Sind das die Buchläden von morgen?

  • Mag sein, dass für manche User dieses Posting als Frust aufgefasst wird, aber ich stelle mir die Frage, wo wollen die Buchläden von heute eigentlich hin?


    Ist es denn völlig egal, welche Leute in den Buchläden arbeiten? Anscheinend muss man nie Bücher gelesen haben, um in dieser Branche arbeiten zu können.


    Nun bewarb ich mich vor vielen Wochen bei 2 Buchhandlungen. Im Vorstellungsgespräch legte ich jenen Chefs meine Unterlagen vor, zeigte ihnen deutlich, dass Lesen mein größtes Hobby ist, ich selber Bücher rezensieren kann und mich besonders bei Hist. Romane auskenne, und über die gängige Trivialliteratur bescheid weiß. Gesagt getan, die Chefs schwärmten natürlich scheinheilig von den guten Noten und Qualifikationen und vertrösteten mich bis auf nächste Woche.


    Nächste Woche - sehr gut. Aus einer Woche wurden 5 Monate. In diesen Monaten versuchte ich alle 2 Wochen herauszufinden, ob eine Entscheidung getroffen worden sei. Ich wurde jedesmal auf nächste Woche verwiesen.


    Und dann, vor zwei Wochen, bekam ich die Entscheidung per Brief. "Sie haben zweifelsohne gute Qualitfikationen, aber wir haben uns aus verschiedensten Gründen anders entschieden ...".


    Ich habe mich von diesen "verschiedensten Gründen" selber überzeugen können, letzte Woche, als ich meine berühmten Buchhandeltests durchführte. ;-)


    Das neue Personal hat von Literatur nicht die gringste Ahnung. Bei einer Dame hatte ich das Gefühl, dass sie noch nie ein Buch anfgefasst hatte. Eine Frage zum Beispiel: Welchen Hist. Roman könnten sie mir denn empfehlen? "Na, da gibt es ja die von dieser Rebecca GABEL, wie heißt der noch, öhm, Die Säulen der Erde."
    Da musste ich mich wirklich zusammenreissen, und stelte die nächste Frage: "Ich interessiere mich für das Buch 1984 von George Orwell. Könnten Sie mir den Inhalt genauer beschreiben". Darauf die Dame "Ähm ... uff ... noch nie gelesen, eigentlich interessiert mich das nicht so richtig ..."


    Innerhalb der nächsten 10 Minuten folgten weitere unglaubliche Details, die nichts mit Anfängernervösität zu tun hatten, sondern mit schlichter Inkompetenz.


    Leider ist dies kein Einzelfall.
    Ich habe nicht nur durch meine eigene Erfahrung den Eindruck, dass selbst in den kleinen Buchläden nicht mehr auf Qualität gesetzt wird, sondern auf billiges Personal, dass mit Lesen nichts am Hut hat.


    Da gibt es soviele Leseratten, die davon träumen, im Buchhandel arbeiten zu können. Und dann kommt die berühmte Freunderlwirtschaft ins Spiel, die die Qualität zermalmt. Nicht umsonst ist die besagt Dame eine Nichte einer älteren Mitarbeitern des Buchhandels. Für das zu wissen musste ich 5 Monate umsonst warten. ;-)


    mfg

  • Ich kann deinen Frust gut verstehen. Das ist sicher auch eine Frage von Angebot und Nachfrage.


    Vielleicht legt der Durchschnittsbuchkäufer nicht so großen Wert auf kompetente Beratung. Weiß sicher in der Regel nicht so viel über Bücher, wie du. Eine Wunschvorstellung sollte es mindestens sein, dass man beraten wird. Keine Ahnung, wie die meisten Leute Bücher kaufen. Ich denke mal, in den meisten Fällen haben sie von einem Buch gehört oder gelesen und kommen mit einer konkreten Kaufvorstellung in den Laden.


    Ich habe durchweg nur gute Erfahrungen in unserem kleinen Buchladen gemacht. Alle diesbezüglichen Fragen wurden mir beantwortet, von Fachpersonal und super freundlich. Auf lange Sicht bewährt sich so eine Geschäftspolitik wohl eher. Hoffe ich zumindest. Wenn ich auch inzwischen sehr preisbewußt bin und vergleiche, kaufe ich meine Bücher aber doch lieber und ganz sicher bei Preisgleichheit in meiner Buchhandlung um die Ecke. Vom Wühltisch im Kaufhaus oder bei Weltbild z.B. nur (das gebe ich hier mal zu), wenn ich sicher bin, dort auch ein Schnäppchen zu machen.

