'Mrs Dalloway' - Seiten 147 - Ende

  • hab das Buch jetz durch.


    Also, Clarissa nimmt diese Gesellschaft ja extrem wichtig. Alles muss perfekt sein, der Schein nach außen hin muss gewahrt bleiben.


    Dieser letzte Teil ist für mich wie eine einzige Kritik an der Oberflächlichkeit der Londoner gehobenen Gesellschaft zu lesen.


    Die Leute verstecken sich hinter der Etikette, hinter den konventionellen Fassaden, doch Woolf entlarvt sie, indem die Gedanken der einzelnen Personen preis gibt.


    Am deutlichsten wird dies natürlich in der Person Clarissa, die durch den Tod Septimus' völlig erschüttert wird und dies nicht öffentlich zeigt. Außerdem die Erwähnung ihrer toten Mutter...ihr stehen die Tränen in den Augen und...sie dreht ab und kümmert sich weiter um das Wohlergehen der Gesellschaft.


    Diese krasse Gegenüberstellung Konventionen - Gefühlswelt - Gedanken hat mir sehr gut gefallen. Obwohl ichs immernoch schwer lesbar fand, ich musste mich sehr konzentrieren, neigte immer zum gedanklichen Abdriften.


    Ist was ganz anderes, als ich bisher gelesen habe. Schwer für mich einzuordnen, wie ich das Buch fand. Einerseits genial durch die Andersartigkeit, andererseits anstrengend und von der Blumigkeit der Sprache her eigentlich garnicht mein Fall. :gruebel


    Habt Ihr den Film gesehen? Der war ja völlig anders, oder? Im Film bringt sich Richard um, im Buch Septimus. Außerdem muss ich gestehen, dass ich erwartet habe, dass Clarissa sich umbringt am Ende (im Film war es Virginia Woolf, die ins Wasser geht). Aber das Ende bleibt ja offen....Clarissa wird vermutlich so weitermachen wie bisher, oder? Was ziemlich tragisch ist...

  • Hallo!


    Ich bin zwar noch nicht ganz durch, werde es aber wohl heute schaffen!


    mina : Welchen Film hast du gesehen? Es gibt da die Verfilmung des Buches, der heißt "Mrs. Dalloway" mit Vanessa Redgrave.
    Und dann gibt es "The Hours" mit Meryl Streep, Nicole Kidman und Juliane Moore, in dem es indirekt um Virginia Woolf geht (3 Frauen an verschiedenen Orten sind durch das Buch "Mrs. Dalloway" verbunden, eine der 3 ist Virginia Woolf). In diesem Film begeht Virginia Woolf einen Selbstmordversuch.


    Ich habe "The Hours" auf DVD, hab nur mal kurz reingeguckt und werde ihn mir erst nachdem ich das Buch gelesen habe, zu Gemüte führen. Es soll ein ganz besonders guter Film sein :-)

  • Zitat

    Original von Jersey


    mina : Welchen Film hast du gesehen?


    ich hab "The Hours" gesehen und den fand ich auch sehr gut, weil sehr ergreifend und irgendwie ganz besonders.


    Aber im Film tauchen die Figuren teilweise in anderen Konstellationen auf, als im Buch. Irgendwie neu zusammengewürfelt. Manche fehlen ganz...zuviel verrat ich jetz nicht, sonst nimmt Dir das die Spannung :grin


    Lohnt sich aber auf jeden Fall, den Film anzugucken!! :-)

  • so, ich habe mich jetzt wegen der Verfilmungen schlau gemacht :-)


    1. Mrs. Dalloway verfilmt 1997; Regie: Marleen Gorris; mit Vanessa Redgrave
    Hiebei handelt es sich um die Verfilumg des Romanes "Mrs Dalloway" von Virginia Woolf


    2. The Hours - Von Ewigkeit zu Ewigkeit . Die Romanvorlage für diesen Film stammt von Michael Cunningham. Dieser wiederum hatte als Vorlage für seinen Roman "Mrs Dalloway" von Viriginia Woolf verwendet.


    Und darum gehts in "The Hours" (von wikipedia)


    Zitat

    Der Film verfolgt das Schicksal dreier Frauen aus verschiedenen Generationen, die durch Virginia Woolfs Roman Mrs. Dalloway beeinflusst wurden anhand dreier Schlüsselmomente in ihrem Leben. So spielt der Film in drei Zeitebenen: 1923, 1951 und in der Gegenwart. Die Zeitebene 1923 erzählt die Leidensgeschichte von Virginia Woolf, die mit ihrem Schriftstellergatten Leonard Woolf in der englischen Provinz lebt. Umsorgt von ihrer Familie und dem Arzt schreibt sie an ihrem Roman Mrs. Dalloway. 1951 bereitet Laura Brown mit ihrem kleinen Sohn den Geburtstag ihres Ehemanns Dan Brown vor und liest den Roman Mrs. Dalloway, der ihr die Augen über ihr eigenes Leben öffnet. In der Gegenwart bereitet Clarissa Vaughan eine Preisverleihungsparty für ihren an AIDS erkrankten Freund Richard Brown vor. Clarissas Leben ist so sehr verbunden mit der Romanfigur Mrs. Dalloway, dass es erscheint, sie sei Mrs. Dalloway.


    Nicole Kidman erhielt für ihre Rolle der Virginia Woolf den Oscar.

  • Hallo!


    Ich habe das Buch gestern noch beendet und bin tief beeindruckt!


