Klassengesellschaft des Lesevolks

  • Zitat

    Original von Leonae
    Tja, und was andere Leute über mich denken, ist mir absolut egal.


    :write Ganz genau meine Meinung! :wave Und wie hestia schon schrieb: Doof angeschaut wird man allein schon deswegen, weil man liest. Da ist es mir auch egal, ob das, was ich lese, dem Menschen nicht gefällt.


    Ich bin nie sehr warm mit Klassikern geworden. In der Schule musste ich den einen oder anderen lesen, da hat es mich sehr gestört, dass das Buch so zerpflück wurde: Was wollte uns der Autor damit sagen? Keine Ahnung, da sollte man ihn selbst fragen.


    Wer Spaß an Klassikern hat soll sie lesen. Ich lese gerne Romane, besonders kurz vorm schlafengehen.

  • Ich gebe zu, ich klassifiziere Menschen gerne mal nach ihrem Lesegeschmack. Nicht die, die hin und wieder mal einen Stephen King einschieben, sondern die, die ausschließlich Nicholas Sparks konsumieren oder nur Fantasy lesen oder nur Bücher der Reihe "Hühnersuppe für die Seele" oder ... Seien wir doch mal ehrlich: Ein paar Schubladen hat doch jeder im Kopf - auch du, Babyjane! ;-)

  • Da finde ich aber Leute schlimmer, die sagen, dass sie NUR Marian Keyes lesen (nix dagegen, ich mag ihre Bücher auch - aber eben nicht immer und ausschließlich) und dann noch für ein Buch 3 Monate brauchen, weil die ja sooooo dick sind... :rolleyes


    Und ja, ich spiele auf jemanden an... ;-)
    Aber kennt hier eh keiner...

  • Also, ich studiere derzeit Germanistik und bin doch verwundert, dass man gerade dort nicht abgestempelt wird, weil man nicht nur Klassiker liest.
    Ich kenne die Problematik, die ihr hier beschreibt eigentlich kaum. Vielleicht ignoriere ich auch einfach missbilligende Blicke auf leichte Literatur, aber es ist mir tatsächlich noch nicht aufgefallen.
    Man sollte sich nicht irgendwelchen Zwängen unterwerfen in bezug auf das Leseverhalten. Das käme ja in weitem Sinne sogar einer Zensur gleich *lach*


    Und was mich hier immer wieder wundert, ist das es stets heißt, man würde komisch angeschaut, wenn man liest.
    In welchen Situationen werdet ihr dumm angeschaut, weil ihr lest? Mir ist so etwas noch nicht untergekommen. Manche Personen wundern sich zwar, dass ich so viel lese, aber das wars dann auch schon.

  • Ich würd's nicht merken, wenn jemand komisch schaut. Wenn ich lese, kriege ich das nicht mit.


    Kann natürlich sein, manche erschrecken, wenn ich lesend in der Bahn sitze und plötzlich zu kichern anfange. Neulich meinte ein Autor, als ich erzählte, bei seinem Buch sei mir das so ergangen: "Titel demonstrativ hochhalten. Ein lachender Leser ist eine gute Werbung."

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    Original von Vandam
    Ich würd's nicht merken, wenn jemand komisch schaut. Wenn ich lese, kriege ich das nicht mit.


    Ja, genauso geht es mir auch. Ich kann mich nicht erinnern, daß schon mal jemand komisch auf mein Buch geschaut hat oder überhaupt komisch geschaut hat, weil ich lese.
    Eigentlich ist das im Zug doch gar nicht so selten, lesende Leute! ;-)


    Was das Schubladen-Denken angeht: ein paar Jahre im Buchhandel und ich hab mir das gründlich abgewöhnt.
    Erstens hat sich mein Leseverhalten in der Zeit auch sehr verändert, weil ich viel mehr unterschiedliches angefangen habe zu lesen. Krimis oder Liro habe ich vorher gar nicht gelesen, zum Beispiel. Mit dem Angebot kommt die Abwechslung.
    Zweitens habe ich es auch bei Kunden oft erlebt, daß sie mich dann doch mal überraschen und plötzlich was lesen und von etwas begeistert sind, was vorher nicht in mein Schema über sie gepasst hätte.


