(kein wirklich literarisch hochwertiger Text, aber es juckte mir in den Fingern....)
Dingdong – zitternd stehe ich vor der Haustüre meiner Großeltern. Den Rennsmart habe ich wie immer verbotswidrig, direkt vor der Haustüre mitten auf der hochherrschaftlichen Auffahrt geparkt, was meine Mutter gleich vermutlich mindestens zu einem Stirnrunzeln veranlassen wird, was ich dann wie immer ignorieren werde. Ich laufe doch nicht 200 m auf meinen Stöckelschühchen die Scheißauffahrt hoch, nur weil auf dem weißen Kies niemand parken soll.
Hinter der Türe tut sich was. Mein Vater erscheint hinter der Glasscheibe, öffnet die Tür und zieht mich rein. „Gut, dass du da bist, ich lauf hier sonst Amok.“ Er nimmt mir die Jacke aus der Hand und hängt sie ins Garderobenzimmer. Dann prostet er mir mit seinem verdächtig pur aussehenden Whiskey zu und stürzt ihn runter. „Zurück in die Löwengrube, mein Schatz.“ Er schiebt mich vor sich her in die gute Stube. Meine Mutter arrangiert gerade die kalten Platten auf dem Buffet neu um. Mein Opa sitzt in seinem Sessel und will sich eine Zigarre anstecken, die ihm sofort von meiner in ein glitzersilbernes Ensembel gehüllten Oma aus der Hand gerissen wird. „Du sollst doch nicht rauchen.“
Ich umarme ihn und gratuliere zum 85igsten, dabei schiebe ich heimlich die extra für heute gekaufte gute kubanische Zigarre in sein Jackett und halte ihm mit der anderen mein Geschenk hin. „Ah, das Kind, weiß was gut für mich ist.“ Er zwinkert lustig und klopft sich aufs Jackett, wobei er mit der anderen Hand die Chronik des Jahres 1921 auspackt. Meine Mutter kommt herangeflattert. „Ach wie nett du aussiehst, das ist man von dir ja sonst nicht gewöhnt.“ Abschätzend wandert ihr Blick an mir hoch und runter, suchend ob sie nicht doch noch wenigstens einen Zahnpastafleck findet. Ich drehe mich im Kreis, damit sie mein Chanelkostümchen ausreichend begutachten kann und auch die einreihige Perlenkette lang genug zu Gesicht bekommt. Als sie nichts findet, lächelt sie unsicher und greift zum Fotoapparat. „So schick, das muß man für die Nachwelt festhalten.“ Fotos werden gemacht in allen möglichen kombinationen und ich kann mich erst ins Badezimmer verkrümmeln, als ich laut äußere, dass mich mein Hüfthalter zwickt. Was Vater und Großvater zum Lachen bringt und meine Mutter leicht erröten lässt.
Als ich aus dem Bad auf den Flur trete sehe ich meine Schwester vor der Glastür stehen und wild gestikulierend mit ihrem Freund reden. Ich schleiche mich an und reiße die Türe auf. „Egal, was sie gesagt hat. Die Sippschaft ist noch schlimmer!“krakele ich in die Kälte draußen. Er grinst schief und umarmt mich erstmal zur Begrüssung. Mein Schwesterlein beugt sich ebenfalls zu mir herunter, 1,80m mit Stöckelschuhen, ich bin ja immer noch der Meinung, das Kind ist vom Briefträger, Milchmann oder Gärtner. Niemand in unserer Familie ist auch nur annährend so groß wie sie. „Sind die Irren schon da?“ Ich schüttel den Kopf. „Nur unsere Erzeuger.“ Sie atmet auf und schreitet schicksalsergeben ins Wohnzimmer. Ich bleib noch einen Moment im Flur stehen und genieße die relative Ruhe. Aus dem Wohnzimmer schallen Entzückensschreie, ob des schicken Anzugs meines Schwagers in spe. Der obligatorische Satz meiner Mutter „Ach, wenn Jane doch auch nur mal so einen schmucken Kerl anbrächte“ fällt und ich nehme ihn als Startwort mich wieder dazu zugesellen.
Mein Vater steht an der Bar und reicht den Herren belgisches Bier und den Damen Sekt. Ich kippe den Sekt runter und greife dann ebenfalls zur Bierflasche. Die Augenbrauen meiner Mutter heben sich bis sie fast ihren Hinterkopf erreicht haben und senken sich erst wieder, als mein Schwesterherz ebenfalls einen Flaschenhals an ihre zartrose Lippen hebt.
Dingdong – Ich höre es bereits am Klingeln, Tantchen, der Einfachheit halber Giftzahn genannt, hat den Schauplatz erreicht. Meinen Vater, der ihr die Türe öffnet, lässt sie ohne Begrüßung stehen. Sie rauscht direkt ins Zimmer dreht sich um die eigene Achse, sondiert die Anwesenden und stürmt dann auf ihren entsetzt blickenden Vater zu. „Glückwunsch,Glückwunsch. Auf dass du die nächsten 85 Jahre nicht mehr erleben musst.“ Bevor sich betretenes Schweigen ausbreiten kann. Reiche ich ihr die Hand. „Hallo Tantchen.“ Sie betrachtet mich von oben bis unten. „Na dicker geworden? Schwanger kannst du ja nicht sein, oder hast du mittlerweile doch noch einen abbekommen?“ Schrilles Lachen und ein peinlich berührter Blick ihres Männchens, der mir ebenfalls zaghaft die Hand drückt. Ich begebe mich künstlich lächelnd aufs Sofa und beschließe mich meinem Opa zu liebe zu beherrschen.
Giftzähnchen arbeitet sich munter weiter vor. „Ah, der Neuling.“ Begrüßt sie meinen Schwager in Spe. „Schreiner? Richtig. Na das Handwerk soll ja wieder im Kommen sein, wozu sich mit unnötigem Wissen beladen, was?“ Ich sehe wie seine Hände leicht zucken und raune ihm, zu dass auf Mord eine Freiheitsstrafe steht. Er grinst und prostet mir mit der Bierflasche zu. „Jetzt verstehe ich was ihr vorhin meintet.“ Meine Schwester rollt mit den Augen, als Giftzahn ihr in die Hüfte kneift, hält aber sonst, wie es sich für ein sittsames Frauchen gehört, die Klappe.
Meine Mutter wischt sich den Lippenstift ihrer Schwester angeekelt von der Wange und tauscht einen der wenigen verständnisvollen Blicke mit mir. Wenn wir auch nichts gemeinsam haben, der Hass auf Giftzähnchen macht uns zu Verbündeten.
Kurz bevor es erneut klingelt hat sie der Giftzahn zielsicher am Kopfende der Tafel platziert, wo eigentlich das Geburtstagskind sitzen sollte.
Dingdong – ich öffne und Giftzahns Sohn samt Modepüppchen und Kinderschar betritt die Szene. Er schlabbert mich ab und wie immer landet seine Hand rein zufällig auf meinem Gesäß. Ich hasse es, dieser elende Schleimling. Mein Schwesterchen hat es geschickter angestellt und sitzt auf dem Sofa, so dass er sich mit einem Griff an ihre Schulter begnügen muß. Das Modepüppchen lächelt dümmlich und reicht mir geziert die Hand, welche ich mit Freude fast zu Brei quetsche. Als letztes begrüßen die Neuankömmlinge den Giftzahn, dieser raunt irgendwas in Modepüppchens Ohr, woraufhin diese weinend den Saal in Richtung Flur verlässt. Schwesterherz und ich tauschen interessierte Blick. Das verspricht spaßig zu werden, wir rutschen auf unserem Sofa ein Stückchen nach vorne, um dem ausbrechenden Streit zwischen Giftzahn und Giftzahn junior besser folgen zu können. Wow, nicht mal ne halbe Stunde hier und es geht schon rund. Mein Opa sitzt ein wenig bedröppelt in seinem Sesselchen, als sich Giftzahns Sohn samt Sippschaft wieder auf den Heimweg macht und der Giftzahn selbst sich zufrieden zurück lehnt.
Meine Mutter raunt ihrer Schwester zu, ob das jetzt sein musste und bekommt die Antwort, dass das Modepüppchen nun mal aussah wie eine Nutte, also musste sie ihr das auch mitteilen. Ich unterdrücke ein Grinsen und entschwinde zur Haustüre, um die weiteren Besucher einzulassen. Das Haus füllt sich und das Buffet wird eröffnet.
Giftzahn und ihr Männchen thronen einsam am Tafelende, nicht mal ihre mittlerweile ebenfalls erschienen Töchter scheinen Interesse an einem Sitzplatz in ihrer Nähe zu haben. Sie schießt mit bösen Blicken umher, als sich die Stimmung trotzdem hebt.
Meine Brüder und ihre Frauen haben sich zu uns gesellt und wir futtern mit den Fingern Leckereien von einer ergatterten Fischplatte, während wir uns unter den kritischen Blicken der Giftzahntante munter amüsieren.
Meine Neffen turnen auf mir und meinem Chanelkostümchen herum und berichten mir von ihren neusten kleinen Schandtaten, die ich natürlich durch entsprechendes Staunen würdige.
