ZitatOriginal von Katja
Sagt mal, antwortet Ihr Ex Mann auch mal- oder schreibt sie das ganze Buch durch die Briefe?
Ich will nicht zu viel verraten, aber vielleicht so:
Er ist verhindert zu antworten.
Viel Spaß beim Weiterlesen, Katja!
ZitatOriginal von Katja
Sagt mal, antwortet Ihr Ex Mann auch mal- oder schreibt sie das ganze Buch durch die Briefe?
Ich will nicht zu viel verraten, aber vielleicht so:
Er ist verhindert zu antworten.
Viel Spaß beim Weiterlesen, Katja!
Ich habe das Buch gestern Abend ausgelesen, und nach dem Schluß erstmal einige Tränen vergossen. Selten hat mich ein Buch so mitgenommen, wie dieses.
Nun habe ich derzeit extremen Schlafdefizit und muß nochmal nachfragen:
Mir fehlen noch die richtigen Worte. Mich hat noch nie ein Buch zu gleichen Teilen so sehr abgestoßen und angezogen wie dieses. Es sollte zur Pflichtlektüre in Schulen werden. Ein großartiges, erschreckendes Buch.
Nur soviel im Moment:
Ich lese es grade und bin ergriffen!
Später dann mehr.
Ich habe selten ein Buch gelesen, das mich so bewegt hat. Kevin beschäftigt mich seit der Lektüre immer wieder und man muss sich einfach über das Gelesene austauschen.
Kevin hat an seiner Schule einige Menschen ermordet, nun zeichnet seine Mutter seinen Werdegang in zahlreichen Briefen an ihren Mann nach, erzählt, wie Kevin zu dem wurde, was er heute ist. Eva, seine Mutter, ist sehr mutig, sehr selbstreflektiert und
Das Buch ist emotional, erschreckend, einzigartig und einfach empfehlenswert. Es ist keine leichte Lektüre für Zwischendurch, aber es lohnt sich trotz alledem.
Ich habe jetzt nicht alle Antworten gelesen, aber kennt in diesem Zusammenhang jemand "Das fünfte Kind" von Doris Lessing?
Das müsste man, wenn einen "Kevin" beschäftigt hat, nämlich dringend lesen.
Finde ich.
Ansonsten war "Wir müssen über Kevin reden" definitiv eines der Highlights bis jetzt in diesem Jahr. Wenn auch stellenweise etwas too much (vorallem wenn man selbst Kinder hat, glaube ich).
Mich beschäftigt es auch immer noch. Leider hab ich im Bekanntenkreis (mit Kindern) in letzter Zeit oft gehört, nein sowas kann ich mit Kind nicht lesen. Aber ich finde GERADE dann sollte man es lesen.
Der 15-jährige Kevin Khatchadourian tötet in der Turnhalle seiner Schule mehrere Mitschüler und Lehrer. Der wird verurteilt. In dem Buch schreibt seine Mutter an seinen Vater Briefe, in der Hoffnung Antworten zu finden.
Anfangs fand ich das Buch zäh und schleppend. Evas Leben und ihre Gedanken werden in Briefform geschildert. Angefangen bei der Geburt ihres Sohnes bis hin zu den Morden. Es handelt sich hierbei um ein fiktives Buch, also kein Tatsachenbericht. Trotzdem kann man sich gut in die Geschichte einfinden, fühlt mit. Es ist kein einfaches Buch, teilweise musste ich es wirklich beiseite legen, aber auf jeden Fall denkt man noch lange über das Geschriebene nach.
Ich habe das Buch gestern auch ausgelesen und muss sagen: es war ein Erlebnis. Wenn auch ein aufwühlendes Erlebnis, und ich finde es schön, dass hier schon so intensiv darüber geredet wird, und zwar nicht über die Morde, sondern wirklich über die Person Kevins, denn darüber lohnt es sich wirklich zu reden. Ich glaube, ich muss das erstmal ein bisschen sacken lassen, es gehört aber eindeutig zu den absoluten Highlights für dieses Lesejahr.
