Das Gespinst - J.M. Morris

  • Inhaltsangabe
    Ruth Gemmill hat gerade eine Beziehung überlebt -- und überlebt ist der durchaus passende Begriff, denn ihr Freund hatte sie wiederholt krankenhausreif geschlagen. Erst eine gerichtliche Anordnung sorgte dafür, dass er sie in Ruhe lässt. Doch Ruth findet keine Zeit, ihr Leben wieder in Ordnung zu bringen: Ihr kleiner Bruder Alex scheint wie vom Erdboden verschluckt. Voller Sorge macht sie sich auf den Weg in das nordenglische Greenwell, wo er erst kürzlich eine Stelle als Lehrer angenommen hatte.


    Ruth mag keine erfahrene Detektivin sein, aber ihre Verzweiflung macht sie starrköpfig und erfinderisch. Der örtlichen Polizei scheint das überhaupt nicht zu gefallen, denn sie legt Ruth einen Stein nach dem anderen in den Weg. Unterstützt wird sie bei ihren Recherchen nur von Alex' Freundin Liz -- die allerdings auch nicht ganz ohne Hintergedanken agiert.



    Meine Meinung
    Ein Buch wie ein Film von David Lynch! Schon von der ersten Seite an konnte ich mich dem Sog, den die Geschichte auf mich ausübte, nicht entziehen. Ich habe alles stehen und liegen gelassen und den ganzen Tag gelesen, bis ich endlich wusste, was da los war.


    Auf den ersten Seiten erfahren wir etwas über Ruth und ihren Ex-Freund, der sie mißhandelt hatte. Wir erfahren, was ihm passiert ist in seiner Kindheit, warum er wohl so geworden ist. Immer wieder zwischendurch erzählt Ruth von ihrer Beziehung zu Matt. Aber das ist nur die Nebenhandlung.


    In erster Linie geht es um ihre Suche nach ihrem Bruder, der in einer englischen Kleinstadt plötzlich verschwunden ist. Schon auf der Hinfahrt wird es surreal. Immer wieder passieren seltsame kleine Zwischenfälle, die es eigentlich nicht geben dürfte. Was hat Ruth auf dem Feld gesehen auf der Hinfahrt? Was macht die kleine giftige australische Spinne im Treppenhaus? Warum beschimpft sie der Polizist so unmotiviert, bei dem sie ihren Bruder als vermißt meldet? Was geht da vor in dieser trostlosen, klaustophobischen Stadt und mit ihren Leuten? Ich war kurz davor, mich zu fragen, ob ich evtl. keinen Thriller sondern ein Fantasy-Horrorbuch in der Hand hab. Aber immer wieder bekommt die Autorin die Kurve und man denkt, ja doch, da gibts eine Erklärung. Oder vielleicht doch nicht?



    Ich fand es jedenfalls tödlich spannend. Und die Auflösung zum Schluß leuchtet auch ein, auch wenn man es sich evtl. schon in der Art denken konnte. Es ist sehr flüssig geschrieben, die Autorin hat es geschafft, mich in ihre Geschichte hineinzuziehen.
    Mir das Buch als kleiner feiner, etwas anderer Thriller gefallen.

  • Mir hat das Buch auch gefallen.


    Ein unheimlicher und unheimlich spannender Psychothriller, den ich ohne ihn nur ein einziges Mal wegzulegen gelesen habe. Das Buch liest sich leicht, die Sprache ist sehr direkt, die Atmosphäre schwankt zwischen Realität und Traum.


    Dieses Erstlingswerk ist meiner Meinung nach beeindruckend, wenn auch nichts für zartbesaitete Leser.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Ich habe das Buch als Verlags-Leseexemplar aus einem Flohmarktstapel gezogen und bin froh, dass es nur ein paar Groschen gekostet hat.
    Es ist - das hat mir gefallen - mit großer Sorgfalt aufgebaut und erzählt; es ist bildhaft geschrieben, die Charakterzeichnungen gefallen mir. Aber der Schluss hat mich derart enttäuscht, dass er mir den Lesespaß im Nachhinein völlig verdorben hat.
    Die Art, wie der Autor auf den letzten Seiten sein "Gespinst" auflöst, ist in meinen Augen ein Betrug am Leser. Schlimmer geht's kaum noch,


    Tut mir Leid, ich will anderen die Freude daran nicht vermiesen - mein Exemplar wandert zu Buchticket, vielleicht findet jemand anders Gefallen daran.


    Schönen Gruß
    Zefira


    ps. Ist J.M.Morris übrigens eine Frau, da es oben mehrmals "die Autorin" heißt? Mein Exemplar hat auf der Klappe hinten das Foto eines glatzköpfigen Mannes mit freundlichem Lächeln.