Dimitri Verhulst - Problemski Hotel

  • Klappentext:


    Ein Star-Fotograf, der aus seinem Land fliehen musste. Ein Ex-Profi-Boxer, der von einer Zukunft als Fremdenlegionär träumt. Und ein Kashmiri, der auf verzweifelter Frauenjagd ist, um durch eine Heirat das Bleiberecht zu erlangen: Im „Problemski Hotel“, einem ganz normalen Asylantenheim irgendwo in Europa, liegen Komik und Tragödie verdammt nahe beeinander.


    Der Autor:


    Dimitri Verhulst, geboren 1972, lebt als Journalist und Autor in einem Wald in Belgien. „Problemski Hotel“, sein zweiter Roman und der erste in deutscher Sprache, beruht auf wahren Begebenheiten: Für die Recherche zu einer Reportage verbrachte Verhulst einige Zeit in einem Asylbewerberheim. Die Erlebnisse, die er dort hatte, und die Menschen, die er dort traf, ließen ihn nicht mehr los. Der Roman ist die abgründig-komische Verarbeitung dieser Erfahrungen und rief in Belgien und den Niederlanden großes Presseecho hervor.


    Meine Meinung:


    Was spielt sich hinter den Zäunen und Mauern eines Asylbewerberheims ab? Wie leben die Menschen, die voll ängstlicher Hoffnung auf einen Neuanfang für unbestimmte Zeit in Containern und Baracken hausen? Dimitri Verhulst verarbeitet seine Beobachtungen und Erfahrungen mit einer guten Portion schwarzem Humor.


    Schon die erstklassige Eingangsszene lässt den Leser mit ungläubigem Staunen zurück: ‚ „Tu einfach so, als wär ich gar nicht da“, sagte ich zu dem verhungernden Kind, das ich fotografieren sollte.’ Der Ich-Erzähler kalkuliert vorausschauend, wie viele Stunden das Kind wohl noch zu leben hat und ob es sich lohnt, darauf zu warten, dass eine Fliege sich auf sein Gesicht setzen wird. Er denkt an nichts anderes als den Erfolg, den ihm dieses Bild bescheren wird.


    Später, nachdem er aus seiner Heimat geflohen ist und in Belgien Asyl beantragt hat, sitzt er in einem Asylbewerberheim, und niemand interessiert sich für seine erfolgreiche Vergangenheit. Er berichtet vom Leben und Warten in dieser Zwischenstation zwischen Asylantrag und Ausweisung oder – mit ganz viel Glück – dem positiven Bescheid.


    Komisches und Grausames liegen in diesem Roman dicht beieinander. Dimitri Verhulst erzählt in kurzen Kapiteln von erstaunlichen, tragischen und kuriosen Geschichten seiner Mitbewohner – sarkastisch, bitter und unterhaltsam, mit einem Humor, der sich oft am Abgrund bewegt.


    Fazit:
    Ein großartiger kleiner Roman, gekonnt geschrieben und intelligent konstruiert.

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  • Les ich grad so nebenher....bis jetzt sehr gut :grin


    Edit:


    Lies sich locker weglesen würde ich zu jedem anderen Buch dieser Größe sagen. Locker weglesen trifft es hier aber rein gar nicht. Hier war immer mal ein Kloss im Hals, ein Schlucken notwendig oder aber auch ein Moment sich wieder darauf besinnen, daß es tatsächlich nur ein Buch ist und mich in dem schönen Schein sonnen, daß es ganz gewiss nicht ganz so schlimm sein kann, für Bücher wird ja überzeichnet.
    Das Schlußwort holt einen dann gänzlich von dieser naiven Weltsicht weg.
    Verhulst schildert echt, lebensnah, böse, deprimierend, pointiert und vorallem ungeschön. Da werden die alltäglichen Probleme wie stumpfe Rasierklingen, die aber tatsächlich noch zum Selbstmord ausreichen thematisiert, die Möglichkeit mit der Heimhure für ein paar Kippen ins Bett zu gehen, die glorifizierte Flucht im Container nach London wird ernsthaft in Betracht gezogen und die immer noch im Kriegsgebiet befindliche Mutter wird über das eigene Schicksal hemmungslos belogen, damit sie das Kind in Sicherheit wähnt.
    Dazu ein schnodderig ironischer Schreibstil und Menschen, die diese Geschichten erzählenswert machen.
    Alle Daumen hoch für Problemski Hotel....

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    das hört sich so an, als wäre es an der Zeit, Problemski Hotel aus dem SUB zu befreien....


    @ Draper
    auf jeden Fall, es sei denn du willst besinnliche Gutmenschenweihnachtslektüre, dann lieber nicht. :lache

  • Literarische Weltreise: Belgien


    Wie schon „Die Beschissenheit der Dinge“ ist auch dieser Roman ein Buch, bei dem einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Bipul Masli, einst hoffnungsvoller Fotograf, nun hoffnungsloser Asylant, lebt in einem Asylantenheim in der belgischen Provinz und erzählt auf ungeheuer komische Art ungeheuer traurige Geschichten aus diesem Heim.
    Weit jenseits jeglicher politischer Korrektheit, aber mit viel Empathie, schildert er seine Schicksalsgenossen, ihren absurd tatenlosen Alltag und ihre tragische Vergangenheit. Mit wirklich tief schwarzem Humor beschreibt er die Menschen, ohne sich über sie lustig zu machen. Im Gegenteil. Kleine, zunächst unscheinbare Nebensätze, hauten mir nach Passagen, bei denen ich mich schlapplachte, ganz unverhofft in den Magen.


    Gerade durch die auf den ersten Blick respektlose Sprache treffen einen diese Schicksale mitten ins Herz. Mehr als jeder politisch korrekte Roman, der die Missstände unserer Asylpolitik anprangert, schafft es dieses nur auf den ersten Blick saukomische Buch, nicht etwa Mitleid, sondern Wut auf diese schreiende Ungerechtigkeit auszulösen.


    Obwohl ich so kurze Bücher eigentlich nicht leiden kann, ist es Verhulst mit diesem Buch, ohne einen backsteinschweren Problemwälzer zu schreiben, gelungen, auf bewundernswerte Art ein ernstes Problem an die Leserschaft zu bringen. Von mir eine maximale Empfehlung!

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)