Originaltitel: Stones from the River
Zum Inhalt:
Aus der Sicht der Zwergin Trudi Montag wird das Leben in einer typischen deutschen Kleinstadt in der Zeit von 1915-1952 beschrieben. Trudi kaempft darum "normal" zu sein, von den Menschen um sie herum akzeptiert zu werden - und bleibt doch immer anders.
Die Autorin:
Ursula Hegi kam mit 18 Jahren aus Deutschland in die USA, wo sie heute noch lebt. Sie hat zahlreiche Romane und Erzählungen veröffentlicht, fuer die sich auch mehrere Auszeichnungen erhielt, einschliesslich ein NEA Fellowship und fuenf PEN Syndicated Fiction Awards. Sie wurde nominiert fuer den PEN Faulkner award fuer "Stones from the River" und "Floating in My Mother’s Palm". Ausserdem hat sie ueber 100 Rezensionen geschrieben fuer The New York Times, The Los Angeles Times und The Washington Post.
Meine Meinung:
"The older I get, the more I realize that I'm inescapably encumbered by the heritage of my country's history."
- Ursula Hegi
Das ist auch die Antwort, die ich meinem Mann haette geben koennen auf seinen Kommentar er verstuende nicht woher die Faszination so vieler mit der Nazizeit kommt. Er ist eben gebuertiger Kanadier und hat sein ganzes Leben hier gelebt. Er ist nie als Nazi beschimpft worden und braucht es auch nicht zu befuerchten. Mir reichte eine einzige solche Beschimpfung eines Amis vor wenigen Jahren vollkommen aus, um mich aus dem Gleichgewicht zu werfen.
Doch in der Tat frag auch ich mich, ob wir wirklich noch ein Buch zu diesem alten Thema brauchen, wo es doch schon zu Hauf davon gibt. Hat es Hegi wirklich geschafft hier neue Perspektiven aufzuzeigen?
Klar hatte ich wie viele andere deutsche Jugendliche auch als Teenager Dutzende Buecher zur Nazizeit verschlungen und mir dabei regelmaessig die Augen ausgeheult. Als Erwachsene hab ich aber lange nichts mehr gelesen. Bis mir "Der Vorleser" von Bernhard Schlink empfohlen wurde und mich absolut begeisterte.
Und leider musste ich beim Lesen von Hegis Buch dauernd Vergleiche mit Schlink ziehen. Und Hegi konnte da anfangs ueberhaupt nicht mithalten. Der Schreibstil ist mir bei Hegi im Vergleich zu Schlink viel zu ausschweifend. Und wirklich neu kam mir das Leben von Trudi Montag und ihrer Zeitgenossen nicht vor. Wenn sie den juedischen Nachbarn beschreibt, der zudem noch Kommunist ist, braucht es wirklich nicht mehr viel Fantasie um sich dessen Zukunft auszumalen ... Ich hab also sehr lange gebraucht, um wirklich ins Buch reinzukommen.
Teils lag es auch dran, dass ich das amerikanische Original las. Da kommen viele deutsche Stellen vor, die typische deutsche Gedankengaenge und Redewendungen widerspiegeln. Und muessen natuerlich auch jedes Mal mit uebersetzt werden. Das fand ich als deutschsprechende natuerlich eher umstaendlich. Ist aber wohl auch ein eher besonderes Problem.
Doch schliesslich zog mich die Geschichte in ihren Bann. Trudis Gabe ihre Mitmenschen zu durchschauen und Geschichten um sie zu spinnen ist etwas besonderes. Und DAS macht sie "anders", weitaus mehr als ihre koerperliche Gestalt.
Und diese andere Sichtweise ist es auch, was Trudi von den anderen Bewohnern der Stadt in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg unterscheidet. Das sind zwar nur kurze Kapitel am Ende des Buches, aber doch sehr gut geschriebene.
Fazit: Eine sehr interessante Geschichte, die zwar lange nicht an Bernhard Schlinks Vorleser ran kommt aber durchaus lesenswert ist.