  • Also ich muss auch leider sagen, dass ich von Buchläden eigentlich nicht sonderlich angetan bin. Die, die ich hier in der Nähe habe, sind auch alle sehr unpersönlich und man hat beim Personal nicht unbedingt den Eindruck, dass sie gerne lesen... :(


    Ausnahmen bestätigen sicherlich die Regel, wie ich im Buchladen von Wolkes Freundin sehen konnte. Dieses war ein Buchladen, wie ich ihn mir wünsche: Persönlich, liebevoll eingerichtet und aufgeteilt, nettes, interessiertes Personal.... Aber leider ist es wohl wirklich eine Ausnahme... :(

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Historikus
    Vielleicht spielt bei Deinen Eindrücken schon der Frust über eine verpasste "Traum"-Arbeitsstelle eine Rolle und die junge Dame hätte in Deinem Verhör bei einem anderen Genre noch ein paar Trümpfe auf der Hand gehabt? ;) Bei historischen Romanen hätte ich ja auch erstmal die Päpstin empfohlen. Allerdings hätte ich dafür Orwell erzählen können. :-)
    Ist aber natürlich verständlich, dass es ärgert, wenn man den Eindruck hat, den Job besser zu können, aber nicht die Chance dazu bekommt.


    Mich stört Verkäufer-Inkompentenz beim Bücherkauf so gut wie gar nicht, da ich meist recht genaue Vorstellungen habe und gezielt vor Ort kaufe bzw. bestelle. Ansonsten schaue ich mir gerne die aufgeschichteten Stapel Neuerscheinungen an und warte einfach ab, ob mich das von sich aus anspringt.


    Buchverkäufer müssen bei mir idealerweise nur pünktlich den Laden aufsperren, an der Kasse auf mich warten und ansonsten bitte die Klappe halten. :-) anwesende Buchtussis - Huhu Fritzi und Wolke! - natürlich ausgeschlossen


    Gruss,


    Doc

  • Hallo Doc, ich sehe, daß wir beide die gleiche Einstellung zum Buchkauf haben. Mir genügt es, wenn das Personal in der Lage ist, den Bestellpc zu bedienen und mir evtl. noch raussuchen kann, welche Bücher es von welchem Autor noch gibt. Ansonsten will ich in Ruhe gelassen werden und meine Lektüre in Gemütlichkeit selbst raussuchen können.
    Deshalb bin ich ja von Gondrom in Kaiserslautern so begeistert. Kein Personal, das mich nervt, sonder abwartet, bis ich von mir aus auf sie komme, Ruhe beim Stöbern, und wenn es den ganzen Tag dauert. So stelle ich mir einen guten Bücherkauf vor. :]

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Hallo His,
    über die Qualität der Buchläden und Händler möchte ich möchte ich hier gar nicht weiter eingehen, weil jeder Laden anders ist und wir zumindest bei uns versuchen, unsere Sache so gut wie möglich zu machen.


    Aber aus deinem Beitrag lese ich unglaublich viel Frust heraus. Das ist soweit sicherlich verständlich, was ich nur überhaupt nicht nachvollziehen kann ist, warum du dich in 5 Monaten nur in 2 Läden beworben hast. Vielleicht gibt es nicht direkt vor deiner Haustür weitere Geschäfte, aber sicherlich in den Nachbarorten. Warum versuchst du dein Glück nicht noch einmal in weiteren Geschäften.
    Versuche in einem Laden als Praktikant zu arbeiten, vielleicht wird man auf dich aufmerksam und bietet dir danach einen Job an, wenn nicht, kannst du zumindest in deinen Bewerbungen schreiben, du hättest schon mal bibliographiert und im Laden gestanden, Kunden beraten etc, etc.

  • @Babyjane:

    Zitat

    Original von Babyjane
    Morgana wo ist der denn????

