Das Glück der anderen - Steward O'Nan

  • Hallo,


    hier die Vorstellung meiner letzten Lese-Errungenschaft :-)


    Inhalt: (Quelle: Buchumschlag)
    In einer amerikanischen Kleinstadt bricht eine Seuche aus. Jacob Hansen, Sheriff, Leichenbestatter und Pastor zugleich, muss hilflos zusehen, wie die Bewohner seine Warnungen vor der Krankheit in den Wind schlagen und die notwendigen Quarantänemaßnahmen missachten. Als die Zahl der Toten dramatisch wächst, bricht Panik aus. Schnell verwandelt sich die friedliche Dorfidylle in ein düsteres Weltuntergangsszenario, in dem sich Jacob Hansen zwischen der Verantwortung für die Gemeinschaft und der Rettung seines privaten Glücks entscheiden muss…


    Über den Autor:
    Hier der Link zu Steward O'Nan bei Büchereule


    Meine Meinung:
    Ich muss gestehen, dass ich am Anfang mit dem Schreibstil nicht sonderlich klar gekommen bin. Denn das gesamte Buch ist im Bezug auf die Hauptperson in der "Du-Form" geschrieben, also z.B. "Du gehst dort und dort hin und du denkst dabei dasunddas...". Das fand ich am Anfang zugegebenermaßen echt nervig und ich war so in der Mitte des Buches echt kurz davor, dass Buch wieder ins Regal zu stellen, weil es mich total irritiert hat, ständig dieses "Du" zu lesen. Ich dachte mir, entweder "ich" oder "er,sie". Zugegeben, das ist vielleicht etwas konservativ gedacht... ABER: ich hab's dann ja doch noch zu Ende gelesen. Und muss sagen, dass ich am Ende doch angenehm überrascht war von der Story und ihrem Ende.
    Über die Geschichte selbst möchte ich gar nicht so viele Worte verlieren, da der Klappentext schon das wesentliche sagt und man alles tiefergehende doch selbst durchs lesen erfahren sollte.
    Es sei nur soviel gesagt: Da die Hauptfigur im Buch als sehr religiös dargestellt wird, macht die "Du"-Form irgendwann doch Sinn, da man, je weiter die Seuchen-Katastrophe voranschreitet, den Eindruck bekommt, sich in der Rolle von Hiob bzw. Abraham etc. (damit sind alle biblischen Tragik-Gestalten gemeint) befindet und sich in dieser Rolle als Teil eines Zwiegespräches mit Gott befindet. So war zumindest mein Eindruck am Ende. Aber urteilt selbst...!!!


    Vielleicht sei zum Schluß noch erwähnt, dass das Buch ein Band der Brigitte-Edition darstellt. Wer die also sammelt, kommt vielleicht ja noch in den Genuß der Geschichte...

    Viele Grüße,Eure SUB-Priesterin :wave


    "Der Kopf ist rund, damit die Gedanken auch mal die Richtung ändern können" (Picabia)


    Zur Zeit lese ich gerade: Jane Bowles - Zwei sehr ernsthafte Damen

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  • Dieses Buch habe ich vor kurzem gelesen, es war mein erstes von Stewart O'Nan. Ich gebe 10 Punkte, was wohl so bald nicht wieder vorkommen wird, weil der Autor es sehr gut schafft, den Leser immer mehr in die beklemmende Atmosphäre dieser Geschichte hinein zu ziehen, man spürt irgendwann fast die Asche unter den Füßen, die während eines großen Brandes wie Regen fällt.


    Außerdem wird die Veränderung des geistigen Zustandes des Protagonisten sehr subtil und langsam vollzogen, sodass man es zunächst kaum merkt... man ahnt nichts Böses und plötzlich wird einem bewusst, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist, der Übergang von normal zu krank wird kaum wahrgenommen und dann stutzt man, liest noch einmal und erschauert.


    Der Protagonist ist wie besessen davon, allen in der Ausnahmesituation zu helfen. Die Erkenntnis, dass er das nicht kann, lässt er nicht zu, stattdessen tut er alles ihm Mögliche, um die Gefahr der sich verbreitenden Krankheit so gering wie möglich zu halten, wobei die Wahl seiner Mittel ihm schwere Selbstvorwürfe einbringt, die er mit ständigen Rechtfertigungen vor sich selbst verdrängt. Dass die Seele dabei nicht heil bleiben kann, ist verständlich.


    Gruß, Bell

  • also ich bin ein Stewart o'Nan Fan, alle Bücher die ich bisher gelesen habe - haben mich begeistert !


    So auch "Das Glück der anderen" - auch ich habe mich am Anfang mit dem Schreibstil schwer getan - aber mit der Zeit empfindet man den Stil genial, weil er unglaublich gut zur Situation passt. Bei Stewart o'Nan beginnt das Grauen erst langsam und man braucht doch etwas Geduld, aber es lohnt sich !


    :wave

  • Unbedingt empfehlenswert für alle "Hörbuchfans "


    Diese DoppelCD von Steward O` Nan (Das Glück der anderen ) ist super gut gemacht !


