'Der Sohn des Tuchhändlers' - 001 - 154

  • Hallöchen,


    ich bin jetzt auch endlich dabei und möchte mich für den verspäteten Anfang entschuldigen, aber Konfirmation vom Bruder geht doch vor :-)


    Ich habe heute mittag mit dem Buch angefangen und es ging mir anfangs ähnlich wie Branka, es zog sich sehr und zog mich erst etwas später in den Bann, jetzt liest es sich flüssig und ist interessant.
    Meine Lateinkenntnisse reichen so gerade für den Hausgebrauch und somit für eine sinngemäße Übersetzung.
    In letzter Zeit habe ich mehrere Bücher gelesen, die in der Ich-Perspektive geschrieben waren und ich finde dies immer besser! Peter Bernward war mir schon im ersten Buch "Der Tuchhändler" sehr sympathisch und ich bin froh, dass ich wenigstens das erste Buch vorher gelesen habe, so sind mir doch viele Personen und Zusammenhänge bekannt.
    Der Prolog verspricht wirklich eine spannende Geschichte und das Buch hält dies Versprechen auch!
    Wenn ich Paolo mit heutigen achtjährigen vergleiche, und mir vorstelle, dass diese eine Ausbildung machen sollten - oh weh. Paolo ist eine ganz ganz tolle Figur, der ist dir sehr gut gelungen, Richard!
    Zum Erzählstil muss ich Prisca 100pro zustimmen, der Erzählstil hat sich um Klassen gebessert!


    So, jetzt lese ich mal weiter!
    Bibi

  • Liebe Rosenstolz,


    Unschlitt oder Talg wird aus Rinder- oder Hammelschlachtteilen hergestellt und ist eigentlich Körperfett. Unschlittkerzen waren die billigere Alternative zu Wachskerzen und bildeten neben Öl- oder Tranlampen die hauptsächliche Beleuchtungsquelle immer dort, wo man sich nichts anderes leisten konnte (also fast überall). Entsprechend ihrer Herkunft rochen und russten Unschlittkerzen ziemlich stark, ein Duft, der auch damals offenbar als unangenehm empfunden wurde, weil man des öfteren in Briefen oder Chroniken Einlassungen darüber findet.


    Freut mich, wenn Du mit dem Buch langsam warm wirst... ich hoffe, Dich im weiteren Verlauf der Handlung nicht zu enttäuschen. :-)


    Viele Grüße
    Richard

  • Liebe Milla,


    danke für die Blumen bezüglich des Tricks mit "Was ich viel später erfuhr". :-)


    Bei einem der Peter-Bernward-Bücher, DIE SCHWARZEN WASSER VON SAN MARCO, hatte ich besondere Probleme mit der Erzählperspektive. Die einzelnen Geschehnisse, die sich zu dem Fall verdichten, in dem Peter in Venedig ermittelt und die sich quasi vor dem Beginn des Romans ereignen, sind recht komplex. Während des Schreibens wurde mir klar, dass Peter einen Teil dieser Entwicklungen kennen muss, um weiter nachforschen zu können. Ich kam schließlich auf den Einfall, ihn ein Gespräch belauschen zu lassen, dass Paolo Calendar, der Geheimpolizist, mit dem Sklavenhändler Barberro führt. In diesem Gespräch erweist es sich, dass Calendar schon einiges von den Machenschaften Barberros und seiner Geldgeber herausbekommen hat, ohne dass Peter in diese Entdeckungen involviert gewesen wäre. Diese Kenntnisse teilt Calendar nun unfreiwillig mit Peter, der mit einem Ohr an der Luke von Barberros Schiff hängt und den Lauscher an der Wand spielt.


