'Venuswurf' - Seiten 001 - 162

  • @ Iris


    Off Topic: Ich sinniere gerade darüber, welche Dekadenz die Geschichtsschreibung uns eines Tages zuschreiben wird... :grin Die "historische" Quelle Bild-Zeitung und andere Werke der Regenbogenpresse geben da einen wunderbaren Fundus ab... :grin

  • Das hat weniger mit den realen Verhältnissen zu tun als mit davon völlig unabhängigen Faktoren in der Geisteswelt derer, die in späteren Jahrhunderte diese Dekadenz konstatieren.
    Unsere Vorstellung von den "Zuständen im Alten Rom" ist eine Erfindung der Reformation und der daraus resultierenden Abgrenzung des "germanischen" Europas vom "romanischen" (den "Welschen"). Auch die Reformation ist insgesamt weniger eine religiös motivierte Bewegung, sondern eine politisch motivierte. Letztendlich wurden normative und apologetische Texte (Stichwort: Propaganda) und einige eifrig tradierte Gerüchte zur Grundlage einer Weltanschauung gemacht, in der man einen Gegensatz zwischen dem "Eigenen", "Guten" und dem "Anderen", "Bösen", aufmachte und als "gott-" oder "naturgegeben" verankerte.


    Wenn es also in ferner Zukunft wieder einmal einen ideologischen Krieg geben wird, in dem sich eine andere Seite von der Lebensweise und Kultur unserer Nachfahren scharf abzugrenzen versucht, laufen wir Gefahr, daß die Vordenker dieser Bewegung jede Quelle danach ausschlachten werden, wie verkommen und unmenschlich schon wir Vorfahren unserer Nachkommen gewesen seien. :grin

  • 17. März - Liberalia!


    Habe in der Subura ausreichend Gelegenheit gehabt, Tertia bzw. Andromeda genauestens zu studieren. Mir gefällt die Charakterisierung der Zwergin sehr gut, v.a. weil es sich bei ihr um einen interessanten Entwicklungsprozess handelt. Wir lernen sie als kleines Mädchen kennen, das miterleben muß, wie vier ihrer Geschwister sterben. das verzweifelt daran glaubt, daß ihre Eltern nur ihr Bestes wollen. "Ihre Mutter musste dem Vater erzählt haben, wie Tertia sich nach der Stadt sehnte. Und er hatte einfach den besten Weg gefunden, um seiner Tochter diesem Wunsch zu erfüllen."....und sie verkauft! Auf dem Weg ins neue Leben als Sklavin - wie alt wird sie denn hier ungefähr sein? – erkennt sie rasch den Ernst der Lage und vor allem, daß sie handeln kann und muß. "Vielleicht ....glaubt sie nur nicht, dass der Händler wirklich mit ihr machen kann, was immer er will. Diesen Fehler würde sie nicht begehen."
    Ganz sicher kann sie sich doch nicht sein, das dieser Weg der Beste für sie ist und flüchtet in eine Phantasiewelt, in der sie eine entführte Prinzessin ist. Das arme Mädchen!

  • Hallo,


    erst einmal muss ich sagen, dass mir die gesamte Aufmachung des Buches sehr gut gefällt. Die Farben und das geprägte Cover sind wirklich gelungen. Die Homepage zu dem Buch ist auch toll. :-) Gut finde ich außerdem, dass das Buch einen so umfangreichen Anhang hat. Solche Anhänge finden sich leider nicht in jedem Buch, und wenn mir die Epoche nicht ganz so vertraut ist, finde ich das sehr hilfreich und wichtig, um mir ein richtiges Bild machen zu können.


    Meine Neugier auf die Römerzeit ist erst vor kurzem wieder von Neuem geweckt worden ( Iris :wave). Zu meiner Freude bin ich direkt zu Beginn des Buches einem alten Bekannten aus dem Lateinunterricht begegnet, von dem ich im Laufe der Geschichte hoffentlich noch mehr lesen werde. :grin


    Der Unterschied zwischen dem Leben in der Stadt und dem auf dem Land ist sehr anschaulich dargestellt. Der Leser begleitet die Protagonisten durch die Stadt und in die Bäder. Gut finde ich zudem, dass das Dasein der Sklaven nicht beschönigend, sondern sehr realistisch beschrieben wird.


