Hier könnt ihr Fragen stellen, die nicht das Buch der aktuellen Leserunde "Venuswurf" betreffen.
Fragen an Tanja Kinkel
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Liebe Tanja Kinkel,
nachdem ich das Interview in der DBMobil (wodurch ich auf das Buch aufmerksam wurde!) gelesen habe, stellen sich mir folgende Fragen:
- Wenn die Recherche mit 11 Jahren für "Venuswurf" anfing, was hat das endgültige Buch noch mit der ursprünglichen Idee zu tun? Und war dir da schon klar, dass du Autorin werden wolltest?
- Geht der "Code Napoleon" auf das "Lex Julia" zurück? (Eine sehr spezielle Frage, ich weiß...)
Dann noch ein großes Lob für die Organisation "Brot und Bücher", das ist wirklich unterstützenswert und ich wünsche weiterhin viel Erfolg.
Alles Liebe, Bianca
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Ich wüßte gerne wie es mit dem Buch zu den Legenden von Phantasien war. Sprich, wie frei durfte man sich als Autor durch die phantasischen Welten bewegen, welche Vorgaben gabe es. Oder war es gar ein bereits fertiges Buch, das nur zufällig in dieses Schema paßte und ein wenig an Phantasien angeglichen wurde???
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Apropos Phantasien: Wird es dazu noch weitere Bände geben? Ich fand die Idee allein schon so klasse...
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Halo Bianca,
Die Recherche für "Venuswurf" fing nicht mit 11 an, das war die Zeit, in der die betreffende Epoche begann, mich zu faszinieren. Und da ich mehr und mehr darüber las - d.h. über die späte Republik und das frühe Kaiserreich - hatte ich Jahrzehne später, als mir die Idee zu "Venuswurf" kam, natürlich einen gewissen Vorsprung beim Hintergrundmaterialsammeln.
Mir war schon klar, daß ich Autorin werden wollte, als ich acht Jahre alt war. Im Kindergarten war's mal Seiltänzerin, aber danach eigentlich immer Schriftstellerin.
Der Code Napoleon geht, soweit ich weiß, wenn überhaupt auf eine römische Gesetzgebung, dann auf den Codex Justinians zurück, d.h. auf ein Produkt der byzantinischen, nicht der augustäischen Zeit. Genau wie sehr viele Gesetzeswerke Europas.
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Die Vorgaben waren: ein Roman, der in Phantásien spielen sollte, aber auch gar keinen Fall eine Vorsetzung der "Unendlichen Geschichte". Keine Verwendung von Hauptfiguren der "Unendlichen Geschichte" in zentralen Rollen (daß die Kindliche Kaiserin einmal aus der Ferne zu sehen ist und Bastian im Epilog vorkommt, ging in Ordnung, weil es nur Kurzauftritte waren), und Einhaltung der Regeln, die Michael Ende in seinem Roman aufgestellt hatte.
(Was z.B. heißt, daß Wesen aus Phantásien nicht in die Welt der Menschen überwechseln können, es sei denn, durch das Nichts und als Lügen.)
Der Roman "König der Narren" ist entstanden, weil Roman Hocke (Michael Endes früherer Lektor) mich gebeten hatte, an dem Projekt teilzunehmen.
Ob es weitere Romane in der Reihe geben wird, weiß ich leider nicht....
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Dankeschön.
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Hallo Tanja,
mich würde interessieren, ob du, sobald du ein Buch beendet hast, gleich mit dem Schreiben an dem nächsten Buch anfängst? Oder liegt da eine gewisse Zeit dazwischen? So zum Abschalten...........
Ich habe dich bei der Buchmesse 2003 in Frankfurt im Lesezelt aus "Götterdämmerung" lesen hören ( und mir das Buch dann auch gleich gekauft und signieren lassen ). Dieses Vorlesen und auch deine Antworten zu den gestellten Fragen habe ich sehr positiv in Erinnerung.
Jetzt muss ich nur noch die letzten Seiten von "Oliver Twist" lesen dann kann ich mit "Venuswurf" anfangen.
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Normalerweise liegt immer eine gewisse Zeit zum Abschalten dazwischen. Eine Ausnahme gab es - "Der König der Narren" ist direkt im Anschluß an "Götterdämmerung" geschrieben - aber das war nur deswegen möglich, weil ich für den "König der Narren" nicht recherchieren mußte.
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Hallo Tanja,
ich bin von dem "Trailer" (heißt das bei Büchern überhaupt so??) zu Venuswurf auf der HP total begeistert!! Bist du als Autorin an der Umsetzung eines solchen Trailers direkt beteiligt?
Neugierige Grüße,
milla -
Ich bin genauso begeistert wie Du, kann aber kein Lob für mich in Anspruch nehmen - die Verantwortliche heißt Jutta Leenen, und ist bei Droemer Knaur für solche Dinge verantwortlich. (Sie hat auch schon den Trailer für die Taschenbuchausgabe von "Götterdämmerung" gemacht.) Als sie mir den Trailer für "Venuswurf" und die Entwürfe für das Design der Homepage das erstemal zeigte, war ich drauf und dran, ihr um den Hals zu fallen.