Liebe Grüße
Juliane
Briefromane fasse ich eigentlich nicht einmal mit der Kneifzange an. Es hat sich mir nie erschlossen, welche besondere Funktion dieses Stilmittel haben soll, zumal es meist sehr unglaubwürdig eingesetzt wird - die Briefe in solchen Büchern lesen sich nie wie solche, die echte Menschen tatsächlich verfasst haben könnten.
Eva schreibt Briefe an ihren Ehemann, und in diesen Briefen thematisiert sie die Ehe, die Vorgeschichte dieser Ehe, ihre Wünsche und Träume, ihre eigene und die gemeinsame Geschichte. In der Hauptsache jedoch geht es um Kevin, den Erstgeborenen, der keinesfalls ein Wunschkind war, jedenfalls aus Evas Sicht, und der sich nach und nach als bösartiger Mistkerl herausgestellt hat. Kevin hat es bereits als Kleinkind verstanden, Eva in die Enge zu treiben, sie zu verängstigen und zu verletzen, und als er älter wurde, weitete er diese Eigenart auf sein gesamtes Umfeld aus. Aber der Ehemann wollte nicht wahrhaben, wes Geistes Kind der Sohn war, und so führte das wenig traute Familienleben schließlich in die Katastrophe: Kevin richtete ein Massaker an der Schule an, einen jener Amokläufe im Stil von "Columbine". Während Eva die Briefe schreibt, sitzt der Junge im Gefängnis. Wo der Vater und die später - zu Evas großem Glück - geborene Tochter sind, erfährt der Leser erst am Schluss. Als eine Art Pointe, wenn man so will.
Über dieses wortmächtige und manchmal sehr intellektuelle Buch ist viel gesagt worden. Ich glaube nicht, dass es sich um einen Roman über Kindesentwicklung, Erziehung oder ähnliches handelt, und es ist auch keine Parabel auf die amerikanische Gesellschaft. "Wir müssen über Kevin reden" ist in erster Linie ein sehr cleverer Thriller, in dessen Vordergrund jene Frau steht, die als einzige erkannt hat, welche Gefahr bevorsteht, ohne auch nur die Chance zu haben, einzuschreiten. Die Angst vor dem Unausweichlichen, das dem Leser - jedenfalls teilweise - längst bekannt ist, schwebt über der nicht immer spannenden Handlung, die Unfähigkeit des Ehemannes, der in seiner aufgesetzten Liebe zum missratenen Kind zu keinem Blick über den Tellerrand fähig ist, stellt den Widerpart dar.
Eva, ihr Mann und Kevin sind fiktive Figuren. Der Sohn, der das Böse verkörpert, oder es zumindest verinnerlicht hat, die hilflose Karrierefrau, gefangen in einer mediokren Vorstadtwelt, der betriebsblinde Ehemann - all das liest sich gut, ist sprachlich exzellent aufbereitet, nur manchmal etwas langatmig und am Ende vielleicht ein wenig zu effektheischend. Aber es ist ein Roman, kein Tatsachenbericht, keine Biographie. Es ist eine originelle Aufarbeitung der Thematik, einer Thematik, die manchmal ein wenig diffus wirkt, sich aber keinesfalls auf Schlagwörter wie "Erziehung", "Waffenbesitz" oder "Highschool-Massaker" eindampfen lässt. Ein gutes Buch, obwohl es ein Briefroman ist, oder vielleicht genau deswegen, aber nicht mehr und nicht weniger. Empfehlenswert, ja, aber nicht wirklich ein Beitrag zu irgendeiner tagespolitischen Diskussion.
Ich lese es gerade, zuvor stand es ewig hier im SUB und ich mußte mich zwingen zu dem Buch zu greifen. Ich bin bei diesem Thema verständlicherweise ein wenig ähm.....resolut und vorbelastet.
Nun habe ich die ersten 100 Seiten hinter mir und bin überrascht, wie nachvollziehbar und verständlich sich mir die Gefühlswelt erschließt.
