Schreibwettbewerb März 2006 - Thema: "Affären"

  • Thema März 2006:


    "Affären"


    Vom 01. bis 20. März 2006 könnt Ihr uns Eure Beiträge für den Schreibwettbewerb März 2006 zu o.g. Thema per Email an webmistress@buechereule.de oder über das Kontakt-Formular (s.o. im Forum) zukommen lassen. Euer Beitrag wird von uns dann anonym eingestellt.


    Den Ablauf und die Regeln könnt Ihr hier noch einmal nachlesen.


    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 500 Wörter zu verwenden. Jeder Beitrag mit mehr als 500 Wörtern wird nicht zum Wettbewerb zugelassen!


    Nur für registrierte Mitglieder mit mindestens 50 Beiträgen!


    Eine Bitte: Schreibt Eure Beiträge in Word und sendet sie uns als Anhang in einer Mail. Damit kommen dann auch Zeilenumbrüche, etc. richtig bei uns an. In Word könnt ihr dann auch die Rechtschreibhilfe nutzen und unter „Extras“ habt ihr die Möglichkeit „Wörter zählen“.


    Wir wünschen Euch viel Spaß und viel Erfolg!

  • von Oryx



    Er drehte sich um und schob die Decke vorsichtig weg. Er wollte sie nicht wecken. Barfuss schlich er in die Küche und setzte Kaffee auf. Während er die Filter aus dem Schrank nahm fiel ihm auf, dass die kleine weisse Tasche mit den Pailletten auf dem Boden neben dem Geschirrspüler lag. Er hob sie auf und legte sie auf den kleinen Bartisch neben der Balkontüre durch welche die erste Morgenstrahlen hereinfielen. Er zählte die Löffel für den Espresso genau ab, dann füllte er Wasser in die Maschine. Während er wartete, auf das die erste Tasse fertig wurde, führte er sich nochmals den vergangenen Abend vor Augen.


    Unter dem grossen goldfarbenen Buddha hatte sie in ihrem smaragdfarbenen Kleid gestanden, wartend, ungeduldigt, etwas verärgert. Die Kellner waren im Begriff den Tisch daneben freizumachen, während ihre Tasche immer wieder gegen ihre Knie schlug und auf einmal Teile des Inhalts verloren. Schnell hatte er sich gebückt und die ersten Utensilien eingesammelt als er zu ihr hochsah und bemerkte, dass plötzlich ein feines Lächeln ihre roten Lippen umspielte. Er lächelte ebenfalls, unfähig ein nettes Wort zu finden, welches die Situation weniger unangenehm machen würde, blieb aber vor ihr stehen und reichte ihr Spiegel, Mascara und den schwarzen Kugelschreiber. Sie hatte ihm gedankt und ihn gefragt, ob er sich zu ihr gesellen wollte. Den Rest des Abends hatten sie gegessen, getrunken, getanzt und sich hervorragend amüsiert.
    Er stützte sich auf die Arbeitsplatte der Küche und lies die Sonne auf seinen Oberkörper scheinen. Sie wärmten schon, es würde ein schöner Tag werden.
    Er machte eine weitere Tasse Espresso und begann mit der Herstellung einiger Crepes. Seine Gedanken wanderten zurück zu ihr, ihren rotbraunen Locken, ihren kleinen Ohrläppchen mit den Granatohrringen, ihrer Stupsnase.
    Als er den Tisch deckte, kam sie aus der Dusche. Sie lächelte, als sie das Frühstück erblickte, nahm einen Löffel, tauchte ihn in das Glas mit dem Apfelkompott, probierte und sagte: „Schade, dass ich nicht jeden Tag bei Dir frühstücken werde.“

  • von Spreequell



    Es ist mal wieder soweit: Liane erscheint morgens zur Arbeit. Sie ist völlig verstört. Die Tränen laufen ihr über die Wangen. Sie hat ihrem neusten „Ex“ den Laufpass gegeben. Und nun braucht sie einen Freund.
    Ich habe es schon seit längerer Zeit kommen sehen. Sie war seit Tagen mürrisch, hat nicht so viel gelacht und dann ihr Sarkasmus, der mich zum Schmunzeln bringt. Die Liste ihrer „Ex“ ist lang. Die Kollegen halten sie für ein Männer verschlingendes Monster. Aber schaut sie Euch an: Diese hoch gewachsene Frau, mit den blitzenden Katzenaugen, ihrem kastanienbraunen wallenden Haar und ihrer viel zu kleinen Stupsnase über dem breiten Mund mit seinen vollen Lippen.


    Ach, Liane, auch dieses mal wirst Du nicht lange alleine bleiben. Es ist mir egal, ob ich auf der Liste Deiner „Ex“ lande. Ich will Dich einfach nur glücklich machen, Dich auf Händen tragen. Du musst mich nur lassen. Vielleicht bekommt die Liste dann endlich einen Schlussstrich?!
    Ich lege den Arm um Dich und halte Dich fest. Unter Tränen erzählst Du mir, wie der gestrige Abend abgelaufen ist. Zwischendurch reiche ich Dir ein Taschentuch und Du schnaubst. Dann kuschelst Du Dich seitlich an meine Schulter. Dein Atem streift meinen Hals und ein elektrisierender Schauer durchläuft meinen Körper. Eine Strähne löst sich aus Deinem Haar. Es schimmert heute rötlicher als sonst. Ich schiebe sie behutsam hinter Dein Ohr und berühre wie zufällig Dein Ohrläppchen. Ein Zucken durchläuft mich und ich ziehe meine Hand schnell zurück. Hoffentlich hast Du das nicht bemerkt! Dann drücke ich Dich fest an mich und seufze. Ich kann Dich riechen. Deine Haut duftet wie Salz. Du riechst nach Strand, Sonne und Meer.
    Zum Glück habe ich wie immer für einen guten Vorrat an Taschentüchern gesorgt. Ich hole eines heraus und versuche den nicht enden wollenden Strom Deiner Tränen zu trocknen.
    Ich lausche Deiner Stimme. Sie klingt wie ein Frühlingskonzert. Ich halte Dich fest, streichle Dir dabei über den Rücken und probiere Dir Worte des Trostes zu spenden. Mein Herz rast. Ich versuche ruhig zu atmen und mein Herzschlag unter Kontrolle zu halten.