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Hallo Tanja,
ich höre den Venuswurf gerade und das obwohl ich mit den Römern eigentlich so gar nicht klar komme. Sie locken mich nicht so sehr.So hat Venuswurf eben Vorschusslorbeeren bekommen, da mir bis auf die Götterdämmerung Deine Bücher gefallen haben.
Wie stehtst Du zu Deinem Hörbuch. Hattest Du da auch Möglichkeiten Einfluss zu nehmen? Auf die Sprecher, die Kürzungen? (von denen ich mal ausgehe, da nicht vollständige Lesung auf dem Cover steht) -
Auch bei den Puppenspielern ist es ja Franziska Bronnen, die das Hörbuch spricht. Hattest Du da Mitspracherechte - wg. der Stimmlage z.B.? Wie kommt es, dass es nun ARGON als Verlag wurde, nachdem die Puppenspieler von Randomhouse und Götterdämmerung von Audiobuch gemacht wurden.
und ... -
Meine Einstiegsdroge in Deine Bücher war 'Unter dem Zwillingsstern' gibt es vielleicht Planungen da auch ein Hörbuch zu machen? Ich hörte schon mal, dass sich Verlage schwer tun, auch ältere Bücher als Hörbuch nach zu ziehen, weil die Publicity eines 'Neuen Romans' fehlt. Deshalb fürchte ich, dass auch der Zwillingsstern dem zum Opfer fällt.
Das von der Hörbuchfront ....
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Oh ja, die Homepage zum Buch ist sehr ansprechend und lädt direkt zum Surfen ein!
Tanja, wir diskutieren hier im Forum auch immer wieder die Frage, inwieweit im historischen Roman die Fakten korrekt wiedergegeben werden müssen und wie authentisch die Charaktere sein müssen.
Nachdem Du Dich als Autorin historischer Romane diesen Fragen sicher auch beim Schreiben Deiner Bücher immer wieder stellen mußt, würde mich Deine Meinung dazu interessieren!
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1. Wechselnde Hörbuchverlage - Argon gehört zur Holtzbrinkgruppe, wie Droemer Knaur auch. Randomhouse Audio gehört zu Bertelsmann, wie Goldmann/Blanvalet auch.
2. Ich habe keinen Einfluß auf die Kürzungen, die in der Tat bei allen drei als Hörbücher erschienenen Romanen gegeben sind. D.h. es ist immer ein Risiko, und ich muß auf sensible Kürzer hoffen, denen es gelingt, eine Fassung zu erstellen, die immer noch sinnvoll ist. Aber:
3. Franziska Bronnen als Sprecherin von "Venuswurf" war mein Wunsch. Ich hatte sie durch ihre Aufnahme von "Die Puppenspieler" kennengelernt, und sowohl Person als auch Stimme und Vortragskunst waren mir sympathisch.
4. "Unter dem Zwillingsstern": schön wäre es, aber es ist in der Tat bei älteren Büchern ein Problem. Nur so als Anregung, an den jeweiligen Verlag gerichtete Briefe zeigen den Leuten, daß immerhin ein Publikum da wäre...
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Zunächst einmal: ich halte es für enorm wichtig, daß der Hintergrund stimmt. Von den Elisabethanern, die es nicht störte, wenn in Shakespeares "Julius Caesar" eine Kirchturmuhr schlägt, sind wir weit entfernt, und es ist auch kaum einer ein Genie wie Schiller, dem ohne weiteres verziehen wird, wenn er die heilige Johanna auf dem Schlachtfeld statt auf dem Scheiterhaufen sterben läßt.
Aber während es nicht weiter schwer ist, solche groben Schnitzer oder Verbiegungen zu vermeiden, gerät man bei der Frage "Authentizität" und "Faktentreue" schon wieder ins Philosophische und fragt mit Pilatus: Was ist Wahrheit? Jedem, der schon mehrere Biographien von ein und derselben Person gelesen hat - ich rede jetzt nicht von Romanen, sondern Sachbiographien - ist gewiß aufgefallen, daß die Biographen zum Teil völlig unterschiedliche Meinungen zu der Person haben, die sie schildern, zumal, wenn sie selbst in unterschiedlichen Epochen schreiben. Was nun gar zeitgenössische Chronisten angeht, da schlägt Parteipropaganda und das Interesse der jeweils Herrschenden nun ganz gewaltig hinein. Es gibt in der Regel keine "richtige" Quelle, der man alles glauben kann. Um ein Beispiel zu nennen: zu Goethes Lebzeiten entstandene Lebensbeschreibungen ließen in der Regel seine langjährige Lebensgefährtin und spätere Ehefrau, Christiane Vulpius, so weit wie möglich weg, weil die Verbindung als nicht standesgemäß und als ein Skandal galt. Spätere Biographen, im 19. Jahrhundert, waren wohlmöglich noch schlechter auf Christiane zu sprechen. Ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dagegen wurde sie von den Biographen enorm aufgewertet, es wurde ausgiebig über sie geforscht und geschrieben und in Goethe-Biographien eingegangen. Ihre Verbindung mit Goethe wurde ganz anders geschildert. Keiner der Biographen, weder alte noch neue, haben gelogen. Sie sind nur jeweils Kinder ihrer eigenen Zeit.
