Der Untertan - Heinrich Mann

  • Heinrich Mann


    Der Untertan


    Autorenporträt (von Amazon kopiert)
    Heinrich Mann, 1871 in Lübeck geboren, begann nach dem Abgang vom Gymnasium eine Buchhandelslehre, 1891 - 1892 volontierte er im S. Fischer Verlag, Berlin, gleichzeitig Gasthörer an der Universität. Freier Schriftsteller: Romane, Novellen, Essays, Schauspiele. 1933 Emigration nach Frankreich, später in die USA; er starb 1950 in Santa Monica/Kalifornien.


    Kurzbeschreibung (von Amazon kopiert)
    Der Untertan, die Geschichte Diederich Heßlings, in jungen Jahren von einem drakonisch strafenden Vater und einer saumseligen Mutter großgezogen, anschließend weiter zurechtgeschliffen im Schul- und Militärdrill der wilhelminischen Ära, gerät bei Heinrich Mann zum Fallbeispiel deutscher Katzbuckelei und Tyrannenmentalität, die sich Macht und Gewaltstrukturen unterwirft, um letztlich an ihnen teilhaben zu dürfen. Heßling, vordergründig als Aufsteiger gefeiert, übernimmt die väterliche Papierfabrik und wird zum mächtigsten Bürger der fiktiven Kleinstadt Netzig. In seiner Mimikri geht er dabei soweit, neben der chauvinistischen Phrasendrescherei der Deutschnationalen auch noch das äußere Erscheinungsbild des Kaisers zu imitieren. Eine "Bilderbuchkarriere", wie sie nur durch "ein Sinken der Menschenwürde unter jedes bekannte Maß" zustande kommen konnte, wie Heinrich Mann in einem Brief von 1906 festhielt.


    Meine Meinung
    „Der Untertan“ ist einer meiner Lieblingsklassiker. Schon mehrfach habe ich ihn gelesen und jedes Mal entdecke ich Neues. Der Roman ist eine gelungene Mischung aus bissiger Satire und feinster Gesellschaftsanalyse der wilhelminischen Zeit. „Der Untertan“ ist für mich das Buch, dass auch eine Zeitreise in die Kaiserzeit des ausgehenden 19. Jhd. ist. Anfangs erscheint mir die Sprache immer etwas holprig und schwer zu lesen. In den letzten 100 Jahren hat sich unsere Sprache schon recht deutlich verändert. Aber nach 50 Seiten ist das dann kein Problem mehr. Heinrich Mann hat den autoritären Charakter des Diederich Heßling ganz hervorragend herausgearbeitet. Gleich zu Beginn des Romans wird das Bild des weichen Kindes, das verträumt und ängstlich ist, gezeichnet. Diederich Heßling fürchtet einerseits die Mächtigen, andererseits genießt er die auf ihn ausgeübte Macht. Er buckelt nach oben und nach unten tritt er (mitunter schon recht heftig). Diese Autoritätsgläubigkeit ist es, die Mann in seinem Roman so anprangert. Ich kann nur hoffen, dass es in unserem Land nicht zu viele dieser Heßlings gibt.

  • Zitat

    Original von oemchenli
    Grusel
    Erinnert mich fürchterlich an das "Muß" von der Schule.


    Deiner tollen Rezi tut das aber keinen Abbruch.


    :write
    Aber es war eines der angenehmeren "Muss"-Lektüre.
    Hatte gerade letzte Woche den Film dazu in der Hand und überlegt mal rein zu gucken. Konnte mich aber nicht wirklich aufraffen. ;-)

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    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Zitat

    Aber es war eines der angenehmeren "Muss"-Lektüre.


    Nee bei mir nicht, alles was bei mir mit "Du mußt" anfing war vergeblich. :grin


    Den Film gabs doch bei der "Super- Illu" für 2,99€, Hab ich auch nicht gekauft aber ich habs mal im TV gesehen reicht.

  • In der Schule war das Buch auch ein "Muss" für mich. Da bin ich an der Verweigerung knapp vorbei gerutscht. :grin Später habe ich es noch einmal gelesen. Da dachte ich dann eher, so schlecht war's ja gar nicht. Aber vor 6 Jahren musste mein Sohn das Buch in der Schule lesen, er hatte null Bock, so haben wir es zusammen gelesen. Das war mit das beste Leseerlebnis, das ich bisher hatte. Als ich jetzt am Wochenende mit dem Untertan fertig war, haben mein Sohn und ich noch fast 2 Stunden geskyped und dabei haben wir den Diederich noch einmal so richtig auseinander genommen. :-]


    Die DVD habe ich leider nicht. :-(

  • Die kann man glaube ich bei "Superillu" nachbestellen. Musst du mal auf der HP gucken. Ich kann ja mal heute Nacht gucken ob meine Kollegin wieder eine rumliegen hat und ob da was drin steht. ;-)

