Im Zeichen der Seraphim, John Sack, Droemer Verlag, 2006, 575 Seiten, Übersetzung aus dem Amerikanischen von Hans Freundl, Ursula Gräfe, Barbara Schnell, Karin Schuler, Klaus Timmermann und Ulrike Wasel, ISBN-10: 3-426-19724-3, ISBN-13: 978-3-426-19724-0
Klappentext:
1271. Vierzig Jahre nach dem Tod des heiligen Franziskus von Assisi erhält der junge Eremit Conrad von seinem Lehrmeister eine verschlüsselte Botschaft. "Lies die Legenden", lautet der Auftrag, "und finde die Wahrheit." Nur widerstrebend verlässt Conrad seine Einsiedelei im Apennin und begibt sich nach Assisi. Er beginnt seine Suche hinter den gewaltigen Mauern des Franziskanerklosters. Doch die Bruderschaft hüllt sich in Schweigen. Seinen Nachforschungen begegnet sie mehr und mehr mit Lügen und gar Drohungen. In den wenigen Büchern, die er lesen darf, häufen sich Ungereimtheiten, die Schriften der Vertrauten des heiligen Franziskus werden ihm vorenthalten. Als er durch einen Einbruch in die Bibliothek versucht, an diese heranzukommen, wird er von dem Ordensvorsteher Bonaventura verbannt. Er muss das Kloster verlassen. Aber der Drang nach Wahrheit lässt Conrad nicht los. Mit Hilfe der Novizin Amata gelangt er in den Besitz der verbotenen Schriften seines Lehrmeisters, die dieser vor Bonaventura in Sicherheit gebracht hatte. Doch noch ehe Conrad seine Nachforschungen fortsetzen kann, wird er von den Häschern des Abtes gefasst und in die Folterkammer des Konvents gesperrt. Erst hier erfährt er, was von Anfang an suchte: die Wahrheit über den heiligen Franziskus. Doch diese Wahrheit würde den mächtigen Orden der Franziskaner in seinen Grundfesten erschüttern, würde sie bekannt werden. Und Bonaventura, dem Ordensvorsteher, ist jedes Mittel recht, um dies zu verhindern.
Ein Roman um einen Mann zwischen Glaube, Liebe und Wahrheit in der wohl spannendsten Zeit mittelalterlicher Kirchengeschichte.
Zum Autor: (lt. Klapptentext)
John Sack, 1938 in Ohio geboren, hat in Yale englische Literatur studiert und hat viele Jahre in der Computerbranche gearbeitet. Mit Franz von Assisi und dessen Zeit beschäftigt er sich bereits seit längerem. "Im Zeichen der Seraphim" ist sein erster Roman. John Sack lebt mit seiner Frau in Ashland/Oregon.
Links zum Buch:
- Homepage zu Autor und Buch (englisch)
- Trailer zum Buch (deutsch)
- Mini-Leserunde bei den Büchereulen (mit weiteren Links rund um das Buch)
Meine Rezension bei Amazon: (inkl. Schreibfehler :grin)
Gleich mit seinem ersten Roman „Im Zeichen der Seraphim“, im amerikanischen Original erschienen unter dem Titel „The franciscan conspiracy“, überrascht John Sack seine Leser mit einem spannenden und gut recherchierten historischen Roman. Mag sein, dass der Titel des amerikanischen Originals Gedanken und Vergleiche mit Dan Brown aufkommen lässt, diese sind aber absolut nicht angebracht, da John Sack keinen Action-Thriller in der Gegenwart mit mehr oder weniger historischem Hintergrund geschrieben hat, sondern einen historischen Roman, dessen Kernpunkt eine Theorie ist, die als Fiktion betrachtet werden muß, aber dennoch eine theoretische Möglichkeit darstellt, wie es gewesen sein könnte.