    Bedrückend ,unwahrscheinlich emotional und tief beeindruckend geschildert


    Ich habe diese Hörproduktion mindestens schon 5mal gehört und bin immer noch überwältigt !


    Einfach nur klasse gemacht und wärmstens zum weiter empfehlen !


    L.G. teufelchen

  • Mein Fazit
    Ein Buch aus einer anfangs befremdlichen Perspektive... bedingt durch den doch eher ungewöhnlichen Schreibstil in Du-Form, hatte auch ich Schwierigkeiten mich in das Buch reinzulesen.
    Der Leser wird zu Jacob Hansen - Sheriff, Leichenbestatter und Pastor in einer Person und somit direkt angesprochen.
    Inhaltlich gibt es zum Klappentext nichts hinzuzufügen.
    Ein anfänglich vielleicht lahm wirkendes Buch entwickelt sie im Laufe der Geschichte.

  • Die wirklich ungewöhnliche Erzählperspektive machte mir wider Erwarten gar keine Probleme, vielmehr halte ich sie für genial und absolut passend. "Das Glück der Anderen" ist ein sehr beklemmendes, eindringliches und atmosphärisch dichtes Büchlein und umfaßt zwar nur gerade einmal 220 Seiten, doch man hat nicht das Gefühl, die Geschichte bliebe an der Oberfläche, ganz im Gegenteil.
    Die Veränderungen des Protagonisten kommen schleichend, bis dem Leser mit einem Schlag klar wird, daß nun die Grenze endgültig überschritten ist - man sieht es aber überhaupt nicht kommen und hält zunächst einmal verdutzt inne, zumindest mir ist es so ergangen.
    Nach "Halloween" vor einigen Jahren war dies nun mein zweites Buch von Stewart O´Nan und wieder bin ich sehr angetan und freue mich schon auf seine weiteren Werke.

  • Ans Eingemachte


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    Amerikanischer Osten, Ende des neunzehnten Jahrhunderts. In einer kleinen Stadt namens „Friendship“ ist Jacob Hansen Sherriff, Bestatter und Pfarrer in Personalunion. Der Sommer ist besonders heiß und trocken, durch die Wälder ziehen ausgezehrte Landstreicher, zumeist ehemalige Soldaten, Überbleibsel des Sezessionskriegs, den Hansen auch mitgemacht hat, und dessen Grauen ihm noch tief in den Knochen steckt. Doch er glaubt an den Herrn, sogar innig, und er hat ein kleines Lebensglück aufgebaut - Marta liebt ihn, und die kleine Amelie, noch im Säuglingsalter, vervollständigt die Idylle.


    Bis Hansen einen der Landstreicher findet, irgendwo am Stadtrand, und der Arzt von Friendship Diphterie als Todesursache diagnostiziert. Der Doc und Hansen treffen eine gemeinsame Entscheidung, die sich als dramatischer Fehler erweisen wird: Sie stellen Friendship nicht sofort unter Quarantäne. Und so wird innerhalb weniger Tage aus dem harmonischen, kleinen Städtchen eine Stätte des allgegenwärtigen Todes, der rasch auch Hansens Familie heimsucht - nur ihn selbst nicht.


    „Das Glück der anderen“, in der zweiten Person erzählt, was die perfekte Balance zwischen distanzierter Beobachtung und hautnahem Miterleben schafft, skizziert diese unausweichliche Entwicklung, zu der sich auch noch Feuersbrünste gesellen, als wäre eine Katastrophe nicht genug. Also folgt man dem unerschütterlichen, aber zutiefst erschütterten Hansen, der bis zuletzt bleibt, der Ungeheuerliches erlebt, und selbst zum Ungeheuer wird, wie fast alle Menschen in solchen Situationen.


    Das ist keine leichte Lektüre, bei der ich gelegentlich an „Die Kolonie“ von Chuck Palahniuk denken musste, diese schwer zu ertragende Erzählung von lauter Künstlern, die in einem großen, verlassenen Kino eingesperrt sind und sich schließlich gegenseitig massakrieren. Insbesondere die Situation im Haus der Hansens grenzt an Horror, was durch O’Nans nüchterne, präzise und deshalb besonders anschauliche Erzählweise nachhaltigen Schrecken verbreitet.


    Ich habe diesen Roman gelesen, um das Werk dieses Autors, den ich bewundere, vollständig zu kennen, aber diese - vor zwanzig Jahren verfasste - Geschichte ist heute, im zweiten Jahr Corona, natürlich in besonderer Weise aktuell. Aber eigentlich ist sie das immer, denn es geht in ihr darum, was aus Menschen wird, wenn es, salopp gesagt, ans Eingemachte geht.


    Kein erbaulicher Text, nichts, an dem man sich freuen könnte, aber dennoch intensiv, packend und vereinnahmend. Nicht O’Nans bestes Buch, aber möglicherweise das mit der stärksten Sogwirkung.


    ASIN/ISBN: 3499234300