'Nana' - Seiten 238 - ENDE

  • @BJ
    Es ist ein Buch, das in seinem historischen Kontext gelesen und verstanden werden muss. Die moderne Leseart passt dort in der Tat nicht. :-)

  • Jein ... Ein Buch schafft es nur dann, ein Klassiker zu werden, wenn seine Aussagen über den zeitlich (meist eng begrenzten) Kontext hinaus wirksam sind und verstanden werden.


    Was Nana angeht, brauche ich mich doch nur in unserer Konsumwelt umzuschauen und finde das, was der Roman so präzise analysiert, in leicht abgewandelter Form vor: Das "material girl" Nana ist keine Besonderheit des Paris jener Zeit, sondern personifiziert eine Haltung, die in der Literatur von Beginn an bis heute immer wieder thematisiert wurde -- und dabei keineswegs nur auf Frauen beschränkt wurde!


    Die Hure Nana verkörpert im Grunde auch die sog. Sieben Todsünden: Sie ist eitel und hoffärtig (in ihrer "Selbstdarstellung"), sie ist habgierig, sie ist mißgünstig gegenüber anderen, sie neigt zu Jähzorn und Rachsucht (wenn ihr was nicht paßt ...), sie ist wollüstig und unkeusch (in der Art, wie sie ihre Reize auspielt und sie benutzt), sie hat einen starken Hang zur Völlerei und Maßlosigheit (man denke an ihre Soupers), und sie ist gleichgültig gegenüber anderen Menschen (man denke mal an ihr Verhältnis zu Louiset).


    Stellenweise war ich richtig erschrocken über die Aktualität, die aus dem Roman spricht, wenn ich mir die mäkelnde, eitle, wurstige, habgierig-geizige ("Geiz ist geil!"), oft maßlose, launische Haltung vieler Zeitgenossen ansehe (siehe das u.a. Buch).
    Ich glaube keineswegs an den Untergang des Abendlandes, denke einfach, diese finstere Seite des menschlichen Daseins ist etwas Zeitloses. Es gab sie schon immer und es wird sie immer geben. Da fällt einem prompt Schiller ein: "Der sinnliche Mensch kann nicht tiefer als zum Tier hinabstürzen; fällt aber der aufgeklärte, so fällt er bis zum Teuflischen herab und treibt ein ruchloses Spiel mit dem Heiligsten der Menschheit."

  • So...ich habe fertig :grin


    ich muss zugeben, dass ich seit langer zeit kein Buch mehr so "genossen" habe. Die Sprache hat mich von der ersten Seite an in ihren Bann gezogen. Allerdings musste ich, der ich oft Quer- und Schnellleser bin, mich ganz schön zügeln, um mir keine Kostbarkeit entgehen zu lassen.


    Irgendwie kam mir das Buch vor wie ein Strudel, in den die Akteure geraten. Was langsam (auch sprachlich - beschreibend) beginnt, steigert sich tempo- und intensitätsmäßig. Es dreht sich immer im Kreis, nur dass es ständig schneller und gefährlicher wird. Die Katastrophe am Ende ist unausweichlich.


    Zur Diskussion "Clever oder nicht":
    Nein, clever ist Nana sicher nicht. Ihr Instinkt treibt sie und lässt ihr keine andere Wahl. Immer wieder erwähnt Zola das Verhalten ihrem Sohn gegenüber, den sie wie eine kindliche Puppenmami vergöttert und im nächsten Augenblick wieder vergisst.


    Als Mann war für mich die Charakterisierung der ganzen Männer hochinteressant. Egal, welcher Stand: letztendlich sind sie alle gleich. Stimmt :-)


    Dass der Graf sich hat so demütigen lassen, dass alle anderen sich arrangiert haben, einer von vielen zu sein...


    All das ist ja nicht Nana anzulasten, die letztendlich erst zerbricht, als um sie herum alle abknicken...


    Faszinierend fand ich die Beschreibung der "Massentreffen"...Ob Theater, Empfänge oder vor allem das Pferderennen. Die Kulissen waren austauschbar, die Protagonisten und somit die Moral blieben gleich...


    Es gibt tausend Dinge, die ich hier noch anführen müsste. Vielleicht kommen wir ja noch dazu, das eine oder andere zu diskutieren.