    Viele Grüße
    Richard

  • Zitat

    Original von Richard Dübell


    Freut mich, wenn Du mit dem Buch langsam warm wirst... ich hoffe, Dich im weiteren Verlauf der Handlung nicht zu enttäuschen. :-)


    Viele Grüße
    Richard


    Ja, das Buch liest sich immer besser. Ich bin jetzt mit deinem Schreibstil vertraut und Peter Bernward gefällt mir auch sehr ( auch wenn ich immer wieder mal Pater Bernward lese :grin ).
    Auch Paolo und Daniel sind sehr sympathisch.
    Ebenfall positiv aufgefallen ist mir der immer wieder auftauchende Humor in deinen Beschreibungen. Ganz klasse. :anbet

  • Liebe Kleine Bärin,


    ich pflichte Dir von ganzem Herzen bei, was Fremdsprachen in wichtigen Handlungspassagen betrifft (altbekanntesParadebeispiel: DER NAME DER ROSE, wenngleich man diese Buch ja eigentlich nicht als Vergleich mit belletristischen Werken heranziehen darf, da es eher eine philosophische Abhandlung in Krimiverkleidung darstellt). Die Kapiteleinleitungen im SOHN DES TUCHHÄNDLERS haben rein gar nichts mit der Handlung zu tun, eher mit der allgemeinen Atmosphäre des Buches und mit seinem Thema - der Tag des Zorns, an dem der Richter kommen wird. Der Text stammt aus einem Requiem, was mir ganz passend erschien, und findet außerdem in Auszügen Anwendung in den Chorstücken des Soundtracks zu DER GLÖCKNER VON NOTRE DAME.
    Es entgeht Dir keinerlei Information, wenn Du die Texte nicht liest oder zu übersetzen versuchst. Sie sollen einfach nur Atmosphäre schaffen.
    Ich werde aber auf jeden Fall noch eine Übersetzung hier nachliefern, wenn's bei mir wieder ein bißchen ruhiger ist.


    Paolos leibliche Mutter ist die venezianische Kurtisane Fiuzetta, sein leiblicher Vater der Kaufmann Fabio Dandolo. Sie spielen beide in DIE SCHWARZEN WASSER VON SAN MARCO wichtige Rollen.


    Viele Grüße
    Richard

  • Danke Richard!
    Deine Erklärung zu Paolos Eltern machen mich auch auf "Die schwarzen Wasser..." neugierig.


    Die lateinischen Sprüche werde ich mir auch nochmal übersetzen. Hier in der Leserunde gab es ja einen Link dazu (von magali).


    Was ich sehr erstaunlich finde ist die Tatsache, daß eine polnische Stadt einen deutschen Rat hatte und die Polen nicht sehr viel zu sagen hatten.
    In Wikipedia habe ich gelesen, daß es eine polnisch-litauische Union gab. Ist Weigel ein Litauer? Sein Deutsch ließ mich dies vermuten (ich hoffe ich habe nicht drüber weggelesen).

  • Im Vergleich zu "Der Tuchhändler" liest sich "Der Sohn des Tuchhändlers" ganz anders, der Schreibstil hat sich wirklich total geändert, es ist flüssig, spannend und richtig witzig geschrieben, hier hast du einen gelungenen Wandel erfahren, lieber Richard :-]
    Paolo ist total goldig, der erinnert mich total an meinen kleinen Bruder, als er in dem Alter war! Klasse!
    Wie schon gesagt, das Buch lässt sich sehr flüssig lesen und die Personen sind sehr gut beschrieben!
    Jetzt habe ich auch endlich den ersten Teil fertig und werde gleich weiterlesen!


    Was ist denn eigentlich Lemberg für eine Stadt heute?


    Bianca

  • Ich habe nun endlich das Buch in Händen, nachdem das Lesexemplar verschütt gegangen ist.
    Danke an Wolke, daß sie sich noch mal dafür bemüht hat!! :knuddel1


    In der Zwischenzeit habe ich den Tuchhändler gelesen - ist tatsächlich nicht UNBEDINGT nötig, aber besser, wenn man ein paar Informationen hat, danke, Richard, war genauso, wie Du gesagt hast!
    Die Lektüre von TUCHHÄNDLER Habe ich auch nicht bereut, schönes Buch.