Mein Cousinchen traut sich mit ihrem Säugling, welcher leider ausgesprochen hässlich ist, bis zu uns vor und startet ein Gespräch mit meiner Schwägerin. Ich spiele geistesabwesend mit dem hässlichen Fratz, als sich der Giftzahn von hinten anschleicht. „Sieht dir ähnlich der Kleine, könnte glatt deiner sein.“ Sagt sie laut und betrachtet mich dabei abschätzend. Ich lächel zuckersüß und spiele weiter Hoppehoppereiter, als es direkt neben meinem Ohr erschallt. „Nä, meine Tante Jane, war als Baby viel hübscher und hatte nicht so eine große Beule am Kopf.“ Ich gebe dem auf dem Sofa herumhüpfenden Zwerg high-five und blicke den Giftzahn unschuldig an. „Kindermund tut Wahrheit kund.“ Sagt der zweite neben mir auf und ab springende Neffe und dreht dem Giftzahn eine lange Nase. Mein Bruder startet einen strengguckenden Erziehungsversuch, fällt dabei aber vor Lachen fast vom Stuhl. Mein Cousinchen grinst ihre Mutter an und nimmt mir ihr Kind ab. „Schönheit ist vergänglich, nicht wahr, Mutter?“ Der Giftzahn gibt sich offenbar geschlagen und trollt sich, um woanders Unfrieden zu stiften.
Einige Minuten später scheint ihr das gelungen, denn aus dem Flur erschallen aufgebrachte Frauenstimmen. Meine Mutter schiebt ihren Kopf durch einen Türspalt in den Flur und sagt in bedrohlich ruhigem Ton: „Schwesterherz, beherrsch dich, aus Respekt vor unserem Vater!“ Dann schließt sie die Türe wieder. Kurz darauf wird die Türe erneut geöffnet, Cousinchen die zweite stürmt aufgebracht auf uns zu, entreißt meiner Schwägerin die Marlboroschachtel und meinem Bruder das Bier. „Tschuldigung, ich brauch das zur Beruhigung.“ Wir lachen, da sie normal weder raucht noch Alkohol trinkt und sie setzt sich zu uns, als der Giftzahn das Zimmer wieder betritt. Offenbar hat mein Cousinchen den Disput im Flur gewonnen, denn Tante Giftzahn sieht arg mitgenommen aus.
Im Schlepptau vom Giftzahn taucht Cousinchen nummero drei auf, samt ihrem (noch nicht) Angetrauten. Das arme Kind läuft wie immer mit krummem Rücken und mausgrau gekleidet herum. Zaghaft reicht sie uns die Hand und lächelt, während sie dabei zu Boden sieht.
„Armes Häschen, hat einfach nicht genug Selbstvertrauen, um dem Giftzahn die Stirn zu bieten.“ Ich nicke meiner Schwägerin zu und stecke den Zwergneffen je 10 Euro zu, eigentlich fürs Zeugnis, aber die zwei ahnen, dass es nur 5 Euro gewesen wären, wenn sie nicht die herrlichen Sprüche gegenüber der Tante Giftzahn geäußert hätten. Mein Bruder tadelt mich kurz, dass ich sie für ihre Frechheit nicht auch noch belohnen soll. Aber da haben die zwei die Kohle auch schon in den Tiefen ihrer Hosentaschen vergraben.
Es folgen die üblichen Familienfeierngespräche und alle vergnügen sich, tanzen und lachen ein wenig.... naja fast alle Giftzahn sitzt mit verkniffenem Gesicht am Ende der Tafel und guckt böse.
Mein Vater animiert zu einem Familienfoto und wir bauen uns alle vor der Terrasse auf. Als ich plötzlich eine Hand bemerke die sich vorsichtig unter meine Bluse schiebt. Aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, dass hinter mir nur der Fastangetraute des Mäuschens steht. Ich lächel in die Kamera, hebe meinen Stilettostöckelschuh und setze den Absatz sanft auf seinen Schuh. „Finger weg, oder ich trete zu.“ Fast zärtlich erhöhe ich den Druck auf seine Zehen. Er flucht und entfernt seine Hand aus meiner Bluse. Ich drehe mich um. „Danke!“ Das Mäuschen daneben schaut betreten zu Boden.
Ein Blick in die Runde und ich entscheide, dass es mir für heute reicht.
Ich verabschiede mich. Umarme alle und raune Tante Giftzahn ins Ohr. „Hast du ja prima hinbekommen, diese Feier zu versauen. Wenn du dich auf der nächsten Feier nicht zusammen reißt, dann bekommen wir beide ein Problem und ich kann dir sagen, dass ich unangenehmer werden kann, als deine Töchter. Ich habe nämlich meine gute Erziehung vor Urzeiten vergessen.“
Sie beißt sich auf die Lippe und ihr Gesicht wechselt von rot, zu weiß und wieder zurück.
Mein Vater prostet mir mit seinem Whiskeyglas zu, mein Opa fängt leise an zu kichern und der Rest der Anwesenden wartet zitternd auf den Ausbruch der darauf folgen muß.
Er folgt nicht und ich entschwinde samt Rennsmart in Richtung Köln, im CD Player Rammstein um die aufgestauten Aggressionen abzubauen... TSCHAKKA... das nächste Fest kommt bestimmt.