    Du meinst diesen tollen Buchladen? Der ist in der Nähe von Hannover. Das ist der von Wolkes Freundin, wo sie auch arbeitet. Den habe ich bei einem Besuch bei Wolke kennen gelernt. Bei uns in der Nähe kenne ich leider keinen solchen Laden... :(

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • das ist dumm gelaufen für dich his.


    das sind aber schon mal tolle voraussichten.. will selbst mal in einem jahr nach meiner lehre versuchen mich bei einem buchladen zu bewerben.
    das man sich vielleicht gleich auf doof stellen soll von wegen ich hab noch nie was gelesen bis auf den aufdruck des toletenpapiers.


    so wirklich hab ich noch nie mit dem person al in einer buchhandlung geredet. ausser ich hab was gesucht und wollt legetlich wissen wo ich es finden kann. sonst weis ich was ich will doer ich stöber.

  • Ein gewisser Überblick über das vorhandene Repertoire und ein paar Kenntnisse über das jeweilige Genre sind aber alles andere als hinderlich. Keiner verlangt doch in Wirklichkeit, dass ein Händler oder Buchverkäufer sich überall auskennt.
    Aber ich empfinde es als durchaus angenehm, wenn ich z.B. für einen Freund ein Buch kaufen will, und kompetent beraten werde, wenn ich in groben Zügen die Vorlieben des zu Beschenkenden beschreibe.


    So habe ich mal in meiner Stammbuchhandlung ein Geburtstagsgeschenk gesucht und die Lesegewohnheiten des Freundes kurz beschrieben, sowie ein Beispielbuch genannt. Ich suchte etwas in dieser beschriebenen Richtung. Die Buchhändlerin empfahl mir ein Buch von Arto Paasilinna einem finnischen Schriftsteller mit feinem hintersinnigen Humor. Ein paar Seiten hab ich angelesen und das Buch gekauft.
    Ein Bombenerfolg! Nicht nur, dass das Buch schon lange auf der Wunschliste stand, nein, mein Freund hatte den Autor auch auf der Buchmesse persönlich getroffen und sich richtig gefreut.


    Wenn ich für mich selbst ein Buch suche, habe ich klare Vorstellungen und benötige nicht oft eine Beratung. Aber für diese Tipps bin ich immer dankbar und meist liege ich goldrichtig damit. Einer der Gründe, warum ich einen solchen Service gut ausgebildeten und ambitionierten Personals so schätze. :-)

  • ich bin bisher noch in keiner buchhandlung von jemandem bedient worden, das absolut keine ahnung hatte. und ich kann mir auch nicht denken, dass ein kompletter dummkopf so einen job bekommt. kann man es sich denn leisten einen absolut inkompetenten mitarbeiter zu finanzieren?!
    ich stöbere zwar auch lieber alleine, aber bisher konnte man mir immer weiterhelfen, wenn ich eine frage habe. das einzige, was mir an manchen buchhändlern stinkt ist ihre unfreundlichkeit und arroganz.
    wäre ich ein arbeitgeber würde ich neben der fachlichen kompetenz auch auf die soziale wert legen. und die hat bei weitem auch nicht jeder vorzuweisen.....

  • Also ich brauche fast nie Bedienung in einem Buchladen weil ich eh immer entweder nach einem Buch speziell gucke oder (meistens) mir einfach eins aussuche.


    Irgendwie habe ich noch nie andere Fragen gestellt ausser "Haben Sie X von Y?" oder "Können Sie es mir dann bestellen und wann ist es da?";)


    Aber wenn ihr das so sagt dann werd ich das vielleicht mal irgendwann testen.

  • Ein kleiner Vergleich zu einem besseren Verständnis:


    Ist es egal, wenn jemand in einem Kleidungsgeschäft verkauft, und keinen Überblick über die Mode hat?


    Ich denke, nicht. Genauso sollte es im Buchladen sein. Ein Verkäufer sollte schon einen allgemeinen Überblick über Literatur besitzen, dass heißt nicht alles wissen, sondern 1. was wird gerade gelesen 2. wie schauen die Bestsellerlisten aus 3. eigene Lesetipps haben, was eigentlich nicht auf den Listen steht, 4. den ungefähren Inhalt beliebter Bücher kennen etc.


    Leider mache ich immer öfter die Erfahrung, dass dem nicht so ist. Die Verkäuferin war kein Dummkopf, sondern ist schlichtweg keine Leserin.