    Anstrengend zu lesen war es allemal, man musste sich fast jeden Satz auf der Zunge zergehen lassen. Dies alles ist aber kein so großes Problem, da das Buch nur 189 Seiten hat. :-) Viele Sätze sind sehr intensiv und ich denke, ich kann sie in ihrer ganzen Bedeutung gar nicht erfassen.



    Zum letzten Teil möchte ich sagen, dass ich es ganz interessant fand, wie sich plötzlich (und in der Person des Arztes Dr. William Bradshaw) die Lebenslinien von Clarissa und Septimus kreuzen. Irgendwie sollte ja doch eine Seelenverwandtschaft bestehen, dachte doch Clarissa:


    Zitat

    . „Sie war davongekommen. Aber dieser junge Mann hatte sich umgebracht“.


    Sehr aufschlussreich das Zwiegespräch von Peter Walsh und Sally Rossetter (ehem. Seton). Sally hat sich sehr verändert, lassen die Gespräche doch durchklingen, dass sie früher spontan war, auf Benimm-Regeln pfiff und überhaupt das biedere Bürgerleben ablehnte. Jetzt ist sie genauso eine geworden. Gattin eines Plantagenbesitzers, 5 Kinder.


    Einzig Peter scheint sich nicht verändert zu haben. Er ist immer noch einer, der sich leicht für etwas begeistern lässt, in den Tag hinein lebt, jeder Frau nachschaut und auch sonst nichts anbrennen lässt. :-)


    Clarissa ist eine einsame Frau. Selbst auf der von ihr gegebenen Abendveranstaltung ist sie eigentlich isoliert und einsam. Für sie bietet wohl dieses oberflächliche Gesellschaftsleben Schutz und Sicherheit, damit sie sich nicht mit tieferen Dingen abgeben muss.


    Die Tochter Elizabeth versucht doch auszubrechen, kehrt aber doch immer wieder ins traute Heim zurück.


    Ein ganz gewaltiges, faszinierendes Buch!

  • Ich habe jetzt noch einmal lange über diesen Roman nachgedacht, nachdem ich deinen Kommentar, Jersey, gelesen habe, auch darüber warum ich eigentlich noch nichts konkretes zu diesem Werk geschrieben habe, ...


    ... weil wir dem Werk unrecht tun, wenn wir ihn nur als solches betrachten, dass Clarissa und Sally sich in die Gesellschaft eingefügt haben, dass Peter auch viele Chancen im Leben verpasst hat. Denn ihnen ist doch eins gemeinsam, irgendwas lief schief im Leben.


    Mir fiel dann ein, wenn man aus dem Mikrokosmos (die Figuren im Roman) einen Makrokosmos macht, dann wird es dem Werk gerechter. Wenn beispielweise ein Afrikaner von den Vögeln und Bäumen liest mit der Antilope im Hyde Park, dann ist für ihm nicht die Antilope ein verirrter Pinselstrich sondern der Hyde Park, damit kann er nichts anfangen. Dieses Werk ist ein Kunstwerk, und jeder findet sich in den ein oder anderen Pinselstrich, und immer läuft die Uhr, die Zeit. Und irgendwann blickt man zurück, und muss feststellen, das Leben lief nicht glatt, irgendwas hängt schief. Wir sind alle miteinander verbunden, nicht nur Clarissa und Septimus, alle tragen wir das gleiche Los.


    Dieses Werk ist viel mehr, das fiel mir nach deinem Kommentar ein, der nur ein Bruchstück ist, den Mikrokosmos widergibt.

  • Hallo!


    Ja, es stimmt. Ich kann dieses Buch in seiner Gesamtheit gar nicht erfassen. Je mehr man darüber nachdenkt (und losgelassen hat es mich noch immer nicht), auf so mehr Gedanken kommt man. Ich würde es ebenfalls als Kunstwerk bezeichnen.


    Mir ist noch eine Szene der letzten Seiten im Gedächtnis hängen geblieben. Als Clarissa den Himmel betrachtete (und das tut sie sehr gerne, wie sie erzählt, oft fährt sie sogar aufs Land hinaus, nur um den Himmel zu betrachten) und dann noch, wie sie die alte Frau in der Wohnung gegenüber beobachtet. Wie diese alte Frau die Vorhänge zuzieht und schlafen geht. Irgendwie passt das so gut in den Erzählstrom und doch sehe ich den tieferen Hintergrund nicht. Sieht sich Clarissa selber in dieser Frau? Wird sie auch so enden - in einer Wohnung alleine mit einem immer gleichen Tagesablauf?

  • Ja, genau, Jersey, auch diese alte Frau wird oft an ihr Leben zurückdenken, wird festgestellt haben, dass die Zeit vergangen ist, wird sich Gedanken zu ihrem Leben machen, und wird ein Fazit ziehen.


    Um auf Clarissa noch einmal einzugehen, ja, ich denke sie ist ein sehr einsamer Mensch, sieht sich in der alten Frau gespiegelt. Sie könnte Selbstmord begehen, würde es aber sicherlich nie machen, denn sie hat sich mit ihrem Leben abgefunden. Sie weiß, dass man einmal entschiedene Entscheidungen nicht mehr rückgängig machen kann. Außerdem die Perspektive, wenn sie mit Peter zusammen wäre, wäre auch nicht ideal.


    Dieses Thema wird jetzt auch in der Glut behandelt :wave