    Langsam versiegen Deine Tränen. Ich will mit meiner Hand über Deine Wange bis zu Deinem Kinn fahren. Dann will ich es sanft zu mir heben, so dass wir uns ansehen. Ich will Dir tief in Deine wundervollen Augen schauen, mich in ihrem tiefen Grün verlieren. Ich will Deinen Atem in meinem Gesicht spüren. Dann will ich mit meinen Lippen Deinen wundervollen Mund streicheln, Dir das Salz von den Lippen küssen. Ich will…


    Wir sind Freunde. Wenn ich das riskiere, habe ich am Ende vielleicht nichts.

  • von BabyJane



    Ich band die Schleife um das kleine Kästchen und betrachtete zufrieden mein Werk. Sah gut aus, genauso wie es ausgesehen hatte, als er vorhin damit zur Tür herein gekommen war. Wie überrascht er geschaut hatte, als ich ihm sagte, dass er sich seine Geschenke sonst wohin schieben könnte und dass ich sein Spiel längst durchschaut hätte. Für wie dumm er mich wohl gehalten haben muß? Wie überrascht er die Augen aufgerissen hat. Nahezu niedlich, wie er versuchte zu leugnen. Zu spät für Reue, heute würde ausnahmsweise mal ich jemandem ein Geschenk machen.


    Ich erinnerte mich, milde gelächelt hatte er, als ich sagte, ich würde ihn umbringen, wenn er es noch einmal mit ihr treiben würde. Mein Schatz, es kommt nie wieder vor. Ich äffte seinen Tonfall nach und schrieb auf die Karte zu dem Päckchen „Damit ich immer bei dir bin.“ Ich zog mir meinen Mantel an, einen Nerz, auch eins der Schweigegeschenke. Erdulde es und ich mach dich glücklich, lautete das Motto unserer Ehe. Im Flur stolperte ich beinahe über seine Füße. Er war aber auch unglücklich gefallen, armes Schwein. Sein Hinterkopf war gegen eine der Marmortreppenstufen geprallt und hatte dort einen roten Fleck hinterlassen, bevor er den Rest der Treppe hinunter gerollt war. Im Vorbeigehen spuckte ihm ins Gesicht. Wenn er gezuckt hätte, hätte mich das ziemlich schockiert. In seinem Brustkorb steckte mein Tranchiermesser bis zum Anschlag und einmal herumgedreht hatte ich es auch.
    Ruhig verließ ich das Haus und bestieg meinen Porsche, natürlich auch sein Geschenk. Sein Urlaub mit ihr, den ich verzeihen sollte.
    Am Tor warf ich den Schlüssel in den Briefkasten. Die Besitzer, würden erst 2007 aus den Staaten zurückkommen.


    Nur eins hatte ich noch zu tun bevor ich frei war.
    Ich hielt vor seinem Bürohaus an. Sie sah mich an, als ich auf sie zuging. „Ihr Mann ist…“ Ich winkte ab. „Ich weiß. Er bat mich nur, ihnen dies hier zu geben.“ Ich reichte ihr das Päckchen und beobachtete, wie ihr Blick erst unsicher wurde und dann, als sie die teuere Schmuckverpackung erkannte, die Unsicherheit einer gierigen Freude wich. Ich stupste sie an, „Na los, machen sie es auf.“ Den Anblick würde ich mir nicht entgehen lassen. Mit zittrigen Fingern knüpfte sie die Schleife auf. Mein Blick ruhte auf ihrem jungen schönen Gesicht. Sie sah mir ähnlich, immerhin war er seinem Geschmack treu geblieben in all der Zeit.
    Sie nahm nicht sofort die kleine Schmuckschachtel aus dem Päckchen, zuerst las sie die Karte, errötete leicht und senkte den Blick. Dann öffnete sie verschämt die Schmuckschatulle. Sie erkannte sofort, was sie da vor sich hatte. Wie hätte sie ihn nicht erkennen können? Er hatte ihr seinen mickrigen Schwanz mit dem herzförmigen Muttermal auf der Eichel schließlich in den letzten Monaten nahe zu jede Körperöffnung geschoben. Jetzt lag er vor ihr, von mir in Seidenpapier verpackt. Sie wurde blaß und schluckte, als sie den Blick wieder hob, winkte ich ihr bereits vom Aufzug aus zu.
    Ihr Schrei schallte durch die Flure, während ich das Gebäude verließ.

  • von Tom



    Henner hob sein leeres Glas, Linda nickte, nahm ein neues vom Buffet und hielt es unter den Zapfhahn. Henner fummelte eine Zigarette aus der Schachtel, griff in die Richtung, in der er sein BIC vermutete, da spürte er die plötzliche Wärme einer Feuerzeugflamme vor dem Gesicht.
    „Danke“, nuschelte er an der Zigarette vorbei, nahm einen tiefen Zug, dann drehte er sich zur Seite.
    „Ach du Scheiße“, entfuhr es ihm. Er spürte, wie er errötete, deshalb zog er nochmals an der Zigarette, mußte husten; im Ergebnis genierte er sich noch mehr.
    „Bitte?“ fragte die Frau, die neben ihm saß. Sie lächelte. Nunwohl, ihre Mundwinkel gingen nach oben. All die merkwürdigen ... Wucherungen, die ihr riesiges Gesicht überzogen, vor allem aber der starke Damenbart, der auch einem Polizisten gut zu Gesicht gestanden hätte, verfälschten den Eindruck. Es sah nicht wie ein Lächeln aus, eher wie die Angriffsmimik eines Star-Trek-Aliens.
    „Ich hab Sie wohl verwechselt“, murmelte Henner. Linda brachte das Bier, er kippte es und bestellte ein weiteres.
    „Trinken Sie einen mit mir?“ fragte das Alien.
    Nicht auf diesem Planeten, dachte Henner, aber da hatte sie schon zwei Persiko bestellt. Linda grinste breit, als sie die Schnapsgläser hinstellte, in denen sich der klebrige, rote Likör befand. Henner bekam eine Gänsehaut, die sich verstärkte, als seine Nachbarin: „Ich bin Gerti“ sagte.
    „Horst“, sagte er, sicherheitshalber. Er fühlte eine kräftige Hand auf der Schulter.
    „Laß uns Bruderschaft trinken.“
    „Aber ohne küssen“, nuschelte er.
    „Natürlich mit küssen“, widersprach Gerti. Linda hatte Lachtränen in den Augen, als sie auf dem Weg zur Küche kurz zu Henner sah. Ihm war überhaupt nicht zum Lachen. Vor allem, als ihn ein baumstammdicker Arm zur Seite zog. Gerti drehte seinen Kopf, als wäre er ein Luftballon, drückte ihm das zweite Glas in die Hand - und dann einen mordssaftigen Schmatzer auf die Lippen. Fast wäre es ihrer muskulösen Zunge gelungen, sich in seinen Mund zu schieben, aber er biß die Zähne aufeinander. Es schüttelte ihn. Deshalb schüttete er den Persiko herunter, in der Hoffnung, der Geschmack würde verschwinden. Gerti mußte die gesamte Knoblauchproduktion des letzten Jahres gegessen haben.