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    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Für mich waren Buch und Film einfach lesens- und sehenswert. In der Schule mussten wir das nicht lesen, daher bin ich nicht davon negativ beeinflusst. Ich finde den H. Mann genau wie Fallada als Zeitzeugen unverzichtbar. Auch wenn man für die Sprache einen Eingewöhnungszeit braucht. Aber gerade das macht die Romane auch interessant.
    Der Film - so kann ich mich dunkel erinnern - war doch ein DEFA-Film, oder? Eigentlich erstaunlich, dass dieser nicht noch mal verfilmt wurde. Ich habe gute Erinnerungen daran. (Wird erstaunlicherweise auch NIE wiederholt, was echt schade ist).

  • Zitat

    Original von Sisi
    Für mich waren Buch und Film einfach lesens- und sehenswert. Ich finde den H. Mann genau wie Fallada als Zeitzeugen unverzichtbar.


    :write zumindest, was das Buch betrifft, den Film kenne ich nicht.

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Ach, Emily,
    wie toll! :anbet
    Ich lese den Untertan auch so gern.


    Glücklicherweise bin ich in der Schule nie mit Heinrich Mann geplagt worden, konnte also aus reinem Vergnügen an das Buch.
    Der Film ist auch klasse!


    Aber es geht mir wie Herrn Palomar, mein Liebling ist der Professor (un)Rat.
    Da gefällt mir das Buch allerdings weit besser als der 'Blaue Engel'.


    :wave

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Aber es geht mir wie Herrn Palomar, mein Liebling ist der Professor (un)Rat.
    Da gefällt mir das Buch allerdings weit besser als der 'Blaue Engel'.


    :wave


    Zwischen Buch und Film von Professor Unrat/Der blaue Engel gibt es ja auch große inhaltliche Unterschiede. Im Film wird der Charakter vom Schurken zum Sympathieträger. Das ist Professor Rat im Buch nur teilweise, seine Boshaftigkeit triumphiert. Deshalb macht mir das Buch soviel Spass.
    Ich bevorzuge also auch das Buch.


    Beim Untertan hatte die Haupfigur Diederich anfangs auch sympathische Züge, die aber schon bald verloren gingen. Im Gegensatz zu Professor Rat konnte er mir nie leid tun.

  • magali
    Herr Palomar


    Professor Unrat gefällt auch mir noch etwas besser. Eigentlich ein guter Grund, auch ihn noch einmal zu lesen. :-)


    Ihr seid alle so nett, dabei hatte ich schon etwas Bedenken, die Rezi hier einzustellen. Soviel Rezi-Erfahrung habe ich noch nicht, da war so etwas wie "Lampenfieber" da. Der Untertan ist ja auch ein Roman, an dem sich gern die Geister scheiden. Danke euch allen! :knuddel1

  • Irgendwer kramt ständig meine Schul-Lektüre raus :lache
    Der Untertan war das einzige Buch, dass ich mich geweigert habe, in der Schule fertig zu lesen. Vielleicht war ich zu jung und vielleicht habe ich was verpasst, aber ich konnte leider damit gar nichts anfangen :-(


  • "Der Untertan" - daran hab ich schlimmste Erinnerungen aus der Schulzeit. :wow Immerhin steht das Buch noch hier, eine Ausgabe von 1984, rein theoretisch könnte ich es nochmal lesen, aber ich glaub eher nicht. Ich hab eben mal reingeschaut und allein der Name "Diederich Heßling" schreckt mich schon ab.

  • na, Delphin.
    warum, glaubst du wohl, hat Heinrich Mann den so getauft???
    :grin


    Vergiß die Schule, es wird Zeit für ein date mit Heinrich :lache


    Kannst ja erst mal den Film gucken.


    :wave

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • "Der Untertan" habe ich in der Schule zweimal als Film gesehen, fand ihn aber so gut, dass ich mir direkt das Buch gekauft habe.
    Irgendwie ist es jedoch immer wieder im SUB untergegangen, aber dank deiner tollen Rezi habe ich jetzt gerade sehr große Lust bekommen es endlich mal zu lesen.
    Danke!

  • Eines der wenigen Bücher, bei denen das schulische "Du musst" zur Lust wurde.
    (lang ist's her)
    Mag aber auch daran gelegen haben, dass ich mit einem Deutschlehrer gesegnet war, der, obwohl Germanist, nichts unternahm, uns die Freude an der Literatur zu verderben - ganz im Gegenteil.

    "Hebt eure Prinzipien für die wenigen Augenblicke im Leben auf, in denen es auf Prinzipien ankommt. Für das meiste genügt ein wenig Barmherzigkeit."
    (Albert Camus)