'Die Wolke' - Kapitel 06 - 10

  • Mit den Kapiteln, die im Nothospital spielen, lässt die Sogwirkung des Buches etwas nach. Es ist immer noch spannend und erschütternd, aber ich habe nicht mehr so sehr mitgefiebert, was als nächstes kommt, wie in den ersten Kapiteln.


    Die Zeit im Nothospital fand ich schrecklich, zu sehen, wie alle bekannten Gesichter ringsum nach und nach sterben, wie Janna selbst krank wird und dazu die Ungewissheit, was aus ihren Eltern geworden ist.


    Mich hat überrascht, dass sie ihre Tante Helga am liebsten garnicht sehen wollte. Ich hätte erwartet, sie würde sich über jedes bekannte Gesicht freuen, auch wenn es nun nicht gerade die Lieblings-Tante ist.


    Dass Janna die Wochen in Hamburg so zermürbend empfand, konnte ich dagegen sehr gut verstehen. Eine Tante, die zwar "das Beste" will, aber keinerlei Verständnis für die Situation des Mädchens hat und nur nach außen hin die heile Welt präsentieren will - schrecklich.

  • Janna-Berta ist auch während der ersten Zeit im Krankenhaus sehr mutig, kämpferisch - aber vor allem ist sie wütend.
    Bedrückend war, dass nach und nach soviele Kinder in Herleshausen gestorben sind.
    Schockiert hat mich Tante Helga, die sich (nach außen) mehr Gedanken um Jannas Wirkung auf andere Menschen macht, als zu fragen, wie sich Janna-Berta wirklich fühlt. Wütend gemacht hat mich die Lüge, die Helga den Großeltern auftischt, der Rest der Familie sei im Sanatorium.
    Tünnes ist erst ein Lichtblick für Janna-Berta und Ayse, er verliert aber ihr Vertrauen, indem er nicht die Wahrheit über Janna´s Familie erzählt. (Übrigens war ja auch da schon das Kopftuch ein Thema, fiel mir nur so nebenbei auf)


    Auf Seite 127 wurde der "neue" Unterschied zwischen Arm und Reich beschrieben, ist es nicht heute auch schon so, auch ohne so eine Katastrophe? Ich meine hier im Bezug auf Gammelfleisch, Obst etc., die Menschen, die Hartz4 bekommen, können sich ja jetzt schon teilweise kein frisches Obst mehr leisten und zum Schlachter ihres Vertrauens können sie meist auch nicht.

  • Huhu!
    Mir kommt Janna-Berta ein wenig zu erwachsen vor, aber vielleicht liegts an der Erzählperspektive? Die Szenen im Hospital empfinde ich wie chiclana.
    Bibi, das mit Arm udn Reich ist auch jetzt so. Dazu braucht es keine Katastrophe, da hast Du Recht.
    Geht es Euch auch so, dass beim Lesen dieser Gedanke im Hintergrund sitzt, was man selbst in so einer Situation tun würde?
    Mich würde interessieren, ob die Autorin mit Ayse ganz bewusst eine Figur aus einer anderen Kultur installiert hat und wenn ja, mit welchem Hintergedanken. Oder ob das Zufall ist?
    Grüßlein
    Silke

  • Hallo Silke,


    ich denke, sie hat ganz bewusst jemand aus einem anderen Kulturkreis gewählt, vielleicht auch um darauf hinzuweisen, dass es ALLE Bevölkerungsgruppen getroffen hat und um damit die angebliche Andersartigkeit der Migranten aus den Köpfen zu "fegen"?!


    Mir ging es beim Lesen auf jeden Fall so, dass ich überlegt habe, wie ich in dieser Situation handeln würde, auch meinem Mann ging es so.


    Bianca

  • Zitat

    Original von keinkomma
    Geht es Euch auch so, dass beim Lesen dieser Gedanke im Hintergrund sitzt, was man selbst in so einer Situation tun würde?


    Ja, auf jeden Fall. Das hat mich während des Lesens und auch anschließend ziemlich beschäftigt.


    Ein anderes Thema aus dem Buch, das bei mir noch ziemlich nachklingt sind die Lebensmittel und die Schwierigkeiten noch irgendwie an unverseuchtes Essen heranzukommen. Ihr habt schon recht, in gewisser Weise gibt es diese Unterschiede heute schon.

