Leonard Blussé - Rosenkrieg

  • über das Buch
    Cornelia van Nijenroode ist eine erfolgreiche Handelsfrau in Batavia, einem pulsierenden Handelszentrum im fernen Orient. Doch um nach dem Tod ihres ersten Mannes wieder ins große Geschäft einsteigen zu können, braucht sie in der Männergesellschaft einen Ehemann. So gerät sie an Joan Bitter, einen zwielichtigen Rechtsanwalt aus Amsterdam, der in den Kolonien sein Glück sucht.
    Cornelia beharrt auf einem Ehevertrag, um weiter ungehindert über ihr Vermögen verfügen zu können. Aber schon wenige Tage nach der Hochzeit muss sie erkenne, dass dieser nur Makulatur ist: Joan Bitter fällt es im Traum nicht ein, seiner Fau die Geschäfte zu überlassen, hat er sie doch geheiratet, um so zu Reichtum und Besitz zu gelangen. Cornelia lässt sich nicht einschüchtern und kämpft mit Zähnen und Klauen. Zuneigung verwandelt sich rasch in Hass und erbitterte Feindschaft, Intrigen werden gesponnen, Rechtsanwälte treten auf den Plan. Atemlos verfolgt die freine Gesellschat von Batavia den in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Ehestreit.
    Der Fall der Cornelia Nijenroode ist die wahre Geschichte einer Frau, die sich vor 300 Jahren gegen eine frauenfeindliche Gesellschaft zur Wehr setzt. Mit Liebe zum Detail durchforstete der Autor Briefe, Tagebücher, Gerichtsprotokolle und Berichte von Zeitungen und setzt sie zu einem faszinierenden Portrait zusammen.


    über den Autor:
    Leonard Blussé ist Sinologe und Historiker an der Universität Leiden. Bekannt geworden ist er durch seine Publikationen über das Leben der Niederländer im Fernen Osten. Für Rosenkrieg erhielt er 1998 die Goldene Eule (passt ja zu uns) ;-), den wichtigsten flämischen Literaturpreis.


    meine Meinung
    Eigentlich gehört dieses Buch in eine eigene Kategorie "Geschichte" obwohl es auf keinen Fall ein historischer Roman ist. Der Autor hat aus unzähligen einzeln überlieferten Schriftstücken und Dokumenten ein lebendiges Bild damaliger Zeit geschaffen, dass die Gesellschaft einer niederländischen Kolonie hervorragend wiedergibt, ohne dabei für einen der beiden Hauptakteure Partei zu ergreifen. Das hat mich im Laufe des Buches immer wieder in Erstaunen versetzt, zumal der Klappentext (siehe oben) den Joan Bitter als den eigentlich bösen Buben darstellt. Die Schilderungen sind nicht romanhaft geschrieben, sondern enthalten an vielen Stellen eine Deutung und ergänzende Erklärung durch den Autor. So entsteht ein lebendiges Gesellschaftsbild des damaligen Batavia. Geschichte zum Anfassen sozusagen.
    Es enthält Gedanken über die Institution Ehe, die mich oft nachdenklich gestimmt haben. Über die Ungleichheit der Partner und Bevormundung der Ehefrauen damaliger Zeit zum Beispiel. Der beschriebene ebenso heftige wie aussichtslose Kampf der Protagonistin gegen ihre von Kirche und Gesellschaft als unlösliche Verbindung zu einem Mann dem das uneingeschränkte Recht auf "Gebrauch" seiner Ehefrau zustand macht auf sehr drastische Weise die juristischen und menschlichen Defizite der kolonialen Niederlande deutlich.


    Sehr anschaulich räumt der Autor mit dem Vorurteil der Niederländer auf, die so viel auf die Eigenständigkeit ihrer Frauen geben, wenn man bedenkt, dass zwar in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts das Frauenwahlrecht eingeführt wurde, aber erst 1956! den Frauen in den Niederlanden die vollständige Geschäftsfähigkeit zuerkannt wurde. Das bedeutet, dass eine Frau erst ab diesem Zeitpunkt eigenständig d. h. ohne Zustimmung ihres Ehemannes oder Vormundes Verträge abschließen kann - eine Vorstellung, die in den post-Alice-Schwarzer-Zeiten fast schon antiquiert anmutet. Dabei ist es auch in Deutschland noch nicht so lange her, seit Frauen als Geschäftspartner ernst genommen werden und zwar so selbstverständlich, dass keiner mehr danach fragt.


    Ein Buch, dass einen wirklich guten Einblick in die Materie liefert und nach meinem Empfinden hervorragend recherchiert ist! Wer allerdings einen reißerischen Roman a la Michael Douglas und Cathleen Turner erwartet, wird enttäuscht sein. Leonard Blussé ist eher ein Meister leiserer Töne.