    Zum Schluss ein Gedanke: Ich habe diesmal Schwierigkeiten gehabt, während des Lesens hier in der Runde etwas zu schreiben. Das hängt damit zusammen, dass ich sofort das Gefühl hatte, dass ich erst das ganze Buch gelesen haben muss, um nicht irgendwelche Spekulationen loszutreten. Jetzt könnte ich stundenlang darüber reden ;-)

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

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  • Iris
    Dass das Buch in seiner Grundaussage zeitlos ist, ist schon richtig, aber ich denke, die Wirkung, die das Buch auf die Leser hat, ist doch vor dem historischen Kontext eine andere, als wenn man sie in unsere heutige Zeit transportiert. Würde eine Frau wie Nana in einer modernen Geschichte die gleiche Reaktion beim Leser auslösen, wie Nana es als Kind ihrer Zeit tut?

  • Hmmm ... :gruebel ... ich stimme zu, daß die "Sympathien", die sich Nana einfängt, etwas mit den heutzutage sehr verbreiteten "liberalen" Auffassungen zu tun haben. Ihre "Cleverness" und ihre "zielstrebigkeit", ihre "Freizügigkeit" und ihre "Spontaneität" sind ja (auch) heute sehr positiv belegte Begriffe.
    Deshalb imponiert es mir, daß Zola ihr Verhalten und ihr Umfeld derart minutiös darstellt. Man kommt einfach nicht umhin zu erkennen, daß nur die Äußerlichkeiten zeitbedingt sind.

  • Ich halte dieses Buch in Vielem durchaus für zeitgebunden.
    Es geht nicht in erster Linie um die finsteren Seiten des Menschen, sondern um ihre Wechselwirkung mit einer bestimmten Gesellschaft.
    Zola hat Erklärungen für Nanas Verhalten, die für seine Zeit höchst modern waren. Es geht um die Einflüsse von Milieu, Abstammung (Taine) und vor allem Erbgut.
    Letzteres klingt für uns schlimm, da wir die Nazis hinter uns haben.
    Aber: Nana ist die Tochter von Alkoholikern und hat 'verdorbenes' Blut.
    Damit ist sie verdorben und bringt Verderben. (Nein, das kommt im Buch nicht vor, das muß man dazu wissen)
    Das ist für damals ein neuer Gedanken und den muß man herausheben, er kann nicht einfach unter 'schlechte Seiten im Menschen gab es schon immer' subsumiert werden. Das ebnet die Aussage ein.


    Ein wichtiger Stützpfeiler der Gesamtaussage ist eben der Determinismus.
    Das Tier, das Nana ist, ist schon das Ruchloseste an sich.
    Das Schiller-Zitat paßt da nicht recht.


    Zu den modernen Lesarten:
    Hier kommen wir zu der wichtigen Frage, ob Klassiker immer Klassiker bleiben oder ob sie eines Tage überholt sind. Nämlich dann, wenn bis dato Verständliches nicht mehr verständlich ist, weil sich wesentliche Parameter geändert haben.
    Wenn Texte nur noch für kleine Gruppen Eingeweihter, Gelehrter, Spezialisten zu verstehen sind.
    Ganz Jahrhunderte unserer Literaturgeschichte existieren deshalb nicht, andere Länder, ganze Kontinente kommen nicht vor. Weil es zu fremd ist, weil es nicht mehr (?) anspricht.
    Ich halte Kunst in jeder Form nicht für etwas grundsätzlich Überzeitliches. Jeder Klassiker ist zugleich zeitgebunden.
    Ich gehe eher davon aus, daß sich jede Generation das holt, was sie versteht.



    churchill


    Alle Männer sind gleich???
    Neee :cry :cry
    Ich finde die soo interessant. Sag nicht, daß die langweilig sind!
    ;-)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Na, wenn sie alle gleich sind?
    Habe ich allerdings noch nicht festgestellt. ;-)


    Und wie steht das nun mit all dem, was Dir zu Nana eingefallen ist??
    Moderne Lesart?
    Alte?
    Neue Mischung?


    :wave

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Ich halte dieses Buch in Vielem durchaus für zeitgebunden.


    Daß die Entstehung und damit die Ausformung des Romans zeitgebunden ist, habe ich überhaupt nicht bestritten. Das gilt, wie du ja selbst sagst, für jedes Kunstwerk.