  • Gestern abend habe ich nun auch endlich bis Kapitel 10 gelesen. Irgendwas gefällt mir am Buch gerade nicht mehr so gut. Ich glaube, dass es mir geht wie keinkomma und ich Jannas Handlungen/Gedanken zu erwachsen finde. Ihre Gedankengänge kann ich teilweise nicht nachvollziehen, obwohl ich ein paar Jahre Älter bin. Die Wochen in Herleshausen waren für mich sehr bedrückend, weil nacheinander so viele Kinder gestorben sind und ich nur darauf wartete, dass Jannas Eltern zur Tür hinein kommen. Die Abneigung der Tante gegenüber finde ich übertrieben und vor allem auch widersprüchlich gegenüber des ersten Teils im Buch, in dem Janna ja unbedingt mit Uli zu der Tante möchte. In dieser Situation könnte ich mir vorstellen, dass man sich "freut" überhaupt noch irgendwen zu haben, der sich um einen kümmert. Aber sympathisch wird Tante Helga (?) von der Autorin wirklich nicht dargestellt. Irritierend finde ich auch das Wiedersehen mit Elmar. Hamburg ist ja von Schlitz (gibt es den Ort eigentlich wirklich? :lache) ein gutes Stück entfernt und die erste Begegnung wurde mir einfach zu oberflächlich geschildert. Aber vielleicht bin ich da auch vom Film-Trailer geprägt, denn dort ist Elmar Jannas Freund. Verwirrend finde ich außerdem noch, dass Janna keinen Kontakt zu ihren Großeltern aufnimmt (Telefon?), denn die haben doch zusammen gewohnt und sind sich sehr nah.
    Die Lebensmittelknappheit ist bedrückend und ich glaube auch, dass man in der Gegenwart Parallelen sieht, denn einige Menschen können sich heute schon nicht mehr das qualitativ wertvollere Fleisch/tierische Erzeugnis/Obst&Gemüse leisten und müssen auf minderwertigere Lebensmittel zurückgreifen.


    Alles in allem finde ich, dass viel zu viele bedeutende Informationen im Buch aneinander gereiht sind, ohne dass näher darauf eingegangen wird. Mich hätte zum Beispiel auch interessiert, wie es zu dem Unfall im Reaktor gekommen ist und das hätte man ja in die Nachrichten einbauen können?


    Ich bin jetzt schon der Meinung, dass das Buch nicht für Kinder geeignet ist und wenn es Jugendliche lesen sollten sie einen Ansprechpartner haben, der ihnen die Angst nimmt. Ich gebe es nämlich zu, ich war immer pro Atompolitik, denke jetzt aber gerade intensiver darüber nach, was ich davon halten soll. Aber das möchte Gudrun Pausewang schließlich bezwecken.
    Ich weiß nicht, was ich machen würde. Die Vorstellung "verstrahlt" zu sein ist so grausam, dass ich auf der Stelle anfangen könnte zu weinen. Auf eine Art kann ich es sogar sehr nachvollziehen, dass Jannas größte Angst war, die Haare zu verlieren, was ja heißt gebranntmarkt zu sein.


    Ich muss mir jetzt nach dem Buch erst einmal viel mehr Gedanken um dieses komplexe Thema machen und mich näher über eventuelle Risiken informieren.

  • Hallo alle!
    Ich glaube, das ist kein Buch, das man alleine lesen kann. Zum einen tun sich viele Fragen auf, zum anderen werden so viele Punkte aneinander gereiht, wird so viel serviert - ich glaube, wenn man da nicht mit jemandem drüber sprechen kann, bleibt ein ganz ungutes Gefühl. Da prallen Informationen auf den Leser ein, die man so einfach nicht verdauen kann.
    Umso besser, dass esdie Eulen-Leserunde gibt!
    Liebe Grüße
    Silke

  • Zitat

    Original von keinkomma
    Umso besser, dass esdie Eulen-Leserunde gibt!


    :write
    Ja, da das Buch so nachdenklich macht und viele Fragen entstehen, ist es prima, wenn man sich darüber austauschen kann.



    Zitat

    Original von dani
    Alles in allem finde ich, dass viel zu viele bedeutende Informationen im Buch aneinander gereiht sind, ohne dass näher darauf eingegangen wird. Mich hätte zum Beispiel auch interessiert, wie es zu dem Unfall im Reaktor gekommen ist und das hätte man ja in die Nachrichten einbauen können?


    Stimmt, die Fakten zu dem eigentlichen Unglück kommen zu kurz. Aber andererseits kann ich mir auch vorstellen, dass Janna durch die Sorge um ihre Familie und ihre Krankheit gar keine Energie hat, sich auch noch um Fakten zu kümmern.

  • Ich bin jetzt in Kapitel 8. Es ist erschreckend für mich, welche schlimmen Dinge Janna-Berta in dem Nothospital sehen muss. Schön, dass sie in Ayse eine Freundin gefunden hat aber


    Und ich fand es sehr erschütternd,


    Ich finde das Buch macht einem sehr deutlich, wie so ein Reaktorunfall wirklich aussehen kann und ausgehen kann. Allein die Massenhysterie und die Menschen, die auf einmal keine Rücksicht mehr auf andere nehmen sondern nur noch an sich denken.


    Es ist furchtbar.


    Aber mir gefällt das Buch bisher sehr gut. Es liest sich immer noch flüssig und ich finde es sehr interessant.

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner