Karthago brannte auch auf der Leinwand. Pompeji hat seine letzten Tage mehr als einmal erlebt, und das Römische Reich ist im Kino so oft wie kein anderes untergegangen. Nur den Krieg um die schöne Helena hatte Hollywood noch nicht dramatisiert. Das holte der deutsche Regisseur Wolfgang Petersen nun mit seinem 200-Millionen-Dollar-Monumentalfilm "Troja" nach.
Mit viel Getöse kommt das Epos am 13. Mai in die Kinos - auch als neuer Beweis dafür, dass der totgesagte "Sandalenfilm" im Zeitalter der digitalen Revolution eine Wiedergeburt erlebt. Nahezu 50 Jahre nach "Quo vadis?" mit Peter Ustinov und rund 40 Jahre nach "Ben Hur" mit Charlton Heston sowie "Spartacus" mit Kirk Douglas hatte "Der Gladiator" mit Russell Crowe für Hollywoods Rückbesinnung auf glanzvolle Zeiten des Historiendramas gesorgt.
Dass Homers "Ilias" so lange unberührt blieb, lag nicht allein am Nachdenken über die enormen Produktionskosten. "Da gibt es keine Nur-Guten und Nur-Bösen, das ist gar nicht amerikanisch", sagt der australische Star Eric Bana. "Amerikaner lieben Rachestorys", fügt Brad Pitt hinzu. "Aber 'Troja' zeigt: Wer blutige Rache nimmt, wird selbst schuldig." So mancher wird beim Schwerter-Showdown zwischen Bana als ehrenwertem Hektor und Brad Pitt als nachdenklichem Superkrieger Achilles nicht so richtig wissen, welcher von beiden sterben sollte.
Die beiden Helden haben sich für ihren Nahkampf - in putzigen antiken Miniröcken - nicht ein einziges Mal doubeln lassen. "Das war so riskant, dass unser Kampf erst zum Schluss gedreht wurde", erzählt Bana. Der Fight, der Monate lang einstudiert und von Choreografen bis ins letzte ausgefeilt wurde, könnte Kinogeschichte machen, ähnlich wie das Wagenrennen in "Ben Hur".
Ob die teure Verfilmung eines klassischen Stoffes, von dem viele wohl nur das trojanische Pferd in Erinnerung haben, finanziell ein nennenswerter Erfolg wird, bleibt abzuwarten. In den USA tritt "Troja" gegen das Fantasy-Effektenspektakel "Van Helsing" an, das zwar keine Seele hat, aber mit Hugh Jackman als Monsterjäger Action ohne Pause bietet.
Dagegen hat "Troja" eine Mixtur aus Leidenschaft, Pathos, großen Schlachtszenen und bewegenden Dialogen über Moral, Heldenmut, Ehre, Liebe und Unsterblichkeit zu bieten. Wohlweislich folgte Petersen aber dem Drehbuchautor David Benioff und begrenzte - anders als Homer - die Mythologie und die Mitwirkung der Götter auf ein Minimum.
Obendrein hat der Regisseur beim Casting sein Gespür für Massenwirkung in allen Altersgruppen walten lassen. Mädchenschwarm Orlando Bloom - der Elbe Legolas in "Herr der Ringe" - mimt den verliebten Paris. Und Pitt ist in Kampfszenen für die Herren und fast nackt beim Liebesakt für seine weiblichen Fans attraktiv.
Eric Bana, ebenfalls athletisch, gibt als ehrenwerter Prinz eine Identifikationsfigur. Bei Peter O'Toole als König Priamos kommen Freunde klassischer Schauspielerkunst auf ihre Kosten. Schwieriger als der Nahkampf war für Pitt die bewegende Szene, als Priamos an die Menschlichkeit des Achilles appelliert. Für eine Überraschung sorgt als schöne Helena die noch weitgehend unbekannte Deutsche Diane Kruger. Dass Petersen sie Superstars wie Julia Roberts und Nicole Kidman vorzog, macht die Helena-Rolle durchaus interessanter.
Erfolg wünscht "Troja" sogar die Konkurrenz, denn das Homer-Epos soll den Boden bereiten für weitere Historienfilme. Im Sommer will Produzent Jerry Bruckheimer "King Arthur" ins Kino schicken. Im Spätherbst soll Olivers Stones Film über Alexander den Großen starten. "Gladiator"-Regisseur Ridley Scott will 2005 Vin Diesel als Hannibal samt Elefanten auf die Leinwand bringen. Und Sean Connery soll die Hauptrolle in einem Epos über den Perserkönig Kyros spielen.
Ich freue mich schon auf den Film und werde sicherlich mal reingehen.