    Ich mochte Peter Bernward als Protagonisten sofort und habe mich gefreut, ihn jetzt wiederzutreffen. Ja, er ist lockerer, ich führe das auf Janas Einfluß zurück. ;-)


    Ich habe nichts gegen Prologe, die kommen ja bei den besten Schriftstellern vor ;-). Bei Krimis ist es mir aber lieber, wenn sie kurz sind. Der hier ist kurz.
    Und spannend. Ein echter Teaser.
    Der Einstieg hat mir gefallen.
    Ist die Geschichte mit dem Bettler echt? Klingt so...


    Stutzig machte mich die 'Staffelei', auf der Avellino steht. ????
    Ich kenne das nur vom Malen.


    Die Dialoge sind flott, Chandler? Aha. :grin
    NICHT mein Autor, ich mag Hammett lieber. Ja, das sind zwei Paar Stiefel.


    Es paßt aber zum Erzähltempo. Das hat mir gut gefallen. Von Anfang an spannend.
    Die Gefahr wird schon untergründig sichtbar, die angespannte Stimmung ist da, die Motti passen auch gut.
    Durchdacht.


    zu Peter und Jana:
    Männer, die zu Frauen sagen: Du bist schön, wenn Du Dich aufregst, sind bei mir SOFORT tot. Ich wundere mich, daß Jana ihm nicht mit einem von den Brettern nachgeht. :grin
    Im Rückblick habe ich es als Zeichen der gestörten Beziehung zwischen den beiden interpretiert. Sie scheinen nicht so recht zu wissen, wie sie miteinander umgehen sollen?
    Paolo ist mir eine Spur zu süß, die Erwachsenen kommen dafür doppelt so gut an.
    Ich bin so schnell in das Geschehen gerutscht, daß ich die ersten siebzig Seiten ein zweites Mal lesen mußte, sonst hätte ich nicht kapiert, was GENAU passiert.


    Bis jetzt gefällt es mir sehr gut. Die alten Monatsangaben passen, die Details des Alltagslebens sind wunderbar glatt eingefügt, die flotten Dialoge kommen gut, die Charaketer überzeugen. Samuel ist ein echter Wurf.



    @Richard
    Hast Du zu Stoß Biographien gelesen oder ist die Charakterisierung von Dir?


    Bei den Musikinstrumenten: Hümmelchen?
    Und bei der städtischen Topographie: Wawel?


    Du hast 'einfache' polnische Namen gewählt. Wären Hinweise zur Aussprache nicht trotzdem nützlich gewesen?

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Entschuldigt bitte, dass ich so spät erst in die Leserunde einsteige. Ich habe das Buch in den Ferien gelesen - und bin es am letzten Tag sofort losgeworden. Ein Mann hat mich immer wieder auf dieses Buch angesprochen, hat sich als harter Dübell-Fan geoutet, dem im Urlaub der Lesestoff ausgegangen war. Naja, nun ist das Buch also in Regensburg.


    Der Einstieg in die Geschichte gelang gut, doch habe ich sehr lange gebraucht, um zu begreifen, wer der Tuchhändler und wer der Sohn des Tuchhändlers ist. Vielleicht liege ich aber auch falsch. Der Peter ist der Tuchhändler, nicht wahr? Im Roman war er immer als ehemaliger Augsburger Ermittlungsbeamter genannt. Und der Sohn ist demnach Paolo?, oder?


    Dann hat mich die Geschichte mit der Vergewaltigung sehr an Tom Wolfes Roman "Ein ganzer Kerl" erinnert.


    Begeistert war ich von den Beschreibungen des spätmittelalterlichen Lebens in Krakau.
    Ein bisschen haben mich die Cliffhangern irritiert. Es baute sich eine ungeheure Spannung auf - und die Auflösung kam dann ganz undramatisch daher.


    Alles in allem: Ich habe die ersten 150 Seiten mit viel Freude an der Sprache und den Bildern und mit Spannung gelesen.

  • Jetzt bin ich auch mit dem ersten Teil durch. Ich bin sehr gut in das Buch reingekommen. Die vorhergehenden Bücher habe ich nicht gelesen, aber der Geschichte konnte ich bisher trotzdem gut folgen. Ich denke, man kann das Buch auch gut als Einzelband lesen, einiges erklärt sich ja im Text.


