Hat hier jemand "Biographie-Erfahrung" ?

  • Hallo,


    durch meine Tätigkeit als Redakteurin habe vor einiger Zeit eine alte Dame kennengelernt. Eigentlich wollte ihr eine DIN A4 große Seite in unserer Zeitung widmen und ein "herkömmliches" Porträt erstellen.
    Doch im Laufe des Gespräches stellte sich heraus, dass mein Gegenüber ein mehr als phantastisches Leben hinter sich hat, welches nie und nimmer einem Beitrag dieser Größenordnung gerecht werden würde. Deshalb spiele ich nun mit dem Gedanken, das Leben dieser interessanten Frau als Biographie in Buchform zu veröffentlichen.


    Hat hier vielleicht jemand bereits Biographien veröffentlicht oder kann mir jemand Tipps und Ratschläge in dieser Hinsicht geben?


    Ich bin für jede Anregung dankbar!


    Liebe Grüße
    Hennenski

  • Hallo Hennenski!
    Witzigen Nickname hast Du - klingt genau so, wie ich mich auf Brettern bewege...hihi...
    Biographie ist ein nicht ganz einfaches Thema. Und auch die Frage, ob das eine durchschnittliche Leserschaft bei einer nicht prominenten älteren Dame interessiert? Zu klären wäre, WAS dieses Leben so interessant macht (denn JEDER kann ab einem gewissen Alter einen ganzen Roman erzählen, aber ob es auch zu einem solchen taugt?)
    Und dann ist die große Frage auch: was kannst Du weglassen? Wie einen roten Faden finden? Passt das alles in das Korsett eines Romans? Wie nah an der Realität kannst und musst Du bleiben, echte Namen nennen, wahre Schauplätze...
    Grundsätzlich finde ich aber Deine Idee gut - und wenn die Dame mitmacht, dann lass Dir erzählen, erzählen, erzählen...ob Du darauf eine Biographie, eine biographische Erzählung oder einen Roman machst, zu dem Dich diese Erlebnisse inspiriert haben, ist wohl egal erstmal. Klingt jedenfalls spannend - kannst Du noch ein bisschen mehr berichten?
    Neugierige Grüße
    Silke

  • @kleinkomma
    Danke für deine Antwort und die vielen Fragen!


    Ich weiß nicht ob du mit der Geschichte Italiens bzw. Südtirols vertraut bist, aber das Leben dieser Frau spielte sich unter anderem mitten, aber doch geheim, im politischen Geschehen unseres Landes ab. Sie war maasgeblich daran beteiligt, auch durch ihren Sohn, welcher es hierzulande zu zweifelhafter Berühmtheit gebracht hat. Das alles näher zu erklären würde hier den Rahmen sprengen, aber das öffentliche Interesse am Erlebten, wäre sicher groß.


    Auch in ihrem Privatleben spielten sich viele "außergewöhnliche" Szenen ab. So ist sie zB. mit 18 Geschwistern auf einem Bauernhof aufgewachsen, durchlebte die Faschistenzeit und Option, wurde zig-mal vergewaltigt, hat einen schweren Unfall hinter sich, versetzte ihren Mann 2 Messerstiche in den Rücken, war weit und breit die erste Frau mit einem Motorrad, verviel in Depressionen, usw.


    Das waren jetzt nur einige Stichpunkte. Ich glaube, dass ein solches Buch auch bei einer breiten Leserschaft ankommen kann, denn bei einer solchen Vielfalt an Erlebten ist fast für jedem etwas dabei. Hier einen roten Faden zu finden wird aber schwierig werden.


    Da sich ein großer Teil um die Kriegsjahre und die darauf folgende Widerstandsbewegung in Südtirol handeln wird, muss ich natürlich völlig realitätsbezogen und mit richtigen Namen arbeiten.


    Ich gebe mir jetzt selbst einen Zeitrahmen von 2 Jahren in dem ich alle Informationen sammle und recherchiere, da in diesem Buch auch sehr brissante Themen angesprochen werden würden. Die Mtarbeit der Frau und ihrer Familie ist auf jeden Fall schon gesichert. Was dabei rauskommt, wird sich dann wohl zeigen.


    Umsonst ist es bestimmt nie, da gebe ich dir recht!


