Zwei Autoren und ein Buch

  • Mit diesem Thema ist wohl hauptsächlich Gheron angesprochen, aber natürlich nicht nur.


    Ich habe mich gefragt, wie es wohl abläuft, wenn zwei Autoren zusammen ein Buch schreiben.


    Wer legt die Charakteristika der Hauptdarsteller fest, die Storyline... wer schreibt was, wer recherchiert was?


    Schließlich soll sich das Gesamtprojekt ja flüssig und schlüssig lesen lassen.


    Wie schafft man es, die Schreibstile zweier Individuen so unter einen Hut zu bekommen, daß der Leser nicht merkt, daß hier mehrere Autoren zugange waren (außer dieser Stilbruch ist gewollt).


    Fragen über Fragen... und ich harre gespannt der Antworten!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Hallo Batcat,


    es ist ein wenig schwierig, genau zu erklären, wie Inys und meine Zusammenarbeit funktioniert, denn sie hat sich im Lauf vieler Jahre immer weiter entwickelt und wird dies auch noch in Zukunft tun.
    Ich versuche trotzdem aber, dir eine befriedigende Antwort auf deine Frage zu geben, und stehe selbstverständlich auch für weitere Fragen zur Verfügung.


    Am Beginn unserer Zusammenarbeit stand das gegenseitigte Kritisieren und Helfen bei Stories für Goldmann, Bastei usw., Iny nannte es damals Sounding Board. Dies ging zuletzt so weit, dass Iny Texte von mir, die beim Anthologisten auf der Kippe standen, sprachlich überarbeitete und damit ihr Erscheinen sicherte. Im Gegenzug schrieb ich ihr einen neuen Rohtext für eine Story, bei der sie bereits aufgegeben hatte, weil ihr das Thema nicht behagte. Sie überarbeitete diese Story und wunderte sich hinterher, weil diese von unserem Anthologisten so gelobt wurde.


    Irgendwie waren damit die Grundlagen für unsere weitere schreiberische Zukunft gelegt. Obwohl jeder von uns auch weiterhin Stories für sich schrieb, begannen wir ab da immer stärker, gemeinsam zu arbeiten. Wir besprachen das Thema der entsprechenden Anthologie und entwickelten in Gedanken eine Geschichte, die ich dann in Worte fasste und Iny überarbeitete und ausschliff.
    Auf die selbe Weise schrieben wir auch ein Kinderbuch und später mehrere Begleitbücher zu Fernsehserien. Ich erstellte den Rohtext, und Iny übernahm die Feinarbeit.


    Als wir dann begannen, historische Romane zu schreiben, war es für uns selbstverständlich, es auf diese Art und Weise zu tun.


    Nun ist es nicht so, dass ich mich isoliert an den Computer setze und einfach etwas vor mich hin fabuliere. Bevor der erste Buchstabe geschrieben wird, unterhalten Iny und ich uns auf langen Spaziergängen ausführlich über einen geplanten Roman, legen gemeinsam die Grundzüge seines Ablaufs fest und formen die wichtigsten handelnden Personen aus. Dabei fließen natürlich die Ergebnisse der Rechrchen, die ich mache, mit ein und beeinflussen die einzelnen Handlungsstränge. Da der Ablauf des Romans und die einzelnen Personen von uns beiden ausdiskutiert werden, gibt es später auch kaum Differenzen zwischen dem, was in meinem Rohtext steht, und dem, was Iny daraus macht.


    Auch schreibe ich einen Roman nicht an einem Stück, sondern ein bis zwei unserer Großkapitel, die jeweils so zwischen 80 und 120 Manuskriptseiten lang sind und lege dann eine Pause ein, in der Iny den Text liest und ihren Kommentar dazu abgibt. Ich überarbeite meine Fassung entsprechend und ändere die Stellen ab, die sich dann doch als nicht so treffend erwiesen haben. Erst dann erhält Iny den Text, um damit weiter zu arbeiten.
    Das macht sie natürlich auch nicht für sich allein, sondern ich lese den Text nach jeder Überarbeitungsphase durch und setzte meine Gitterkreuze (##) plus Kommentare an den Stellen, die mir nicht passen und greife bei auftretenden sachlichen Fehlern selber ein.