Mich packt keineswegs, wie ich eigentlich erwartet hatte, die Wut auf diese Mutter, die offensichtlich nicht in der Lage war ihr Kind zu einem "guten" Kind zu erziehen, sondern ich fühle ihr und vieles was sie schreibt, entspricht einfach meinen Gedanken im Bezug auf das Kinderkriegen....
Ich bin gespannt, wie ich am Ende da stehe.....
DIESEN SPOILER HIER BITTE UNTER KEINEN UMSTÄNDEN LESEN, WENN IHR DAS BUCH NOCH NICHT BEENDET HABT!
EDIT:
So bin nun durch und leider entsprach der vermutete Spoiler da oben von mir ja der Wahrheit, was mir ein wenig den Überraschungseffekt nahm, das hätte sie etwas mehr vertuschen können, finde ich.
Ansonsten ist das sprachlich auf jeden Fall ein recht anspruchsvolles und ansprechendes Werk. Shriver taucht ab in die gut gehüteten negativen Gefühle, die wohl jede Mutter gegenüber ihrem Kind irgendwann mal verspürt, nur dass es bei ihr halt Dauerzustand ist.
Das Ende fand ich dann doch ein wenig überraschend, wenn auch authentisch.....allerdings einen Tick zu weichgespült. Dafür auch nur 9 und nicht 10 Punkte. Das ging mir zu glatt.....aber sonst wirklich mitreißend und genial.....
ZitatOriginal von Tom
Empfehlenswert, ja, aber nicht wirklich ein Beitrag zu irgendeiner tagespolitischen Diskussion.
Vielleicht kein Beitrag zur Tagespolitik, aber ein großer Erfolg, wenn Menschen solche Aha - Erlebnisse bei der Lektüre haben:
ZitatOriginal von Babyjane
Mich packt keineswegs, wie ich eigentlich erwartet hatte, die Wut auf diese Mutter, die offensichtlich nicht in der Lage war ihr Kind zu einem "guten" Kind zu erziehen, sondern ich fühle ihr...
Grad am ständig für ihre Kinder Verurteiltwerden tragen Eltern schwer, und da transportiert das Buch schon einen wichtigen Aspekt, nämlich dass sich nicht immer alles mit guter Willenskraft so gestalten lässt, wie es der Gesellschaft passt.
Ich konnte mit diesem Roman leider nichts anfangen.
Ich habe merhfach angefangen, mehrfach abgebrochen.
Den letzten Versuch unternahm ich vor drei Tagen, im Hinterkopf Toms höchst hilfreiche Kritik, daß es sich um einen guten Thriller und nicht um einen Beitrag über gewalttätige Jugendliche handle.
Aber es ging nicht.
Ich habe nur knapp die Hälfte geschafft, dann quer gelesen und die letzten dreißig Seiten überflogen.
Es ist gut formuliert, aber zugleich geschwätzig. Die Handlung war für mich schleppend.
Das schlimmste aber war, zu meiner eigenen Schande, ich gebe es ja zu, daß mir Eva immer unsympathsicher wurde. Für mich wurde sie zu einer Frau, die einem Kind ihre Ansichten überstülpen wollte, aber nie gefragt hat, ob die Ansichten richtig sind.
Ich kann es nicht erklären, aber ich stand von Anfang an auf Seiten Kevins. Mit Eva als Mutter wäre ich sehr unglücklich geworden.
Bitte nicht mißverstehen, ich gebe ihr nicht die Schuld. Die 'Schuld' hat die Autorin, weil sie die Geschichte so aufgebaut hat.
Mir ging Eva nur schrecklich auf die Nerven. Den Ehemann habe ich kaum wahrgenommen, anwesend/abwesend, er bekam keine Konturen. Die einzige, für die ich mich wirklich erwärmen konnte, war die kleine Schwester.
Daß Kevin mit einem so mörderischen Charakter ausgestattet wurde, hat mir gar nicht gefallen. Das war dann einfach nur noch Thriller.
Vielleicht wäre weniger mehr gewesen, aber diese Kontinuität in seinem 'bösen' Verhalten hat mich nicht überzeugt. Ich habe Eva nur noch mißtraut.