    Zitat

    Es geht nicht in erster Linie um die finsteren Seiten des Menschen, sondern um ihre Wechselwirkung mit einer bestimmten Gesellschaft.


    Ich bin keineswegs von einem streng reformierten Menschenbild ausgegangen, das wäre mir in der Tat zu beschränkt. Da brauchte es ja auch das menschliche "Du" nicht mehr, also das gesellschaftliche Umfeld.


    Zitat

    Zola hat Erklärungen für Nanas Verhalten, die für seine Zeit höchst modern waren. Es geht um die Einflüsse von Milieu, Abstammung (Taine) und vor allem Erbgut.


    Solche Vorstellungen sind damals allerdings auch nicht zum ersten Male aufgekommen. In Grundzügen und den unterschiedlichsten Ausformungen hat die Menschheit schon immer die verschiedensten Erklärungsmodelle für das Vorhandensein des "Bösen", für Verbrechen, a(nti)soziales Verhalten etc. entwickelt. "Primitive" Vorstellungen sind eher in höher entwickelten, aber autokratisch regierten und moralisch rigiden Systemen aller Zeiten zu finden.


    Im übrigen hält die Nazi-Vergangenheit nur oberflächlich davon ab, die krudesten Theorien zu Vererbungstheorien zu propagieren. :grin


    Zitat

    Ein wichtiger Stützpfeiler der Gesamtaussage ist eben der Determinismus.


    Ach? Und den gibt 's ... seit wann?


    Zitat

    Das Tier, das Nana ist, ist schon das Ruchloseste an sich.


    Weißt du, wie lange es dieses Motiv schon gibt? Die Gleichsetzung von "weiblich" und "animalisch"?

  • Puh... ich wieder... :lache


    Natürlich sehe ich das Buch im historischen Kontext und ich denke eigentlich auch, daß ich es verstanden habe.... *guckt bissig in die Runde*


    Ich kann nur nicht verstehen wie sich hier die ein oder andere so über Nana echauffiert..... Nana tut doch nur, wozu die anderen Damen zu fein sind und dies ist nicht zeitabhängig. Ganz und gar nicht.
    Würde jemand in der heutigen Zeit einen solchen Roman schreiben, so würde die niederträchtige Hauptfigur auch von den mißgünstigen Weibern zerrissen werden. Ich finde es viel wichtiger zu beleuchten, wer dieses Verhalten begünstigt, bzw. fördert oder sollte ich schreiben fordert??

  • @BJ
    Na ja, ob die Leser, die Nana nicht mögen, deshalb missgünstig sind, würde ich so nicht sagen. Ich denke, dass es durchaus in der Absicht des Autors war, Nana so darzustellen, dass sie kein Mitleid erweckt (hatte das nicht schon irgendwer gesagt?). Nana steht für das Verdorbene und Faulige hinter der schönen Fassade, und letzten Endes verliert sie ja selbst die. Selbst wenn Nana die Blattern überlebt hätte, wäre von ihr nichts mehr übrig geblieben. Bei Nana würde ich auch nicht von weiblichem Charme sprechen (den hatte z. B. die Marquise de Merteuil in "Gefährliche Liebschaften"), sondern sie ist einfach zielgerichtet zerstörerisch.

    Worte sind die mächtigste Droge, welche die Menschheit benutzt. (Rudyard Kipling)

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  • Iris


    es geht nicht darum, daß es Archetypen gibt, sondern darum, wie sie in der jeweiligen Zeit in der Kunst eingestzt werden.
    Sonst wäre Kunst ja langweilig, immer dasselbe.
    Determinismus heißt hier: wissenschaftlicher Determinismus, Biologismus nach den damals gerade neu entdeckten Prinzipien. Kein christlicher, kein philiospphischer Determinismus. (Als Beispiel.)


    @BJ


    Die Moral, die Du suchst, liegt nicht darin, daß Nana Grenzen überschreitet, die andere nicht zu überschreiten wagen. Sie wird nicht für persönliches Fehlverhalten, für persönliche 'Sünde' bestraft.
    Sie ist keine Verkörperung von Freiehiet oder Selbstbestimmung in einer Gesellschaft mit rigider Sexualmoral.
    Sie ist Mittel, Auslöser des allgemeinen Zusammenbruchs. Sie bringt an den Tag, was alles im Verborgenen schon falsch ist.
    Sie ist als 'Kind der Gosse' nur Ergebnis eines Versagens all derjenigen, die etwas verbessern könnten. Die Gosse schlägt sozusagen zurück.


