John Updike: Landleben

  • Updike hat bereits mit „Gegen Ende der Zeit“ (2002) eine Art Alterswerk vorgelegt, einen Lebensrückblick, wenn auch gekleidet in eine Endzeit-Utopie. Mit „Landleben“ variiert er das Thema; der Roman ist ein Rückblick auf ein mediokres Leben zwischen geschäftlichem Erfolg, Familie, ländlichem Umgang und einer überschaubaren Anzahl Affairen.


    Owen Mackenzie ist über siebzig, lebt mit seiner zweiten Frau Julia in einem dieser Käffer, einer beschaulichen Kleinstadt irgendwo in Conneticut, und er blickt zurück auf die Zeit und, vor allem, die Frauen vorher. Da waren die Mädchen an seiner Schule, die ihn auch mal absichtlich unter ihre Shorts blicken ließen, da war Phyllis, seine erste Frau, eine duldsame Intellektuelle, da waren Faye, Karen und einige andere, die sich anboten und willig genommen wurden. Zwischen diesen Seitensprüngen, deren direkte Beschreibungen insbesondere der Sexualität zuweilen das „Ekelbä“ aus den Kindheitsbeschreibungen in Erinnerung rufen, erzählt Updike von den fraglien Strukturen ländlichen Lebens, von den kleinen Machtspielen, vom Klatsch und der zurückgezogenen Beschaulichkeit des Seins. Owen ist Computerexperte, und deshalb meint Updike, parallel die Entstehung des Computerzeitalters beschreiben zu müssen. Hier gibt es Abschnitte, die mit aneinandergereihten Fakten vollgestopft sind, und von denen man beim Lesen meint, sie entstammten nicht Updikes Feder.


    Dieser Roman hat eigentlich alles, was man erwarten kann: Er schildert eine Kindheit, die Zeit der Adoleszenz, das Erwachsenwerden, das irgendwie niemals wirklich eintritt, bietet eine Vielzahl von Figuren und Schauplätzen, die intensiv, eindringlich, manchmal ein bißchen zu akribisch beschrieben werden. Aber das Buch hat Brüche, zum Beispiel stilistische, wenn es um Sex und Technik geht, und es bietet so gut wie keine Dramatik, denn die Handlungsstränge sind bestenfalls Fäden, die über das genaugenommen nicht sehr dicke, aber sehr gedehnt wirkende Buch bis zum Zerreißen ausgedünnt werden. Außerdem ist es fast völlig konfliktfrei.


    All die großen Erzähler wie Roth, Updike, Eugenides, Franzen und die vielen anderen, sie vermitteln Lebensgeschichten, erzählen Familiensagas. Irgendwann ist alles beschrieben, alles gesagt, und die Variationen beginnen dann zu nerven. Leider gehört „Landleben“ in diese Kategorie. Nicht eigenständig genug, um zu überraschen, und zu vorhersehbar, um Spaß zu machen. Da täuscht die zweifelsohne enorme erzählerische Fertigkeit nicht drüber hinweg.

  • Das Buch ausgelesen und etwas verstimmt zur Seite gepackt. In vielem kann ich meinem "Vorschreiber" wirklich nur zustimmen. Nach der Lektüre von "Landleben" blieb ein kleiner Haufen Enttäuschung zurück. Das ist nicht der Updike der "Rabbit-Romane" obwohl auch hier der fünfte Teil schon eine leichte Enttäuschung für mich war.


    Updike reiht sich nahtlos in die Phalanx der Autoren ein, die mir mit ihrem "Alt-Männer-Geschwätz" wirklich auf den Geist gehen. Philip Roth gehört leider auch zu dieser Spezies.


    Ich habe "Landleben" wie das "Potenz-Barometer" eines gelebten Lebens empfunden. Vielleicht hätte man mal zählen sollen, wie oft das Wort "ficken" darin vorkam.


    Updike ist sicher ein begnadeter Erzähler, nur stimmt auch in diesem Falle der Spruch: Weniger ist manchmal mehr.


    Mein Fazit: Wer dieses Buch nicht gelesen hat, der hat nichts verpasst.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.