    Wenn mich jemand nach meiner Lektüre beurteilen würde, wäre ich letzte Woche eine leseschwache Romantikerin mit schnulzigem Liebesroman gewesen und heute eine englisch-sprachige Krimileserin. :lache
    Ich brauch so viele Schubladen...


    Die einzigen Vorbehalte habe ich gegenüber Leuten, die absolut gar kein Buch im Schrank haben. Das stimmt mich nachdenklich. Aber die gehören ja nicht zum Lesevolk und somit nicht in die Klassen des Lesevolkes. :lache

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Zitat

    Original von Freidenkerin
    Und was mich hier immer wieder wundert, ist das es stets heißt, man würde komisch angeschaut, wenn man liest.
    In welchen Situationen werdet ihr dumm angeschaut, weil ihr lest?


    Im Bus, in der Mensa (da ist es eher normal, die Nase in Studiums-Unterlagen zu stecken), abends in der S-Bahn und auch sonst, wenn ich irgendwo lese.
    Ich werde von vielen doof angeschaut, dass ich überhaupt lese - und das sind keine Menschen mit geringer Bildung!
    Von diversen Männern, die an mir interessiert waren, kriegte ich schon sehr blöde Sprüche zu hören. :pille

  • Ich gebe schon zu, dass ich manchmal ueber gewisse Lektuere meiner Mitmenschen die Stirn runzle (und ja, ich bin auch Unterhaltungsliteraturorientiert).


    Aber letzendlich ist es doch nur eins das zaehlt ... und zwar, dass ueberhaupt gelesen wird! Und das ist, wie ich finde, wichtiger als der Anspruch der Lektuere. :chen

  • Zitat

    Original von Wiggli


    Im Bus, in der Mensa (da ist es eher normal, die Nase in Studiums-Unterlagen zu stecken), abends in der S-Bahn und auch sonst, wenn ich irgendwo lese.
    Ich werde von vielen doof angeschaut, dass ich überhaupt lese - und das sind keine Menschen mit geringer Bildung!


    Liest du, oder guckst du, wie andere dir beim Lesen zugucken? :lache
    Ich hab da gar kein Blick für meine Mitmenschen, wenn ich lese.
    Mir fällt nur auf im Zug, wenn ich mein Buch mal vergessen oder ausgelesen habe, daß eigentlich die (alleinreisende) Mehrheit liest, ob Buch oder Zeitung.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Ich find es auch immer komisch, wenn die Leute aus dem Fenster gucken, wenn sie Bahn fahren. Das muss doch sterbenslangweilig sein!


    Mein Dad sagt immer, dass es sich für ne Viertelstunde nicht lohnt zu lesen... Hat der ne Ahnung ;-)
    Er liest selber sehr gern, aber meistens nur auf der Terassse oder auf der Couch (noch lieber, seit er von mir die Leselotte bekommen hat). Deswegen versteh ich nicht so ganz, dass er meint, es wäre zu umständlich für ne Viertelstunde - muss ja jeder selber wissen ;-)

  • Ich kriege das aus den Augenwinkeln mit! :lache Eigentlich will ich nur lesen, aber im Bus muss ich ab und zu aufschauen, damit mir nicht total schlecht wird. :rolleyes
    Kriegst du es nie mit, wenn dich jemand anstarrt? :yikes

  • Zitat

    Original von Wiggli
    Ich kriege das aus den Augenwinkeln mit! :lache Eigentlich will ich nur lesen, aber im Bus muss ich ab und zu aufschauen, damit mir nicht total schlecht wird. :rolleyes
    Kriegst du es nie mit, wenn dich jemand anstarrt? :yikes


    Wenn ich lese, schau ich aufs Buch und kriege es nicht mit.
    Aber ehrlich gesagt habe ich es noch nie erlebt, daß ich angestarrt wurde.
    :lache
    Meistens starren die Leute einen nicht an, sondern gucken mehr oder minder durch einen durch und hängen ihren Gedanken nach. ;-)
    Für so wichtig und beachtenswert, daß ich angestarrt würde, halte ich mich nicht.