Wir Romanautoren sind in gewissem Sinn ehrlicher als Sachbuchautoren. Wir sagen nicht: das ist DIE Wahrheit, wir sagen gleich von Anfang an: Das ist unsere persönliche Interpretation.
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Zitat
Original von Tanja Kinkel
Was ist Wahrheit? Jedem, der schon mehrere Biographien von ein und derselben Person gelesen hat - ich rede jetzt nicht von Romanen, sondern Sachbiographien - ist gewiß aufgefallen, daß die Biographen zum Teil völlig unterschiedliche Meinungen zu der Person haben, die sie schildern, zumal, wenn sie selbst in unterschiedlichen Epochen schreiben. Was nun gar zeitgenössische Chronisten angeht, da schlägt Parteipropaganda und das Interesse der jeweils Herrschenden nun ganz gewaltig hinein. Es gibt in der Regel keine "richtige" Quelle, der man alles glauben kann.Da gebe ich Dir vollkommen recht. Ich habe auch gar kein Problem damit, wenn ein Autor intensiv recherchiert, unterschiedliche historische Ansätze und Erklärungen findet und dann ja gezwungen ist, sich einer Meinung anzuschließen, die dann in seinem Roman Eingang findet. Hat der Autor noch dazu eine Botschaft (soll ja doch schon mal vorkommen :grin) ist es auch m. E. natürlich, daß mehr oder weniger starke Färbung in seinen Roman eingeht.
Ich habe auch kein Problem damit, wenn ein Autor, um eine bestimmte Aussage zu transportieren, z. B. auch mal zwei Personen sich treffen läßt, die sich in der Realität eventuell niemals getroffen haben. Allerdings freue ich mich in solchen Fällen sehr darüber, wenn er bzw. sie mir das im Nachwort sagt (ich geb ja zu, daß ich die Nachwörter historischer Romane immer zuerst lese :grin).
Wenn jedoch historische Persönlichkeiten völlig anders geschildert werden als es dem aktuellen Stand der Geschichtsschreibung entspricht (auch das kommt vor), wenn Fakten falsch verarbeitet werden (ein Krieg findet dann halt mal ein paar Jahre früher statt, weil es anders nicht paßt), wenn Beziehungen zwischen historischen Persönlichkeiten hergestellt werden, für die es so gar keinen Hin- oder Nachweis gibt, dann habe ich damit als Leserin ein Problem bzw. es ärgert mich auch.
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@ Tanja
Bei mir ist das Römerinteresse erst vor kurzem ausgebrochen, wozu die schöne Ausstellung Imperium Romanum erheblich beigetragen hat (endlich mal eine gut aufbereitete Tonscherbensammlung :grin. Ok, es war schon deutlich mehr als das.)
Daher würde mich interessieren, welche Sekundärliteratur Du bei Deiner Recherche benutzt hast.
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Zu viele, um sie alle aufzuzählen, aber um ein paar für den Einstieg zu nennen:
- natürlich Suetons Augustus-Biographie (Teil seiner Kaiser-Biographien)
- als Kontrapunkt hierzu Jochen Bleicken Fests "Augustus" und Werner Becks "Augustus und seine Zeit" (beides Werke, die so ziemlich den neuesten Stand der Forschung repräsentieren)
- Ronald Syme, "The Roman Revolution" ist dagegen fast schon wieder so etwas wie ein Klassiker, aber auch ein Muß; die Passagen das Ende der Republik und Augustus' Aufstieg haben mein Augustus-Bild entscheidend geprägt
- ungeheuer nützlich zum Nachschlagen, wenn man in Eile ist: Karl-Wilhelm Weebers "Alltag im Alten Rom: Das Leben in der Stadt" und "Alltag im Alten Rom: Landleben" sowie "Nachtleben im alten Rom"
- nichts für Einsteiger, aber etwas für die spätere Lektüre und sehr wichtig für meinen Roman: die Werke Plinius' des Älteren, speziell hier seine Geschichte der Malerei und jener Band der Naturgeschichte, in dem die Passage über Andromeda und Conopas auftaucht, die ich im Nachwort meines Romans zitiere.
Das sind, wie gesagt, nur ein paar der Werke, die ich konsultiert habe. Noch ein Tip für den Einstieg, diesmal in Sachen Ovid: hier würde ich mit einem Hörbuch anfangen, falls Du noch nichts von ihm gelesen hast, und zwar mit diesem:
http://www.amazon.de/exec/obid…_10_3/028-0536352-2032514
(Konrad Beikirchers Vortrag der "Liebeskunst", wenn der Link nicht funktioniert.)
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Das mit dem Hörbuch ist ein toller Tipp, danke.
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Vielen Dank für die Literaturhinweise! Auf daß die Wunschliste niemals kürzer wird
In der Tat habe ich noch nichts von Ovid gelesen. Aus welchem Grund empfiehlst Du hier mit dem Hörbuch zu starten?