    Zwei Stunden später stand Henner schwankend vor dem Pissoir und versuchte vergeblich, die Schüssel zu treffen. „Scheisschgeschbaldenne Schdrahln“, murmelte er grinsend. Anschließend musterte er sich im Spiegel, beide Hände auf den Waschbeckenrand gestützt - er mußte nahe rangehen. Er fand sich schön. Und er fand Gerti schön. Vor allem fand er schön, wie Gertis Hand, die ihm längst nicht mehr so ungeschlacht vorkam, seinen Schrittbereich massierte. Und wie sie einen Persiko nach dem anderen ausgab - bei zwölf hatte er mit dem Zählen aufgehört.
    Vor der Klotür stand Linda.
    „Henner, was machst du?“
    „Waswillsndudn?“
    „Mensch, das kannste doch nicht machen.“ Sie sah besorgt aus. Und wunderschön. Aber nicht so schön wie Gerti.
    „Mussu Gehrthie.“
    Linda schüttelte den Kopf.
    „Du mußt es ja wissen.“
    „Keinneaffähre“, antwortete Henner, während er fast umfiel.
    „Komm, Horst, wir gehen“, erklärte Gerti, als er in den Schankraum zurückkehrte.
    „Wersnhorss? Ischeißehänna“, protestierte Henner, hakte sich aber trotzdem unter.

  • von Ravannah



    "Träumst du?", fragt sie zuckersüß und schnippst vor seiner Nase mit den Fingern, um ihn auf die Erde zurück zu holen. "Was ist los?"
    Er zuckt zusammen, als hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst. "Was? Wie? Ähm... nein, alles okay," murmelt er. "Findest du nicht, dass Mike ein Schwein ist, Kirsten einfach so mit seiner Sekretärin zu betrügen?", versucht sie ihn in ein Gespräch über den Film, den sie sich gerade gemeinsam ansehen, zu verwickeln. Wirren der Liebe... als ob ihn so was interessieren würde!
    Dennoch stimmt er zu: "Ja, wirklich ein Schwein..." Sie seufzt theatralisch. "Wusst ich doch, dass etwas nicht stimmt. Der Mann heißt Michael und die Frau Katharina. Nicht Mike und nicht Kirsten. Und er betrügt sie nicht mit seiner Sekretärin, sondern mit der Praktikantin. Du bist total abwesend. Also, was ist los?"
    "Nichts," entgegnet er ohne Überzeugung. "Es ist nichts."
    "Das glaub ich dir nicht."
    "Es ist aber so, ob du es glaubst oder nicht."
    "Schön."
    "Ja, schön."
    "Darf ich jetzt den Film weitersehen?"
    "Du hast doch damit angefangen."
    "Weil du so abwesend wirkst."
    "Ach l...", versucht er sie anzufahren, doch da klingelt das Telefon. Erleichtert, dass ihm die Streiterei nun doch erspart bleibt, steht er auf und geht in den Flur, wobei er darauf achtet, die Tür zum Wohnzimmer hinter sich zuzuziehen.
    "Ja?", meldet er sich am Telefon.
    "Ich bins," haucht eine warme, weibliche Stimme. "Kannst du raus?"
    "Für dich doch immer," sagt er ihr zu. "Wo treffen wir uns? Im Kino oder in der Pizzeria?"
    "Pizzeria. Bis gleich dann."
    "Bis gleich."
    Er legt auf, schlagartig besser gelaunt. Als er ins Wohnzimmer zurückkommt verkündet er: "Toni hat angerufen. Wir gehen einen trinken."
    "Schon wieder? Ihr wart doch erst gestern weg."
    "Na und? Ich weiß noch nicht, wann ich wieder komm. Gute Nacht."
    Er will wieder rausgehen, da ruft sie ihn noch mal zurück. "Michael?", fragt sie leise. "Ja?" "Liebst du mich?" "Natürlich liebe ich dich, Katharina. Gute Nacht."
    Und weg ist er. Pfeifend geht er raus.
    "Ach Michael!", seufzt Katharina. "Warum kannst du nicht einmal die Wahrheit sagen?"
    Michael geht derweil die Straße entlang. \"Praktikantinnen sind echt praktisch,\" denkt er.

  • von Ikarus



    Mit geübten, sparsamen Bewegungen stellte sie das restliche Geschirr zusammen, leerte die Aschenbecher aus, füllte die Spülmaschine mit Gläsern und zuletzt dem Besteck und stellte die Maschine an.


    „ Morgen wird sie Konrad selbst ausräumen müssen,“ dachte sie und schmunzelte ein wenig, als sie sich sein mürrisch erstauntes Brummen vorstellte, seine Standardreaktion auf so ziemlich alles, was er nicht verstand und auch nie tiefergehend untersuchte.


    „Alles keine Affäre“ war seine Art, mit Problemen umzugehen und sie zu kommentieren. Die ewig rückständigen Zahlungen der Gewerbesteuer für die Kneipe beim Finanzamt, eine zu späte Getränkelieferung, seine tatsächlichen Affären – ja, sogar die Razzia letztes Jahr wegen des Verdachts auf Rauschgiftbesitzes. Für Konrad waren alles keine Affären. Alles, was seine näheren Lebensumstände betraf.


    „Er nimmt zu viel einfach so hin,“ murmelte sie, nahm ihre Schürze ab und faltete sie sorgfältig zusammen, bevor sie sie energisch tief in ihre Einkaufstasche stopfte.


    Morgen Mittag würde die Eckkneipe „Bei Konrad“ also zum ersten Mal ohne sie öffnen, Konrad wäre wieder für jeden da, hätte für jeden ein offenes Ohr, ein aufmunterndes Lächeln und ein Bier auf`s Haus…und, egal, was für Sorgen und Probleme man ihm anvertraute – zum Schluß den Spruch: „Alles keine Affäre.“


    Es war ja nicht etwa so, dass Konrad Fatalist wäre oder es ihn nicht berührte, was man ihm sagte. Es lag halt nur in seiner Natur, dass er jeden Tag, jede Frau und auch jedes Problem schlicht und einfach als gegeben hin nahm – und es würde auch alles schon wieder irgendwie fortgehen. Nun eben nur auch sie selbst, weil sie das nicht so hinnehmen konnte – nicht seit dem gestrigen Abend, dem gestrigen Kuß…


    Als sie vorne an der Theke vorbeikam, saß er natürlich da, sein Feierabend-Bier – das einzige, was er je trank – halb ausgetrunken vor sich stehend, den Blick freundlich auf sie gerichtet.