    Und ich denke schon, dass wir Leser in dieser Hinsicht Ansprüche stellen sollten. Denn eine gute Beratung schätzt man schließlich in allen kaufmännschischen Bereichen.


    mfg

  • was auf den bestsellerlisten zu finden ist, weiß doch jeder, der sich für bücher interessiert? diejenigen, die dieses forum oder andere foren lesen brauchen sich diese antwort schonmal nicht im buchladen holen, menschen ohne internetanschluss sind sicher auch über die bestsellerlisten informiert. danach muss ich im laden schonmal nicht fragen. und wenn doch, hängen da plakate aus oder es gibt regale, in denen die bestseller aufgelistet sind.
    was so gelesen wird konnte mir das personal im buchladen eigentlich immer sagen, und ich wurde beraten, wenn ich fragen hatte.
    somit hat das personal in meinen stammbuchläden alle deine voraussetzungen, die du in deinem letzten beitrag aufzählst, erfüllt.
    (ok, wenn ich im kaufhof oder bei walmart in der buchabteilung bin, kann ich vielleicht nicht absolut kompetente beratung verlangen...)

  • His,


    auch wenn ich eigentlich seltener die Beratung in einer Buchhandlung suche, gebe ich Dir Recht, daß der Händler zumindest eine Ahnung haben sollte, was er da verkauft (oder zumindest verkaufen will). Sehr viel Erfahrung bekommt man ja durch das Gespräch mit den Kunden, da sich nun mal niemand für jedes Gebiet interessiert, da bekommt die frische Buchhändlerin von mir noch einen Bonus. Etwas unfair finde ich, daß Du sie anscheinend sehr auf der historischen Schiene festgenagelt hast. Auf der anderen Seite sollte sie aber zumindest die Handlung von 1984 kennen, da das ein wirklicher Klassiker ist und es meiner Meinung schon zur Allgemeinbildung gehört (auch wenn das Buch nicht mein Fall war, das aber auch nur wegen des Schreibstils, der Inhalt ansonsten ist wirklich genial). Dann auch noch zu sagen, es sei ihr eigentlich egal :yikes , das sollte ich mal einem meiner Kunden sagen.... Egal was man verkauft, und wenn es nur Bleistifte sind, man darf einem Kunden nicht vermitteln, daß er einem egal ist. Der dreht sich doch gleich wieder um und geht in den nächsten Laden.


    Verlier aber durch diese Geschichte nicht den Mut und versuch's weiter. Würdest Du wirklich mit Leuten, die keine Ahnung von Büchern haben zusammen arbeiten wollen :chen


    Viel Glück und liebe Grüße
    Filti

  • Zitat

    Original von Demosthenes
    Ansonsten will ich in Ruhe gelassen werden und meine Lektüre in Gemütlichkeit selbst raussuchen können.
    Deshalb bin ich ja von Gondrom in Kaiserslautern so begeistert. Kein Personal, das mich nervt, sonder abwartet, bis ich von mir aus auf sie komme, Ruhe beim Stöbern, und wenn es den ganzen Tag dauert. So stelle ich mir einen guten Bücherkauf vor. :]


    Genauso geht es mir auch, nichts ist schlimmer, als wenn die Verkäufer/innen hinter einem kleben... so eine Freiheit wünsche ich mir nicht nur in Buchläden, sondern auch beim Klamottenkaufen.

  • Zitat

    Original von Lilli


    Genauso geht es mir auch, nichts ist schlimmer, als wenn die Verkäufer/innen hinter einem kleben... so eine Freiheit wünsche ich mir nicht nur in Buchläden, sondern auch beim Klamottenkaufen.


    Oh ja, und ich dachte das geht nur mir so, da ich nicht sooo gern rede...

  • Zitat

    Original von Lilli
    Genauso geht es mir auch, nichts ist schlimmer, als wenn die Verkäufer/innen hinter einem kleben... so eine Freiheit wünsche ich mir nicht nur in Buchläden, sondern auch beim Klamottenkaufen.


    Ich bin voll und ganz Deiner Meinung. Und hat man beim Klamotten kaufen dann mal einen Laden erwischt, wo sie einen in Ruhe schauen lassen, dann findet man dann auch garantiert keinen, wenn man wirklich mal jemanden braucht... :lache

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat