'Unter dem Teebaum' - Zweiter Teil

  • Zitat

    Original von Türmchen
    Oh ja, bei der Szene, als Jonah seine Schwester erst sehen durfte, als sie getauft wurde, hätte ich das Buch am liebsten in die Ecke gepfeffert :grin


    Das hätte ich so manches mal tun können, als Steve so gemein zu Jonah war. Er hat mich so aufgeregt. So etwas hatte ich bisher noch bei keinem Buch. Ich konnte mich immer im Zaum halten. Aber diesmal? Ich hätte ihn erwürgen können. Das zeigte mir, dass die Figuren wirklich sehr real waren. Denn ich bin total darauf eingegangen.

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner

  • Hi Eli,
    ich verstehe deine Frage nicht so ganz. Walter kann nach der Hochzeit doch nicht mehr so tun, als wäre Steve "nur" sein Angestellter. Steve ist sein Schwiegersohn und er hat das bewußt in Kauf genommen, um nicht verraten zu werden. Insofern verhält er sich konsequent. Wie wäre das Buch wohl weitergegangen, wenn Amber und Walter so getan hätten, als wäre alles beim Alten :gruebel Ich glaube, das wollten sie nicht wirklich riskieren.


    Wenn man Walter verurteilen möchte, dann muss man das früher tun, nämlich meiner Meinung nach an dem Punkt, an dem er seine Tochter als Faustpfand benutzt hat und sie Steve zur Frau gegeben hat.

  • Ines
    Du hast schon Recht. Walter war für seine Zeit ein sehr fortschrittlicher und toleranter Mann, hab ich ja auch schon erwähnt. Trotzdem mag ich es nicht billigen, dass er seine Tochter in eine Ehe zwingt, um seinen Kopf zu retten. Denn dass Amber Steve nicht liebt, weiß er und auch, dass sie ihn nur ihm zu liebe heiratet.
    Zu seiner Entlastung in diesem Punkt trägt vielleicht der Gedanke bei, dass er Amber so von ihrer Trauer um Jonah "ablenken" möchte und sich im Geheimen erhofft, dass Amber irgendwann das in Steve sehen kann, was er in ihm in erster Linie sieht: den tüchtigen Gutsverwalter.


    Schön fand ich in gesamten Buch seine Liebe und Zuneigung zu seinem schwarzen Enkel. Der Gegensatz zu Steve fällt in der Beziehung sehr auf.

  • Zitat

    Original von Idgie
    Steve ist sein Schwiegersohn und er hat das bewußt in Kauf genommen, um nicht verraten zu werden

    .


    ...ja, genau, es bleibt Walter ja gar nichts anderes übrig! Drum war ich überrascht über diese Extrabetonung :grin
    Walter hat sich Steve gegenüber immer sehr korrekt verhalten und auch große Stücke auf ihn gehalten. Darum war er ja auch sehr interessiert an einer Verehelichung seiner Tochter mit dem Verwalter.

  • Zitat

    Original von Ines
    @alle
    an euren Reaktionen sehe ich aber auch, dass ihr manchmal auch in KLischees denkt.
    Wie stellt man so etwas im eigenen Denken fest und ab?


    O.k. gebe ich in vielen Dingen zu :grin Es mag vieles unter den damaligen Umständen (andere Zeit, anderes Umfeld) mit einem gewissen Verständnis zu sehen sein, aber mir stellen sich trotzdem sehr oft die Nackenhaare auf :grin


    Ich stelle es meistens erst dann fest, dass ich in Klischees denke, wenn ich darauf hingewiesen werde :wave, womit Du vollkommen recht hast. Aber wie stelle ich es ab? Ich werde mich einmal mehr versuchen, in die Lage von Steve, Amber und Walter zu versetzen und bin froh, ein anderes Leben führen zu dürfen...

  • Zitat

    Original von Ines
    Bitte, bitte, ihr Lieben,


    versucht doch mal, Steve zu verstehen. Für euch ist er der Böse, Amber dagegen immer nur die Gute. Findet Ihr nicht, dass auch sie in dieser Ehe versagt hat?