    „Fertig für heute?“ fragte er. Irrte sie sich oder zitterte seine Stimme tatsächlich etwas?


    „Ja, ich geh dann mal jetzt“ Der feste, endgültige Tonfall kostete sie mehr Kraft, als sie gedacht hatte. Schwer fiel die kurze Stille zwischen sie.


    „Kommst Du wieder?“


    „Nein, Konrad,“ sie legte den Hausschlüssel vor ihm auf die Theke, „alles, aber keine Affäre.“


    Erst jetzt bemerkte sie das kleine, geöffnete Kästchen mit dem schmalen Ring darin. Es musste hinter dem Bierglas gewesen sein oder versteckt in Konrads Hand.


    „Alles.“ lächelte er unsicher „Aber keine Affäre!“

  • von Luc



    Die Saison war vorüber. Unser Mittelfeldsensibelchen ließ in der Kabine einige Flaschen Champagner springen, weil er Vater geworden war.
    „Bis nächsten Monat“, sagte ich zu Banz, ergriff die Schlaufen meiner Tasche und ging schwankend in den Flur.
    Der Aufzug fuhr in die dritte Etage, wo ich mit einer Journalistin verabredet war. Mich wunderte der Gesprächstermin. Normalerweise war der zweite Platz ein Grund für die Medienleute, uns links liegen zu lassen und mit den Spielern des Erstplatzierten die Meisterschaft zu feiern. Ich betrat die VIP-Lounge, sah diese Heidi Klum Reporterschnitte und spürte meinen Schwanz anschwellen. Sie begrüßte mich, lächelte wie ein gut dotiertes Starlet und bestellte zwei Bier, die prompt geliefert wurden. Wir setzten uns.
    "Kevin, Sie sind ein Mann, wie ihn der deutsche Fußball seit Beckenbauer nicht mehr hervorgebracht hat", sagte sie. Ich nickte, konzentrierte mich auf ihre Beine und die rot geschminkten Lippen, über der ihre Zunge Bierschaum wegspitzelte. So viel stand fest: Sie ins P3 einzuladen, wäre die perfekte Steilvorlage für eine abwechslungsreiche Nacht. Todsicher ein Singleweib mit den entsprechenden Neigungen. Sie sprach von Vorbildfunktion, Verantwortung außerhalb des Spielfeldes übernehmen und Nachwuchsarbeit. In die Richtung hatte ich gerade auch gedacht. Ich erzählte ihr eine Kurzzusammenfassung meiner, längst veröffentlichten Erfolgsstory und ließ nebenbei einfließen, dass die Einsamkeit einen erfolgsverwöhnten Mann deprimieren konnte. Mein Blick verharrte auf ihrem Dekollete und wanderte zu ihrem Gesicht hoch. Richtig nett, die Kleine. Sie fragte, was ich für das Hauptproblem des deutschen Fußballs hielte und ich erklärte ihr, dass alle Fußballinternate der Welt nichts nützen, wenn es an Gier mangelte. Skeptisch blickte sie mich an und ich wusste in dem Moment, wie richtig ich lag. Diese Scheiß Skepsis in den Augen war es, die einen Verlierer von einem Gewinner unterschied. Das war auch das Problem in der Mannschaft, für die ich kickte. Wenn ich diesen Mittelfeldschleicher Banz nur sah. Der wusste vor lauter Grübeln nicht mehr, welches Geschlecht er hatte. Nachdem ich den Satz ausgesprochen hatte, verhärteten sich ihre Gesichtszüge und sie bekam eine Nachrichtensprecherstrenge. Ich stutzte, nippte am Bierglas und dachte: Was geht jetzt ab?
    "Kevin, es gibt Gerüchte, dass Sie im vergangenen Jahr eine Liebesaffäre mit der Frau von Gerry Banz hatten und das Kind, das letzte Nacht geboren wurde, von Ihnen ..." sagte sie.
    "Kein Kommentar", antwortete ich.
    "Wir haben eine zuverlässige Quelle", sagte sie.
    "So, welche denn?", fragte ich.
    "Ihre Ex-Frau."
    Hätte ich mir denken können. Stimmte schon: Laut der Mutter trug Baby Banz meinen Gencode. Klar, was ich tun musste. Etwas, das die Fans viel mehr aufregte, als der schiefe Haussegen bei Familie Banz. Ich beugte mich vor und berührte ihre Hand.
    "Hören Sie, ich habe eine Exklusivstory für Sie", flüsterte ich.
    Sie rutschte auf ihrem Sessel nach vorn. Ihre Wangen wurden rot.
    "Jaa?", fragte sie.
    "Ich verlasse den Verein."
    "Nein", sagte sie. Ihre Stimme klang erregt.
    "Doch."
    "Wie heißt ihr neuer Club?", fragte sie.
    "Verrate ich ihnen heute Abend im P3, bis dahin: Topsecret",
    "London, Madrid?", fragte sie.
    Süß, die Kleine.

  • von Waldfee



    Max gibt mir einen langen Kuss, schiebt ein kleines Päckchen in meine Hände und hält sie fest. Ich darf es erst im Auto öffnen.


    „Liebst du deinen Mann?“
    „Ja.“
    „Habt ihr Sex?“
    „Manchmal.“
    „Warum schläfst du mit mir?“


    Weil ich verliebt bin? Weil ich begehrt werde? Es ist passiert, und ich wollte es wieder haben und wieder und jedes Mal zum letzten Mal… Ich weiß keine plausible Antwort, obwohl ich drüber nachdenke, den ganzen Weg die Treppe hinunter, aus dem Haus, bis zum Auto, das ich in einer versteckten Seitenstraße geparkt habe.


    Ein Geschenk für mich! In einer kleinen roten Papiertragetasche… Dessous. Schöne Dessous aus schwarzem Samt, mit Stickerei. Teure Dessous, wie ich sie selbst nie kaufen würde. Was soll ich Timm erzählen, ohne rot zu werden? Was, wenn er in meine Tasche schaut und die Tüte entdeckt? Was, wenn er die edlen Teile in meiner Wäscheschublade sieht? Oder an mir? Oder eines Tages in einem Stapel Handtücher findet, wo ich sie versteckt habe? Schwitzend halte ich an einer Bushaltestelle und werfe das Geschenk in den Müll.


