungene Rezension!
    Ich kenne nur den Film und hab sogar neulich überlegt, ob ich mal das Buch lesen sollte. Ich glaube, das behalte ich mir doch mal im Hinterkopf. Danke!

  • hallo Ihr, danke für Euer Interesse, hab schon befürchtet, dass die Rezi keiner liest, weil son mega-langer Text :wave


    Zitat

    Original von Morgaine
    Wie du schon sagtest: man kennt nur die Windmühlen-Story, aber was hat es eigentlich mit Don Quijote auf sich?


    hallo, Morgaine,


    ein Hauptthema bei Cervantes sind die Gegensätze zwischen Fiktion und Realität. Ich zitiere mal:


    "In Deutschland setzt eine intensivere Rezeption des Don Quijote mit Ludwig Tiecks Übersetzung (1799-1801) ein; gerade die Erzählkunst der Romantik ist ohne die im Don Quijote angelegten Erzähltechniken der Illusionsbrechung (der Konflikt zwischen Wirklichkeit und Literatur) und des Spiels mit der Literarisierung ("Buch im Buch") nicht zu denken. Ganz in diesem Sinne vertritt Hegel in seiner Ästhetik die These, daß Cervantes den Roman als eine in sich selbst gebrochene, ironische Form geschaffen habe und Lukács zeigt in seiner Theorie des Romans auf, wie der Don Quijote als erster bürgerlicher Roman die Sehnsucht des modernen Subjekts nach der untergegangenen Totalität des Epos widerspiegelt."
    (zit. aus http://www.uni-essen.de/einlad…n/lektuere/donquijote.htm )


    Ich glaube einfach, dass Cervantes für seine Zeit etwas völlig Neues geschaffen hatte: den ersten modernen Roman der Literaturgeschichte.


    Aber ich werd sowieso noch einiges an Sekundärliteratur hinzuziehen und kann dann bestimmt auch hier nach und nach was zum Hintergrund anfügen. Oder vielleicht kann ja auch eine andere Eule noch einiges hinzusteuern. Das Buch ist für mich noch lange nicht beendet, auch, wenn ichs jetz ausgelesen haben, es lässt mich nicht los, ich muss da auch noch mehr Hintergrundwissen zu sammeln :-)

  • Na, mina,
    wenn Deine Empfehlung ein 'megalanger' Text ist, wie bezeichnest Du dann Don Quijotes Geschichte? :lache



    Es ist äußerst empfehlenswert, aber es fordert ein besonderes Lesenverhalten. Obwohl es Geschichten gibt in der Geschichte, die man einfach so wegfrißt.


    Ich mußte zweimal anfangen, als ich es vor Jahren gelesen habe. Beim ersten Anlauf ging mir die Luft aus.
    Das kann aber auch an der Übersetzung gelegen haben, ich besitze nur die alte Tieck-Übersetzung und ich habe schon Probleme mit seinem Stil, wenn er als Tieck schreibt!


    Cervantes ist heutzutage anstrengende Lektüre, macht aber wirklich richtig Spaß, sobald man sich darauf eingelassen hat. Meine Ausgabe hat übrigens Bilder, irgendwelche Stiche aus dem 19. Jh. Sehr romantisch ;-)


    Elbereth
    Himmelfahrtsgruß
    Also DAS bringt mich ins Grübeln!!
    :grin

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ach magali, das war doch nur ein verdeckter Stich gegen den Vatertagsfred :grin


    Du brauchst Dir keine Sorgen machen, ich bin genauso ga ga wie immer :hop


    Es klärt sich grad ein wenig auf Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Zitat

    Original von magali
    Meine Ausgabe hat übrigens Bilder, irgendwelche Stiche aus dem 19. Jh. Sehr romantisch ;-)


    ja, in meinem Buch sind auch einige Stiche, magali. Der hagere Quijote mit dem zu engen Helm, eingepfercht und unbeweglich in der Rüstung auf dem klapprigen Rosinante sitzend und mit riesigen Gluppschaugen. Das Bild habe ich sofort wieder im Kopf und ich muss immernoch drüber schmunzeln :-]

  • Zitat

    Original von magali
    ich habe schon Probleme mit seinem Stil, wenn er als Tieck schreibt!



    Oh magali, wie Recht du hast... ich schreib heute abend mal eine Rezi zu "Der blonde Eckbert" und lass mich dazu dann dort mal aus.

    Bücher sind nur große Briefe an Freunde. [Antoine de Saint-Exupéry]

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  • Hatte auch die Tieck-Übersetzung. Ich kann sie auf keinen Fall empfehlen, da tw. wörtlich übersetzt und Wörter in Kontexte presst, die man nur versteht, wenn man auf das spanische Original zurückschließen kann.
    Das mit dem Leseverhalten möchte ich bestätigen. Episoden fand ich interessant, lustig und spannend, hab dann schonmal über 100 Seiten am Tag gelesen, tw. aber mal gerade ein Kapitel geschafft.


    Die Zeichnungen sind möglicherweise die von Pablo Picasso.


    Ein Buch, das man wirklich wollen muss, um es lesen zu können!

    "It is necessary to distinguish [...] between languages as such and their speakers. Languages are not hostile one to another. They are, in the contrast of any pair, only similar or dissimilar, alien or akin."
    -J. R. R. Tolkien, "English and Welsh"