    Wie du sehen kannst, gibt es bei uns niemand, der hier den Ton angibt und sagt, wie es weitergehen soll, sondern alles wird gemeinsam erarbeitet. Während Iny darauf achtet, dass ich eine gute und spannend geschriebene Geschichte hin bekomme, sorge ich dafür, dass ihre überarbeitete Version flüssig und angenehm zu lesen ist.
    Das Ergebnis ist komplexer und tiefschürfender als mein eigener Stil, aber eben auch nicht völlig Inys normaler Stil, sondern liegt im Idealfall genau in der Mitte zwischen uns beiden.


    Wie es aussieht, scheint es uns auch zu gelingen, Stilbrüche zu vermeiden. Die Damen im Verlag waren nämlich baff erstaunt, als sie nach dem zweiten abgelieferten Manuskript erfuhren, wie Iny und ich zusammen arbeiten und sie meinten, dass sie nicht bemerkt hätten, dass zwei Leute daran beteiligt gewesen wären.


    Ich hoffe, du bist mit meiner Antwort halbwegs zufrieden.


    Liebe Grüße
    Gheron

  • Hallo Gheron,
    mich würde mal interessieren, ob ihr euch bei euren gemeinsamen Projekten schon mal so richtig in die Flicken bekommen habt? Also über die Art, wie jemand etwas geschrieben oder ausgedrückt hat, oder über den Inhalt?
    Wie könnt ihr gemeinsam arbeiten, wenn ihr gerade Knatsch miteinander habt, aber gerade etwas wirklich zusammen machen müsstet?
    (Ich weiß, ihr seid siamesische Zwillinge, aber auch die streiten sich sicherlich mal.)

  • Hallo Wolke,


    das ist eine interessante Frage.
    Zum Glück streiten Iny und ich uns nur selten und der letzte, große Krach liegt schon etliche Zeit zurück.
    Natürlich gibt es manchmal Reibereien, allerdings kaum wegen des Schreibens, sondern meistens wegen Kleinigkeiten, oder wenn einer von uns nicht gut drauf ist und etwas in den falschen Hals bekommt.
    Solche Missverständnisse lassen sich Gott sei Dank mit ein wenig Verständnis und Einfühlungsvermögen des anderen Partners dann doch recht leicht lösen.


    Was das Schreiben betrifft, gehen wir zwar mit Leidenschaft an die Arbeit, aber nicht aufeinander los. Natürlich lässt der eine oder andere von uns die Ohren ein wenig hängen, wenn sein Text stärker kritisiert wird als erhofft. Allerdings wissen wir beide, dass diese Kritik nicht persönlich gemeint ist, sondern nur dem einen, gemeinsamen Ziel gilt, so gut wie möglich zu sein.
    Wenn Iny bei einem Überarbeitungsgang etwas zu viele Gitterkreuze um die Ohren fliegen, zieht sie sich in ihr Kämmerchen zurück, geht die kritisierten Stellen noch einmal durch und freut sich nachher, wenn ich mit ehrlichem Herzen sagen kann, dass sie ihre Sache gut gemacht hat.
    Wenn die Kritik für Teile meines Rohtextes zu sehr auf mich niederprasselt, setzte ich mich ebenfalls hin und überarbeite entsprechend. Im letzten Herbst durfte ich dies beim ersten Kapitel eines neuen Romans dreimal tun und den Text dabei fast jedesmal neu schreiben, ohne dass es unsere Beziehung gefährdet hätte.
    Jeder von uns weiß um seine Stärken, aber zum Glück auch um seine Schwächen. Nur wenn man diese gegenseitig versteht, kann man sie auch gemeinsam überwinden.


    Wie du selber geschrieben hast, sind Iny etwas ähnliches wie siamesische Zwillinge. :knuddel1


    Liebe Grüße
    Gheron

  • Danke, Gheron, das hat mir schon mal einen Einblick gegeben. Würdest Du es in diesem Zusammenhang eher förderlich sehen, daß ihr auch privat ein Paar seid?


    Weißt Du, wie andere, nicht miteinander verbandelte Autorenduos ihre Kooperation handhaben?

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ich hätte da noch ein weiteres Autoren-Pärchen zu bieten.
    Martina Borger und Maria Elisabeth Straub leben tausend Kilometer voneinander entfernt, die eine in München, die andere an der dänischen Grenze, und sind seit über fünfzehn Jahren ein unzertrennliches Autorinnen-Duo. Nachdem sie Drehbücher für über 250 Stunden Fernsehprogramm geschrieben haben, war Katzenzungen ihr erster gemeinsamer Roman.
    Von ihrem aktuellem Buch habe ich euch mal die ISBN eingesetzt.
    Wie die beiden Frauen es schaffen, gemeinsam Bücher zu schreiben, wäre schon mal interessant zu hören, sicher mit dem Internet ist vieles kein Problem, aber ich glaube, da hat es Gheron mit Sysai einfacher, können die beiden doch immer direkt miteinander sprechen.

  • Hallo Batcat und Wolke,


    Iny und ich kennen auch mehrere Autorenpaare, die zusammen arbeiten. Teilweise machen sie es wie wir, sprich einer schreibt den Rohtext und der andere schleift ihn ein, teilweise teilen sie die einzelnen Kapitel eines Romans auch unter sich auf. Zumindest bei einem Paar ist es aber so, dass zuerst die eine, und dann die andere Autorin den zusammen gestellten Text noch einmal mit Argusaugen durchgeht, um Stilbrüche zu vermeiden. Der Erfolg scheint ihnen auch recht zu geben.
    Wir haben aber auch schon ein Beispiel erlebt, bei dem das Gefühl aufkam, die AutorInnen hätten ein wenig aneinander vorbei geschrieben.
    Ich glaube aber nicht, dass dies normal ist. Die meisten AutorInnenpaare arbeiten gewiss nicht weniger sorgfältig als wir.
    Die räumliche Entfernung spielt dabei keien so große Rolle, denn zum einen kann man sich immer wieder treffen, und dann gibt es ja auch Telefon, e-mail usw..


    Wichtig ist, dass die Chemie stimmt. Das Andere ist harte Arbeit und die Bereitschaft, Kritik hinzunehmen, ohne darauf übertrieben zu reagieren.


    Liebe Grüße
    Gheron

  • Hallo!


    Ich kann zwar nicht sagen wie es ist zu zweit ein ganzes Buch zu schreiben, aber ich schreibe mitunter Geschichten zusammen mit meiner besten Freundin. Da es sich "mal wieder" um Geschichten rund um Aventurien (sprich vom Rollenspiel DSA) dreht, haben wir damit überhaupt keine Probleme.


    Die geschichte entwickelt sich meistens beim Schreiben. Da Es meist Lebensgeschichten anderer Charaktere sind, ist die Grundstruktur von vorneherein vorgegeben, aber trotzdem können auch "neue" Ideen sofort verarbeitet werden.
    Es gestaltet sich am Computer meist so, dass einer aus der Sicht einer seiner Spielercharaktere anfängt und die Tastatur irgenwann weitergibt. Somit kommt mit es immer auch noch zu einer kleinen Geschichte um die "Hauptstory" herum. In der Sylvesternacht 2003 ist dadurch eine 11 Seiten lange Geschichte zustande gekommen!


    Ich hoffe, dass hatte auch im Entfernten etwas mit deienr Frage zu tun Batcat!


    Bye,
    ImmI!