Dan Simmons: "Olympos"

  • Mit „Olympos“ findet das neueste, zweibändige SF-Epos des Großmeisters Simmons seinen Abschluß (der erste Teil mit dem Namen „Ilium“ erschien vor anderthalb Jahren), und zwar einen fulminanten.


    Die Schlacht um Troja ist zum Krieg gegen die Götter geworden, wie Thomas Hockenberry, der wiederbelebte Historiker und Homer-Fachmann, erstaunt feststellen muß, allerdings ist er an dieser Entwicklung nicht ganz unschuldig. Paris ist auf dem Schlachtfeld gemetzelt worden, im Rahmen seiner Bestattung opfert Hektor nicht weniger als einen Gott. Das Geschehen um Ilium wird immer wahn- und widersinniger; Zeus ist von Hera entführt und betäubt worden, die Götter kämpfen gegen jene biologischen Maschinenwesen namens „Moravecs“, die vom Mars angereist sind, weil dem bekannten Universum ein Quantenkollaps droht. Und auf der Erde, der zukünftigen, sehen sich die wenigen „Altmenschen“ einem Krieg ausgesetzt, den sie nicht gewinnen können, weil die vielen tausend „Voynixe“, jene halbmechanischen Helfer, die ihnen zuvor ein bequemes und sorgenfreies Leben gewährleistet haben, plötzlich zur unbezwingbaren Bedrohung geworden sind.


    Es macht nicht den geringsten Sinn, zu versuchen, die Handlung bzw. Handlungen dieses Romans in wenige Worte zu fassen. Zeiten und Räume wechseln in kaum nachvollziehbarer, am Ende aber verstehbarer Abfolge, Wesen u.a. aus Shakespeare-Stücken und Proust-Romanen scheinen das Geschehen zu bestimmen, und nach und nach wird deutlich, daß die griechischen Götter nichts anderes sind als die gelangweilten „Nachmenschen“, jene genetisch und nanozytisch manipulierten, höchstgradig gelangweilten Nachfolger derjenigen Erdbewohner, die sich zweitausend Jahre zuvor in einem fast alles vernichtenden Krieg um elf Milliarden reduziert haben, nachdem die islamische Welt ein Virus namens „Rubikon“ ausgesetzt hat, das alle töten sollte, nur nicht die Araber.


    Simmons macht es dem Leser nicht leicht, und das ist auch nicht seine Absicht. Andeutungen aus Literaturgeschichte und Mythologie überschwemmen dieses manchmal unhandliche, aber hochgradig spannende, vortrefflich geschriebene Buch, das gemeinsam mit seinem Vorgänger beweist, daß Science Fiction nur noch wenig mit schmuddeligen Technik-Männerträumen zu tun, sondern längst den Ritterschlag der Hochliteratur verdient hat. Grandios, unglaublich, unfaßbar. Simmons gehört zu den besten Autoren unserer Zeit, ganz unabhängig davon, daß er „nur“ Science Fiction schreibt. Nein, gerade weil er es tut.

  • oh je! olympos ist zu ende! da sitzt man da und fragt sich, was kommt nun? welches buch würde auch nur ansatzweise an dieses großartige epos herankommen? und da mir nichts eingefallen ist, beschäftige ich mich nun erstmal mit fachliteratur. zum sacken lassen...


    ich gebe tom recht. die handlung ist zu verquer, zu abstrus, als dass man sie hier in gerechter weise widergeben könnte. bleibt mir nur zu sagen: dieser zweite teil hat mich in den bann gezogen, schlaflose nächte bereitet, weil ich wissen wollte, wie die altmenschen gegen die übermacht bestehen können, ob die moravecs rechtzeitig eingreifen und so weiter und so fort.


    dam simmons schafft es, den leser mit auf deine faszinierende reise zu nehmen, die immer wieder voller überraschungen ist, manchmal auch ganz schön brutal, und oft auch sehr skurril.


    ein wenig schade fand ich nur dieses - in meinen augen - etwas zerfaserte ende mit dem "3 monate später", "ein halbes jahr später", "7 jahre später". hätte der autor statt dessen doch lieber noch einen dritten teil gemacht! ein paar fragen bleiben ja schließlich offen...


    bo :-)

  • Wenn es so weiter geht verbietet mir meine Chefin dieses Buch; schon zwei extrem kurze Nächte habe ich ihm zu verdanken, und so langsam macht sich die Müdigkeit im Büro bemerkbar :grin


    Es ist wirklich unglaublich welches Feuerwerk an Action und Ideen hier abgefeuert wird, die Handlungsstränge flitzen von Höhepunkt zu Höhepunkt, und dennoch hat man das Gefühl, dass alles rechtzeitig und passend zusammengeführt wird. Einfach großartig. Allerdings bin ich froh, dass die Lektüre von "Ilium" bei mir erst ein paar Wochen her ist und die Zusammenhänge daher noch recht präsent sind.

    Viele Grüße aus dem Zwielicht
    Ein Buch ist ein Spiegel. Wenn ein Affe hineinguckt, so kann kein Apostel heraussehen.
    Georg Christoph Lichtenberg
    blooks

  • Zitat

    Original von bogart
    ein wenig schade fand ich nur dieses - in meinen augen - etwas zerfaserte ende mit dem "3 monate später", "ein halbes jahr später", "7 jahre später". hätte der autor statt dessen doch lieber noch einen dritten teil gemacht! ein paar fragen bleiben ja schließlich offen...


    Dieser Teil des Buches hat mir sehr gefallen. Das sind hübsche kleine Einblicke in das "Leben danach" :-) . Die sind nicht zu lang und auch nicht zu kurz, genau richtig, um zu erfahren, wie es den Protagonisten ergangen ist.


    Das Buch fand ich klasse, nicht ganz so klasse wie "Ilium", aber dennoch. Ich werde es auf jeden Fall noch einmal lesen.


    ***
    Aeria