Joan Brady/Jonathan Carrick, als Kind verkauft

  • Klappentext
    Joan Brady begab sich auf die Spurensuche nach ihrem Großvater. Sie flog nach Amerika, quartierte sich bei ihrem alten Onkel ein, durchstöberte den Speicher und fand mehr als nur alte Sachen.


    Ein ergreifender und kunstvoll aufgebauter Roman - er erzählt eine wahre Geschichte und zugleich ein bislang unbekanntes Kapitel der amerikanischen Historie aus sehr persönlicher Sicht: die weiße Sklaverei. Mit vier Jahren von den verarmten Eltern an einen Tabakfarmer verkauft, erlebt Jonathan Gewalt, Grausamkeit und Demütigungen. Am Ende seines Lebens erfährt er eine zweifelhafte Genugtuung.


    Autorin
    Joan Brady, Enkelin von Jonathan Carrick [vermutlich Alexander Brady, dem das Buch gewidet ist], wurde in San Francisco geboren. Ehemals Ballettänzerin, studierte sie später Philosophie. Sie veröffentlichte Kurzgeschichten und Romane. Für diesen Roman erhielt sie den Whitebread Award 1993 für den besten englischen Roman. Sie lebt mit ihrer Familie in Devon, England.


    Meinung
    Ist schon merkwürdig, wie es manchmal läuft. Ich habe das Buch im Vorbeigehen billig gekauft und nur als "Füllmaterial" begonnen, weil ich was kurzes und deutschsprachiges lesen wollte. Und habe damit ein Buch erwischt, das mich so schnell nicht wieder loslassen wird. Daher bin ich auch hier, weil ich darüber reden muß, obwohl ich eben eine Amazon-Rezi geschrieben hat. Das reicht nicht. Nicht bei dem Buch.


    Es ist die Geschichte eines außergewöhnliches Mannes, hochintelligent, begabt, stark und zu tiefen Gefühlen fähig, doch ausdrücken kann er sie nie. Nie kann er es die Menschen fühlen lassen, die er doch so liebt, seine Familie, die noch bis in die nächste Generation unter dem Druck seines tiefen Zorns, den er in der Kindheit erzeugt und genährt hat, leidet.
    Und das alles in einem sehr dünnen Buch, das er sich noch dazu mit der wohl teilweise authentischen Enkelin teilen muß, die die einzige sein wird, die ihn je verstehen wird. Aber, da es ja angeblich wahr ist, hat es für Brady wohl nur so funktioniert. Es hat auch für mich funktioniert.



    Ein sehr starkes, aber hartes Buch. So wie Jonathan Carrick oder Alexander Brady. Hütet Euch vor den unauffälligen Büchern. Die haben es in sich.

  • Das Buch zieht mich ja schon wieder magisch an.


    Sowas...


    Zitat

    Es ist die Geschichte eines außergewöhnliches Mannes, hochintelligent, begabt, stark und zu tiefen Gefühlen fähig, doch ausdrücken kann er sie nie. Nie kann er es die Menschen fühlen lassen, die er doch so liebt, seine Familie, die noch bis in die nächste Generation unter dem Druck seines tiefen Zorns, den er in der Kindheit erzeugt und genährt hat, leidet.


    ...interessiert mich ja total. Ich werde am Mittwoch mal in der einen Buchhandlung in Giessen schauen, die haben immer eine große Piper-ME-Kiste, vielleicht ist es da ja drin.


    lg Iris :wave

  • Ich hab's inzwischen gelesen.


    Die Geschichte fand ich toll, aber die Umsetzung hat mir nicht so gefallen. Vorallem das selbstmitleidige Gerede der Enkelin und der ständige Hinweis darauf, dass sie ein Krüppel sei, fing irgendwann an, mich ernsthaft zu nerven. Aber auch ansonsten hätte die Geschichte lieber einfach so gelesen und auf mich wirken lassen - ohne die philosophischen Einschübe und Deutungen der Enkelin. Durch die Enkelin als Ich-Erzählerin wurde das Buch für mich ein Stück weit in Richtung Betroffenheitsliteratur gerückt, was irgendwie der eigentlichen Geschichte nicht gerecht wird.


    Da die Enkelin immer wieder Clausewitz zitiert, hab ich mal nachgeforscht, wer das war:


    Carl von Clausewitz


    Das erklärt auch den Originaltitel "Theory of war".

  • Ich hab gleich noch mal ne Frage:


    Meinst Du, dass



    :wow

  • Ich bin eigentlich nur auf die Parallele zum Krieg gekommen, weil ich diesen Clausewitz nachgeschlagen habe und ich danach das Gefühl hatte, dass die Autorin einen Krieg beschreibt...oder zumindest zu beschreiben versucht. Ganz begeistert bin ich ja von der Umsetzung nicht. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie krampfhaft Symbole und philosophisches Blabla reingequetscht hat, statt "einfach nur" die Geschichte des Mannes zu erzählen.


    Vielleicht hätte ich es nicht so direkt nach Annie Proulx lesen sollen.

  • Da ich mangels Kenntnis über Clausewitz diese Bemerkungen nicht in Zusammenhang bringen konnte, habe ich sie eher ignoriert.
    Schade, aber vielleicht wirkt das Buch tatsächlich besser, wenn man wie ich ohne "Vorwarnung" darüber stolpert, weil man dann eine andere Erwartungshaltung hat.

  • Insgesamt fand ich das Buch nur mittelmäßig.
    Das Thema ist toll. Ein weißer Sklave vor gar nicht all zu langer Zeit ...
    Die Geschichte ist wirklich erschreckend. Manche Dinge, wie z.B. die Geschichte mit den Zähnen ist so grausam, dass es kaum zu glauben ist ...
    Die Sprache ist manchmal etwas seltsam und unverständlich. Auch mich hat die Enkelin genervt. Mir kam es vor wie wenn ständig jemand dazwischenquatscht. Ab und zu waren komische Sprünge in der Geschichte. Ich wusste manchmal überhaupt nicht mehr ob wir uns in der Gegenwart oder in der Vergangenheit befinden...


    Alles in allem aber trotzdem nicht schlecht. Die Geschichte selbst ist einfach klasse.