Fragen an Tanja Kinkel

  • Hallo Tanja,
    Venuswurf kenne ich noch nicht. Wahrscheinlich wird sich das aber bald ändern. Ich habe heute inder Zeitung gelesen, dass du am 31. bei uns eine Lesung machen wirst. *freu*


    Bei deinem Avatar ging mir plötzlich ein Licht auf. Das ist doch Derek Jacobi als Claudius, nicht? Und der bekam doch von seinem guten Freund Herodes Agrippa Würfel geschenkt, mit denen man immerfort "Venus" werfen konnte. :grin

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Hallo Tanja,


    ich habe eine Frage zur Recherche. In einem anderen Buch über Pompeji habe ich ebenfalls von den Sklavengefütterten Muränen gelesen.
    wo erhält man solches Wissen? Wurde es in Briefen die erhalten sind beschrieben? wenn ja, wo kann man 2000 Jahre alte Briefe lesen?


    Ich habe zwar vor ein paar Wochen eine Ausstellung über Herculaneum in Bremen gesehen, wo auch Briefe ausgestellt wurden, aber die Geschichte mit den Muränen finde ich schon sehr speziell so daß ich denke es hat damals schon für Aufmerksamkeit gesorgt das es aufgeschrieben wurde, sonst wäre es ja nicht erhalten geblieben.


    Recherche wäre für mich der spannendere Teil beim schreiben eines Buches :grin geht es den Autoren auch so oder eher das entstehen der Hauptpersonen im Buch und deren Geschichte?


    Gruß bno

  • Die sklavengefütterten Muränen finden sich in mehreren Quellen, aber soweit ich mich erinnere (und ich müßte nachschlagen, was, da ich derzeit unterwegs bin, nicht möglich ist), hatte ich die Pollio-Geschichte aus Dio Cassius.


    2000 Jahre alte Briefe kann man u.a. in Reclam-Editionen erwerben, z.B. Ciceros Briefwechsel mit Attius.


    Recherche: ist spannend, und ja, in dieser Zeit nehmen für mich die Figuren Gestalt an, aber das Schreiben selbst ist immer noch der schönste Teil beim Entstehen eines Buches. (Die Korrekturphase ist der anstrengendste.)

  • Ich hätte noch eine Frage zu einem älteren Buch, "Die Puppenspieler", das zu meinen Lieblingsbüchern gehört.
    Benutzt man als Sekundärliteratur nur Sachbücher, oder lässt man sich auch von Romanen anderer Schrifrsteller inspirieren? Wenn man nur Sachbücher nimmt, erfährt man ja nur Fakten und muss die Persönlichkeit der Romanfiguren (z.B. Jakob Fugger) fast vollstängig "erfinden."


    Bekommt man als bekannter Autor Zugang zu Archiven, die einem normalen Sterblichen verwehrt bleiben? (Handschriftliche Aufzeichnungen von Jakob Fugger etc.)


    Generell fände ich es sehr schön, wenn einem historischen Roman im Anhang eine Liste zumindest der bedeutendsten Sekundärliteratur beigefügt wäre.

  • Bei einigen, nicht allen meiner Bücher habe ich eine Liste der wichtigsten Sekundärliteratur angegeben ("Die Löwin von Aquitanien" und "Mondlaub", z.B.).


    Als ich "Die Puppenspieler" schrieb, war ich noch keine bekannte Autorin. Ich hatte mit meinen beiden ersten Romanen schon einen respektablen Erfolg, aber war noch weit von Bestsellerlisten entfernt. Was bedeutet: nein, ich hatte keinen Zugang der exclusiven Art. Später habe ich manchmal Quellen durch meinen bekannten-Autoren-Status gefunden, z.B. für "Götterdämmerung".


    Inspiration kommt von allen Seiten, nicht nur durch Sachbücher - so bin ich beispielsweise bestimmt durch Katharine Hepburns Darstellung der Eleonore von Aquitanien beeinflußt, aber als tatsächliche Quellen (im Sinn von Daten, Handlungen etc.) verwende ich keine fiktiven Darstellungen. (Ich war allerdings geschmeichelt, als ich einen Wortwechsel zwischen Cesare Borgia und Lorenzo de' Medici, den ich frei erfunden hatte, ein paar Jahre später in dem Roman "Die Geliebte des Papstes" wiederfand.) Sonst kann es nämlich passieren, daß man als Faktum nimmt, was keines ist. Und wo wir gerade bei Cesare sind, eines der Bücher, das mich maßgeblich beeeinflußte, was die Borgia-Darstellung in den "Puppenspielern" betrifft, war Sarah Bradfords Cesare-Borgia-Biographie.


    Wie viele Menschen, die an der Renaissance interessiert sind, habe ich als Teenager Irving Stones "Michelangelo" gelesen, was sicher auch ein Einfluß war.


    Jakobs Charakterisierung verdankt sich in erster Linie Günther Oggers "Kauf dir einen Kaiser" und dem Dürer-Portrait.

  • Zitat

    Jakobs Charakterisierung verdankt sich in erster Linie Günther Oggers "Kauf dir einen Kaiser" und dem Dürer-Portrait.


    Kann man an einem Portrait wirklich soviel ablesen?


    In dem Buch von Ogger kommt Jakob Fugger hauptsächlich als kühler Verstandesmensch rüber. Im Buch "Sybille Fugger, die Frau Jakobs des Reichen" von Barbara Günther wird er sehr menschlich und sympathisch gezeichnet. Jetzt möchte ich gern "Das Amulett der Fuggerin" von Peter Dempf lesen, darin soll es wohl auch um den Einfluss seiner Frau auf Jakob gehen.(Hat sie ihn wirklich zum Bau der Fuggerei angeregt?)
    Die Darstellung von Ogger ist wahrscheinlich die realistischste, dennoch besteht die Kunst eines guten Romans gerade darin, aus vergleichsweise wenigen historischen Fakten eine facettenreiche und für den Leser glaubwürdige Persönlichkeit zu zaubern.
    Das Problem mit Biographien besteht darin, dass auch diese je nach Verfasser und Zeit nicht wirklich neutral sind, man denke nur an die unterschiedliche Darstellung Richards III in verschiedenen Biographien/biographischen Romanen.


    Zitat

    Ich war allerdings geschmeichelt, als ich einen Wortwechsel zwischen Cesare Borgia und Lorenzo de' Medici, den ich frei erfunden hatte, ein paar Jahre später in dem Roman "Die Geliebte des Papstes" wiederfand.)


    Das war sicherlich schmeichelhaft, aber ist das überhaupt erlaubt und kein Plagiat?


    "Die Löwin von Aquitanien" fand ich übrigens auch äußerst gelungen, ich vermute, dass die Biographien von Régine Pernoud und Alison Weir herangezogen wurden? :-)