Hallo, da ich bei dem Schreibwettbewerb noch nicht mitmachen kann - zu wenig Beiträge, stelle ich meinen kurzen Text hier vor. Enjoy - hoffentlich.
LG
Spinelly
Maria stand vor dem Laden und blickte etwas unentschlossen auf die Auslage im Schaufenster vor ihr. Große und kleinere Plastikflaschen mit farbigen Bodylotions, Badezusätzen, Shampoos - alle auf Naturbasis, selbstverständlich ohne Tierversuche und mit verlockend leckeren Namen – standen nach Farbe und Grösse geordnet vor ihr. Plötzlich straffte sie ihren Körper und ging in den Laden. Ein Cocktail fruchtiger Düfte empfing sie. Maria war hier quasi Stammkundin, aber heute wollte sie nichts kaufen.
Sie steuerte auf direkt die Schaumbäder zu. Eine Verkäuferin öffnete gerade ein weiteres Testerfläschen und forderte den jungen Mann vor ihr auf, an dem Fläschchen zu riechen. Die junge Verkäuferin trug eine vielleicht etwas zu enge, weiße Hose und ein ebenfalls etwas zu enges, weißes T-Shirt. Sie bemühte sich besonders deutlich zu sprechen und der Kunde nickte eifrig, aber wenig verstehend.
„Ich würde Mandarine nehmen“, sagte Maria. Überrascht sah die Verkäuferin sie an. Der junge Mann, er war gerade mal zwanzig, drehte sich um und grinste etwas verlegen. „Guten Tag, Frau Meier, sagte er mit starkem Akzent, so dass aus „Meier“ ein Majährch wurde. Bevor Maria seinen Gruß erwidern konnte, sagte er: „Bon, isch nemmä diesä Mondarin, bitte.
Als sie wieder vor den Laden traten, schaute der junge Mann auf die Pflastersteine und fragte mit schrägem Seitenblick auf Maria: „Nämmen Sie ein Kaffee mit mir?“
Maria lächelte ihn an. Gleichzeitig begann ein Flim in Zeitraffer vor ihrem inneren Auge abzulaufen.
<Sie spürte Yanniques warme, feste Hand als er sie quer über den großen Platz führte. Vor einem Altbau blieb er stehen, schloß die Haustür auf und gleich wieder die erste Tür auf der linken Seite. „Er wohnt also mitten in der Altstadt, kein Wunder, dass er fast immer als letzter, in die Klasse gestürmt kommt“, dachte Maria. Yannique ging seit zwei Wochen in ihren Unterricht „Deutsch für Fremdsprachige“. Er sprach noch sehr wenig Deutsch und ihr Schulfranzösich war ziemlich eingerostet.
Zusammen Kaffee trinken? Eigentlich konnten sie nur über einander herfallen. Sie hatten keine andere gemeinsame Sprache, stellte Maria amüsiert fest.
Die Wohnung bestand aus einem riesigen, hellen Zimmer. Im Zentrum stand ein großes französisches Bett, die Bezüge waren aus schwarzem Satin. Aber statt in das Zimmer zu gehen, zog Yannique Maria ins Bad und öffnete das Spiegelschränkchen über dem Waschbecken. Er stellte die neu erworbene Flasche mit Mandarinenduft zu den anderen Fläschchen, Tuben und Döschen, welche wohl alle nach irgendwelchen Beeren und Früchten dufteten. „Ier versuchen Sie, sagte er und öffnete ein Döschen Lip Gloss mit Erdbeergeschmack. Als Maria es nehmen wollte, strich er mit dem rechten Mittelfinger über das Erdbeergloss und verteilte es zart auf ihre Lippen. Sie schloss die Augen.>
„Entschuldigung, dürfte ich kurz mal vorbei?“ Eine junge Mutter mit Zwillingskinder-wagen stand vor ihnen. Maria schüttelte unmerklich ihren Kopf und kam in die Gegenwart zurück. Ein Blick auf ihre Armbanduhr zeigte, dass es schon spät war. „Yannique, tut mir furchtbar Leid, vielleicht ein anderes Mal. Ich muß jetzt meinen Sohn vom Hort abholen“.
Als Maria über den großen Platz davoneilte, kicherte sie leise in sich hinein.