    Zum Aus-dem-Fenster-Starren noch was:
    Wenn ich müde bin oder auf meinem mp3 Player ein schönes Lied läuft oder ich mein Buch vergessen habe, kann ich im Zug stundenlang aus dem Fenster starren. Langweilig ist das gar nicht. Man kann schauen und herrlich den eigenen Gedanken nachhängen und vor sich hinträumen.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Im Bus bin ich so abgelenkt von der Fahrerei, dass ich die Blicke von anderen schon mitkriege. :gruebel Und in der Linie lesen nur sehr wenige Leute. :gruebel


    Aus-dem-Fenster-Starren kann ich auch sehr gut bzw. mache ich auch immer dann, wenn ich zu müde zum lesen bin. Mir gehts da so wie dir. :grin
    Nur fahre ich die Strecke jetzt auch schon seit mehr als 3 Jahren, da gibt es nicht mehr viel neues zu sehen. :-( Daher lese ich immer mal wieder ganz gerne auf dem Rückweg, auch wenns manchmal was schwierig ist.

  • Zitat

    Original von Booklooker
    Mein Dad sagt immer, dass es sich für ne Viertelstunde nicht lohnt zu lesen... Hat der ne Ahnung ;-)


    Eine Viertelstunde lohnt sich nicht?
    Ich habe frueher in der Schule auch in den 5 Minuten Pausen gelesen, wenns spannend war. :lache

  • So, ich krame mal diesen Thread hervor, weil ich den erstens ziemlich spannend fand und jetzt auch einen Anlaß gefunden habe, ihn hervorzuholen. :grin


    Ich habe im "Paarungs"-Thread schon eine Meldung aus dem Videotext eines Privatsenders erwähnt (welchen die seriösen Eulen unter uns wahrscheinlich nicht kennen :grin), habe aber jetzt diesen Fred gefunden und wollte es hier noch mal erwähnen und Eure Meinung als Leser (der Partnersuch-Aspekt ist mir hier weniger wichtig) hören:


    Danach seien für über die Hälfte der befragten Frauen Männer attraktiv, welche gern lesen. Allerdings werden v. a. Klassiker-Leser geschätzt. King oder Pilcher seien dagegen ein Ausschlusskriterium!


    Mir kommt diese angebliche Studie genauso nebulös vor, wie das These, dass es Menschen gebe, die aus Prestigegründen ihre Literatur nach Anspruch und Ansehen des Autors aussuchen.
    Babyjane fragte im Eröffnungsposting:

    Zitat

    Ist es tatsächlich so, daß es Menschen gibt die ihre Bücher danach auswählen, wieviel internationale Anerkennung ein Autor erhält? Menschen, die Bücher gut finden, nur weil sie kompliziert und unverständlich geschrieben sind und man sich rühmen kann die Bücher (angeblich) verstanden und (angeblich) gerne gelesen zu haben?


    Gibt es diese Leser wirklich? Ich habe noch keinen gefunden. Mag sein, dass es unterschiedliche Lesertypen gibt, die von ihrer Lektüre Unterschiedliches erwarten. Aber das hat ja noch nichts mit Prestige zu tun.

  • Das Buch ist immer noch in bestimmten Kreisen ein Statussymbol.
    Es kommt auf den Menschen an, wie er damit im Einzelnen umgeht.


    Ob es "Leser" und damit meine ich wirkliche Leser gibt, die Klassiker aufgrund ihres Prestiges lesen, kann ich nicht genau beurteilen, ich glaube, dass es Leser gibt, die sich bestimmte Klassiker "angelesen" haben, weil sie meinen dass es zur Allgemeinbildung gehört, und ich glaube, dass es Leute gibt, die sich die Inhaltlichen Eckpunkte aneignen, um nacher damit rumzuprotzen, welch Klassikerwissen sie doch haben.


    Dass es Leute gibt, die beneidenswerter Weise über Geld und Platz verfügen sich eine richtige Bibliothek anzuschaffen, diese aber entweder mit Dummies oder (was ich persönlich für noch schlimmer erachte) mit farblich abgestimmten Werken füllen, damit die "Optik" stimmt, konnte ich lange Zeit auch nicht glauben.