    Liebe Grüße
    Marie

  • Ich empfehle, erst einmal einen biographischen Grundrahmen um ein Kernthema zu sammeln und ein paar Textproben zu erstellen, dann mit diesen Unterlagen einen Agenten bzw. Verlag zu suchen. Die Sache klingt geschäftlich durchaus interessant, da Frauenschicksale mit sexueller Gewalt sehr gut laufen. Das trifft derzeit wohl einen Nerv, speziell bei Leserinnen, und auf die peilen die Publikumsverlage nahezu ausschließlich.
    das klingt jetzt brutal, aber zunächst einmal ist es wichtig, die Sache unter Dach und Fach zu bringen, um nicht alles umsonst gemacht zu haben. Gerade bei Sachbüchern dieser Art kann es dir sonst leicht passieren, daß dir jemand das Thema wegschnappt.
    Deshalb wäre es wichtig, zunächst einmal nicht den bürgerlichen Namen der Frau preiszugeben, statt dessen ein paar Interviewproben.
    Vergiß nicht, daß du es zunächst an einen Agenten / Verlag "verkaufen" mußt, bevor du eine Chance hast, daß das Projekt das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Für BoD oder Vanity Press sind solche Biographien zu schade.

  • Es klingt so, als wäre das Leben der Frau eine einzige Aneinanderreihung von Superlativen (positiv wie negativ) Da liegt vielleicht die Gefahr nahe, dass man genau diesen Umstand als Verkaufsschlager missbraucht. Trotzdem hört sich das interessant an. Ich wünsche dir viel Erfolg und einen guten Verlag. :wave

  • Idgie


    Danke!


    Iris


    Danke für die Ratschläge!
    Da ich ein totaler Neuling bin hätte ich noch einige Fragen:


    1.) Wann d.h. ab welchem Zeitpunkt der Recherche sollte man Kontakt mit Verlegern aufnehmen und ihnen Textproben zeigen?
    2.) Was ist BoD oder Vanity Press?
    3.) Welche Verlage würden für ein solches Projekt in Fragen kommen?


    Liebe Grüße
    Marie

  • Zitat

    Original von Hennenski
    1.) Wann d.h. ab welchem Zeitpunkt der Recherche sollte man Kontakt mit Verlegern aufnehmen und ihnen Textproben zeigen?


    Frühzeitig! Ich würde dir auch dringend empfehlen, dir eine Agentur zu suchen, die solche Projekte vertritt. Das ist gerade für Einsteiger wichtig.
    Wobei ich dazu sagen muß, daß sehr viele Agenturen inzwischen keine Debütanten mehr nehmen -- speziell im Bereich Belletristik. Aber da es sich in dienem Fall um etwas aus dem nicht-fiktionalen Bereich handelt, kann es durchaus ganz anders aussehen.


    Zitat

    2.) Was ist BoD oder Vanity Press?


    BoD ist die Abkürzung für Book on Demand. Das wird zwar derzeit wieder in den Himmel gelobt, ist allerdings, was belletristische und Sachbuchveröffentlichungen angeht, .A.n. in den meisten Fällen rausgeschmissenes Geld.
    "Vanity press" bezeichnet die Vielzahl an "Verlagen", die für Druck und Veröffentlichung vom Autor Geld verlangen. Üblicherweise honoriert der Verlag die Leistung der von ihm veröffentlichten Autoren, weil sie seine "Zulieferbetriebe" sind.
    Book on Demand und Druckkostenzuschußverlage sind im Bereich wissenschaftlicher Publikationen ein notwendiges Übel, um z.B. die Kriterien für eine Promotion oder Habilitation zu erfüllen, für Publikationen in Sonderforschungsbereichen oder Reihen, die öffentlich finanziert werden. Im Bereich von Belletristik und Sachbuch halte ich die Methoden der Vanity Press für unseriös.


    Zitat

    3.) Welche Verlage würden für ein solches Projekt in Fragen kommen?


    Alle Verlage, die sich mit ungewöhnlichen (Frauen-)Biographien, speziell im Zusammenhang mit neuester Geschichte (1945 - heute) beschäftigen.
    Da das nicht mein Spezialgebiet ist, kann ich dir das nicht so auf Anhieb sagen. Da empfiehlt es sich, in der Buchhandlung mal speziell nach solchen Büchern zu fragen und sich die Verlage zu merken.

  • Hallöchen


    Ich finde, du solltest erstmal klären, ob die Dame überhaupt will, dass Ihr leben als Buch veröffentlicht wird. Zeitzeugen aus dem 2. Weltkrieg haben oft ein interessantes Leben gehabt. Als meine Mutter noch ein Kind war, schlug auf der Flucht eine Bombe in ihren Planwagen ein. Der Blindgänger zerstörte aber nur ein Akkordeon. Mein Großvater war in beiden Weltkriegen und im 2. in der Waffen-SS. Die Russen zwangen ihn, sein eigenes Grab vor der Exekution zu schaufeln. Nach gut 50 cm wurde er von den Amis gerettet. Meine Mutter lebt noch und hat kein Interesse, mit ihren Geschichten an die Öffentlichkeit zu gehen. Möglicherweise ist sie einfach zu alt, als dass sie so etwas interessieren könnte. Und schreibst du als Redakteurin auf italienisch? Ich fage nur, weil ich schon viele Rechtschreibfehler mache und du wohl ähnlich veranlagt bist. Das kann natürlich auch nur daher rühren, dass du (wie ich auch) einfach blindlings und schnell in die Tasten haust und ich hoffe, du nimmst mir meine Skepsis nicht krumm, aber ich fänd's schon übel, wenn das eine ausgedachte Geschichte wäre. Aber wie gesagt: Ich täusche mich wahrscheinlich. Und wenn dem so ist, tut es mir auch ernsthaft leid!