    Zu Tertia habe ich anfangs keinen richtigen Zugang gehabt, aber das hat sich im Laufe des Lesens geändert. Ihre Naivität finde ich verständlich, auch, dass sie glaubt, ihr Vater hätte sie verkauft, um ihr ein besseres Leben zu ermöglichen. Dass sie Tagträumen nachhängt und sich für eine Prinzessin hält, ist auch nachvollziehbar, immerhin war sie im Dorf immer die gehänselte Außenseiterin, und es ist bei Kindern ja immer so, dass sie sich in so einem Fall eine Phantasiewelt erschaffen, in der sie selbst eine große Rolle spielen.


    Auf jeden Fall freue ich mich schon aufs Weiterlesen, wenn ich auch derzeit etwas hinterherhinke. :-)


    Liebe Grüße,
    Laila

    Worte sind die mächtigste Droge, welche die Menschheit benutzt. (Rudyard Kipling)

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  • Ein Ausdruck ist mir aufgefallen auf S.40:..."habe mich nie für was Besseres gehalten und herumgetönt" Dachte bisher, nur die Schweizer haben "tönen" im Sprachgebrauch.
    Interessant ist, daß die Römer für diverse Tätigkeiten des Alltags eigene Sklaven hatten, wie z.B. eine Tonstrix für eine gute Frisur :grin oder Sklaven, die ausschließlich für Geflügelzubereitung zuständig waren.
    Hätte auch nie gedacht, daß ich mir mal den Kopf über die Empfängnisverhütung im alten Rom zerbrechen würde, Wolle und Honig?
    Daß sich Sklaven freikaufen konnten oder freigelassen wurden, gibt ein wenig Hoffnung auf einen möglichen, guten Ausgang der Geschichte.
    Aber weiter in der Entwicklung der Zwergin. Die Kleine lernt begierig alles, was sie hört und sieht, zwischendurch (eigentlich überraschend selten) gerät sie dann allerdings doch in Rage und spürt Groll auf alle Normalgewachsenen in sich aufkommen.
    "Jupiter hilft denen, die sich selbst helfen" liest sich für mich wiederum wie ein Schlüsselsatz, der Andromeda in ihrer Entwicklung weiterbringt. Sie läßt nichts unversucht, stellt sich den Herausforderungen, wird wagemutig und forsch und obwohl "sie ihr eigenes Herz in die erneute Stille hämmern hört" unternimmt sie alles, was getan werden muß. ("unterhalte sie, bring sie zum Lachen, dazu bist du da"...)

  • Ovid gibt Tertia den Namen Andromeda und erzählt von der Königstochter, die von ihren Eltern einem Ungeheuer zum Fraß vorgeworfen, aber gerettet wurde. Am Ende erstarrt das Ungeheuer zu Stein.
    Ovid spielt meines Erachtens nach eine wesentliche Rolle im Leben der Zwergin, begleitet er sie doch von Anfang an durch verschiedene Situationen und treibt sie immer weiter voran und bringt sie dazu die Würfel in die Hand zu nehmen, um den Venuswurf zu wagen.
    Bevor ich mich auf Teil II stürze, werde ich mich mal im Anhang umsehen.
    :wave
    Eli

  • Zitat

    Original von Eli
    Ovid spielt meines Erachtens nach eine wesentliche Rolle im Leben der Zwergin, begleitet er sie doch von Anfang an durch verschiedene Situationen und treibt sie immer weiter voran und bringt sie dazu die Würfel in die Hand zu nehmen, um den Venuswurf zu wagen.
    Eli


    Das sehe ich auch so. Die Gespräche und Wortspielereien zwischen den beiden sind immer interessant zu lesen.

  • Spät schreibe ich, aber ich schreibe...
    :grin


    Der Einstieg in die Geschichte hat mir sehr gefallen. Und auch nach ein paar Seiten war klar, dass ich in Rom war und mit Andromeda (hübscher Name ! ) ihre Geschichte erlebte. Weit bin ich leider noch nicht, aber ich bleibe dran und melde mich dann wieder :wave

  • Sooooorrryyy, dass ich mich erst jetzt melde..


    Aber hier nun mein Statement:


    In diesem Abschnitt kann man die Reifung Tertias (Andromedas) von einem verträumten Mädchen, das vor der harten Realität in eine Scheinwelt flüchtete, zu einem Menschen, der seine Chancen im Leben nutzen will, sehr schön beobachten. Der Ablauf des täglichen Lebens für kleine Leute und Sklaven in der Zeit des "ersten Bürgers" Augustus ist plastig und gut verständlich geschildert :-).


    Sprachlich ist es sehr schön und einfach zu lesen geschrieben. Spannend ist es ohnehin, allerdings musste ich mir immer wieder verdeutlichen, dass Tertia eine Zwergin ist.