    Aber nachdem ich Leute getroffen habe, die mit Farbkarte in der Hand die Bücher nach ihrer Rückenfarbe aussuchen, glaube ich eigentlich alles :rolleyes



    desillusionierte Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Zitat

    Original von Elbereth
    Das Buch ist immer noch in bestimmten Kreisen ein Statussymbol.
    [...]
    Ob es "Leser" und damit meine ich wirkliche Leser gibt, die Klassiker aufgrund ihres Prestiges lesen, kann ich nicht genau beurteilen, ich glaube, dass es Leser gibt, die sich bestimmte Klassiker "angelesen" haben, weil sie meinen dass es zur Allgemeinbildung gehört, und ich glaube, dass es Leute gibt, die sich die Inhaltlichen Eckpunkte aneignen, um nacher damit rumzuprotzen, welch Klassikerwissen sie doch haben.
    [...]
    Aber nachdem ich Leute getroffen habe, die mit Farbkarte in der Hand die Bücher nach ihrer Rückenfarbe aussuchen, glaube ich eigentlich alles :rolleyes


    Bücher als Statussymbol - welche Kreise sind das? Kannst Du das irgendwie eingrenzen? Haben solche Menschen irgendwelche sozio-ökonomischen oder bildungsmäßigen Gemeinsamkeiten oder sind das eher verstreute Menschen aller Art? :gruebel


    Ich finde, es ist ein Unterschied, Klassiker zu lesen, weil man meint, sie gehören zur Allgemeinbildung oder weil man meint, es sei aus Selbstdarstellungsgründen notwendig.
    Vielleicht ist der Unterschied fein, aber wenn jemand etwas von Goethe, Schiller oder Kleist liest, weil er weiß, dass diese Dichter Generationen von anderen Schriftstellern beeindruckt und beeinflusst haben oder weil er herausfinden möchte, ob hier ein höherer Lesegenuss als bei zeitgenössischer U-Literatur zu finden ist, finde ich das legitim. Der Leser tut das dann in meinen Augen für sich und das Ziel ist ein persönliches, nach innen gerichtetes und kein nach außen gerichtetes Prestigedenken. Anders ist es, wenn jemand nur etwas liest, damit er bei der nächsten Party mit seinen Faust-Zitaten angeben kann, ohne persönlich an der Sache interessiert zu sein. Aber diese Kategorie scheint mir sehr selten zu sein.


    Das mit dem Aussuchen der Bücher nach Rückenfarbe glaube ich jetzt nicht. :pille
    BTW: Ich habe neulich einen kritischen Blick von meiner Mutter bekommen, weil ich meine (relativ neuen) Artemis&Winkler-Ausgaben (die ich sehr hübsch finde) noch alle zusammen zu stehen habe und noch nicht nach Autoren getrennt und einsortiert habe. Das fand sie unmöglich. Aber ich habe meine neueren oder noch zu begutachtenden Bücher eben erstmal in einem extra Regalboden zu stehen - manchmal auch 1-2 Jahre. :grin Soviel zum Thema optische Kriterien bei Lesern und Besitzern vieler Bücher. :grin

  • Ich lese, weil es mir Spaß macht. Lesen ist mein Hobby, meine Art, mich zu entspannen und mir meine Zeit sinnvoll zu vertreiben. Ergo brauche ich dafür Bücher, die mir gefallen. Und die meisten "Klassiker" gehören da nicht dazu. Für "Sturmhöhe" habe ich z.B. furchtbar lange gebraucht und es hat mir überhaupt keinen Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen. Und ganz ehrlich, es gibt so viele tolle Bücher, warum sollte ich dann meine Zeit damit verschwenden, welche zu lesen die mir gar nicht gefallen, nur weil irgendwer irgendwann gesagt hat "Dieses Buch ist ein Klassiker"?! Ich würde deswegen aber nicht sagen dass ich ein "minderwertigerer Leser" bin als die Leute, die Jane Austen regelrecht verschlingen oder sowas. Jeder hat seinen eigenen Geschmack und jeder soll das lesen, was ihm gefällt. Dem einen gefällt Thomas Mann, dem anderen Sophie Kinsella. Mir ist das völlig egal, und ich rechtfertige mich auch nicht dafür was ich lese. Und es ist mir auch total wurscht was andere Leute über meinen Lesegeschmack denken, ich urteile ja auch nicht über ihren.