Auch wenn mir der Umstand, daß Mütter offenbar unverändert verdrängen müssen, wenn sie ihr Kind nicht mögen, ein gewisses Mitgfeühl entlockt hat.
Das Thema stammt allerdings nicht von gestern.
Sicher geht ein Gutteil der Wirkung und des Lobs für das Buch darauf zurück, daß die Autorin ein paar Heilige Kühe von der Weide holt. Nur, wie gesagt, es sind wohlbekannte Kühe.
Für mich hat David Klass das Problem in seinem Jugendbuch Wenn er kommt ... besser und vor allem kürzer dargestelt. Auch wenn ich mit seiner Lösung nicht einverstanden bin.
Der Roman hier ist möglicherweise wirklich ein guter Thriller, aber sicher nicht mein Buch.
Falls jemand am englischen Original interessiert ist, PN an mich. Ich gebe das Buch gern weiter.
magali
edits: Versuche, zu amazon zu verlinken, scheitern zur Zeit, Entschuldigung!
Ich war von diesem Büch überhaupt nicht begeistert. Es war über sehr sehr lange Strecken extremst langweilig und zäh geschrieben. Die Autorin kam ständig vom Hundersten ins Tausende und wieder zurück, oftmals ohne Zusammenhang. Hätte sie sich auf das Wesentliche beschränkt wären meiner Meinung nach von den 560 Seiten nur noch knapp 200 brauchbare Seiten übrig geblieben. Dabei hätte man aus diesem Thema so viel mehr machen können. Schade
5 von 10 Punkten
Also ich finde das hört sich ja echt gut an. Außerdem ist es ja eine interessante und (leider) auch ziemliche aktuelleThematik....
Irgendwo (nicht hier) hab ich in den letzten Tagen von dem Buch gelesen. Hat mich schon irgendwie interessiert...ich setz das mal auf die Wunschliste
Ich habe den Roman vorgestern zu Ende gelesen.
Vorher hatte ich ziemlich hohe Erwartungen, denn es wurde ja meist nur Gutes über das Buch berichtet, dementsprechend war ich ziemlich gespannt.
Ich muss einigen meiner Vorposter in dem Punkt Recht geben, dass es ein wenig schleppend voran geht. Für die Tat und die eigentliche Handlung ist es sicher wichtig zu wissen, wie Kevins Kindheit aussah, wie der Alltag innerhalb der Familie aussah. Das erzählt die Mutter, Eva, ja auch. Jedoch wirkt es meist wirklich sehr geschwätzig, es werden Dinge erzählt, die eigentlich ziemlich unwichtig sind, und man hat Mühe, konzentriert zu bleiben und weiter zu lesen.
Das Ende hat mich wehmütig gestimmt, es war irgendwie ziemlich traurig.
Was ich dem Roman unbedingt zu Gute halten muss, ist, dass es sprachlich wirklich auf hohem Niveau verfasst wurde.
Alles in allem würde ich sagen, es ist trotz der Geschwätzigkeit, die ab und an mal aufkommt, doch lesenswert und regt zum Nachdenken an.
Unbedingte Mutterliebe, ein Satansbraten und väterlicher Opportunismus
28 Briefe schreibt Eva Katchadourian. 28 Briefe, in denen sie erklärt, rechtfertigt, argumentiert, warum ihr Sohn Kevin mehrere Menschen in einem Schulmassaker tötete.
