Inhalt
„Sie schwamm neben mir. Dann und wann waren Flossenschläge auf der Haut zu spüren. Wenn Fische, übermütig von der Menschenleere, nah an uns heranschwammen. Der Mond war hinter einer Wolke verschwunden, kein Mondlicht, das sich in den Wogen spiegelte und unerreichbar blieb. Das letzte Stück tauchten wir. Dann wieder Sand unter den Füßen, über den wir an den Strand liefen. Muschelsplitter zwischen den Zehen, ich tauchte meine Füße noch einmal ins Meer, bevor ich das Badetuch um mich schlang. Ihre Haare standen vom Kopf weg, nachdem sie sie getrocknet hatte. Meine ließen Wassertropfen in den Sand fallen…“
Jeden Sommer verbringt sie in Italien, wo sie sich mit Portraits von Touristen ihr Kunststudium finanziert. Damit scheint zwar ein Traum in Erfüllung gegangen zu sein, doch nach kurzer Zeit ist davon nichts als ein Gefühl der Leere und Verpflichtung übrig geblieben. Bilder von einem schockierenden Erlebnis tauchen immer wieder in ihren Gedanken auf, machen sie starr und unfähig etwas zu verändern. Schon lange wünscht sie sich Frauenlippen auf die ihren. Als sie sich in Julia verliebt, erkennt sie zum ersten Mal, dass sie selbst ihr Leben in die richtige Richtung steuern muss. Dabei beginnt eine Suche nach dem, was ihr wichtig ist.
Rezension
Die Protagonistin des Buches, eine Kunststudentin aus Wien, ist in eine Art Erstarrung eingetaucht. Sie kann ihrem Studium nichts mehr abgewinnen und zweifelt an einem Sinn ihres Lebens. Nur ihrer Hündin fühlt sie sich noch verbunden. Aus dieser Unfähigkeit und Untätigkeit heraus erinnert sie sich bruchstückhaft an Szenen aus einer früheren Zeit, in der sie jeden Sommer in Italien Portraits von Touristen gezeichnet hat und dort so etwas wie Glück empfinden konnte.
Als sie Julia, das Mädchen mit den grünen Augen und den dunklen Wimpern (in die sie sich Wassertropfen wünscht) kennen lernt, zeigt ihr diese auf selbstbewusste Art, was es heißt, sich selbst and einem anderen Menschen wieder näher zu kommen. Mit dieser Bekanntschaft erwachen Gefühle wieder, die sie lange Zeit ausgeschaltet hatte und sie somit wie ferngesteuert erscheinen ließen. Schließlich kann die Protagonistin sich sogar an eine Aufarbeitung des Erlenisses mit ihrem ehemaligen Lehrer heranwagen, das sie so lange verdrängt hat. Auf diese Weise begibt sie sich auf die Suche nach dem Mut, der nötig ist, um etwas in ihrem Leben zu verändern.
Die Autorin legt ein Werk in Einzelepisoden aus dem Leben der Protagonisten vor, die in den Erzählrahmen eingebettet sind. In poetischen Worten erzählt sie die nachdenkliche Geschichte über eine Frauenliebe, die der Protagonistin den Weg aus ihrer Erstarrung hinaus weist. Die Gefühle der Ich-Erzählerin sind in ein sprachliches Bild umgesetzt, die abstrakte Sprache selbst entwickelt ein Eigenleben, das mich als Leserin tief berührt hat. Besonders stark traten für mich die Elemente der Jahreszeiten in den Vordergrund: Der Regen der Titels nicht nur als Zeichen von Traurigkeit, sondern auch als Möglichkeit einer Reinigung, indem Altes weggespült und Platz für Neues gemacht wird. Auch eine andere Deutung des Titels erschiene mir plausibel: In Anknüpfung an das Sprichwort "und hinter mir die Sintflut" muss die Protagonistin eine vielversprechende Chance mit Julia nutzen, um die Vergangenheit endgültig ohne zurückzuschauen hinter sich zu lassen. Ebenso wie das Motiv des Regens rückt die Autorin Schauplätze wie Strand, Meer und sommerliches Vergnügen an einem Badesee in den Blickpunkt. Für mich lässt sich damit in Verbindung setzen, dass die Protagonistin wieder in der Lage sein wird, Gefühle wie Glück zu empfinden, wenn sie auch die negativen Gefühle (und damit vielleicht Tränen) zulässt.
Bewertung
Tolles Buch, das etwas Einfühlungsvermögen beansprucht und Worte vor dem/der Leser/in aufstapelt, mit denen er/sie selbst weiterspielen kann.
Empfehlenswert!!!!!!!