    Also bis jetzt ist mir Steve einfach von Grund auf unsympathisch, was sich schon auf den ersten Seiten abgezeichnet hat, als er Amber nach dem Examen abgeholt hat. Er legt nicht unbedingt soziale Kompetenz im Job an den Tag, er zwingt seinen Arbeitgeber und zukünftigen Schwiegervater in die Knie...
    Ein unguter Typ!

  • Zitat

    Original von Ines
    Bitte, bitte, ihr Lieben,


    versucht doch mal, Steve zu verstehen. Für euch ist er der Böse, Amber dagegen immer nur die Gute. Findet Ihr nicht, dass auch sie in dieser Ehe versagt hat?


    Hmmm schwierige Frage. Darf man in einer Situation denn nicht "versagen", in die man unfreiwillig geraten ist/gezwungen wurde? MUSS man sich arrangieren? Natürlich könnte es auf Dauer "einfacher" sein, sich anzupassen, als in ewigem Kampf zu leben. Andererseits: Verrät man dann nicht sich selbst, was noch viel mehr Kraft kostet? Und die Frage, die sich mir stellt: Kann man die Liebe/Zuneigung zu einem Menschen "erlernen"? Wenn dieser Mensch sich konsequent "gut" verhält, möglicherweise, wenn er aber ständig die eigenen Wertvorstellungen mit Füßen tritt, wohl kaum. Deshalb denke ich, hatte die Ehe der beiden nie eine echte Chance.


    Amber war eigentlich nicht immer die Gute für mich, wenn ich es mir recht überlege - aber im Gegensatz zu Steve schon :grin

  • Schnell meine 2 Zettelchen aus dem Buch und ein kleines Posting:
    Ganz überraschend ist für mich Steve´s Verhalten, als die Wehen einsetzen und er sich als kompetenter Entbindungshelfer gibt mit dem Hinweis, er hätte lange genug auf einer Rinderfarm gearbeitet. Irgendwie ein Bruch zum bisherigen. Und schwupps, kaum versuche ich die andere Seite von Steve zu erkennen, versucht er auch schon das Baby zu ersticken. Ich glaube fast, das wird nichts mehr mehr Steve!


    Daß in Folge Amber nicht als Winemaker arbeiten soll verwundert mich nicht, war es doch schon Zugeständnis genug von Walter, daß er Ambers Wunsch nachkam und sie die Ausbildung machen durfte.
    M.M. nach ist Amber bisher weder gut noch schlecht gezeichnet - bis zur Taufe von Maggies Kind. Warum glaubt Amber auf einmal, nur eingeladen worden zu sein, damit sich Maggie an ihrem Unglück weiden kann? Habe da keinen Bruch gelesen, Maggie war bisher für mich die glückliche junge Braut, jetzt Mutter, die sich gefreut hat, daß ihre alte Freundin Amber wieder zuhause ist. Hier interessiert mich, ob Amber auf Grund der Situation schon überall Niedertracht sieht oder ob es Maggie wirklich nur darum geht, sich mit dem Unglück anderer zu trösten?

  • Zitat von Milla:
    Hmmm schwierige Frage. Darf man in einer Situation denn nicht "versagen", in die man unfreiwillig geraten ist/gezwungen wurde? MUSS man sich arrangieren? Natürlich könnte es auf Dauer "einfacher" sein, sich anzupassen, als in ewigem Kampf zu leben. Andererseits: Verrät man dann nicht sich selbst, was noch viel mehr Kraft kostet? Und die Frage, die sich mir stellt: Kann man die Liebe/Zuneigung zu einem Menschen "erlernen"? Wenn dieser Mensch sich konsequent "gut" verhält, möglicherweise, wenn er aber ständig die eigenen Wertvorstellungen mit Füßen tritt, wohl kaum. Deshalb denke ich, hatte die Ehe der beiden nie eine echte Chance.