    Halb bedauernd, halb erleichtert fahre ich weiter, doch mein Gewissen meldet sich gleich wieder: Was erzähle ich Max, wenn ich die Teile beim nächsten Mal nicht trage – und beim übernächsten Mal auch nicht? Doch gut, dass das Corpus Delicti im Mülleimer liegt: Timm ist schon zu Hause.


    „Wie war’s beim Zahnarzt?“
    „Ich muss ganz dringend.“ sage ich und verschwinde zitternd im Bad. Ich rieche nach fremdem Rasierwasser, nach Schweiß und nach Sex. Ich wasche mich mit viel Seife und putze die Zähne.


    „Musst du nicht Koffer packen? Soll ich dir was bügeln?“ biete ich an, die Klinke der Badezimmertür noch in der Hand.
    „Ich fahre doch nicht weg. Bist du jetzt enttäuscht?“ Sein Sarkasmus lässt mich erröten.
    „Du sollst Eva anrufen.“ sagt Timm, und ich halte seinem Blick noch immer nicht stand. Eva, meine beste Freundin. Schweigen liegt über unseren Gesprächen. Ich hätte ihr soviel zu erzählen und kann nicht, denn ihr Mann ist Timms Freund. Was ist das für eine Verliebtheit, die ich nicht in die Welt hinausstrahlen darf, die auf wackligen Lügenbeinen steht und sich in einer Wohnung verstecken muss? Ich warte, bis es dunkel ist.


    „Ich gehe spazieren.“ sage ich endlich und sehe, wie Timm erbleicht. Es tut mir leid, möchte ich sagen, ich mache alles kaputt, und es bricht mir das Herz. Affären sind hip, das Aphrodisiakum der Ehe, das schönste Geheimnis. Das wahre Leben sieht anders aus: Mich zerreißt es zwischen Erregung und Angst, Versuchung und Reue, mein Geheimnis wird zur Qual.


    Warum sind alle Telefonzellen beleuchtet? Und wer kam auf die Idee, wir sollten ein Handy gemeinsam benutzen? Mein Magen schmerzt.


    „Max? Ich komme morgen nicht.“
    „Wie schade.“
    „Ich komme überhaupt nicht mehr. Nie mehr.“


    Bevor er etwas sagen kann, lege ich auf. Meine Hände zittern, meine Knie, meine Lippen. Es tut weh. Heißt das, dass es Liebe ist? Wenn ich mich ausgeweint habe, werde ich mit Timm schlafen. Ich werde mir vorstellen, es wäre Max.

  • von Andermann



    Vorsichtig, geradezu behutsam beugte sie sich nach vorn. Ihre tadellos getönten und gewellten schulterlangen Haare umschmeichelten seine Knie.

    Sie hatte das noch nie gemacht. Früher, als sie noch jung war, kannte man so etwas noch nicht.. So etwas? igittegitt!

    Und jetzt? Heutzutage? Seit sie beruflich aufgestiegen war und eine Leitungsfunktion bekleidete, war sie privat einsam geworden. Und allein? Manche Dinge machen eben allein keinen Spaß, andere sind ganz unmöglich. So war sie nur all zu froh gewesen, als er sie gefragt hatte, ob sie... Und das, obwohl er in der betrieblichen Hierarchie unter ihr stand. Aber er sah gut aus, hatte ein freundliches Wesen - warum also nicht?

    Aber so etwas? Bei so etwas nahm sie das Wort „Gleichberechtigung“ ernst. Gleichberechtigung, das hieß für sie auch: gleiche Pflichten! Jeder hat das gleiche Recht auf Genuß, den vollen Genuß!

    Vorsichtig beugte sie sich weiter nach vorne. Er hielt es zwischen seinen Knien - rund, leicht rosa, ein wenig glibberig - glänzend. Seine Hände umfaßten es ganz, nur geschützt durch eine Papierserviette. Oder war es ein noch Papiertaschentuch?

    Sie blickte aus ihrer, nach vorn gebeugten Stellung aus ihren tiefbraunen Augen nach oben, fragend: "Soll ich es tun? Soll ich es wirklich tun?“ Obwohl: Sie war entschlossen, es zu tun. So schnell würde eine solche Gelegenheit nicht wieder kommen!

    Er nickte ihr aufmunternd zu. So etwas mit einer so schönen Frau, die dazu seine Chefin war, zu erleben, das war schon außergewöhnlich!

    Sie öffnete ihren Mund ganz leicht, formte die makellos geschminkten Lippen genau in der Größe des runden Etwas. Doch bevor ihre Lippen dieses glibberig-rosa Ding berührten, blickte sie noch einmal zu ihm nach oben. Mit einem Auge. So, als ob sie noch eine allerletzte Zustimmung einholen müßte.

    Sein Lächeln war noch immer da. Ja, er wollte es! Jetzt!

    Mit ihren vollen runden Lippen umfaßte die das Ding, sog sich förmlich daran fest. Ihre Zungenspitze spielte das Spiel mit. Es war ein wenig zu groß, beinahe hätte sie sich verschluckt.

    Sie hatte sich aufgerichtet, strahlte ihn mit gefülltem Mund mit einer Mischung aus Lust und Zufriedenheit, aus Stolz und Befriedigung an. Nachdem sie einen Teil des Mundinhalts hinunter geschluckt hatte, suchte sie nach der Gelegenheit, etwas zu sagen. Mit vollem Mund.

    „Köstlich“, brachte sie heraus, „köstlich! Ich möchte noch einmal!“

    „Keine Ploblem“, entwich dem eifrigen Japaner - oder war es ein Chinese? - der das ganze Geschehen hinter seinem Tresen beobachtet hatte und platzierte mit gekonntem Schwung ein neues Tellerchen mit einem runden, leicht rosa, glibberig - glänzenden Etwas auf das kleine Tablett, das er die ganze Zeit auf seinen Knien balanciert hatte. Selbstverständlich lag das Sushi auf einer jungfräulich sauberen Serviette - oder war es ein Papiertaschentuch?