    Die Moral liegt darin, daß man Elend, soziales, ökonomisches verhindern muß, sonst reißt das Ergebnis alle ins Verderben. (sagt der Autor)
    'Alle' ist hier wörtlich gemeint, das Buch endet mit dem Kriegsausbruch und das war auch das Ende des Kaiserreichs.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    es geht nicht darum, daß es Archetypen gibt,


    Wo hast du denn das jetzt wieder rausgelesen? :wow


    Zitat

    ... sondern darum, wie sie in der jeweiligen Zeit in der Kunst eingestzt werden.
    Sonst wäre Kunst ja langweilig, immer dasselbe.


    Wieder ein anderes Thema. Schöner Satz, aber eigentlich auch nur eine Phrase, weil selbstbezüglich. :-)


    Zitat

    Sie ist keine Verkörperung von Freiehiet oder Selbstbestimmung in einer Gesellschaft mit rigider Sexualmoral.
    Sie ist Mittel, Auslöser des allgemeinen Zusammenbruchs. Sie bringt an den Tag, was alles im Verborgenen schon falsch ist.
    Sie ist als 'Kind der Gosse' nur Ergebnis eines Versagens all derjenigen, die etwas verbessern könnten. Die Gosse schlägt sozusagen zurück.


    Die Moral liegt darin, daß man Elend, soziales, ökonomisches verhindern muß, sonst reißt das Ergebnis alle ins Verderben. (sagt der Autor)


    Also doch ein "Typ". :grin Kein Stereotyp oder Prototyp oder Archetyp, sondern ein Typ -- eine Figur, an der die Theorie exemplarisch durchexerziert wird. :-)


    Und nochmal: Auch dieser Impetus ist nix Neues. Das einzig Neue sind ein paar Marginalien der Theorie, die nicht einmal explizit erwähnt werden, und ebensogut auf einem anderen Hintergrund gedeutet werden können, ohne daß sich das Ergebnis, die "Moral der G'schicht", ändert (wobei ich hier keineswegs von "meinem" Hintergrund ausgehen muß, ich bin Literaturwissenschaftlerin genug, um von meiner Wenigkeit absehen zu können).
    Aber worauf willst du überhaupt hinaus??? :gruebel

  • Iris,
    schlicht auf den Grad an Zeitgebundenheit des Romans.


    Da, wo die Diskussion anfing.
    Die Frage, wie 'modern' man ihn lesen darf.
    Oder wie 'überkommen', z.B. mit dem Bild der Todsünden, die meiner Meinung nach hier nicht zum Tragen kommen, weil wir in einer säkularisierten Welt sind.
    Deshalb gibt es auch keine Teufel, denn es gibt kein metaphysisches 'Böse'.
    Nur ein diesseitiges.
    Eben eine zeitgebundene Lektüre.


    Und darauf aufbauend die Frage, was sie uns heute noch gibt. Oder eben nicht.
    Warum es so schwer fällt, Nana als verdorben zu akzeptieren. Das Bild funktioniert eben nicht mehr.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • @ Iris
    Na der Rest der "feinen" Gesellschaft, die Gräfin Muffat oder ihre wirklich ätzende Tochter.
    Mein Weltbild ist in schon in Ordnung, nur ein wenig anders als das der normal weiblichen Mitbürgerin, kann ich aber mit leben. :grin


    @ Magali
    Deinen Ausführungen schließe ich mich da schon lieber an, als denen von Iris oder Laila.
    Ganz ehrlich, ich kann an Nanas Verhalten nichts soooo Schreckliches und Verdorbenes finden.


