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'Im Zeichen der Seraphim' - Seiten 342 - Ende
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Zunächst war ich doch etwas genervt, in diesem Teil mit Amatas weiterem Schicksal "belästigt" zu werden, was sich durch meine derzeit persönliche Anspannung noch verstärkt hat. Ich wollte doch wissen, wie es mit Conrad weitergeht, wie er mit dem Geheimnis weiterkommt und hatte die Hoffnung auf historische Details bezüglich Gregor X.. Schön fand ich ja, daß Jacopone doch wieder eine Rolle im weiteren Geschehen zugedacht war, wenngleich ich mir mehr daraus erhofft hatte. Ärgerlich hingegen war, erneut wieder in den Wilden Westen versetzt zu werden...
Aber siehe da, über Amatas Schicksal und deren leider vorhersehbare Verbindung zu Orfeo, kommen wir nun doch wieder zu historischen Details.
Dazu mehr, wenn ich wieder ein Stück weiter bin.
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Ahhhhhh, jetzt thematisiert John Sack die Auseinandersetzung zwischen Klerikern und Konventualen sowie die zwischen Konventualen und Spiritualen also doch. Das finde ich gut!
Sehr schön fand ich auch die Beschreibung der Vorgehensweise bei der Abschrift von Manuskripten.
Mit Amata kann ich mich nach wie vor nicht anfreunden. Sie erscheint mir einfach unlogisch! Dieser intensive Kinderwunsch ist für mich zu Beginn dieses letzten Parts absolut nicht nachvollziehbar!
Wie fandest Du eigentlich die Kurve, die John Sack genommen hat, um dahin zu führen, daß Amata ohne weitere "Belästigung" das Erbe von Donna Giacoma weiterführen kann?
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Was mir die Beschreibung der Erlebnisse von Conrad im Lepra-Hospital nochmal bewußt gemacht hat, ist die schöne Art, informatives einzubauen und zu beschreiben: locker, mit dem Text im Fluß, ohne belehrend zu wirken.
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Der juristische Kniff war schon okay -- bloß habe ich mich ernsthaft gefragt, warum der nette Onkel nie nach Amata gesucht hat???
Wie gesagt: Der Amata-Strang ist arg konstruiert. Warum müssen immer, immer, immer Cinderellas oder Rosenkavaliere zum Zuge kommen??? Das ist ja inzwischen ein circulus vitiosus: Man hat die anachsornistischen Tussis als Identifikationspotenzial für "die moderne Frau" eingeführt und beibehalten, bis "die moderne Frau" an die anachronistischen Tussis glaubte und offenbar nicht mehr auf sie verzichten kann.Alles andere an diesem Buch ist in der Tat reizvoll: Die Auseinandersetzungen zwischen Konventualen, die hier allerdings auf einem anderen Niveau geschildert wird als in Ecos Name der Rose. (Benedetto Gaetani ist übrigens tatsächlich unter dem Namen Bonifaz VIII Papst gewesen (1294-1303); er war sicherlich eine der kontroversesten Figuren dieser Zeit.
Die geschilderten Mißstände kann man nicht auf das damalige Christentum als Ganzes projizieren, denn sonst hätte es die auch hier eindringlich geschilderten Reformbestrebungen nicht gegeben.
Kleine Anmerkung: Bei der "Letzten Ölung" (eig. Krankensalbung) wird kein Chrisam (Olivenöl mit Balsam) verwendet, sodern reines Olivenöl -- und das ist m.W. schon seit dem frühen Christentum so.Schön geschildert fand ich auch die Entwicklung der beiden Mönche im Kerker, sowie die Ereignisse nach der Freilassung. Conrads Aufenthalt bei den Aussätzigen zeigt, daß man auch im MA schon bei Aussatz differenzierte und die Medizin nicht nur die Bibel heranzog.
Sack gibt dem Mythos von der Stigmatisation eine medizinische Erklärung, die zwei Erkrankungen (Augenentzündung oder evtl. Netzhautablösung und Aussatz) mit einer Lichterscheinung kombiniert. Man muß dazu sagen, daß die Katholische Kirche dem Phänomen der Stigmatisation sehr kritisch gegenüberstand und -steht.
Sack unterstellt Elias und Bonaventura letztendlich nicht aus Machtinteressen gelogen, sondern die Details der Tatsachen zurechtgebogen zu haben, damit Franziskus' Lebenswerk auch nach seinem Tod weitergeführt werden konnte und nicht wegen des verbreiteten Bildes über Aussätzige mit ihm unterginge. Sie waren sozusagend die spin doctors eines unfreiwilligen Heiligen. :grin -
Zitat
Original von Iris
Der juristische Kniff war schon okay -- bloß habe ich mich ernsthaft gefragt, warum der nette Onkel nie nach Amata gesucht hat???Das ist genau der Punkt, der mich auch gestört hat. Die ganze Zeit durften wir hören, daß Amata ein armes, kleines, einsames Hascherl ist - und dann taucht auf einmal ein riesenhafter, schlagkräftiger und patenter Onkel auf. Komisch!