  • von Churchill



    Ihr Blick wandert vom blonden Bundestrainer zum inzwischen ergrauten Kaiser:
    „Jetzt mal Klartext: Was ist dran an dieser neuen Wettaffäre?“


    „Ja gut - äh - da kann man sicherlich meinen, das ist tatsächlich – äh - zu diesem Zeitpunkt etwas unglücklich, man könnte auch sagen – äh – suboptimal, Ob das nun – äh – eine Affäre ist oder nicht, schau’n Sie, mit Affären hab ich ja eigentlich noch nie zu tun gehabt...“


    „Ich fürchte, der Ausdruck „suboptimal“ ist schon besetzt. Und Sie als Trainer der Nationalmannschaft? Ist nun ein Nationalspieler darin verwickelt? Was steht uns da noch bevor?“


    „Also ich kann da meine Hand für meine Jungs ins Feuer legen! Alle, die wo ich in die Nationalmannschaft berufen habe, sind garantiert sauber!“


    „Schön. Dann werde ich Ihnen gleich in der PK den Rücken stärken. Bei der Torwartfrage halte ich mich raus. Wollen wir doch mal sehen, ob ich Ihnen nicht ein bisschen von dem Schwung mitgeben kann, der mich seit Monaten begleitet. Aber eins ist klar: Wenn an der Sache doch etwas dran ist, dann finden Sie mich blitzschnell auf der Gegenseite. Mit brutalst möglicher Aufklärung kenne ich mich bestens aus. Dankeschön für Ihren Besuch, wir sehen uns unten bei den Photographen und beim Eröffnungsspiel in der Kabine...“


    Sie schaut den entschwebenden Lichtgestalten nach und lässt sich auf dem Chefsessel hinter dem den Dimensionen ihres Vor-Vorgängers angepassten Bundesschreibtisch nieder. Diese Augenblicke saugt sie gierig auf, seltene Momente des Durchatmens. Sie allein mit dem Alten aus Rhöndorf, der über sie mit seinem kokoschka-bunten Faltengesicht gütig wacht.


    Die Tür geht auf. Er tritt ein. Sie lächelt ihm entspannt entgegen. Freundlich zucken seine Augenbrauen.
    „Deine Umfragewerte steigen weiter...“
    „Ich weiß“, schmunzelt sie, „aber deine sinken. Und die deiner Partei.“
    „Natürlich, das war vorauszusehen. Aber ich fühl mich gut dabei.“
    „Auch das weiß ich. Aber du solltest vorsichtig sein. Es fällt sonst auf.“
    „Ach was, da fällt nichts auf. Die Leute haben andere Sorgen. Die Vogelgrippe und die Fußballkatastrophe. Die Renten und die BND-Affäre..“


    „Ich mein das ernst. Es darf nichts rauskommen.“
    „Es wird nichts rauskommen. Da sind viel zu viele andere Themen. Der Streik zum Beispiel...“
    „Stimmt, der Streik !“ Sie steht auf und nimmt den weiten Weg um den Schreibtisch auf sich. „Wie wär’s denn, wenn ich auch mal streike?“
    „Eine Kanzlerin kann doch nicht streiken !“
    „Wer sagt denn, dass ich als Kanzlerin streike?“ Ihre Mundwinkel nähern sich entgegen jeder medialen Schublade unaufhaltsam den eigenen Ohrläppchen.
    „Wenn das die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wüssten...“, murmelt er, während er Kohls Mädchen an dessen alten Schreibtisch drückt und küssen will.


    Geschickt entzieht sie sich den sozialdemokratischen Zudringlichkeiten.
    „Ist gut, ich streike nicht. Aber sei gewarnt...“
    „Was ist denn, du prächtige Christdemokratin?“, rollt er gleich dreifach sein sauerländisches R in Richtung der ihn auf den Tisch winkenden Freundin.
    „Sag nie mehr diesen Satz.“
    „Welchen?“
    „Du weißt schon“
    „Nein“, grinst er diabolisch.
    „Sag nie wieder: „Sie kann’s nicht“ “
    „Sie kann’s nicht“, provoziert er und verschließt umgehend ihren sich zum Protest öffnenden Mund mit seinen Lippen.

  • von OmpaLompa



    Du spielst. Das ist nicht fair. Ich häng an dir. Ich fühle mich gut, wenn du da bist. Aber du bist nicht mein Freund. Und ich nicht deine Freundin. Wir sind nicht zusammen und das ist auch besser so. Ich bin doch glücklich mit ihm. Ich liebe ihn doch. Er ist es, dem ich meine Zeit und meine Gefühle widmen möchte.
    Ich habe mich gefreut, als du wieder aufgetaucht bist. Lange nichts von dir gehört. Ich war so froh, dich wieder in meine Arm nehmen zu dürfen. Von dir angeschaut zu werden. Doch die Freundschaft, die du vortäuschst, ist nicht echt. Das Interesse, das du vorgibst, gilt nicht meiner Person. Du flirtest mit mir und ich weiß nicht, wieso. Wir haben doch beide unsere Partner. Du bist nicht glücklich? Ich kann dir nicht helfen. Aber du weißt, dass ich dir helfen will. Dass ich dir helfen muss, weil mein Herz sonst zerspringt. Weil ich doch für dich da sein will.
    Aber je mehr Zeit ich mit dir verbringe, desto schlechter geht es mir. Ich kann bald nicht mehr, ertrage deine Nähe nicht. Und du weißt, dass ich schwach werde. Dass ich dir unmöglich wiederstehen kann. Weil ich es schon einmal nicht getan habe.
    Ich habe dich geliebt. Vom ersten Blick in deine Augen. Und diese Begeisterung wird niemals schwinden. Aber ich muss damit klar kommen, denn ich werde dir niemals so wichtig sein. Du kannst mir keine Liebe geben. Wie soll ich das begreifen, wenn du immer wieder vor mir stehst und diesen herausfordernden Blick aufsetzt?
    Auch ich werde älter. Und muss begreifen, dass ich nur eine nette Ablenkung für dich bin. Dir nichts bedeute. Und deshalb werde ich jetzt alles beenden. Ich will dich nicht mehr sehen. Will, dass du nie wieder in mein Leben trittst und es strategisch zerstörst. Ich kann auch ohne dich glücklich sein. Nie wieder werde ich dir die Tür aufmachen. Denn du spielst. Und das ist nicht fair.

  • von Hazel



    "Lass mich sofort los! Ich mach die Schlampe alle!" Helga Krohn beschleunigte unwillkürlich ihre Schritte, als sie das Geschrei hinter sich hörte. Sie war extra einen Umweg gelaufen, um den am Nachbarhaus sitzenden Betrunkenen aus dem Weg zu gehen. In ihrer Wohnung angekommen, atmete sie erleichtert auf. Das Telefon klingelte. "Wenn ich dich erwische, du Miststück, schlage ich dich tot! Ich werde...." Helga legte auf. Sie war kreidebleich geworden, ihr Herz raste und ihre Knie waren aus Pudding - das, vor was sie sich die ganzen Tage gefürchtet hatte, war nun eingetreten: Anita Stöffle musste das mit ihr und ihrem Sohn herausgefunden habe. Am Anfang hatte sie diese Furcht auch davor abgehalten, mit Peter zu schlafen, aber die Lust war am Ende einfach stärker gewesen. Es hatte ihr geschmeichelt, dass ein knapp 20jähriger gutaussehender Mann geil auf sie, die die 40 schon überschritten hatte, war. Einmal ist kein Mal, hatte sie gedacht, und es war auch wunderschön. Aber war es der Stress mit Peters Mutter wert gewesen?