"Alles hängt davon ab, wie sehr Menschen es mögen, hier zu sein, einfach am Leben zu sein. Ich glaube, Kevin haßte es."*
Gedanken werden wach, an Luke Woodham, Michael Carneal, Kip Kinkel, Dylan Klebold und Eric Harris. Und doch ist Kevin anders. Sie sieht in ihm die Inkarnation des Bösen; sie sieht in ihm ein Produkt der eigenen Verweigerung von Mutterliebe, ein Produkt der eigenen Hoffnungslosigkeit und Konfilktlosigkeit durch und vom Vater, immer darum bemüht das heile, amerikanische Familienbild zu wahren. Zeichen, Warnungen, selbst Hinweise von anderen Eltern und Lehrern werden als ‚üble Nachrede‘ abgewertet. Porträtiert wird hier nicht eine im Proletariat lebende Familie, ohne finanzielle Mittel, ohne berufliche Perspektiven. Illustriert wird kein Teenager, der Mobbing, Misshandlung oder Missbrauch ausgesetzt. Auch kein Schüler, der unbeliebt und von allen gemieden wird. Kevin gehört auch keinem Satanskult an, spielt gefährliche Computerspiele, schaut Horror-Videos oder hört Marylin Manson.
Kevin fühlt sich nicht einsam und unverstanden. In Evas Augen ist Kevin nicht einfach nur anders, für sie ist er das reine Böse.
„Seit der Sekunde seiner Geburt assoziierte ich Kevin mit meinen eigenen Grenzen, nicht nur mit Schmerz, sondern mit Niederlage.“*
Eva selbst stellt sich nicht in das beste Licht. Ihr Egoismus, ihre Selbstherrlichkeit, ihre Eitelkeit, ihre unterbewusste Ablehnung Kevin gegenüber wird authentisch an einzelnen Episoden erzählt. Es wird deutlich, dass sie sich nicht emotional für die Schwangerschaft entschieden hat; mehr noch erscheint ihr Sohn als Störfaktor in der Beziehung zu ihrem Partner. Sie bemerkt mehrmals, dass sie weder in die Rolle der Hausfrau und Mutter passt noch in den späteren Jahren zu der, des Globetrotters. Sie fühlt sich beengt, nicht frei von Abhängigkeiten und Lasten. Wie Kevin.
Die Briefe Evas sind eine quälende Selbstbefragung, man bekommt den Eindruck einer Frau, die sich unbedingt rechtfertigen möchte. Sie dementiert zunächst jede Schuld, fragt sich aber doch, ob es sich nicht hätte anders entwickeln können: Warum haben sie sich nicht therapeutische Hilfe gesucht? Warum nicht dann die professionelle Hilfe, als ihnen als Familie bewusst wurde, dass Kevin ihn in die Leidenschaftslosigkeit und Perspektivlosigkeit entgleitet?
Es sind 28 Versuche. 28 Versuche für Donnerstag eine Erklärung, eine Rechtfertigung zu bekommen. 28 Versuche zu ergründen, warum er so und nicht anders sich entwickelte, warum er so und nicht anders handelte, warum er so und nicht anders dachte. 28 Versuche auch zu ergründen, warum die Beziehung nicht funktionierte, warum es eine Aufteilung der Liebe, einen Beschützerinstinkt für das ‚missratene Kind‘ gab, ohne Chance Hinweisen und Warnungen der eigenen Frau, Nachbarn, Freunden und Schulkameraden zu glauben.
„Ich merkte, dass das Porträt, was ich hier zeichnete, nicht attraktiv ist“*
Das Buch ist vor allem eines: Ehrlich.
Eva stellt sich selbst in sehr negatives Licht, sie weiß, dass sie keinen Raum zur Identifikation bietet, keinen Raum dazu bietet Sympathie hervorzurufen. Und doch redet sie. Man hört zu, will das Geschehen begreifen. Ich verspürte nicht nur Ekel und Ablehnung, sondern auch Mitleid und Betroffenheit, nicht nur für Kevin sondern auch für Eva.
Das Buch ist sehr differenziert; durch den Briefstil hat man nur die Perspektive der 55-jährigen alte Eva, nicht die des Mannes oder außenstehender Personen, aber dennoch wechselt sie die Seiten, bietet Einblick in die Gedankenwelt Umstehender, in die Wut Mary Woolfords, die ihre Tochter verlor. In die Gedankenwelt ihres Mannes, der der glücklichen Persönlichkeit seines Sohnes glaubte ohne das Theater zu hinterfragen.