    Grüße


    Liz

  • Liebe Marie,


    ich habe vor mehr als zehn Jahren einmal die Biografie eines älteren Herrn geschrieben, die jedoch nur für seine Nachkommen bestimmt war.
    Die Schwierigkeit dabei war, dass der besagte Herr stets nur seine Heldentaten geschrieben sehen wollte. Kein Fehlschlag, kein Scheitern, keine bösen Gedanken, nur blütenweiße Westen.
    Auf diese Art kommt jedoch keine Biografie zu Stande, die es sich zu lesen lohnt. Ich wünsche dir deshalb, dass deine Dame etwas mehr Mut hat und sich zu ihrem Scheitern bekennen kann. Kein Buch kommt ohne aus.


    Im Lübbe Verlag gibt es eine Reihe, die sich "Erfahrungen" nennt. Vielleicht wäre dein Projekt dort richtig.


    Grüße von Ines

  • Hallo Liz,


    ich finde, du sollttest dir meine Beiträge besser durchlesen, denn bereits in meinem zweiten Post habe ich geschrieben, dass die Frau samt Familie mit meinem Vorhaben einverstanden ist. Auch habe ich geschrieben, dass es sich hier um mehr als eine "gewöhnliche" Geschichte aus der Kriegszeit handelt.
    Als Redakteurin schreibe ich in deutscher Sprache, denn ich glaube diese recht gut zu beherrschen. Bei meiner Arbeit achte ich natürlich sehr viel mehr auf meine Rechtschreibung,doch wäre es mir recht, wenn du mir meine Fehler hier zeigen könntest?
    Wie kommst du denn auf die Idee, dass dies eine ausgedachte Geschichte sein könnte? Ich hoffe du kannst mir das erklären.


    Grüße
    Marie




    Ines


    Die Frau mit der ich es zu tun habe, ist selbst sehr kritisch mit sich , wenn nicht sogar zu sehr.... doch in Zusammenarbeit mit ihrer Familie und anderen Zeitzeugen, hoffe ich doch sehr nahe an die Realität zu gelangen.


    Die Reihe "Erfahrungen" im Lübbe Verlag kenne ich, doch wär sie mir nicht eingefallen.


    Danke und liebe Grüße
    Marie

  • Ich sagte ja, ich täusche mich vielleicht. Und natürlich ist man im Forum nicht so sorgfältig. Also, es tut mir leid! Und ich hasse es eigentlich, wenn Rechtschreibfehler aufgezählt oder analysiert werden, aber du willst ja wissen, was mich stutzig gemacht hat:
    verviel statt verfiel; jedem statt jeden; maasgeblich statt massgeblich; ihren statt ihrem; brisant mit zwei s (obwohl das vielleicht ja im Französischen richtig ist - das weiß ich nicht); fehlende Kommas...
    Aber das sind Fehler, die ich bestimmt auch schon gemacht habe und ich bitte nochmals um Entschuldigung.
    Und dass du die Unterstützung der Familie und der Dame hast, war für mich nicht gleichbedeutend. Aber sie scheint es ja zu wollen, also ist das auch egal! Nichts für ungut und viel Glück!


    Grüße


    Liz

  • @Liz


    Danke für die Hinweise auf meine Rechtschreib und Grammatikfehler!
    Ich wollte sie gezeigt bekommen, da ich daraus lernen will. Ansonsten bin ich nicht so pingelig.
    Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, im Gegenteil, ich bin immer wieder froh, wenn ich auf Rechtschreibfehler oder ähnliches aufmerksam gemacht werde. Deutsch ist ja nicht wirklich meine Muttersprache....


    Also, noch mal danke!


    Liebe Grüße
    Marie

  • Grüß Dich Hennenski,


    vielleicht wendest Du Dich mal an www.lumen-verlag.de - könnte mir gut vorstellen, dass Du dort Gehör findest. Also mich hast Du mit Sicherheit schon als Leserin gewonnen *lächel* - klingt unheimlich interessant, was Du über das Leben dieser Frau berichtest...