Das Geheimnis, das der Protagonist in diesem Roman zu entschlüsseln hat, basiert auf der historischen Tatsache, dass die Grabstätte des heiligen Franziskus über ca. 600 Jahre nicht bekannt war und erst im 19. Jahrhundert entdeckt wurde. John Sack verarbeitet als Kernthema seines Romans die Frage, ob es andere Gründe als die Angst vor Reliquienräubern gab, die Grabstätte des heiligen Franziskus zu verbergen. Der junge Eremit Conrad erhält 1271, also 40 Jahre nach dem Tod des heiligen Franziskus, von einem dem Ordensgründer Nahestehenden, die verschlüsselte Botschaft „Lies die Legenden und finde die Wahrheit“. Conrad begibt sich auf die Suche und begegnet viel Widerstand in der Bruderschaft bis hin zu seiner Gefangennahme und Folter im Kerker des Klosters, was ihn aber nur für befristete Zeit daran hindert, weiterzusuchen und dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Unterstützung findet er in Donna Giacoma, einer Adligen und früheren Vertrauten des heiligen Franziskus und der jungen Novizin Amata, die bereits schwere Schicksalsschläge hinter sich hat und einen neuen Weg im Leben für sich sucht.
Die Auseinandersetzung von Spiritualen (asketisch oder eremitisch lebenden Bettelmönchen) und Konventualen (Klosterbrüdern) Ende des 13. Jahrhunderts ist ein Thema, das in historischen Romanen noch nicht allzu oft auftaucht. Der bekannteste Roman, der diese Auseinandersetzung thematisiert, ist wohl Umberto Ecos „Der Name der Rose“, wobei Eco die Aufarbeitung auf einem anderen Niveau führt als John Sack. Dennoch erfreut John Sack seine Leser mit vielen historischen Details, die zeigen, dass er intensiv recherchiert hat, und die er überdies so in seinen Roman einbettet, dass der Roman niemals belehrend oder besserwisserisch wirkt. Harmonisch gehen erklärende und erzählende Passagen ineinander über, was durch die leichte und fließende Sprache des Autors unterstützt wird. Das Geheimnis, das der Protagonist Conrad zu lösen hat, wird nicht permanent bearbeitet, tritt sogar manchmal zugunsten anderer Szenen der beiden wesentlichen Handlungsstränge in den Hintergrund. Wer also einen reißerischen Thriller erwartet, könnte enttäuscht werden. Der Historienfreund hingegen wird, neben den Erläuterungen zum Konflikt zwischen Spiritualen und Konventualen, mit Einblicken in die ersten Amtsjahre von Gregor X., unter dessen Amtszeit West- und Ostkirche vereint wurden und das Konklave eingeführt wurde, belohnt. Die Auflösung des Geheimnisses und dessen Einbindung in das Geschehen ist eher unspektakulär, aber durchaus sehr plausibel und die mit der Auflösung verbundene Begründung der Theorie sehr schön dargestellt.
Ein Großteil der Romanfiguren sind authentisch und liebevoll ausgestaltet, insbesondere der Eremit Conrad ist ein Charakter mit Ecken und Kanten, wie man ihn als Leser nur genießen kann. Immer wieder blitzt feiner Humor aus den Dialogen der Figuren und den geschilderten Szenen. Sprachlich schön ausgearbeitet und daher umso plastischer ist die Gegensätzlichkeit zwischen Lebensweise und Umfeld der Spiritualen und der farbenprächtigen Umwelt der Händler und Kaufleute.
Leider ist die Rolle der Amata in ihrer Darstellung zu modern geraten und der Handlungsstrang, der über ihre Entwicklung geführt wird, erscheint reichlich konstruiert und teilweise anachronistisch. Das ist aber auch das einzige Manko an diesem historischen Roman.
Die Aufmachung des Romans ist gelungen, auf dem Cover prangt in rot das Tau, das von Franziskus nicht wegzudenken ist. Sehr schön sind die kleinen Landschaftszeichnungen, die zur Verzierung der Kapitelnummern jeweils hinterlegt sind. Kartenmaterial über das Italien des 13. Jahrhunderts und ein Ausgriff der Gegend um Assisi ergänzen den Roman, leider sind diese jedoch nicht ausführlich genug. Des Weiteren liegt dem Buch ein hilfreiches Lesezeichen mit den Namen der handelnden Personen bei.
„Im Zeichen der Seraphim“ ist ein reizvoller informativer und spannender historischer Roman wie man ihn nicht oft unter den Neuerscheinungen findet; ein Roman, den man erst als Schmöker „weglesen“ kann, und den man sich danach noch einmal zur Information und zum Genuß vornehmen kann.
Im Epilog erzählt John Sack über das weitere Leben seiner wesentlichen Figuren und merkt zweimal an, dass dies aber eine andere Geschichte sei – ich würde mich sehr freuen, diese Geschichten lesen zu dürfen!