Nu aba. Hier mein Senf zur aktuellen Runde.
Steilvorlage – Obwohl ich mich kein bisschen für Fußball interessiere, hat mich diese Geschichte gleich angesprochen. Ich war sofort drin im Geschehen, die Figuren leben und der letzte Satz ist sorgfältig gesetzt. 3 Punkte von mir.
Persiko – Auch eine feine Geschichte. Lebendig, lebensnah und auf jeden Fall 2 Punkte wert.
Alles keine Affäre – Dies war mein 3-Punkte-Kandidat: Tolle Idee, schön geschrieben, klasse Wortspiel. Wegen zu vieler Ungereimtheiten musste ich dann doch Punkte abziehen. Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob ich die Geschichte richtig verstanden habe. Wer hat da fremdgeküsst am Abend zuvor? Konrad? Der Hinweis „Er nimmt zu viel einfach so hin“ deutet darauf hin, dass seine Freundin auf Abwegen war. Und für wen ist der Ring? Für sie? Als Entschuldigung, weil doch er es war, der fremdgeküsst hat, und weil es ihm mit ihr am Ende doch ernst ist? Oder weil er nicht akzeptieren kann, dass sie eine Affäre hat und sie nun endgültig an sich binden will? Oder ist der Ring für seine Affäre, weil er alles haben möchte, nur keine Affäre? Und wenn das tatsächlich sein Wahlspruch ist, „alles, aber keine Affäre“, wieso dann weiter oben der Hinweis auf „seine tatsächlichen Affären“?
Paranoid Android – Bei der Überschrift dachte ich, hier geht es um krankhafte Eifersucht und eingebildete Affären. Nach ein paar Sätzen dann: Tolle Idee, hier versucht eine Frau, Unruhe in eine andere Beziehung zu bringen. Erst am Schluss war klar, dass dies ein hoffnungsloser Fall von geistiger Umnachtung ist. Je öfter ich die Geschichte lese, desto mehr bedaure ich, ihr nicht wenigstens einen Punkt gegeben zu haben. Auch wenn die Idee mich etwas befremdet, die Geschichte ist originell und brillant geschrieben.
Aufklärung – Gut geschrieben, aber ich finde es dreist, der Kanzlerin eine Affäre anzuhängen – so wie ich auch die ganzen Rundfunk-Persiflagen rund um die Regierungselite seit dem Amtsantritt von Gerhard Schröder als deutlich unter der Gürtellinie empfinde. Der Respekt vor anderen Menschen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ist auf der Strecke geblieben. Erlaubt ist, was fies ist, denn das bringt Quote. Ich freue mich, dass dieses Konzept beim Schreibwettbewerb nicht aufging.
Bezwingbar – Ein eindringlicher Text, der mich berührt hat. Sehr persönlich, sehr traurig, leider keine Geschichte, sondern eher ein Tagebucheintrag oder ein Brief. Nur den Satz „Auch ich werde älter.“ und das Wort „strategisch“ würde ich streichen.
Liebeslügen – Ich wundere mich, dass diese Geschichte so gut angekommen ist. Mir erschien sie zu naheliegend und banal, um erfolgreich zu punkten.
Nochmal Glück gehabt – Die Geschichte ist zu brav, es fehlt an Spannung und leider ist sie auch nicht gut geschrieben. Sorry.
Parallelen – Bill, Hilary und die Praktikantin, ein beliebtes Motiv. Zuerst sind Michael, Katharina und die Praktikantin ein Film, dann sind sie Realität. Etwas zuviel der Parallelen. Eine Überschneidung der Handlung von Film und echtem Leben hätte ich der Story abgenommen, dass aber auch noch die Namen identisch sind, ist einfach too much.
Sonntag – Dafür, dass sie offensichtlich anderweitig gebunden ist, ist die Dame geradezu verharmlosend gelassen. Über ihre Lebensumstände hätte ich gern mehr gewusst. Das Bild vor dem großen Buddha hat mich irritiert: Auf was für Zicken steht der Mann, wenn er ihr ungeduldiges, verärgertes Auftreten (weil sie auf einen Tisch warten musste) so attraktiv fand? Eine Geschichte, die nicht berührt.
Liane – Nicht schlecht, aber auch nicht gut. Hier werden einfach zu viele Klischees bedient. Interessant finde ich den Wechsel in die zweite Person.
Ein Geschenk – Ähem. Na gut, das endet dann wohl mit lebenslänglich. Für meinen Geschmack zu unrealistisch. Dass die Geliebte das Päckchen vor den Augen der Ehefrau öffnet, kaufe ich der Geschichte nicht ab. Und dann kommen mir die Versatzstücke so bekannt vor. Der Mann, der die Treppe hinuntergestoßen wird. Das Tranchiermesser. Der Nerzmantel als Schweigegeschenk. Der reife Mann mit der jungen Geliebten. Hat mich nicht überzeugt.
Die Serviette aus Papier – Viel zu offensichtlich auf die Pointe hingeschrieben. Beim zweiten Durchlesen mit dem Wissen, um was es geht, machen einige Sätze keinen rechten Sinn mehr. Die Idee ist leider ziemlich abgegriffen. Gurken, Zigaretten, Sushi – mit was wird man uns als nächstes einen Blow Job vorgaukeln?
Ich denke… - Noch etwas für die Kategorie Brief oder Tagebuch. Eine ganz persönliche Geschichte, über die ich als Leser zu wenig weiß, um mitfühlen zu können.
Familie prägt – Interessanter Ansatz, ansprechend geschrieben. Interessante Familie vor allem – mehr über dieses „Sodom und Gomorrha“ zu erfahren, hätte mich allerdings mehr gereizt als die allzu bekannte Schlussfolgerung „Familie prägt“.
Unverzeihlich – Die Ehefrau reagiert viel zu besonnen, das nimmt der Geschichte jede Spannung. Die Dialoge klingen nach schlechten Vorabendserien. Kleiner Tipp an die Autorin: Versuch doch mal, dich von den vielen Klischees zu lösen.