    Das Wochenende war ins Land gezogen. Die ganze Zeit hatte Helga über Anitas Drohung nachgedacht, von der sie wusste, dass sie ernst gemeint war. Nicht, dass sie Angst vor ihr gehabt hätte, aber sie und eine Schlägerei? Das war einfach nicht ihre Art, sie hasste Gewalt in jeder Form. Helga stand mit ihrem Frühstückskaffee am Fenster und sah die Mutter von Peter zum einkaufen gehen. Sie musste mit Frau Stöffle reden, am besten jetzt gleich, da würde sie noch einigermaßen nüchtern sein. In aller Eile zog Helga sich an und passte die Frau vor dem Tengelmann ab. "Wir müssen miteinander reden." "Ich wüsste nichts, was wir zu bereden hätten", stieß Anita hervor. "Geh mit lieber aus dem Weg, sonst..." Helga atmete tief durch, Angriff war bekanntlich die beste Verteiligung. "Hören Sie genau zu, was ich Ihnen jetzt sage: Ich habe nicht mit Peter geschlafen!" "Ha, dass ich nicht lache, Caroline erzählte mir, dass..." "Caroline?" Helga ging schlagartig ein ganzer Kronleuchter auf. "Sie wissen genau, dass Caro selber scharf auf Peter ist. Sie wird gesehen haben, wie wir uns unterhielten und ihre Eifersucht ließ sie dann dieses Märchen erfinden. Und Sie reagieren genauso wie sie es sich erhofft hat: Gehen auf mich los, womit der Weg bei Peter - ihrer Meinung nach - frei für sie ist." Nachdenklich schaute Frau Stöffle zu Boden. "Könnte was wahres dran sein, denn Peter hat auch abgestritten, was mit dir gehabt zu haben." Helga fiel ein Stein vom Herzen. Der junge Mann hatte sich an ihre Absprache gehalten. "Und, glauben Sie Ihrem eigenen Sohn nicht? Denken Sie wirklich, dass er Sie anlügen würde?" Helga drehte sich um und ließ Anita einfach stehen. Im nahen Park setzte sie sich auf eine Bank. Nur gut, dass ihr so schnell eine plausible Ausrede eingefallen war. Ohne Caroline hätte sie sich wohl nicht so galant aus der Affäre ziehen können. Das war gerade nochmal gut gegangen, aber sie schwor sich feierlich, in Zukunft auf ihre innere Stimme zu hören.

  • von Sinela



    Mit einem lauten Krachen fiel die Tür ins Schloss. Petra Winter schaute irritiert von der Zeitung, die sie am Küchentisch las, auf. Das würde ja ein heiterer Abend werden, da ihr Mann wohl wieder mal Ärger im Job gehabt hatte und seine miese Laune mit nach Hause brachte. „Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“, fragte sie ihn, als er noch im Mantel die Küche betrat. Sein wie aus Stein gemeißelter Gesichtsausdruck ließ sie unruhig werden. „Stimmt es, dass du eine Affäre hast?“, schrie er sie an. Der jungen Frau stockte der Atem. Nun war es soweit, Tobias hatte alles herausgefunden. Vor dieser Stunde hatte sie sich gefürchtet wie der Teufel vor dem Weihwasser. Langsam stand sie auf. „Es tut mir leid. Ich wollte schon lange mit dir darüber reden, aber ....“ Mit zwei schnellen Schritten erreichte Tobias Winter seine Frau, packte sie an den Oberarmen und schüttelte sie kräftig. „Lass mich sofort los, du tust mir weh!“ „Ich denke nicht dran! Wer ist es? Sag es mir oder ich prügele es aus dir heraus!“ Petra konnte vor Angst nicht mehr klar denken, sonst wäre ihr die Wahrheit wohl nicht herausgerutscht: „Es ist Eva.“ Ihr Mann erstarrte regelrecht. „Eine Frau? Du betrügst mich mit einer Frau?“ Ohne nachzudenken hob er seine Hand und schlug sie ins Gesicht. Petra fiel auf den Küchenboden, wo sie tränenüberströmt und vor Furcht zitternd liegen blieb. Tobias sah auf sie hinunter. „Eine Affäre mit einem anderen Mann hätte ich dir vielleicht verzeihen können, aber mit einer Frau – niemals! Ich gehe nochmal ins Büro und wenn ich wiederkomme, bist du besser verschwunden, sonst garantiere ich für nichts!“ Er drehte sich um und verließ die Wohnung, wie er sie kurz zuvor betreten hatte: Mit einem lauten Krachen der Eingangstür.


    Die junge Frau saß auf ihrem Bett neben dem gepackten Koffer und sammelte Kraft. Es fiel ihr nicht leicht, Tobias zu verlassen, trotz allem liebte sie ihn. Irgendwie. Aber ihre Ehe war zur Gewohnheit geworden. Ihr Mann hatte ihr schon lange keine Blumen mehr mitgebracht oder ihr gar ein liebes Wort gesagt. Sie fühlte sich wie ein Stück vom Inventar. Beim Sex war es genauso. Am Anfang ihrer Ehe noch voller Leidenschaft ging es Tobias in letzter Zeit nur noch darum, seine Bedürfnisse zu befriedigen. Wie sie sich dabei fühlte, das war ihm egal. Bei Eva war das ganz anders. Die Zärtlichkeit, die sie mit ihr erlebte, war einmalig. Sie erklomm mit ihr die höchsten Berge der Lust, es war immer wie ein gewaltiger Rausch. Aber das allein war es nicht. Sie konnten über alles miteinander reden und zusammen lachen, sie hatten gemeinsame Interessen, es war einfach perfekt. Ob es so bleiben würde, das würde die Zeit zeigen. Entschlossen stand Petra auf, nahm ihren Koffer und verließ die Wohnung, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Sie wollte nur noch nach vorne schauen, in eine Zukunft voller Liebe.