Nicht nur differenziert ist dieses Werk und ehrlich, sondern auch wortgewaltig, stilsicher und unterhaltsam geschrieben. Es wird nichts kaschiert, Metaphern werden zur Verbildlichung nur spärlich eingesetzt. Im Vordergrund des Shriver’schen Stils steht die reine und realitätsgetreue Darstellung. Nicht ein Wort ist zu viel. Die Autorin beschreibt hier in einfachen, sehr direkten und klaren Worten eine Geschichte von Beziehungen, vom Scheitern, von falschen Perspektiven, von falschen Einschätzungen.
Es ist kein „Betroffenheitsbuch“, es ist kein Buch, was Mitleid hervorruft. Die Geschichte ist real, sie ist wahr. Geradezu schnörkellos. Geradezu hart.
Und spannend. Ich konnte es lange nicht aus der Hand legen. Ob dieses Werk ein Beitrag zu einer aktuellen Diskussion darstellt, weiß ich nicht. Vielleicht dahingehend, dass nicht Computerspiele und Horror-Filme für einen ‚schlechten Charakter‘ verantwortlich sind, sondern Erziehung und Sozialisation, Schule und Elternhaus. Ob es ein Thriller ist? Keine Ahnung.
Letzt endlich finde ich die Kategorisierung des Werkes ziemlich nebensächlich: ich finde das Buch wie folgt: Spannend, unterhaltsam und zum Nachdenken anregend.
[*] Lionel Shriver: Wir müssen über Kevin reden (3.Auflage 2007, List Taschenbuch)
Ich habe das Buch heute zu Ende gelesen und für mich ist es wohl das beste Buch, das ich dieses Jahr bis jetzt gelesen habe.
Die ernsthafte Thematik hat mich angesprochen und ich war auch sehr neugierig, welche "Erklärungen" bzw. "Erklärungsversuche" die Autorin in so einem Fall wählt. Ich kann nicht sagen, dass ich Kevins Tat(en) im Nachhinein wirklich verstehe, aber es war für mich nachvollziehbar, wie es soweit kommen kann.
Ich fand es toll, dass Eva weder sich noch ihren Mann als fehlerlos hingestellt hat und ich fand es auch klasse, dass Kevin nicht einfach nur ein böses Kind war, sondern dass von Anfang an auch geschrieben wurde, dass er eben nicht unbedingt ein Wunschkind war und die Eltern-Kind-Beziehung sich von Anfang an nicht sehr günstig gestaltete.
Dennoch fand ich sowohl Eva als auch Kevin sehr "facettenreich" und die vielen Einzelsituationen haben bei mir Verständnis für beide Seiten gewählt.
Der Schreibstil hat mir auch sehr gut gefallen. Ich hatte am Anfang keine Probleme mit Evas weit ausholenden Erzählungen und empfand sie keineswegs als langweilig oder den Anfang als zäh. Das ganze Buch über fand ich es eher gut, wie detailliert ihre Gedanken beschrieben wurden und was sie alles beschäftigt hat. Ich denke, das hat mir geholfen, sie (oder zum Teil auch Kevin) besser zu verstehen.
Wobei ich mich natürlich gefreut habe, als auch paar Dialoge dazu kamen.
[sp]Ich habe erst gedacht, Eva und Franklin haben sich getrennt, aber als Celia erwähnt wurde, hab ich mich gefragt, wieso sie denn ihre Tochter nicht sehen dürfte/könnte, wenn sie ja nur beim Vater sei. Da hab ich angefangen zu überlegen, ob auch Franklin und Celia tot sind. Die Art und Weise, wie die Personen starben, fand ich noch erschreckender als Schüsse[/sp]
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie ich das Ende wirklich finde.
[sp]Kevins "Sinneswandel" hat mich zwar auf der einen Seite überrascht. Auf der anderen Seite find ich es plausibel, dass er einfach müde und des "Spiels" leid ist. Wie anstrengend es sein muss, hat man ja gesehen, als er krank war und sich so "normal" verhielt.[/sp]
Insgesamt hat mich das Buch sehr beeindruckt und ich würde es auf jeden Fall weiterempfehlen.