    Mir selbst ist es gelungen, meine Autobiographie "Riss durch die Seele" zu veröffentlichen; wenn Du Näheres wissen möchtest, schreib mir doch eine E-Mail oder besuche mich auf meiner Homepage.


    Viel Glück bei der Suche wünscht Dir das Sternenkind


    @ Iris


    Zitat

    Die Sache klingt geschäftlich durchaus interessant, da Frauenschicksale mit sexueller Gewalt sehr gut laufen. Das trifft derzeit wohl einen Nerv, speziell bei Leserinnen, und auf die peilen die Publikumsverlage nahezu ausschließlich. das klingt jetzt brutal, aber zunächst einmal ist es wichtig, die Sache unter Dach und Fach zu bringen, um nicht alles umsonst gemacht zu haben.



    Bei aller Liebe, diese Wortwahl mit "brutal"zu bezeichnen ist stark untertrieben. Die Sache, wie Du schreibst, im Vorfeld unter Dach und Fach zu bringen, steht sicherlich bei Büchern Deines Genres im Vordergrund, was im Hinblick auf Deine hauptberufl. Autorentätigkeit wahrscheinlich auch erforderlich ist ,


    ABER


    Bücher über Frauenschicksale mit sexueller Gewalt werden von den Autoren/innen in der Regel mit einer völlig anderen Intension geschrieben. Hier geht es NICHT ums Geldverdienen sondern um Aufschreie, um Lebensbewältigung und Hilfsangebote für andere Betroffene. Ganz oft wandern die Einnahmen keineswegs in die Tasche der Autoren sondern kommen Hilfsorganisationen und Vereinen zugute.


    So, das musste jetzt mal raus


    sagt das Sternenkind

  • Zitat

    Original von sternenkind
    Bei aller Liebe, diese Wortwahl mit "brutal"zu bezeichnen ist stark untertrieben. Die Sache, wie Du schreibst, im Vorfeld unter Dach und Fach zu bringen, steht sicherlich bei Büchern Deines Genres im Vordergrund, was im Hinblick auf Deine hauptberufl. Autorentätigkeit wahrscheinlich auch erforderlich ist ,


    Sorry, aber ich habe kein Problem damit, wenn wichtige Themen, persönlicher Anspruch und ökonomische Interessen sich treffen -- erfahrungsgemäß kann man nur auf diese Weise wirklich etwas erreichen! Wenn ein wirklich wichtiges Buch in einem noch so engagierten Kleinverlag erscheint, aber kaum mehr als 200 Menschen erreicht, dann kann man sich die Arbeit sparen, das ist kaum mehr als Gewissensberuhigung.


    Ich persönlich -- Trivialstümperin, die ich für dich ja offenbar bin -- halte das von Marie angeschnittene Thema insgesamt für so wichtig, daß ich es lieber in einem größeren Programm sehen würde.


    Und was die von die als "brutal" bezeichnete Wortwahl angeht: Es handelt sich um eine Feststellung, kein Urteil. Tatsache ist, daß derzeit solche Bücher in großen Mengen veröffentlicht werden und die Nachfrage sehr hoch ist. Mehr sollte das nicht aussagen. Irgendwelche Wertungen hast du selbst da hineininterpretiert.


    Als ob es nicht ebenso unverschämt wäre, einfach mal so herablassend über "Bücher meines Genres" (also eine ganze Reihe weiterer hier anwesender Autoren) zu urteilen.

  • @ Iris,


    *upps*, lt. Deiner Antwort ist mein Beitrag bei Dir wohl völlig falsch angekommen.


    1. die Wortwahl "brutal" kam von Dir selbst


    2. warum empfindest Du es als abwertend, wenn ich schreibe, dass Bücher Deines Genres mit einer anderen Intension geschrieben werden? Habe ich damit irgendeine negative Wertung ausgedrückt? Ganz sicher nicht, denn auch ich lese gerne mal "Trivial-Literatur" wie Du das ausdrückst und bin sogar stolze Besitzerin von Deinen Büchern *lächel* (leider ohne pers. Widmung, aber vielleicht können wir das ja mal nachholen...)


    Ich glaube, dass sowohl Dein Beitrag bei mir wie auch mein Beitrag bei Dir falsch angekommen ist (vielleicht sind wir ja Beide heute mit dem linken Fuß aufgestanden?) Keinesfalls wollte ich mich über Deine Bücher oder Bücher ähnlicher Art anderer hier anwesender Autoren herablassend oder unverschämt äußern.


    Hoffe, alle Unklarheiten beseitigt zu haben und wünsche Dir ein schönes Wochenende


    das Sternenkind