    @ All
    Mag ja sein, das Zola mit diesem Buch das ausdrücken wollte, was ihr da hinein interpretiert. Aber für mich drückt das Buch eben etwas anderes aus.
    Mein Gott, ich komme mir vor wie in der Schule, da wollte man mir auch schon immer vorschreiben, wie ich Texte zu verstehen habe...
    Sowas mag ich nicht, da werd ich kratzbürstig. :fetch

  • Ich habe zwar nix zu dieser Diskussion beizutragen, möchte aber doch feststellen, dass BJ in einem Punkt garantiert unrecht hat, und zwar in diesem:



    Gott hat die Katzen erfunden, damit der Mensch einen Tiger zum Streicheln hat.



    Völliger Blödsinn das! Richtig ist:


    Gott hat die Menschen erfunden, damit die Katzen es etwas bequemer haben!

  • Ein Einwurf, der vielleicht hier und jetzt nicht ganz passt, aber sein muss: Ich war lange nicht mehr hier und habe leider nicht mitgekriegt, dass hier Zola gelesen wird.


    Vielleicht darf ich bei der Gelegenheit vorschlagen (es sind ja wohl noch einige hier, die sich noch weiter mit Zola beschäftigen wollen), dass sich eine Gruppe zum Lesen des "Totschlägers" zusammenfindet?


    Sorry, wenn ich jetzt Bekanntes aufkoche, ich habe nicht alle Threads zu Nana gelesen. "Der Totschläger" behandelt das Leben von Nanas Eltern in Paris und schließt Nanas Kindheit und Jugend mit ein.


    Ich habe den Totschläger vor Nana gelesen (der Totschläger war mein erster Zola) und hatte daher einen beeinflussten Zugang zu Nana. Mit hat sie von Anfang an nur Leid getan; ich empfinde ihr ganzes Verhalten als Überreaktion aus dem Wunsch heraus, nicht das gleiche Leben führen zu müssen wie ihre Eltern.


    Ich hoffe, bald hier wieder eine Zola-Diskussion vorzufinden, bei der ich gleich von Anfang mitmachen kann ...


    Gruß an alle Zola-Fans
    Zefira


    ps. eine Bemerkung noch zum Verhütungsthema, das hier angesprochen wurde. Zola hat neben der Rougon-Maquart-Reihe auch einige Romane geschrieben, bei denen die propagandistische Absicht extrem durchschimmert, leider oft sehr auf Kosten der Lesefreude. Ein solcher Fall ist der Roman "Fruchtbarkeit", der praktisch kein anderes Thema hat als Befruchtung und Verhütung. Soweit ich mich erinnere, erwähnt der Autor darin nur eine einzige Verhütungsmethode, nämliche das "Unterschlagen", womit er wohl Interruptus meint.


    pps. "Germinal", auch aus der Rougon-Maquart-Reihe, ist auch seeeeehr lesenswert!!!

  • Zitat

    Original von Zefira
    Ich habe den Totschläger vor Nana gelesen (der Totschläger war mein erster Zola) und hatte daher einen beeinflussten Zugang zu Nana.


    Niemand kann einen "unbeeinflußten" Zugang zu irgendeinem Buch haben -- das geht gar nicht! Und Vorkenntnisse zu einem Autor, über ein Thema etc. sind nicht der schlechteste "Einfluß". :-)


    Zitat

    Mit hat sie von Anfang an nur Leid getan; ich empfinde ihr ganzes Verhalten als Überreaktion aus dem Wunsch heraus, nicht das gleiche Leben führen zu müssen wie ihre Eltern.


    Das ist m.A.n. auch Zolas Intention: Das Böse, Zersetzende ist nicht ihr innerstes Wesen (im Grunde ist sie ja gutmütig), aber dieses innerste Wesen wurde durch die Umstände ihrer Kindheit korrumpiert und pervertiert und diese Korruption immer weiter verstärkt durch eine gesellschaftliche Umwelt, die in sich verfault ist und dennoch die Lumineszenz der Fäulnis für Licht hält und den Gestank der Verwesung für süße Düfte.


    Bei Zola gibt es keine "gute alte Zeit" und keine "schöne neue Welt", weder glorreiche Vergangenheit noch strahlende Zukunft, sondern nur eine kranke Gegenwart.
    Um einen Vergleich aus der Medizin heranzuziehen: Zola erweist sich als Pathologe -- er diagnostiziert, stellt aber keine Rezepte aus, auch wenn er die sozialrevolutionären Theorien seiner Zeit (Fourier, Marx, Bakunin, Proudhon) durchaus in seine Werke einbezieht.