  • von Nudelsuppe



    „Mike?“
    Sie hielt das rosafarbene Handy vor sich und brüllte hinein. Ihre Musikanlage war voll aufgedreht, „Paranoid Android“ hämmerte aus den kleinen Boxen. Total verzerrt.
    „Hier ist nicht Mike, hier ist Michael.“
    „Mike?“
    „Michael.“
    „Du Arsch betrügst mich.“
    „Ich bin nicht Mike.“
    „Und deshalb glaubst du, alles machen zu können, ja?“
    Das Gespräch war weg.
    Sie wählte erneut.
    „Maria? Hier ist Patt“
    „Patt? Welche Patt? Stell doch mal die Musik leiser, man versteht dich kaum.“
    „Pink-Patt. Du Schlampe hast was mit Mike.“
    „Was für ein Mike? Ich bin mit Michael zusammen.“
    „Einer reicht dir wohl nicht. Und mit Jürgen treibst du es auch.“
    „Welcher Jürgen?“
    Sie drückte das Gespräch weg, nahm die nächste Nummer.
    „Jürgen? Hier ist Patt.“
    „Pink-Patt?“
    „Kennst du noch ne andere Patt?“
    „Mach doch mal die Musik leiser, man versteht dich kaum."
    „Ich muss dir was sagen. Maria betrügt dich.“
    „Welche Maria?“
    „Deine Freundin, du Vollpfosten.“
    „Ich kenne keine Maria.“
    „Du hast sie abgeschossen, nicht?“
    „Was ist denn los, Patt?“
    „Hast du Lust rüber zu kommen?“
    „Gehts dir nicht gut?“ fragte er besorgt. „Mach doch bitte endlich die Musik leiser.“
    Sie versuchte mit ihren rosa-lackierten Zehen am Lautstärkeregler zu drehen. Erfolglos. Sie schrie wieder in den Hörer
    „Geht gerade nicht.“
    „Patt, ich komme vorbei.“
    „Bring noch ne Flasche Wein mit.“
    „Rot oder weiß?“
    „Beides.“
    „Patt?“
    „Ja?“
    "Mach nichts bis ich komme.“
    Eine halbe Stunde später klingelte es an der Tür. Sie öffnete.
    „Jürgen?“
    „Welcher Jürgen? Ich bin es, Mike. Dein Schnuckelchen vom Wochenende.“
    „Ihr Männer seit doch alle gleich, nur Verwirrte“, schrie sie und knallte die Tür ins Schloss.
    Sie setzte sich aufs Sofa, steckte sich eine Zigarette an und begann nachzudenken.
    „Scheiße, Patt“, sagte sie zu sich, während sie einen Rauchkringel in die Luft blies. „Ich bin gar nicht Patt. Ich bin Lisa.“
    Sie drückte ihre Zigarette auf dem Tisch aus und schloss die Augen. Das letzte Stück endete, die CD rotierte noch kurz und stoppte. Dann war es still.

  • von Marlowe



    an die Zeit vor heute, in der nun Leere die Fülle ersetzt. Als Glück noch spür- und ansehbar war, so vielfältig, dass nicht mehr die kleinen, so zahlreichen Glücksmomente zählten, sondern nur noch das Gesamte.

    War das der Grund? Könnte das gesamte Glück tatsächlich so groß und massig werden, dass sie es als Last und Bürde empfand? Sie sagt es mir nicht, sie lässt mich im Unklaren und so muss ich selber eine Lösung und Antworten finden auf Fragen, die ich mir selber nie stellen wollte.


    Das Schöne umhüllt das Hässliche. Was ist das, wenn man Weinen will, es aber nicht kann, und umgekehrt, mit dem Lachen, ist es genauso? Neun Jahre sind eine lange Zeit, neun Jahre sind aber auch nichts. Aber vier Affären in neun Jahren sind? Ja, was sind sie? Vier zuviel, drei zuviel, zwei zuviel, eine zuviel? Ich weiß es nicht. Ich finde die Antwort nicht.


    Ich denke, ich weiß die Lösung, aber ich will sie nicht wahrhaben, nicht wissen, sie ignorieren. Und doch ist sie da, bohrt sich in mein Hirn und lässt sich nicht herausreißen.


    Ich liebte Dich, als Person, Deine Seele, Dein Sein. Du liebtest Das Sein, Deinen Körper, die Person war Dir egal. Affären, sagen die Menschen, sind nicht so wichtig, sie sind flüchtig, bedeuten nichts. Deine Affären waren für mich sehr wichtig, sind in meinem Kopf, bedeuten alles, beherrschen mich.


    Ich denke, ich habe mich geirrt. Wie gerne würde ich mich jetzt auch noch irren, denn ich liebe Dich, immer noch.

  • von Jass



    Juli hatte sich mit verschränkten Armen gegen das Geländer gelehnt, Jen saß neben ihr, mit dem Rücken an einen Pfeiler gelehnt, ein Bein ausgestreckt, das andere angewinkelt. Unter ihnen rauschte der Fluss.
    „Findest du deine Einstellung nicht ein bisschen überzogen?“ Juli klang skeptisch. „Das klingt, als ob jeder zweite fremdgeht.“
    „Entspricht ja auch der Wahrheit“, entgegnete Jen gelassen, „Ich muss mir dafür nur mal meine Familie anschauen. Meine eine Tante hat meinem Onkel seine Ausrutscher immer wieder verziehen, bis er meiner jüngsten Tante betrunken an die Wäsche wollte. Eine andere Tante hat am Ende ihren Mann wegen einem anderen verlassen. Meine Großmutter hielten alle für paranoid, weil sie überall Anzeichen von Affären sah –Bis er sie wegen einer Jüngeren verlassen hat. Mein Gott, er ist mit ihr in den Urlaub gefahren, um es ihr dort zu sagen. Davor hat er ihr teure Geschenke gekauft. Richtig schön alle Klischees. Und wenn ich meine Mutter richtig verstanden habe, war mein eigener Vater damals in der kurzen Zeit, in der sie zusammen waren, auch nicht besser. Seit ich denken kann, bricht meine Familie immer mehr auseinander, ich konnte nicht einmal zu meiner Jugendweihe meine >wirkliche< Familie einladen, weil die ehemaligen Paare sich nicht verstehen und ich die neuen Partner erst bewusst hätte ausladen müssen.“ Ihre Stimme klang bitter. „Für diese Neuen war ich nie ein Familienmitglied, immer nur irgendein Kind.“
    Juli schwieg lange Zeit.
    „In meiner Familie hat sich noch nie jemand getrennt. Ich weiß auch von keinen Affären. Sie sind glücklich und lieben sich“, sagte sie schließlich leise.
    Jen grinste schief. „Deshalb bist du auch der Normalo und ich der Psycho.“