    Milla, du hast da interessante Fragen gestellt. Nein, man MUSS sich nicht arrangieren, aber das Leben wäre schlicht leichter. Außerdem erlaubt ein Arrangement, den anderen nicht nur durch die BöseBrille zu sehen. Andererseits: Verrät man sich selbst? Hmm...schwierig...verrät man sich, wenn man versucht, Schaden von sich zu wenden?
    Ob man die Liebe erlernen kann, da bin ich ziemlich sicher. Liebe ist eine Fähigkeit. Und meiner Meinung nach hat sie auch einiges mit dem Willen zu tun. "Will ich diesen Menschen lieben?"
    Bei einer solchen Herangehensweise fällt die Zuneigung leichter, glaube ich. Allerdings ist die Liebe natürlich nicht auf einen bloßen Willensakt zu reduzieren.

  • Zitat

    Original von Ines
    Bitte, bitte, ihr Lieben,


    versucht doch mal, Steve zu verstehen. Für euch ist er der Böse, Amber dagegen immer nur die Gute. Findet Ihr nicht, dass auch sie in dieser Ehe versagt hat?


    Verständnis für Steve zu entwickeln fällt mir, ehrlich gesagt, ziemlich schwer. Er versucht, sich mit seinen Gefühlen für Amber herauszureden, aber immerhin hat er sie zu einer Ehe gezwungen, in dem er sie damit erpresst, ihren Vater ins Gefängnis zu bringen. Was ich aber am schlimmsten finde, ist sein Verhalten Jonah gegenüber. Das Kind kann ja nun wirklich überhaupt nichts für das, was geschehen ist. Solche Boshaftigkeit einem kleinen Kind gegenüber finde ich durch gar nichts zu rechtfertigen, egal, wie enttäuscht er von der Mutter ist.


    Amber ist für mich keineswegs die Gute. Im zweiten Teil hat sie zwar noch viele Sympathiepunkte bei mir, aber die verlieren sich zum großen Teil im Laufe des Buches. Allerdings denke ich nicht, dass sie in der Ehe versagt hat. Immerhin ist sie durch Erpressung in diese Ehe gezwungen worden, nachdem der Mann ermordet wurde, den sie liebt.

  • Zitat

    Original von Laila
    Amber ist für mich keineswegs die Gute. Im zweiten Teil hat sie zwar noch viele Sympathiepunkte bei mir, aber die verlieren sich zum großen Teil im Laufe des Buches. Allerdings denke ich nicht, dass sie in der Ehe versagt hat. Immerhin ist sie durch Erpressung in diese Ehe gezwungen worden, nachdem der Mann ermordet wurde, den sie liebt.


    Hallo Laila,
    da geht es dir wie mir. Ich fand auch, dass Amber sich selbst im Laufe des Buches mehr oder weniger aufgegeben hat. Man hat fast das Bedürfnis, sie zwischendurch schütteln zu wollen, so sehr ging sie mir mit ihrer Gleichgültigkeit auf die Nerven. Sie scheint nicht zu merken, wie sehr Steve ihrem Sohn zusetzt und ihm das Leben schwer macht. Ein Wunder, dass der Junge nicht verbittert, angesichts der Herzlosigkeit seines Stiefvaters und der tatenlos zusehenden Mutter. Am Anfang des Buches war Amber eine couragierte und emanzipierte Frau und im Laufe der Handlung wird sie richtig phlegmatisch. Sie erträgt alles ziemlich apatisch und auch Ralphs Annäherungsversuche lassen sie zwar nicht kalt, aber sie schafft es nicht, wenigstens ihm die Wahrheit zu sagen.

  • Ich finde, Ambers Leben bestand zu einem großen Teil aus Angst. Und Angst lähmt ja, oder? Vielleicht steckte sie auch seit Jonahs Tod in einer Depression, die man damals dort so nicht nannte. Vielleicht kam ihre Antriebsschwäche auch daher. Vielleicht aber hatte der Anlauf, sich als Winemakerin und Aboriginieehefrau zu sehen, so viel Kraft gekostet, dass nun einfach die Luft raus war.

  • Ines
    Idgie hat es schon beantwortet. Amber ist mir als Heldin einfach zu schwach. Dieses Bedürfnis, sie schütteln zu wollen, hatte ich vor allem zum Ende des Buches hin.