    Atmosphärisch gefällt mir der Roman - schön dicht, die Beschreibungen sind sehr anschaulich, kleine Einzelheiten des Alltags gut in die Geschichte eingefügt. Auch die Stimmung mit der Vorahnung drohender Gefahr ist gut rübergebracht, die Handlung bisher sehr spannend aufgebaut.

  • Liebe Kleine Bärin,


    die wirtschaftlich-politische Macht lag seinerzeit tatsächlich in den Händen der Patrizier deutscher Herkunft; für den Roman habe ich die Verhältnisse aber ein wenig dramatischer wiedergegeben, als sie in Wirklichkeit waren.


    Weigel ist ursprünglich deutscher Herkunft. Ich habe ihn so sprechen lassen, wie eine Bekannte von mir spricht, die aus den ehemaligen schlesischen Gebieten stammt. Ihre (und Weigels) manchmal eigenwillige Grammatik kenne ich übrigens auch von der Großmutter meiner Frau, die ebenfalls aus einem Gebiet an der heute tschechisch-polnischen Grenze stammt.


    Liebe Grüße
    Richard

  • Liebe magali,


    Avellino steht auf einem wackligen Teil, für das mir kein besserer Ausdruck als Staffelei eingefallen ist. Stell dir eine auf der einen Seite nach oben enger werdende Leiter vor, die auf der anderen Seite mit einem Fuß abgestützt ist. Wahrscheinlich hat er sie aus dem Dom; ich habe schon Kirchendiener auf so einem Ding stehen sehen, wenn sie versuchten, weit oben hängende Lampen anzuzünden.


    Die Geschichte mit dem Bettler ist erfunden, hätte aber natürlich so passieren können. Sie nimmt die Entwicklung, die die Dinge für eine der Figuren nehmen, vorweg - alle Versuche, die beginnende Katastrophe einzudämmen, machen diese nur noch schlimmer, und aus einem kleinen Fehler wird zuletzt das große Chaos.


    Peter ungeschickten Chauvi-Spruch hast Du richtig interpretiert - zu diesem Zeitpunkt ist das Verhältnis zwischen beiden schon so verfahren, dass Peter nur dieser verkrampfte Spruch einfällt. Nicht, dass Peter nicht ab und zu auch mal in friedlichen Zeiten nicht um ein bereitstehendes Fettnäpfchen herumkommt...


    Ich habe ein paar Essays zu Veit Stoß gelesen, ohne mich zu tief in seine Person eingearbeitet zu haben. Einiges von meiner Charakterisierung habe ich aus diesen Beschreibungen abgeleitet, anderes habe ich ihm untergeschoben, weil es zu seinem Anteil an der Romanhandlung passte. Sein Aussehen habe ich von einem alten Stich.


    Ein Hümmelchen ist eine Art Dudelsack mit nur einer oder zwei Pfeifen.


    Der Wawel ist der schroffe Hügel direkt außerhalb der damaligen Krakauer Stadtmauern, auf dem die Königsburg erbaut ist.


    Ein Hinweis zur Aussprache der polnischen Namen hätte in ein Glossar gemusst, und ich bin - bei belletristischen Werken - ein Feind von Glossaren; oder gar von Fußnoten im Stil von Karl May (es gibt nur einen Autor von Belletristik, bei dem Fußnoten tatsächlich eine Bereicherung des Textes darstellen: Terry Pratchett). Es ist ja für die Story an sich belanglos, ob die Leser die Namen richtig aussprechen können... denke ich...


    Liebe Grüße
    Richard

  • Liebe Ines,


    Respekt - tatsächlich hat mich EIN GANZER KERL teilweise inspiriert. Als ich das Buch las, dachte ich darüber nach, was man aus der Vergewaltigungsgeschichte noch machen könnte und in welche andere Richtung sich diese Sache entwickeln könnte. Irgendwann kam mir dann die Idee, dies in DER SOHN DES TUCHHÄNDLERS einzuarbeiten.


    Letztlich stehen wir alle auf den Schultern derer, die größer sind als wir... :-)


    Liebe Grüße
    Richard