Gezeitenwechsel

  • Vorzeit
    Früher war sie selbständig
    Hatte ihr Leben gut im Griff
    Und man konnte sich über
    Alles mit ihr unterhalten
    Sie hatte einen Job, der ihr
    Spaß machte und Freunde,
    mit denen sie viel unternahm
    Sie las viel, ging gerne weg
    Und war eine tolle Frau
    Sexy, begehrenswert, interessant
    Sie hatte einen tollen Partner
    Einen, der auf ihrer Wellenlänge lag
    Sie war TAFF
    Wie man so schön neudeutsch sagt


    Zwischenzeit
    Dann wurde sie Mutter
    Nicht wirklich geplant, aber
    Auch nicht unerwünscht
    Jetzt war sie zuhause
    Umgeben von Windeln
    Und Erziehungsratgebern
    Ein Thema beherrschte ihr Leben
    Ihr Kind - ihr Mann - ihre Familie
    Sie hatte keine Zeit mehr
    Zum Weggehen und für sich selbst
    Und eigentlich auch gar kein
    Bedürfnis mehr danach
    Die Miniröcke wurden nach
    Hinten in den Schrank gehängt
    Sie waren so unpraktisch und
    Sie kniffen auch
    Und so wurden aus Mann und Frau
    Aus Geliebtem und Geliebter
    Ganz langsam und schleichend
    Papa und Mama


    Familienzeit
    Lange blieb das so
    Sie kümmerte sich darum
    Daß die Kinder jeden Tag
    Pausenbrote bekamen
    Und daß ihr Mann jeden Tag
    Ein frisch gebügeltes Hemd
    Zum Anziehen hatte
    Der Kontakt zu den einstigen
    Kollegen war schon lange tot
    Aber das fiel ihr gar nicht auf
    Zu sehr war sie beschäftigt
    Den Haushalt in Schuß zu halten
    Und ihre Familie zu umsorgen
    Das war ihr Hauptinteresse
    Und ihr ganzer Lebensinhalt
    Alles andere war unwichtig geworden


    Nachspielzeit
    Dann zogen die Kinder aus
    studierten in anderen Städten
    Jetzt waren sie wieder alleine
    Doch wußten sie nicht mehr
    Was sie anstellen sollten
    Miteinander und jeder für sich
    Sie fielen in ein Loch
    Aus dem sie nicht mehr
    Herauskamen
    Bis er eine andere Frau fand
    Die ihm heraushalf
    Nun war sie ganz alleine
    Mit sich und ihrer Langeweile
    Ohne ein Ziel zu haben
    Auf das sie hinarbeiten könnte
    Sie dachte viel nach
    Wann und was sie anders
    Hätte machen können
    Aber jetzt war es zu spät
    Sie hätte den Zug von Anfang an
    Auf ein anderes Gleis fahren müssen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • ätt BJ
    Vielleicht kommt es dir bekannt vor, weil die Geschichte leider so viele lebendige Gesichter hat.


    Es stimmt schon, dass nichts das Leben einer Frau so sehr verändert, wie die Geburt von Kindern. Es ist auch völlig ok, wenn man sich den neuen Umständen erst mal anpasst. Ich halte es nur für gefährlich, wenn man den Fokus dauerhaft falsch einstellt. Ok, so ein Malizia Body sieht mit Kinderkotze einfach nicht so klasse aus, es ist aber wichtig, dass man zwischen Windeln und Aletebrei den Rest der Welt und schon gar nicht die eigenen Bedürfnisse ausblendet.


    Ich finde, das hat Batcat fein beschrieben. :wave