ZitatDas ist ja inzwischen ein circulus vitiosus: Man hat die anachsornistischen Tussis als Identifikationspotenzial für "die moderne Frau" eingeführt und beibehalten, bis "die moderne Frau" an die anachronistischen Tussis glaubte und offenbar nicht mehr auf sie verzichten kann.
Na ja, ich gebe ja zu, daß die meisten wahrscheinlich bei einem gut getroffenen Frauenbild dieses als anachronistisch bezeichnen würden... Uns Leserinnen (damit bist Du ausgenommen) fehlt da halt das Wissen und der Glaube, daß die Möglichkeiten der Frauen ausgerechnet im Mittelalter anders gewesen sein sollen, wie wir das gemeinhin annehmen.
ZitatAlles andere an diesem Buch ist in der Tat reizvoll: Die Auseinandersetzungen zwischen Konventualen, die hier allerdings auf einem anderen Niveau geschildert wird als in Ecos Name der Rose.
Du weißt ja, daß ich Eco sehr schätze, ich freue mich aber, daß sich mal jemand dieser Thematik auf einem anderen Niveau nähert. Ich kenne viele, denen Eco zu schwierig oder zu langweilig (so kommt er halt bei einigen an) ist.
BTW auf den italienischen Seiten von Wikipedia findet man auch Infos zu Jacopone und Ubertino. Ich geb aber zu, daß es mir zu anstrengend war, mich da durchzukämpfen (mit Französisch- und Spanischkenntnissen kann ich mich da ja schon durchhangeln, aber halt mühsam).
ZitatKleine Anmerkung: Bei der "Letzten Ölung" (eig. Krankensalbung) wird kein Chrisam (Olivenöl mit Balsam) verwendet, sodern reines Olivenöl -- und das ist m.W. schon seit dem frühen Christentum so.
Stimmt. Weißt Du eigentlich warum das so ist? Schließlich ist die Krankensalbung genauso wie Taufe, Firmung oder Priesterweihe ein Sakrament... Hinzu kommt, daß das Olivenöl für die Kranksalbung i. d. R. gesegnetes Öl ist. Insofern weiß ich eigentlich gar nicht, warum das ein Unterschied ist.
Die Auflösung des Geheimnisses ist zwar unspektakulär gefällt mir aber sehr gut. Insgesamt muß ich sagen, gefallen mir insbesondere diese letzten Kapitel des Romans sehr gut, da sind auch nochmal einige schöne gedankliche Ansätze enthalten. Ich bin mit dem Ende des Romans richtig zufrieden.
Wenn ich ein Resumée ziehe, muß ich sagen, daß ich den Roman insgesamt als lesenswert betrachte, durchaus auch als gut recherchiert, daß lediglich der Charakter von Amata schlecht ausgearbeitet ist und ihr Schicksal deutlich zu konstruiert ist, was m. E. gar nicht notwendig wäre, dennoch hat er mir definitiv Spaß gemacht.
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Zitat
Original von Iris
Sack gibt dem Mythos von der Stigmatisation eine medizinische Erklärung, die zwei Erkrankungen (Augenentzündung oder evtl. Netzhautablösung und Aussatz) mit einer Lichterscheinung kombiniert. Man muß dazu sagen, daß die Katholische Kirche dem Phänomen der Stigmatisation sehr kritisch gegenüberstand und -steht.
Sack unterstellt Elias und Bonaventura letztendlich nicht aus Machtinteressen gelogen, sondern die Details der Tatsachen zurechtgebogen zu haben, damit Franziskus' Lebenswerk auch nach seinem Tod weitergeführt werden konnte und nicht wegen des verbreiteten Bildes über Aussätzige mit ihm unterginge. Sie waren sozusagend die spin doctors eines unfreiwilligen Heiligen. :grinDas kommt auch aus dem zweiten Interview auf seiner Homepage deutlich heraus.
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Ich habe das Buch jetzt endlich und werde demnächst darüber berichten.
Viele Grüße
Kalypso -
Schön, da freu' ich mich schon drauf.
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Im Epilog berichtet John Sack ja kurz über das weitere Leben der handelnden Personen. Zweimal schreibt er, "aber das ist eine andere Geschichte". Also ich würde die gern lesen...
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Zitat
Original von Pelican
Schön, da freu' ich mich schon drauf.
Ich auch!!! -
Im aktuellen Weltbild Katalog wird das Buch übrigens beworben. Am Ende des Textes steht "Dieser spannende Roman enthält historisch nicht belegbare Thesen, die als verunglimpfend empfunden werden können."
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Zitat
Original von Batcat
"Dieser spannende Roman enthält historisch nicht belegbare Thesen, die als verunglimpfend empfunden werden können."Ich schließe mich Pelican an:
Kalypso -
Zitat
Original von Pelican
Was mir die Beschreibung der Erlebnisse von Conrad im Lepra-Hospital nochmal bewußt gemacht hat, ist die schöne Art, informatives einzubauen und zu beschreiben: locker, mit dem Text im Fluß, ohne belehrend zu wirken.Stimmt!
Bin jetzt durch und kann nur sagen, dass das Buch durchweg sehr schön ist (die recht abenteuerlichen Amata-Szenen ausgenommen). Auch der Schluss gefiel mir sehr.Viele Grüße
Kalypso -